Kenntnisnahme - A 51/0118/WP15
Grunddaten
- Betreff:
-
Kindergartensituation in Aachen - Sprachprojekt in städtischen Kindergärten "Hör mir zu, sprich mit mir" (insbesondere Sprachförderung durch Kon-lab)
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- FB 45 - Fachbereich Kinder, Jugend und Schule
- Verfasst von:
- A 51/50
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Kinder- und Jugendausschuss
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Kenntnisnahme
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24.08.2006
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Erledigt
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Schulausschuss
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23.11.2006
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Erläuterungen
Erläuterungen:
Bereits am 25. Oktober 2005 wurde für den Kinder- und Jugendausschuss eine gemeinsame Vorlage des Jugendamtes und des Gesundheitsamtes zur Sprachförderung im Kindergarten vorgelegt.
Neben einer allgemeinen Einführung in das Thema „Sprachförderung“ und deren Notwendigkeit wurde auch über das neue Sprachförderprogramm „Kon-lab“ (Konstanzer Labor) berichtet.
Der Kinder- und Jugendausschuss nahm die Ausführungen der Verwaltung zum damaligen Zeitpunkt zustimmend zur Kenntnis und beschloss die Durchführung der Sprachförderausbildung für Erzieherinnen in insgesamt 15 Tageseinrichtungen für Kinder.
Im folgenden wird über die durchgeführte Sprachförderung in den städtischen Einrichtungen des Kindergartenjahres 2005/2006 berichtet. Über das Projekt „Kon-lab“ wird Frau Natour (Logopädin und Moderatorin) berichten.
Frau Natour wird dies an Hand eines Folienvortrages und eines kleinen Filmbeitrages über das Projekt tun und für Fragen zur Verfügung stehen.
Allgemeine Eckpunkte für die Sprachförderung im Kindergarten
Die Notwendigkeit der Förderung der Sprache im Elementarbereich ist seit langem bekannt. Sprachförderung ist ein wichtiger Baustein im Bildungsprozess des Kindergartens und als Bestandteil der Bildungsvereinbarungen in NRW ein Bildungsbereich.
Die Hirnforschung hat gezeigt, dass im Alter zwischen drei und sechs Jahren verschiedene „sensible Perioden“ liegen, die besonders der Sprachförderung dienlich sind. Diese scheinen für die Entwicklung der Fähigkeit zu Aneignung einer Erst- und Zweitsprache wichtig zu sein.
Der frühe Spracherwerb und seine Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder ist immer mehr Gegenstand der Forschung.
Dabei geht es um alle Kinder, nicht nur um diejenigen, deren Ausdrucksvermögen und Sprachverstehen zu Sorge Anlass bieten.
Der Kindergarten geht somit nicht von einer rein defizitären Pädagogik aus.
Es bleibt aber wichtig, Kindern mit Migrantenhintergrund und Kindern aus bildungsferneren Schichten einer besonderen Aufmerksamkeit zu widmen.
Insbesondere seit man weiß, dass das Gelingen von Integration und der erfolgreiche Besuch der Schule eng mit der Bewältigung der Sprachanforderungen zusammen hängen.
In den Eingangsuntersuchungen für die Schule durch das Gesundheitsamt werden immer wieder hohe Sprachdefizite festgestellt.
Die Ursachen dafür sind vielfältig.
Wie geht der Kindergarten mit diesen Erkenntnissen um?
Ausgehend vom kindlichen Lernen und vom Curriculum des Kindergartens ist eine gezielte Sprachförderung immer
ØBestandteil der Gesamtkonzeption der Einrichtung
Hierbei geht es um die Grundlagen der Sprachförderung
· wie ist die Lebenssituation der Kinder (eine am Einzelkind orientierte Sprachförderung)
· wie ist die Sprachsituation in der Familie (besonders wichtig bei Migrantenkindern)
· wie kann Sprache umgesetzt werden?
Projekte aus anderen Wissensbereichen sind ebenfalls mit dem Sprachverständnis verbunden und tragen zu einer verbesserten Sprachförderung bei.
ØFür die Erzieherin bedeutet dies
·eine Situation als sprachfördernd erkennen
·einen sich öffnenden Kontakt zu Kindern herstellen
·Sprache bewusst fördern
·Räume und Zeiten schaffen, die Sprachanregung bieten
·durch die Öffnung des Kindergartens nach draußen neue Sprachräume erschließen
ØDer Auftrag der Erzieherin
·Beobachtung als Voraussetzung der Sprachförderung
·Festhalten des Sprachstandes des Kindes und seiner Entwicklung
·Die Achtung der unterschiedlichen Sprachen (deshalb auch Einstellung von Fachpersonal mit anderen Muttersprachen)
ØDas Einbeziehen der Eltern in die Sprachförderung
·Einbeziehung der Eltern in die Sprachentwicklung der Kinder. Wichtig ist im elterlichen Haushalt die Muttersprache zu stärken. Die sprachliche Kompetenz in der Muttersprache korreliert langfristig in der Regel auch mit der Zweitsprache.
Die Eltern werden durch Elternabende über die Sprachförderung informiert. Es gibt gemeinsame Spielnachmittage, in denen Spiele, Reime, Geschichten Eltern vermittelt werden, um bei den Kindern zu Hause wieder eine verbesserte Sprachentwicklung herbeiführen zu können.
Durch die in einigen Kindergärten eingesetzte ABLA wird ein besseres Verstehen der Bedeutung des Kindergartens bei türkischen Familien erzielt. Durch die bewusste Zusammenarbeit mit den Einrichtungen wird auch die Bedeutung des Besuches des Kindergartens für die Sprachentwicklung damit deutlich.
Kontinuierlich werden Fortbildungsmaßnahmen zum Thema „Sprache“ vom Jugendamt koordiniert und durchgeführt.
Um die hier genannten Grundsätze erfüllen zu können, werden in allen Einrichtungen sprachfördernde Maßnahmen angeboten.
Sprachförderung im Kindergarten steht auf einer breiten Basis und besteht keinesfalls aus Trainingsprogrammen. Allerdings ist es sinnvoll sein, die allgemeine Sprachförderung mit kontinuierlichen Programmen zu unterstützen. Um die ganzheitliche Förderung zu betonen, steht das Sprachförderprogramm insgesamt unter dem Motto
“Hör mir zu, sprich mit mir“.
Diese Aufforderung beinhaltet mehrere Kommunikationsebenen:
Ø Kinder - Kinder
Ø Kinder - Erwachsene
Ø Erwachsene - Kinder
Auf der Basis des aufmerksamen Zuhörens, des Verstehens und des aktiven Sprechens sollen Kinder befähigt werden in eine Kommunikation einzutreten, die weit über
Frage-Antwortspiel hinaus geht.
Dabei ist in allem Tun die Bedeutung der Mimik, Gestik und die Beziehung zum Gegenüber miteinbezogen.
Folgend aufgeführte Zusatzprogramme werden durchgeführt:
ØDurch das Land NRW geförderte Sprachförderung
Für das Kindergartenjahr 2005/2006 waren es 21 Gruppen à 5-10 Kinder pro Gruppe für die Dauer von 10 Monaten und 7 Gruppen für die Dauer von 6 Monaten à 10 Kinder pro Gruppe. Da die Mehrheit der Kinder einen Migrantenhintergrund hatte, wurde dabei vor allem die Sprachförderung nach dem Programm „spielerisch deutsch lernen“, „wir verstehen uns gut“ (Programm von E. Schlösser) durchgeführt.
Dieser Ansatz dient dem ganzheitlichen Lernen. Es sind jeweils Bausteine mit Programmthemen, die den sprachlichen Wortschatz erweitern sollen, Sprechfreude vermitteln, und positive Anregungen zur Identitätsbildung bieten.
Gefördert werden die Kosten einer Honorarkraft, die als Unterstützung im Alltagsgeschehen der Erzieherinnen dient. Die Sprachförderung selbst wird wegen der Beziehungsebene durch die Erzieherinnen durchgeführt (Bedingung des Landes zum Erhalt des Zuschusses).
6 Monate vor Einschulung wurden nochmals 8 Gruppen gefördert.
Für das neue Jahr 2006/2007 hat das Jugendamt erfreulicherweise die Zusage für alle
44 beantragten Gruppen erhalten.
Dieses Programm, welches 6 Monate vor Schulbeginn durchgeführt wird, wird zum Teil auch durch die entsprechenden Grundschulen angeboten.
Eine entsprechende Abstimmung erfolgt über die RAA.
Zusätzlich hierzu erhält ein Teil der Kinder:
ØSprachförderung durch das Rucksackprogramm durch die RAA
Das Rucksackprogramm der RAA führt spezielle Gruppen mit Müttern und Kindern durch, um sowohl muttersprachlich als auch in Deutsch den Müttern Hilfestellungen bei Beschäftigungen mit den Kindern zu geben.
ØKon-lab
Da die bisher aufgeführte Sprachförderung scheinbar nicht ausreicht, um das Regelverstehen der deutschen Sprache zu erlernen, wurde zusätzlich das Programm
Kon-lab eingerichtet.
Das
Sprachprogramm Kon-lab, ein
Baustein in der gezielten
Sprachförderung
“Hör mir zu, sprich mit mir“
Rückblick:
Bei den Schuluntersuchungen wird immer wieder festgestellt, dass trotz aller Bemühungen immer mehr Kinder die sprachlichen Anforderungen nicht erfüllen. Hierdurch ist die Notwendigkeit gesehen worden, neben der schon bestehenden Sprachförderung noch ein zusätzliches Programm aufzulegen.
Dies soll den Kindern helfen, Sprache so zu bewältigen, dass sie sich nicht nur verständigen können, (dies passiert im Kindergarten teilweise unter Kinder mit anderen Mitteln wie: Mimik, Gestik, Augenkontakt), sondern die Sprache so zu beherrschen, dass sie dem Anfangsunterricht in der Grundschule folgen können.
Nach Sichtung der auf dem „Sprachmarkt“ vorhandenen Programme und durch die Erfahrung in Bonner Kindergärten, zu denen Frau Dr. Trost-Brinkhues den intensiveren Kontakt hatte, entschieden sich das Gesundheitsamt und das Jugendamt für das Projekt
Kon-lab.
Das Frühsprachförderkonzept Kon-lab des Schweizer Sprachwissenschaftlers PD
Dr. Zvi Penner wurde ausgewählt, weil es altersübergreifend vom 3. – 6. Lebensjahr ist und darüber hinaus Hilfestellung zur Entdeckung der Regelerwerbsstrategien im Deutschen bietet.
Die Erkenntnisse der Sprachforschung aus dem Konstanzer Sprachlabor stellen nach dem derzeitigen Wissensstand eine geeignete Methode zur gezielten sprachlichen Förderung von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund dar.
Das Projekt wird von den Verbänden der Kinder- und Jugendärzte und Logopäden als erfolgreich bewertet und unterstützt.
Dieses Konzept ist für den Einsatz im Kindergartenalltag und in besonderen Sprachfördergruppen bis in die Grundschule hinein einsetzbar.
Die Idee des Projektes ist es, die Kinder sprachlich zu fördern, bevor sie aufgrund von Sprachdefiziten und Sprachverstehensproblemen in der Schule dadurch auffallen, dass sie dem Unterricht nicht folgen und so auch nicht vom Lehrangebot profitieren können.
Das bedeutet, die sprachsensible Entwicklungsphase des Kindes im Vorschulalter verstärkt zu nutzen und die Förderintervention in den Elementarbereich zu verlagern. Eine ausreichend frühe Sprachförderung vor der Wissensvermittlung in der Schule ist wesentlich wirksamer als (nur) sechs Monate vor der Einschulung oder erst schulbegleitend
(vgl. CITO - Studie).
Bisheriger Verlauf des Projektes und
Ausblick von Kon-lab
Im Oktober 2005 wurde eine Informationsveranstaltung für 15 Leiterinnen der
Kindertagesstätten durchgeführt, mit dem Ziel die Einführung der gezielten Sprachförderung mittels Kon-lab vorzubereiten.
Auf folgenden Grundsätzen basieren die Projektinhalte:
Ø Chancengleichheit im
Bildungsbereich für deutsche Kinder mit Migrationshintergrund durch
Sprachförderung
Ø Interkulturelle Sichtweise
(Erstsprache stärken, Zweitsprache fördern)
Ø Einbeziehung der Eltern bei der
Sprachförderung (erstmals nicht in das Projekt als aktiver Teil, sondern um
Kennenlernen und Unterstützung der allgemeinen Sprachförderung wie vorher
beschrieben).
Für das Projekt wurden in erster Linie Kindertageseinrichtungen mit einem hohen Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund und Einrichtungen in sozialen Brennpunkten mit hohem Förderbedarf auch bei deutschen Kindern ausgewählt.
Kindergarten Migrantenanteil im Kindergarten
Alfonsstr. 23 Kinder von 68 Kindern
Albert -Maas-Str. 49 Kinder von 50 Kindern
Auf Überhaaren 31 Kinder von 75 Kindern
Düppelstr. 26 Kinder von 40 Kindern
Eibenweg 39 Kinder von 50 Kindern
Johannstr15 39 Kinder von 50 Kindern
Johannstr. 17 28 Kinder von 45 Kindern
Königsberger Str. 66 Kinder von 90 Kindern
Passstr.25 49 Kinder von 75 Kindern
Philipp-Neri-Weg 11 34 Kinder von 42 Kindern
Reumontstr. 52 15 Kinder von 30 Kindern
Schagenstr. 48 Kinder von 75 Kindern
Stettiner Str. 15 Kinder von 25 Kindern
Stolberger Str. 42 Kinder von 55 Kindern
Wiesental 52 Kinder von 75 Kindern
Ein freier Träger (SKF)beteiligte sich ebenfalls am Projekt.
Zunächst wurde das Material beschafft. Die Kita-Leitungen, Erzieherinnen und sozialpädagogische Fachkräfte wurden systematisch im Programm fortgebildet und die Umsetzung in den Alltag vollzogen.
Inzwischen wurden für 65 Gruppen in 15 Kindergärten Material angeschafft und 75 MitarbeiterInnen weitergebildet.
Weitere angedachte Schritte:
Eine Abschlussveranstaltung als Fortbildung für die Kräfte, die schon in der Einrichtung mit Kindern „Kon-lab“ durchführen.
Umsetzung des Programms im Kindergartenjahr 2006/2007 mit weiteren 40 Gruppen.
Frau Natour wird auch hier die Fortbildung durchführen.
Die Erfahrung der bereits laufenden Gruppen wird durch Einrichtung von Patenschaften der Kitas untereinander genutzt.
Eine Fortbildung mit Herrn Prof. Penner ist im September 2006 in Aachen geplant, da er zu diesem Zeitpunkt in Bonn weilt.
Zu dieser Veranstaltung sollen neben den Erzieherinnen auch Lehrkräfte aus dem Grundschulbereich eingeladen werden.
Bisherige
Ergebnisse:
Das Projekt hat vor allem eine hohe Qualifizierung der Erzieherinnen zur Folge.
Fast alle MitarbeiterInnen haben die Förderung regelmäßig in den Tagesablauf eingebaut, mindestens 3mal wöchentlich. Die Erhöhung auf 4mal pro Woche ist angestrebt.
Der Materialsatz ist dabei zum festen Bestandteil der Arbeit geworden. In etlichen Reflexionsgesprächen berichten die Erzieherinnen von Fortschritten im Sprachverhalten der Migrantenkinder, von überraschenden Momenten, wenn sich Kinder mit Sprechängsten überwinden, um Sprache zu produzieren, und das Programm den Kindern großen Spaß machen kann.
Da das Programm auch eine Multimedia-CD enthält, mit der Erlerntes vom Kind eigenständig und/oder in Begleitung am PC geübt werden kann (Automatisierungsphase) können die Erzieherinnen weiter entlastet werden. Diese Automatisierungsphasen sind für die Nachhaltigkeit und die Lerntransferleistungen sehr wichtig.
Die Kitas melden insgesamt gute organisatorische und inhaltliche Fortschritte, die sich bereits jetzt in einer verbesserten sprachlichen Aktivität darstellen.
Eine weitere Darstellung der praktischen Arbeit wird Frau Natour, wie bereits oben beschrieben, in der Sitzung geben.