Entscheidungsvorlage - FB 36/0158/WP15
Grunddaten
- Betreff:
-
Fällung der Hybridpappeln am Senserbachhier: Verfahren nach § 69 Landschaftsgesetz
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- FB 36 - Fachbereich Klima und Umwelt
- Verfasst von:
- FB 36/40
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz
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19.06.2007
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Erläuterungen
Erläuterungen:
1. Chronologie
Am Senserbachweg hatte der für die Unterhaltung der Allee zuständige Stadtbetrieb in den zurückliegenden Jahren angesichts des erkennbaren Rückgangs der Vitalität (vermehrte Todholzbildung, etc.) einen stark wachsenden Unterhaltungsaufwand und daraus folgend einen akuter werdenden Handlungsdruck bzgl. der Verkehrssicherheit der Pappelreihe (223 Hybridpappeln) festgestellt.
Angesichts dieser Problematik wurde im Herbst 2006 zwischen Stadtbetrieb und Unterer Landschaftsbehörde (ULB) eine Ortsbesichtigung durchgeführt, bei der die stark beeinträchtigte Verkehrssicherheit bestätigt werden konnte.
Anfang 2007 wurde seitens des Stadtbetriebs entschieden, die gesamte Pappelreihe in einem Zuge zu entfernen und eine entsprechende Ausschreibung durchzuführen. Der Fachbereich Umwelt (ULB) wurde über die anstehende Vergabe informiert und gebeten, den Beirat entsprechend zu informieren.
2. Beteiligung des Beirates
Am 17. April 2007 hat die ULB den Landschaftsbeirat über die aus Verkehrsicherungsgründen erforderliche Fällaktion ausführlich informiert. In den sich anschließenden Beratungen wurden seitens des Landschaftsbeirates insbesondere die Restlebensdauer der Bäume, alternative Verkehrssicherungsmaßnahmen, Wirtschaftlichkeitsaspekte, artenschutzrelevante Fragen sowie Fragen des geplanten Ausführungszeitraumes thematisiert.
Insgesamt bestand im Landschaftsbeirat breite Übereinstimmung darin, dass die Pappeln am Senserbach aus naturschutzfachlicher Sicht dauerhaft zu sichern sind. Es wurde daher vereinbart, die Frage in der kommenden Sitzung erneut zu behandeln.
In der Verwaltungsvorlage für die Sitzung am 2. Mai 2007 wurde der Landschaftsbeirat über die Ergebnisse der nochmaligen Beratungen mit dem Aachener Stadtbetrieb (Maßnahmenträger) und dem Rechtsamt informiert. Dabei stand die Klärung folgender Frage im Vordergrund: Was ist aus Sicht der Verkehrssicherung erforderlich, naturschutzfachlich akzeptabel und wirtschaftlich für die Stadt zumutbar?
Aus Verwaltungssicht ergab sich dabei folgende Bewertung:
- Da bei einer Vielzahl der Pappeln alternative Maßnahmen (Todholzentfernung, Kronenpflege- und Kronensicherungsschnitt) dem grundsätzlichen Gedanken der Verkehrssicherung ebenfalls Rechnung tragen, erfordert die Fällung der Pappeln eine Befreiung von den Festsetzungen des Landschaftsplanes. Über die am 17. April 2007 erfolgte Information insoweit die formale Beteiligung des Landschaftsbeirates gemäß § 69 LG NW erforderlich.
- Vor dem Hintergrund:
- der stark anwachsenden Verkehrssicherungsrisiken,
- der ohnehin geringen Restlebensdauer der Pappeln von ca. 20 – 30 Jahren,
- der seitens des Stadtbetriebes auf ca. 600.000,– Euro kalkulierten Pflege- und Erhaltungskosten der Pappelallee über die kommenden 10 Jahre (u. a. Durchführung der o. g. Todholz–Entfernung, Baum-Kontrollen, Baumeinkürzungen und gegebenenfalls notwendiger Entnahme von Einzelbäumen)
- der durch die sofortige Einzelentnahme von akut gefährdeter Pappeln entstehenden erhöhten Verkehrsrisiken für benachbarte Bäume,
- der auch bei Pflege- bzw. Kronenrückschnitten und anderen (alternativen) Verkehrssicherungsmaßnahmen weitgehend entfallenden Mistel- und Efeu-Vorkommen (Nahrungsquelle und Lebensraum für Vögel, etc.)
- und weiterer fachlicher Aspekte …
wurde die vom Landschaftsbeirat am 17. April 2007 vorgeschlagene Alternativlösung einer dauerhaften Sicherung der Pappeln für die Stadt jedoch als nicht zumutbar bewertet.
Ausschlaggebend für diese Position sind dabei nicht nur die fachlichen Belange (insb. Verkehrssicherheit) sondern auch wirtschaftliche Erwägungen. Dies gilt insbesondere, da sich die Verwaltung frühzeitig bereit erklärt hat, als Ersatz für die Hybridpappeln geeignete Neupflanzungen mit standortgerechten Bäumen (z. B. Eschen) vorzunehmen.
- Vor diesem Hintergrund hatte sich die ULB entschieden, folgende Gesamtlinie zu verfolgen:
a ) Die zunächst kurzfristig geplante Fällung der Hybridpappelreihe wird um einige Wochen verschoben. Die Fällung erfolgt sicher außerhalb der Brutzeit (ab Ende Juli), sodass im Hinblick auf Vogelschutz keine Gefährdungspotentiale gesehen werden.
b ) Horstbäume sowie einige ausgewählte Pappeln mit hohem Bestand an Mistel werden gesichert und durch die o. g. Verkehrssicherungsmaßnahmen weiterhin unterhalten.
c ) Nach Entfernung der Bäume wird die Allee kurzfristig mit standortgerechten Gehölzen wiederhergestellt (z. B. mit Eschen).
d ) Auf geeigneten und verfügbaren Flächen entlang des Senserbaches werden im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel Vogelschutz- und Vogelnährgehölze gemäß der potentiellen natürlichen Vegetation (u. a. Gemeiner Schneeball, Pfaffenhütchen, roter Hartriegel) gepflanzt, die den Verlust von Winternahrungsmöglichkeiten für Vögel in gewissem Umfang kompensieren.
e ) Akut notwendige Verkehrssicherungsmaßnahmen (z. B. Todholzentfernung) werden unmittelbar durchgeführt.
Unter den o. g. Rahmenbedingungen stellte die ULB in Aussicht, für die vom Stadtbetrieb geplante Entfernung der Pappelreihe eine landschaftsrechtliche Befreiung zu erteilen. Dem Beirat wurde daher folgender Beschlussvorschlag unterbreitet
Der Landschaftsbeirat nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis. Er widerspricht der von der Verwaltung beabsichtigten landschaftsrechtlichen Befreiung nicht, so weit sichergestellt ist, dass die o. g. genannten Rahmenbedingungen eingehalten und die Kompensationsmöglichkeiten zeitnah umgesetzt werden.
3. Stellungnahme und Entscheid des Beirates
In der Sitzung am 2. Mai 2007 wurde Vor-Ort erneut über die Fällmaßnahme beraten. Der Beirat fasste danach folgenden Beschluss:
Der Antrag [der Verwaltung] auf Beseitigung von 200 Bäumen verbunden mit der Neupflanzung von Eschen im Abstand von 15 m sowie der Bereitstellung von Ausgleichsmaßnahmen im Wert von 15.000,– Euro (vgl. Punkt d) des Verwaltungsvorschlages) wurde mehrheitlich (1 Gegenstimme, 1 Enthaltung, 11 Ja-Stimmen) abgelehnt.
Dem Antrag [aus dem Beirat] auf:
a) Fällung von der Hälfte der Bäume, wobei es sich vordringlich um schadhafte Bäume handeln muss, verknüpft mit der Maßgabe, dass in den frei werdenden Bereichen wiederum im Abstand von 15 m jeweils Eschen zu pflanzen sind und
b) Durchführung weiterer Untersuchungen an den verbliebenen Pappeln nach 10 Jahren
folgte der Beirat einstimmig. Auf die bereitgestellten Mittel für weitere Ausgleichsmaßnahmen (vgl. Punkt d) des Verwaltungsvorschlages) wird verzichtet.
Ausschlaggebend für die Beschlussfassung des Beirates waren in erster Linie abweichende Auffassungen hinsichtlich der Restlebensdauer und des tatsächlichen Gefährdungspotentials der Pappeln sowie hinsichtlich der aufzuwendenden Unterhaltungskosten bei dauerhaftem Erhalt der Pappeln.
4. Beschlussempfehlung der Verwaltung
Die ULB hält aus den dargelegten fachlichen Gründen (Verkehrssicherheit, wirtschaftliche Zumutbarkeit bei Erhalt einer großen Anzahl der Hybridpappeln) an der Notwendigkeit der gesamten Fällmaßnahme fest. Sie empfiehlt daher, den Widerspruch des Landschaftsbeirates gemäß § 69 Landschaftsgesetzt NW zurückzuweisen.
Mit den seitens der Verwaltung formulierten Auflagen (Neupflanzung der Allee) sind darüber hinaus nachhaltige und erhebliche negative Veränderung für den Naturhaushalt nicht erkennbar.