Entscheidungsvorlage - A 30/0013/WP15

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

1.           Beschluss über die Zulässigkeit:

Der Rat nimmt die Darlegungen der Verwaltung zustimmend zur Kenntnis und stellt fest,                       dass das am 16.08.2006 eingereichte Bürgerbegehren zulässig ist.

2.           Beschluss in der Sache:

              Alternative I:

              Der Rat entspricht dem Bürgerbegehren. Er beschließt unter Aufhebung des

              Ratsbeschlusses vom 16.08.2006 von der Realisierung des Projektes “Bauhaus Europa”

              (Arbeitstitel) Abstand zu nehmen.

              Alternative II:

  Der Rat entspricht dem Bürgerbegehren nicht und beauftragt den Oberbürgermeister, einen                        Bürgerentscheid durchzuführen.

 

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Erläuterungen

Erläuterungen:

 

1.      Beschlusslage und Verfahren:

 

In der Ratssitzung vom 16.08.2006 (TOP: Ö 4) wurde der Mehrheitsbeschluss gefasst, das Bauhaus Europa (Arbeitstitel) zügig auf der Grundlage des Entwurfs von Prof. Tschapeller am Katschhof in Aachen zu  verwirklichen.

 

Gegen diesen Beschluss wurde unmittelbar vor der Ratssitzung ein - nach Angabe der vertretungsberechtigten Personen mit etwa 11.000 Unterschriften versehenes - Bürgerbegehren “Bauhaus Europa? Nein danke!” übergeben.

Über den Eingang des Bürgerbegehrens wurde der Rat gemäß § 3 Abs.2 S.4 der Satzung der Stadt Aachen über die Regelung des Verfahrens bei der Durchführung von Einwohneranträgen, Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden (folgend: Satzung) in seiner Sitzung vom 06.09.2006 unterrichtet.

 

Gemäß § 26 Abs.6 S.1GO NRW i.V.m. § 3 Abs. 3 der Satzung hat der Rat - gestützt auf eine Vorprüfung der Verwaltung - unverzüglich festzustellen, ob das Bürgerbegehren zulässig ist.

Erweist sich ein Bürgerbegehren als zulässig, stellt der Rat dies gemäß § 3 Abs.5 S.2 der Satzung förmlich fest. Die Beratung und Entscheidung über das sachliche Anliegen des Bürgerbegehrens findet gemäß § 3 Abs.5 S.3 der Satzung grundsätzlich in derselben Sitzung, spätestens jedoch in der nächstfolgenden Sitzung statt. Gemäß § 26 Abs.6 S.5 GO NRW i.V.m. § 3 Abs.5 S.4 u. S.6 der Satzung ist den Vertretern des Bürgerbegehrens Gelegenheit zu geben, den Antrag in der Sitzung des Rates zu erläutern, wobei die Redezeit dreißig Minuten nicht überschreiten soll.

 

Entspricht der Rat dem zulässigen Bürgerbegehren, so unterbleibt gemäß § 26 Abs.6 S.4 GO NRW der Bürgerentscheid und es bedarf der Aufhebung des mit dem Bürgerbegehren angegriffenen Beschlusses (Beschlussentwurf zu Ziffer 2, Alternative I).

 

Entspricht der Rat dem zulässigen Bürgerbegehren nicht, so ist gemäß § 26 Abs.6 S. 3 GO NRW i.V.m. § 4 Abs.1 S.1 der Satzung innerhalb von drei Monaten gerechnet vom Zeitpunkt der Zulässigkeitsentscheidung ein Bürgerentscheid durchzuführen (Beschlussentwurf zu Ziffer 2, Alternative II)


 

2.       Ergebnis der Vorprüfung zur Zulässigkeit des Bürgerbegehrens:

 

Die Initiatoren des Bürgerbegehrens haben bei der Einleitung des Bürgerbegehrens gemäß § 26 Abs.2 S.3 GO NRW i.V.m. § 3 Abs.1 der Satzung zu einzelnen Fragestellungen des Begehrens den rechtlichen Rat der Verwaltung eingeholt.

 

Ein zulässiges Bürgerbegehren muss gemäß § 26 Abs.2 schriftlich eingereicht werden, die zur Entscheidung bringende Frage, eine Begründung, einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten sowie bis zu drei Personen benennen, die berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten. Ein kassatorisches Begehren ist innerhalb der Frist des § 26 Abs.3 GO NRW einzureichen und muss das in § 26 Abs.4 GO NRW normierte Unterschriftenquorum erzielen.

           

2.1        Die Schriftform und die Vertreterbenennung entspricht den Anforderungen des § 26 Abs.2     S.1u.2 GO NRW.

 Am 16.08.2006 überreichten die Vertreter des Bürgerbegehrens  „Bauhaus Europa? Nein danke!“ dem Oberbürgermeister Herrn Dr. Linden unmittelbar vor Beginn der Ratssitzung die Unterschriftenlisten,  auf denen die drei vertretungsberechtigten Personen ordnungsgemäß benannt wurden.

 

2.2        Das Bürgerbegehren richtet sich gegen einen Beschluss des Rates.

Ein Bürgerbegehren richtet sich im Sinne des § 26 Abs 3 Satz 1 GO NRW gegen einen Beschluss des Rates (kassatorisches Bürgerbegehren), wenn es in die vom Rat getroffenen Regelungen eingreift. Gemessen an diesen Maßstäben hat das Bürgerbegehren kassatorischen Charakter, da mit dem Bürgerbegehren  gegenüber dem oben genannten Ratsbeschluss ein konträres Ziel verfolgt wird. Dies ergibt sich schon aus dem auch im Unterschriftenformular genannten Namen, den sich das Bürgerbegehren gegeben hat: „Bauhaus Europa? Nein danke!“. Zum anderen hat das eingereichte Bürgerbegehren notwendigerweise die Beseitigung eines Ratsbeschlusses, der eine positiv sachliche Regelung - die Verwirklichung des nach dem Entwurf von Prof. Tschapeller am Katschhof geplanten neuen Kulturzentrums mit dem Arbeitstitel „Bauhaus Europa“ - enthält, zum Gegenstand. Unerheblich ist hingegen, ob nach dem Text des Bürgerbegehrens Ratsbeschlüsse ausdrücklich aufgehoben werden sollen (OVG NRW, Urteil vom 28.01.2003, Az. 15 A 203/02).

Auch die Tatsache, dass das Bürgerbegehren noch vor der Beschlussfassung durch den Rat dem Oberbürgermeister übergeben wurde, ändert nichts an seinem kassatorischen Charakter. Eben so wenig ist diese Tatsache geeignet, dessen Zulässigkeit in Frage zu stellen. Die Ratsvorlage stellte unter TOP: Ö 4 die Entscheidung zur Abstimmung, dessen Beseitigung Inhalt des Begehrens ist. Auch hatte bereits der Hauptausschuss in seiner vorangegangenen Sitzung eine entsprechende pro Bauhaus ausgesprochene Empfehlung mehrheitlich beschlossen. Die Übergabe der Unterschriftenliste durch die Vertretungsberechtigten unmittelbar vor Beginn der Ratssitzung erfolgte im Einvernehmen mit dem Oberbürgermeister und  in Erwartung des mit dem Begehren zu kassierenden Ratsbeschluss betreffend die Verwirklichung des “Bauhauses”.

 

Gegenstand der weiteren Beurteilung hinsichtlich der Fragestellung, der Begründung und des Kostendeckungsvorschlags ist jeweils der Text des Bürgerbegehrens in der von den Bürgern unterzeichneten Fassung (vgl. § 26 Abs. 4 GO NRW). Durch den Text des Bürgerbegehrens wird der Entscheidungsgegenstand festgelegt, der aus der Entscheidungskompetenz des Rates herausgelöst werden soll.

 

2.3        Die Fragestellung entspricht den Anforderungen der Gemeindeordnung.

Die im Begehren formulierte Frage „Sind Sie für den Verzicht auf das geplante Ausstellungs- und Verwaltungsgebäude am Aachener Katschhof, das so genannte ́Bauhaus Europa`?“  wurde  entsprechend den Forderungen der Rechtsprechung (VG Minden, Urteil vom 27.03.2006, Az. 3 K 2415/04) so gefasst, dass dem in ihm enthaltenen Vorschlag durch Abstimmung mit "Ja" zugestimmt wird und ist damit nicht zu beanstanden.

 

2.4        Das Bürgerbegehren enthält eine ausreichende Begründung im Sinne des § 26 Abs.2 S.1 GO   NRW. 

Bürgerbegehren sind dann unzulässig, wenn tragende Elemente der Begründung unrichtig sind bzw. tragende Tatsachen oder Gründe nicht aufgeführt sind (OVG NRW Urteil vom 23.04.2002, Az. 15 A 5594/00, VG Düsseldorf, Urteil vom 28.10.2005, Az. 1 K 5195/04). Nur so kann sichergestellt werden, dass die Bürger die Tragweite ihrer Unterstützung für das Begehren erkennen können. Dabei kann allerdings keine schlechthin vollständige Darstellung des Für und Wider verlangt werden. Als politischer Appell muss das Begehren sich notwendigerweise mit plakativen, komprimierten Formulierungen an die Abstimmungsberechtigten wenden (VG Düsseldorf, a.a.O.). Unter Zugrundelegung der hieraus folgenden Maßstäbe wird das Begründungserfordernis vorliegend nicht verfehlt, auch wenn das Begehren die Abstimmenden im wesentlichen  über den Einsatz und die Höhe der für nicht gerechtfertigt erachteten Ausgabe öffentlicher Mittel für den Bau und Betrieb des Objektes hinweist, da das genannte Zahlenwerk in etwa den verwaltungsinternen Berechnungen entspricht, die Grundlage des Ratsbeschlusses waren.  Damit ist die Begründung ebenso geeignet,  eine verantwortliche Entscheidungsfindung für die Unterschriftsleistung zu gewährleisten. Ein die Zulässigkeit in Frage stellender Begründungsmangel ist somit vorliegend zu verneinen.

 

2.5        Dem Erfordernis eines nach den gesetzlichen Bestimmungen zu benennenden             Kostendeckungsvorschlag ist genüge getan.

Der nach § 26 Abs. 2 S.1 GO NRW erforderliche Vorschlag für die Deckung der Kosten der mit dem Begehren verfolgten Maßnahme muss grundsätzlich eine überschlägige, nachvollziehbare Kostenschätzung enthalten. Ein Kostendeckungsvorschlag ist hingegen ausnahmsweise dann entbehrlich, wo die beantragte Maßnahme keine Kosten verursacht oder, wie vorliegend, die billigere Alternative zu einem von der Gemeinde beschlossenen Vorhaben darstellt, jedenfalls dann, wenn dies  evident ist (VG Düsseldorf, Urteil vom 28.10.2005, Az. 1 K 5159/04), was vorliegend nicht in Abrede gestellt werden kann.


 

 

2.6        Die Frist gemäß § 26 Abs.3 GO NRW zur Einreichung des Begehrens wurde gewahrt.

Da das Begehren am 16.08.2006 und damit am Tage der Beschlussfassung eingereicht wurde, ist die Frist gewahrt.

           

2.7        Das nach § 26 Abs.4 GO NRW erforderliche Unterschriftenquorum wurde erreicht.

Gemäß dieser Vorschrift muss ein Bürgerbegehren in Gemeinden mit mehr als 200.000 und bis zu 500.000 Einwohnern von 4 % der Bürger unterzeichnet sein.

Am 16.08.2006, dem Tag der Einreichung des Bürgerbegehrens waren 184.640 Bürger, d.h. Personen zur Kommunalwahl berechtigt, so dass mindestens 7.386 gültige Unterschriften Aachener Bürger erforderlich sind, um das gesetzliche Quorum zu erfüllen. Diese Anzahl wurde nach verwaltungsinterner Zählung und Prüfung überschritten.

Insbesondere haben die zeitlich vor der Beschlussfassung gesammelten Unterschriften nicht ihre auf die Durchführung eines Bürgerentscheids zielende Wirkung und Legitimation verloren, da sich vorliegend die dem Begründungstext zu entnehmende wesentliche Entscheidungsgrundlage für die Unterschriftsleistung bei den Unterzeichnenden durch die am 16.08.2006  erzielte kommunalpolitische Entscheidung nicht geändert hat.

 

2.8    Das Begehren unterfällt nicht dem Negativkatalog des § 26 Abs.5 GO NRW und ist daher einem Bürgerentscheid zugänglich.

 

Zusammenfassend führt die Vorprüfung der Verwaltung zu dem Ergebnis, dass das eingereichte Bürgerbegehren zulässig ist.

 

Folgt der Rat dem Ergebnis der Vorprüfung, ist die Zulässigkeit des Begehrens formal festzustellen

(Ziffer 1 der Beschlussempfehlung) und über die Sachfrage mit den vorstehend skizzierten Rechtsfolgen gemäß Ziffer 2 der Beschlussempfehlung zu entscheiden.

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Auswirkungen

Finanzielle Auswirkungen:

Für die Durchführung eines evtl. Bürgerentscheides entstehen Personal- und Sachkosten in Höhe von ca. 220.000,- €

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Anlagen

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