Kenntnisnahme - E 42/0037/WP15
Grunddaten
- Betreff:
-
Volkshochschule Aachen Projekt 'Stolpersteine' des Künstlers Gunter Demnig
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- E 42 - Volkshochschule
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Betriebsausschuss Theater und VHS
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14.12.2006
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Erledigt
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Rat der Stadt Aachen
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17.01.2007
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Beschlussvorschlag
Beschlussvorschlag:
1.
Der Betriebsausschuss Theater und
Volkshochschule nimmt gemäß § 11 Abs. 6 der Satzung für die Volkshochschule
Aachen die Verwaltungsvorlage zur Kenntnis und empfiehlt dem Rat der Stadt
Aachen zu beschließen, dass die Stadt Aachen sich an dem Projekt
„Stolpersteine“ im Sinne des Ratsantrages der SPD Fraktion vom 02. Juni 2006 in
der Form beteiligt, dass die
eingehenden Anträge auf Verlegung von „Stolpersteinen“ zur
Weiterbearbeitung an die Volkshochschule weitergeleitet werden. Im übrigen
fördert der Rat der Stadt Aachen vorrangig das bereits seit Ende 1996
bestehende Projekt „Wege gegen das Vergessen“ –Durch das Aachen der
Nazizeit-.
Der Ratsantrag der SPD Fraktion vom 02. Juni 2006
ist somit als erledigt zu betrachten.
2.
Auf Empfehlung des Betriebsausschusses Theater und Volkshochschule beschließt Rat
der Stadt Aachen gemäß § 12 der Satzung für die Volkshochschule Aachen,
dass die Stadt Aachen sich an dem Projekt „Stolpersteine“ im Sinne des
Ratsantrages der SPD Fraktion vom 02. Juni 2006 in der Form beteiligt,
dass die eingehenden Anträge auf
Verlegung von „Stolpersteinen“ zur Weiterbearbeitung an die Volkshochschule
weitergeleitet werden. Im übrigen fördert der Rat der Stadt Aachen vorrangig
das bereits seit Ende 1996 bestehende Projekt „Wege gegen das Vergessen“ –Durch
das Aachen der Nazizeit-.
Der Ratsantrag der SPD Fraktion vom 02. Juni 2006
ist somit als erledigt zu betrachten.
Erläuterungen
Erläuterungen:
Mit Ratsantrag vom 02.06.2006, beantragte die SPD Fraktion, die Stadt Aachen möge sich als Gedenken für die Opfer des NS-Regimes in Aachen an der Aktion „Stolpersteine“ des Künstlers G. Demnig beteiligen.
Mit Hinweis auf diese bundesweit bekannte Aktion beantragte Herr Dr. Manfred van Rey aus 53639 Königswinter nahezu zeitgleich, mit Schreiben vom 21.05.2006 bei dem Herrn Oberbürgermeister, aus persönlichen Gründen vor dem früheren Elternhaus, Aachen, Moltkestr. 15, für die am 06.04.1944 in einem Krankenhaus in Kalmenhof bei Idstein im Alter von 5 Jahren im Rahmen der „Euthanasie“-Aktion umgekommenen Elly Ortmanns, einen „Stolperstein“ verlegen lassen zu dürfen.
„Wege gegen das
Vergessen“
Die Stadt Aachen hat ein
eigenes Projekt der Erinnerung an die NS-Zeit: Die „Wege gegen das Vergessen“.
Bereits seit 1994 hatten
sich einzelne Bürger, Parteien, Initiativen und andere Gruppen in verschiedenen
Anträgen oder Anfragen an den Rat und die Verwaltung der Stadt gerichtet mit
dem Wunsch, in Aachen verschiedene Gedenktafeln oder ein zentrales Mahnmal für
die Opfer der NS-Diktatur aufstellen zu lassen. Vor diesem Hintergrund nahm der
Rat der Stadt Aachen im Oktober 1996 einstimmig einen gemeinsamen Antrag der
Fraktionen von CDU, SPD und Grünen an, „Wege gegen das Vergessen“ durch das
Aachen der Nazizeit erarbeiten zu lassen. Die Entwicklung einer Konzeption für
dieses Projektes und die Durchführung wurden der Volkshochschule Aachen
übertragen, da bei ihr einschlägige Erfahrungen in der Bearbeitung der
NS-Geschichte in Aachen vorlagen. Eine Aufgabe der „Wege gegen das Vergessen“
ist es, die Erinnerung wach zu halten daran, dass Menschen durch die Nazidiktatur
verfolgt oder ermordet wurden aus politischen, rassischen, weltanschaulichen,
religiösen und anderen Gründen. Eine weitere Aufgabe ist es, die
Auseinandersetzung zu fördern mit Ignoranz, Mitläufertum, aber auch Unterstützung,
ohne die die Nazidiktatur nicht so reibungslos hätte funktionieren können. Die
„Wege gegen das Vergessen“ bestehen seit Beginn an aus zwei wichtigen
Arbeitsfeldern:
-
die Denk-Mal-Tafeln (an 43 Orten in der Stadt)
-
die pädagogische Arbeit
Einhellig wurde vom Rat
und den Projektmitwirkenden von Anfang an darauf hingewiesen, dass die
Anbringung von Gedenktafeln allein nicht ausreiche und wie wichtig die
Volkshochschule als eine pädagogische Anlaufstelle sei, die z.B. entsprechend
ausgearbeitete Materialien für Lehrerinnen und Lehrer und Schülerinnen und
Schüler, ergänzende Angebote, Fortbildungen und Tagungen, alternative Stadtrundfahrten
oder -führungen usw., durchführen sollte.
Dieser gemeinsamen
Einschätzung wird auch finanziell Rechnung getragen; seit 2005 gibt die Stadt
einen jährlichen Zuschuss von € 15.000,00 für diese Arbeit.
„Stolpersteine“
Der Künstler Gunter
Demnig erinnert mit seinen „Stolpersteinen“ an Opfer der NS-Zeit, indem er vor
ihrem letzten selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing in den Bürgersteig einlässt. Mit den
Steinen, einem Betonquader mit einer 10 x 10 cm großen Sichtfläche aus
Messing, will er die Erinnerung an die Menschen lebendig halten, die einst dort
wohnten. Auf den Steinen steht geschrieben: Hier wohnte Name, Geburtstag und
-ort, Sterbetag und -ort. Ursprünglich waren die „Stolpersteine“ ein lokales
Projekt des Gedenkens in der Stadt Köln, das dort übrigens ursprünglich nicht
ohne heftige Diskussionen –auch mit Rat und Verwaltung- realisiert wurde; die
meisten „Stolpersteine“ liegen auch in Köln. Bis heute sind bundesweit über
8.500 Steine in 183 Ortschaften verlegt.
Für € 95,00 kann jeder
eine Patenschaft für die Herstellung und Verlegung eines „Stolpersteins“
übernehmen.
Die „Stolpersteine“
werden weithin positiv bewertet. So wurde dem Künstler 2005 der Verdienstorden der Bundesrepublik
Deutschland verliehen. Allerdings hat die Absicht, „Stolpersteine“ zu verlegen
in verschiedenen Städten auch kontroverse Diskussionen ausgelöst.
So hat z. B. die Stadt München die
Verlegung von „Stolpersteinen“ nicht genehmigt.
Charlotte Knobloch, die
Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, bezeichnete es in einem
Zeitungsinterview als „unerträglich“, die Namen ermordeter Juden auf Tafeln zu
lesen, die in den Boden eingelassen sind und auf denen mit Füßen
„herumgetreten“ werde. Frau Knobloch gehe zwar davon aus, dass die kleinen
Messing-Gedenktafeln „gut gemeint“ seien und billige „jedem zu, dazu eine
andere Meinung zu haben als ich“. Ihr Vorstandskollege Dr. Salomon Korn hat in
diesem Punkt eine andere Meinung und teilt ihre Bedenken nicht.
Vor diesem Hintergrund
sollte eine solche Aktion in Aachen nur mit Billigung der jüdischen Gemeinde
durchgeführt werden.
Erinnern an die
jüdischen Opfer der NS-Zeit in Aachen
Neben den „Wegen gegen
das Vergessen“ gibt es in Aachen noch einen Ort, an dem der jüdischen Opfer der
NS-Zeit gedacht wird. In der Synagoge befindet sich eine Gedenktafel, die von
dem Aachener Künstler Prof. Joachim Bandau gestaltet wurde und auf der die
Namen von mehr als achthundert Opfern des Holocausts aus Aachen zu lesen sind.
Darüber hinaus bemüht
sich das Projekt „Gedenkbuch“ seit einigen Jahren, der jüdischen Opfer aus
Aachen mit biografischen Skizzen zu gedenken.
Stolpersteine und Wege
gegen das Vergessen
Ein Vergleich beider
Projekte zeigt Übereinstimmungen in der Zielsetzung, aber auch Unterschiede.
Beide Projekte beschäftigen sich mit der Erinnerung an die Opfer der NS-Zeit.
Die „Wege“ gehen aber weiter und versuchen dabei Abläufe und Prozesse deutlich
zu machen und auch an Mitläufertum, Anpassung und Mitarbeit zu erinnern, ohne
die das System nicht so reibungslos hätte funktionieren können.
Die pädagogische Arbeit,
die bei den „Stolpersteinen“ nicht notwendiger Bestandteil ist, gehört bei den
„Wegen“ zum Konzept des Projektes.
Eine direkte
Stellungnahme von Herrn Demnig wurde durch Mails, denen Informationsmaterial
über die „Wege gegen das Vergessen“ beigefügt war, am 08.06.2006 und 02.08.2006
angefragt. Herr Demnig wies in einer Mail am 04.08.2006 darauf hin, dass sich
seiner Ansicht nach die beiden Projekte nicht ausschlössen, sondern sich
durchaus ergänzen könnten und bot an, in Aachen über die „Stolpersteine“ einen
Vortrag zu halten. Am 02.10.2006 schickte er weitere Informationen zu seinem
Projekt.
Fazit
Aachen hat eine
beispielhafte und bundesweit einzigartige Form des Gedenkens an die Gräuel der
NS-Zeit entwickelt: Die „Wege gegen das Vergessen“ durch das Aachen der
Nazi-Zeit. Auf dieses Projekt sollte sich daher die -auch finanzielle-
Unterstützung der Stadt beschränken.
Die Niederlegung von
„Stolpersteinen“ auf private Initiative sollte von der Stadt wohlwollend
geprüft werden. Allerdings sollten dabei folgendes berücksichtigt werden:
-
ein „Stolperstein“ kann nur gelegt werden, wenn eventuell noch
lebende Angehörige damit einverstanden sind;
-
Ort und Schicksale der Opfer müssen überprüft und belegt sein;
-
„Stolpersteine“ sollen nicht an Orten
installiert werden, an denen eine Gedenktafel der „Wege“ vorgesehen bzw.
angebracht ist;
-
Anträge auf „Stolpersteine“ sollten an das Projekt „Wege gegen das
Vergessen“, d.h. an die Volkshochschule Aachen, geleitet und von dort
bearbeitet werden.
Vor Genehmigung eines Antrages sollte die Zustimmung des Rates der Stadt Aachen eingeholt werden.