Empfehlungsvorlage (inaktiv) - FB 61/0449/WP15
Grunddaten
- Betreff:
-
Architektur von Lebensmitteldiscountern in Aachenhier: Ratsantrag der Grünen im Rat vom 29.09.2006
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Empfehlungsvorlage (inaktiv)
- Federführend:
- FB 61 - Fachbereich Stadtentwicklung und Stadtplanung
- Verfasst von:
- FB 61/20//Dez. III
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
---|---|---|---|---|
●
Erledigt
|
|
Planungsausschuss
|
|
|
|
11.01.2007
|
Beschlussvorschlag
Beschlussvorschlag:
Der Planungsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.
Er beauftragt die Verwaltung die Einzelhandelsunternehmen in die Thematik einzubeziehen. Darüber hinaus empfiehlt er der Verwaltung Vorhaben >700m² im Architektenbeirat beraten zu lassen sowie im Rahmen der Bebauungsplanverfahren zur Qualitätssicherung entsprechende Festsetzungen zu treffen. Für Vorhaben in integrierten Lagen sind gezielte Gespräche zur Abstimmung der Gestaltungsqualität mit den Einzelhandelsunternehmen erforderlich.
Der Antrag der Grünen im Rat Nr. 156/15 gilt damit als behandelt.
Erläuterungen
Erläuterungen:
Mit Datum vom 29.09.06 ist der Antrag der Grünen Fraktion im Rat zum Thema Architektur von Lebensmitteldiscountern in Aachen eingereicht worden. Kritisiert wird die standardisierte beliebige Architektur der Gebäude von Discountern, die ohne Bezug zum jeweiligen Standort und der städtebaulichen Situation umgesetzt wird. In der Regel weisen die Discounter unterschiedlicher Unternehmen eine ähnliche Gebäudetypologie und Architektursprache auf, die als verbesserungswürdig angesehen wird.
Das Ziel des Antrages ist, städtische Einflussmöglichkeiten bei zukünftigen Projekten zu nutzen, um eine ansprechende Architektur der Neubauten zu erwirken.
Das Anliegen des Antrages trifft in der Regel nicht nur auf Lebensmitteldiscounter zu, sondern auch auf die Einzelhandelsbauten von Fachmärkten, Möbelmärkten, Supermärkten und Non-Food - Discountern und kurzlebigen Gewerbebauten, die sich monofunktional mit architektonisch wenig anspruchsvollen “Boxen” darstellen und häufig durch offensive Werbung geprägt sind.
Anlass
In jüngerer Vergangenheit standen neben einzelnen Anträgen zur Vergrößerung bestehender Lebensmittel- Märkte (z.B. Eilendorf Krebsstraße, Karlsgraben u.a.), Neuansiedlungen von Lebensmitteldiscountern am Boxgraben, in der Reinhardstraße und in der Josef-von-Goerres-Straße zur Diskussion. Bei den beiden Letzteren handelt es sich um LIDL-Ansiedlungen, für die sich das Bebauungsplanverfahren in der Offenlage bzw. vor der Programmberatung befindet. Weitere geplante Einzelhandelsansiedlungen werden für das Grundstück Geulen an der von-Coels-Straße in Eilendorf anvisiert bzw. u.U. auch durch eine städtebauliche Neuordnung des Einzelhandelsstandortes Trierer Straße / Heusstraße.
Hintergrund
Die Stadt Aachen hat im Juni 2004 das städtische Nahversorgungskonzept beschlossen. Die seit dem Jahr 2000 entstandenen rd.15 Discounter, von insgesamt 48, befinden sich abgesehen von wenigen Standorten in integrierten Lagen, hauptsächlich außerhalb der Zentren und damit der historisch gewachsenen Versorgungslagen.
Vor allem die in den Gewerbegebieten und eindeutig nicht integrierten Lagen vorgenommenen Ansiedlungen der gängigen Discounter (Aldi, Lidl, Penny, Norma, Plus) weisen sämtliche die im Antrag benannte Architektursprache auf.
Dem Vorteil für die Bewohner, eine Einkaufsmöglichkeit in fußläufiger Nähe in integrierter Lage erreichen zu können, die Belebung von zentralen Bereichen durch die Magnetfunktion, die die Discounter eindeutig aufweisen, durch ihre hohe Frequentierung u.a. Gründen, stehen die vermeintlichen Nachteile der Betreiber gegenüber, schwierigeren Liefer- und Ladesituationen, höheren Baukosten, dem geringeren Umsatz als am reinen “Autostandort”, nicht mehr wirtschaftlich zu betreibender Standorte etc..
Bei den Discounteransiedlungen handelt es sich, bedingt durch ökonomische Gründe der Unternehmen, um eingeschossige Bauten geringer Höhe mit flach geneigtem Satteldach, die von der Straße standardisiert zurückversetzt, mit vorgelagertem Stellflächen für den Kundenverkehr angeordnet sind. Der Grundriss ergibt sich aus den einheitlichen Anordnungen der Warenpaletten, die aus Gründen der schnellen Orientierung im Geschäft, der Wiedererkennbarkeit für die Kunden immer gleich angeordnet werden, einschließlich der Flächen für Aktionswaren und der Gangbreiten. Die Anlieferung erfolgt in der Regel seitlich an der Schmalseite der Bauten mit separaten Flächen für die Lkw. Neuerdings werden ergänzend Räume (Container z.T. mit integrierter Schredderanlage) für die Sammlung des Leerguts errichtet. Die Fassaden sind, da es sich um reine “Lagerverkäufe” von Ware aus Kartonagen bzw. auf Paletten handelt, weitestgehend geschlossen, häufig mit Ziegelverkleidungen, selten als Putzbau ausgeführt. Die Dächer werden häufig mit hellbraunen Betonziegeln, selten mit anderen Materialien z.B. Zinkblech ausgeführt, wie z.B. beim Unternehmen Aldi, das über zwei unterschiedliche Gebäudetypen verfügt, die zum Einsatz kommen. Lediglich an den Ein-/Ausgangsbereichen, die in räumlicher Nähe zu den Kassen liegen sind Fensterflächen angelegt. Die Ausbildung der Kassenzonen, Abstellflächen für die Einkaufswagen etc. hat sich im Laufe der Jahre in ihrer Anordnung auf Grund der veränderten Anrechenbarkeit der Verkaufsfläche angepasst.
Beispiele für Neuansiedlungen der letzten Jahre an nicht integrierten Lagen sind die Ansiedlungen von Aldi Süsterfeld, Neuenhofstraße und dem Neubau nach den Brandanschlag Weststraße, dem Plus Jülicher Straße (am Außenring) und Philipstraße sowie dem Lidl Weststraße und Werkstraße.
Positive Beispiele von Lebensmittelmärkten in eigenständiger Architektursprache lassen sich nach Erfahrung am ehesten durch externe Architekturbüros und private Bauherrn erreichen.
Grundsätzlich zeichnet sich weiterhin im Einzelhandel der Trend von Konzentrationsprozessen ab. Gleichzeitig scheint der Druck von Neuansiedlungen der Discounter abzuflauen. In der Regel treten mit dem Wunsch der Neuansiedlung die zu erwartende Schließung einer oder mehrerer Filialen in integrierter Lage auf.
Die sich im Gebäudebestand befindlichen Standorte der Discounter in integrierten Lagen (die in der ersten Ansiedlungswelle entstanden sind) werden immer dann aufgegeben, sobald an anderer Stelle ein für das Unternehmen ökonomisch günstigerer Standort entwickelt wird, z.B.:
Aufgabe Altstandort Neustandort
Plus Krugenofen
Plus Bahnhofstraße Plus Boxgraben
Aldi Amyastraße Aldi Schillerstraße
Aldi Trierer Platz Aldi Neuenhofstraße
Lidl Jülicher Straße/Robensstraße Lidl Jülicher Str./ Außenring
Plus Jülicher Straße/Robensstraße Plus Jülicher Str./ Außenring
Lidl Löhergraben Lidl Weststraße
Die Perforation der zentralen Versorgungsbereiche u.a. auch in den Bezirken wird weiter fortschreiten, angekündigt wurde die Aufgabe von Versorgern in Haaren. Der Neueröffnung des Aldi im ehemaligen Globus/Toom steht die Aufgabe des Standortes Löhergraben gegenüber, der sich durch den Weggang von Lidl bereits verschlechtert hatte.
Vor dem Hintergrund der Schließung wohnungsnaher Standorte hat das Hauptziel des Erhaltes der vorhandenen integrierten Standorte eine besonders hohe Bedeutung.
Seit dem Beschluss zum Nahversorgungskonzept sind die massiven Ansiedlungsanfragen deutlich zurückgegangen, lediglich drei Standorte wurden neu angelegt.
Positiv gesehen lässt es vermuten, dass das Aachener Nahversorgungskonzept und eine Steuerung der Neuansiedlungen gegriffen hat. Negativ gesehen legt es die Vermutung nahe, dass der Expansionsdruck der Discounter für Aachen befriedigt wurde.
Quintessenz für die Zukunft ist, dass die Wahrscheinlichkeit von Ansiedlungen für die kommenden Jahre gering ist. Aktuell kann die vorgenannte Diskussion lediglich für die Standorte Reinhardstraße, Josef-von Görres-Straße, von-Coels-Straße und Schleckheimer Straße (Kornelimünster West) geführt werden.
Positive Beispiele
Im Jahr 2003/2004 wurde durch die Landesinitiative zur
Stadtbaukultur zum Wettbewerb
vorbildlicher Handelsarchitektur in NRW aufgerufen. Im Verfahren wurden
Beispiele von Kaufhäusern, Warenhäusern, Einkaufszentren und Discountern
eingereicht.
Den Beispielen von Aldi wurde in Hinblick auf die gestalterischen
Fragestellungen und ihre Umsetzung nachgeforscht.
Auch die Stadt Wuppertal hat bereits im Jahr 2004 eine entsprechende Diskussion geführt und einen Kriterienkatalog erarbeitet, mit dem Ergebnis, dass im Einzelfall positive Gestaltungsvorgaben vereinbart werden konnten, es ebenso aber auch zu etlichen Neuansiedlungen in der herkömmlichen Formensprache gekommen ist. Die Kriterien der Stadt Wuppertal wurden auf Sinnfälligkeit für die Stadt Aachen überprüft und im weiteren aufgeführt.
MPreis/Österreich
Die Handelsarchitektur der Lebensmittelmärkte des
eigentümergeführten Familienunternehmens MPREIS, die ihre Bauten in der
Unternehmensphilosophie als moderne, attraktive Märkte entstehen lassen,
stellen besonders positive Beispiele für gute Handelsarchitektur dar. Mit den
Bauten sollen sich die Kunden identifizieren können. Dazu beauftragt das
Unternehmen Architekten, die in unterschiedlicher sehr individueller
gestalteter Weise mit hellen, offenen, großzügigen und hohen Räumen mit viel
Bewegungsfreiheit attraktive Einkaufserlebnisse durch besondere
Architekturkonzepte schaffen. MPREIS gelingt es mit der Kombination von
Bistro-/Cafenutzungen zusätzliche Qualitäten zu erzeugen.
-> Eine Übertragbarkeit des Beispiels von MPREIS wäre
zwar wünschenswert wird allerdings für die deutsche Unternehmen nicht gesehen.
Aldi Pulheim, Architekten Fritschi/Stahl /Baum
Die Firma Aldi hat sich im Einzelfall hier in Pulheim auf
einen Masterplan mit Gestaltungsvorschlag der Architekten und Planer
Fritschi/Stahl/Baum eingelassen. Er sah eine kulissenartige Einfassung des
Geländes mit turmartiger Eckbebauung vor, die das Firmenlogo aufnimmt. Mit dem
Druckmittel, dass Aldi für andere Standorte kein Planungsrecht erhalten würde,
und für den Standort eine “pfiffige” Lösung gefunden werden müsse, konnte Aldi
von der Realisierung überzeugt werden. Bei dem hinter der Umfriedung
befindlichen Aldi handelt es sich um den Typus mit Zinkblechdach und an diesem
Standort eingefärbtem Außenputz.
Aldi Brauweiler,
Auch am Ortsrand von Brauweiler gelang es Aldi entsprechend
einzubinden. Hier wurde der Aldi, über Bebauungsplanfestsetzungen 3-seitig
begrünt und mit versetzten Pultdächern aus Zinkblech ausgestattet. Die
Fassadenfarbgestaltung wurde ebenfalls durch Absprache geregelt. In Brauweiler wurde
als Druckmittel die Veräußerung des städtischen Grundstücks an Aldi eingesetzt
um entsprechende Gestaltungsvorgaben durchsetzen zu können.
Aldi Herzebrock, Architekt Drewes
Bei dem Aldi in Herzebrock handelt es sich um ein Flachdachgebäude einschließlich der das Grundstück umgebenden Einfassung in einer modernen Architektursprache, die über die Festsetzung der Dachform eines alten Bebauungsplanes entstanden ist.
Städtebauliche und planungsrechtliche Situation
Bei Ansiedlungsanfrage wird im Rahmen der Planungsrechtsprüfung die Verkaufsflächengröße geprüft. Projekte, die der Großflächigkeit unterliegen (>800m²) bedürfen grundsätzlich eines Bebauungsplanverfahrens und bieten damit die Möglichkeit der Regelung. Bei kleinflächigen Vorhaben (<800m²), sind Vorhaben im §34 Bereich auch ohne weitere Regelung genehmigungsfähig und bedürfen einer anderen Strategie um Qualitäten zu sichern.
Parallel zum Beschluss des Nahversorgungskonzeptes wurden für etliche Gewerbegebiete, für die der Bedarf bestand, Änderungsbeschlüsse bzw. Aufstellungsbeschlüsse gefasst um steuernd in die Einzelhandelsentwicklung eingreifen zu können.
Empfehlung
Bei der Recherche der o.g. Beispiele wurde die mangelnde Akzeptanz der Einzelhandelsunternehmen für die Umsetzung gestalterischer Qualitäten bestätigt.
Grundsätzlich muss für ein weiteres Vorgehen unterschieden werden zwischen integrierten Standorten, bei denen die Discounter in den Gebäudebestand oder Neubau integriert werden müssen und den Neubauten auf freien Grundstücken.
Bei den innerstädtischen Lagen ist der Aufwand der betrieben werden müsste um eine Blockrandbebauung, Mehrgeschossigkeit etc. zu erreichen, höher und daher schwer kommunizierbar, wie sich am Beispiel Plus Boxgraben gezeigt hat, d.h. hier ist die Abstimmung besonders wichtig.
Bei den freien Grundstücken sollten Festsetzungen bzgl. der Gestaltung als Regelfall Bestandteil des Bebauungsplans werden, dazu kann der beigefügte Kriterienkatalog als Grundlage dienen.
Auf Grund der unterschiedlichen städtebaulichen Situationen sowie der Art und dem Maß der umgebenden Bebauung im Einzelfall können folgende nur unzureichend verallgemeinerbare Kriterien benannt werden, die als Empfehlungen zu sehen sind und soweit möglich als Festsetzungen in die Bebauungspläne aufgenommen werden sollen:
Städtebauliche Kriterien
•
Abgestimmter
Standort entsprechend des Nahversorgungskonzeptes
•
gestalterische
Einfügung in die Umgebung
•
verträgliche
Anordnung der Stellplatzanlagen
•
städtebauliche
wirksame Raumbildung
Anforderungen an das Umfeld des Gebäudes
•
gestalterisch
relevante Baumpflanzungen im Stellplatzbereich
•
zur
Umgebung passende Einfriedung
•
Stellplätze
in integrierten Lagen soweit sinnvoll reduzieren
•
im
innerstädtischen Bereich Stellplätze als Tiefgarage oder Parkhaus ausbilden
Anforderungen an das Gebäude
•
der
Architektur und Umgebung angemessene auch individuelle Architektursprache
•
Dachform
als Pult oder Flachdach, ggf. begrünt, nur im Ausnahmefall als Satteldach
•
großzügige
Eingangs- und “Schaufenster”-bereiche
•
abgestimmte
Farb- und Fassadengestaltung
•
sowie
abgestimmtes Werbekonzept entsprechend der Werbeanlagensatzung
Die Verwaltung empfiehlt, das vorgezogene grundsätzliche Gespräch mit den Zuständigen der jeweiligen Einzelhandelsunternehmen um die städtische Zielsetzung nach einer höheren ortsbezogenen Gestaltqualität für die Neuansiedlung von Discountern zu kommunizieren.
Für die integrierten Standorte bedarf es im Einzelfall einer an das Umfeld angepassten und auf den vorgenannten Kriterien basierenden Abstimmung der Gestaltung.
Darüber hinaus empfiehlt die Verwaltung, dass Einzelhandelsvorhaben >700m² generell im Architektenbeirat vorgestellt werden sollen, so dass falls erforderlich durch das Empfehlungsrecht des Beirats die Sicherungsinstrumente wie eine Zurückstellung und ein Aufstellungsbeschluss angewandt werden können.
Darüber hinaus empfiehlt die Verwaltung die o.g. Kriterien als Festsetzungen in die Bebauungspläne zu den Einzelhandelsansiedlungen mit Großflächigkeit aufzunehmen.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
---|---|---|---|---|---|
1
|
(wie Dokument)
|
626,1 kB
|
|||
2
|
(wie Dokument)
|
21,4 kB
|
|||
3
|
(wie Dokument)
|
790,8 kB
|