Kenntnisnahme - E 49.5/0094/WP15
Grunddaten
- Betreff:
-
Erfindung der Stahlschreibfeder in Aachen 1748 durch den Bürgermeisterdiener Johannes JanssenAntrag der CDU-Fraktion vom 28.03.2007(vertagt vom 21.06.2007)
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- Stadtarchiv
- Beteiligt:
- FB 11 - Fachbereich Personal, Organisation
- Verfasst von:
- Dr. Th. Kraus ; D. Kottmann
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
---|---|---|---|---|
●
Erledigt
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Betriebsausschuss Kultur
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Kenntnisnahme
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06.11.2007
|
Erläuterungen
Erläuterungen:
Im
Nachgang zur Vorlage für die Ausschusssitzung vom 21. 06. 2007 wird ergänzend
folgendes mitgeteilt :
Inzwischen konnte mit der Autorin Marianne Jungen des
Buches "Die Geschichte der Kaiserstadt von den Römern bis zur Neuzeit und
vieles mehr" ein Gespräch geführt werden. Sie teilte mit, daß sie selbst
nicht die Stahlfeder im Science-Museum London gesehen habe, sondern die
Information über die Ausstellung der Stahlfeder im Science-Museum von einer
Bekannten habe. Diese Bekannte
habe das Museum Anfang der 90er Jahre besucht und könne sich heute
leider an nichts Konkretes mehr erinnern.
Das Science-Museum hat auf die Anfrage hin inzwischen
mitgeteilt, dass eine derartige Schreibfeder nicht im elektronisch geführten
Bestandsverzeichnis enthalten ist. Von den jetzigen Mitarbeitern kann sich
niemand mehr an die Ausstellung der Stahlfeder erinnern. Wenn sich keine
passende Stahlfeder in den Beständen des Science-Museums befindet, schließt das
zwar nicht aus, dass seinerzeit eine entsprechende Leihgabe als
Ausstellungsstück verfügbar war. Ein etwaiger Leihgeber und ein Eintrag in
einem Katalog sind aber nicht mehr
feststellbar.
Bei der gegenseitigen Abstimmung mit dem Historischen
Institut und dem Hochschularchiv wurde festgestellt, dass es weitere Literatur
gibt, in der unter dem Jahr 1748 von einer Erfindung der Stahlfeder durch Bürgermeistereidiener
Johannes Janssen die Rede ist:
-
Henry Bore, The story of the invention
of steel pens with a description of the manufacturing process by which
they are produced, London 1890
-
Seymour Howard, the steel pen an the
modern line of beauty, Technology and Culture Vol 26 (1985), pp 785-798
-
Auszug
"Schreibfedern aus Stahl" aus einem von Google gescannten älteren
Reallexikon (ohne nähere bibliographische Angaben)
-
Wilhelm
Eule, Mit Stift und Feder - kleine Kulturgeschichte der Schreib- und
Zeichenwerkzeuge, Leipzig 1955
Letztlich gehen alle
Berichte ungeprüft auf die Wiedergabe des Selbstzeugnisses von
Bürgermeistereidiener Johannes Janssen bei Hermann Ariovist Freiherr von Fürth
zurück (Beiträge und Material zur Geschichte der Aachener Patrizier-Familien,
Bd. 3, Aachen 1890, S. 3 - 390,
insb. S. 148). W. Eule hält aber den kreativen Solnhofer Bürgermeister Aloys
Senefelder für den Erfinder, der um 1798 das Verfahren zur Herstellung von
Lithographien mit plan geschliffenen Platten des Solnhofer Kalksteines entwickelt
hat und sich für das Bearbeiten der Platten derartige Federn aus Uhrfederstahl
hat herstellen lassen. Die Anfertigung von Stahlfedern durch den "Aachener
Bürger Jansen" verbindet er fälschlich nicht mit dem Friedensschluß von
1748, sondern mit dem Monarchenkongreß von 1818. Da war Johannes Janssen aber
schon längst verstorben. Von der
angezogenen Literatur liegt nur der zweiseitige Auszug aus dem älteren, von
Google digitalisierten Reallexikon anbei. Von der Beifügung weiterer
Textstellen wird abgesehen, da diese
die Informationen lediglich wiederholen.
Das im Stadtarchiv
verwahrte kostbare Manuskript der "Historischen Notizen" wurde
natürlich auch eingesehen. Es ist sicher anzunehmen, dass Janssen von einer
eigenen Erfindung selbst Gebrauch gemacht haben würde. Die Verbesserung des
Schreibgerätes für die alltägliche Schreibarbeit mag für ihn sogar ein Ansporn
zu innovativen Überlegungen gewesen sein. Denkbar wäre es deshalb gewesen, dass
sich in der chronikalischen Aufzeichnung ab irgend einem Zeitpunkt um 1748 ein
geändertes Schriftbild wiederfinden ließe. Bei der Augenscheinnahme unter
Zuhilfenahme einer Lupe konnte aber nicht festgestellt werden, dass das
Schriftbild signifikant verändert wäre. Es bestehen aber auch keine
wissenschaftlichen oder kriminaltechnisch-graphologischen Erkenntnisse, ob und
wie sich das Schriftbild mit einer mit Federmesser zugespitzten Gänsefeder und
mit einer stählernen Schreibfeder unterscheiden lässt.
Die Augenscheinnahme und
die vielen Literaturstellen reichen daher als wissenschaftlicher Nachweis für
die Erfindung der stählernen Schreibfeder durch Bürgermeistereidiener Johannes
Janssen nicht aus, auch wenn diese keineswegs unwahrscheinlich ist. Es kann
keine Zweifel daran geben, dass der in der Vorlage bereits zitierte handschriftliche
Eintrag Janssens über die Erfindung der Stahlfeder in den "Historischen
Notizen" von ihm eigenhändig zu seinen Lebzeiten vorgenommen sein muss.
Als nächste Daten für die Erfindung der Stahlfeder werden 1775 (durch den
Berliner Mechaniker Müller), 1780 (durch den Schlüsselmacher Samuel Harison aus
Birminham) und 1800 (durch den Dänen Jans Hammer) genannt. Janssen starb
bereits am 9. November 1780. Die Eintragung in den "Historischen
Notizen" erfolgte mithin zu einem Zeitpunkt, als die später datierten
Erfindungen Janssen noch gar nicht bekannt sein konnten. Das stützt ein wenig
die Glaubwürdigkeit seines
Berichtes in diesem Punkte.
Zur Bedeutung der Erfindung
ist anzumerken, dass Metallfedern schon seit römischer Zeit bekannt und u.a.
aus Pompeji archäologisch nachgewiesen sind. Über die Jahrhunderte hinweg
experimentierte man mit den verschiedenen Materialien, die alle den Nachteil
hatten, dass das Material entweder zu kostbar und exklusiv war (Gold, Silber)
oder zu spröde, um damit wie mit der elastischen, leicht zu führenden
Gänsefeder schreiben zu können. Diese metallenen Schreibfedern setzten sich
nicht durch, da sie praktisch keinen gleichwertigen Ersatz für die Gänsefedern
bot. Diese hatten den Nachteil, schnell abzunutzen und immer wieder mit dem
Federmesser zurecht geschnitten
werden zu müssen. Erst extrem dünn ausgeschmiedeter elastischer Stahl machte es
möglich, die metallenen
Schreibfedern als Schreibgerät so weiter zu entwickeln, dass sie nicht nur
haltbarer waren als Gänsefedern, sondern daß man mit ihnen auch mindestens so gut und schnell schreiben konnte.
Der Siegeszug der stählernen Schreibfeder begann erst nach weiteren
Verfeinerungen der Erfindung und Entwicklung einer industriellen und damit auch
preiswerteren Herstellung.
Der dargelegte
Wahrscheinlichkeitsgrad einer Erfindung der stählernen Stahlfeder durch J.
Janssen und der Umstand, dass nicht ersichtlich ist, ob Janssens mutmaßliche
Erfindung eine Bedeutung für die spätere Entwicklung der stählernen
Schreibfeder zu einem unverzichtbaren und allseits alltäglich genutzten
Gebrauchsgegenstand in der Literatur, der Kunst, der Buch- und Aktenführung und
der Korrespondenz in der Wirtschaft, im Staatswesen und im privaten Bereich
hatte, können für eine Ehrung vielleicht nicht ausreichen.
Aus historischer Sicht
erscheint das Verdienst des Bürgermeistereidieners Johannes Janssen als
fleißiger und ergiebiger Chronist über mehrere Jahrzehnte hinweg jedenfalls
bedeutsamer und sicher als ausreichend für eine Ehrung im Sinne der Vorlage für
die Ausschusssitzung vom 21. 06. 2007.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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