Entscheidungsvorlage - FB 51/0213/WP15
Grunddaten
- Betreff:
-
Altersvorsorge und Unfallversicherung für Pflegeeltern
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- FB 45 - Fachbereich Kinder, Jugend und Schule
- Verfasst von:
- FB 51/02
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
---|---|---|---|---|
●
Erledigt
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|
Kinder- und Jugendausschuss
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Entscheidung
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27.11.2007
|
Erläuterungen
Erläuterungen:
I
) Hintergrund:
Zum
01.10.2005 hat der Bundesgesetzgeber durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der
Kinder- und Jugendhilfe (KICK) den nach § 39, Abs. 2, S. 4 SGB VIII handelnden
Pflegepersonen einen Rechtsanspruch auf Übernahme von Beiträgen zur
Unfallversicherung sowie auf Übernahme des hälftigen Anteiles von angemessenen
Beiträgen zur Alterssicherung durch die Änderungen des § 39, Abs. 4 SGB VIII
eingeräumt.
Die
Ausgestaltung dieser Beträge obliegt im Gegensatz zu den laufenden Leistungen
zum Unterhalt (Pflegegeld+ Erziehungsleistung) den örtlichen
Jugendhilfeträgern.
II
) Verfahren:
Entsprechend
der gesetzlichen Grundlage sollen die Beträge zur Unfallversicherung und
Alterssicherung in einem monatlichen Pauschalbetrag gemeinsam mit dem Unterhalt
zur Auszahlung gebracht werden.
Die
gängige Rechtsprechung bestätigt kontinuierlich die Auffassung, die nach § 39
SGB VIII zu erbringende Leistung orientiert sich an dem in Pflege befindlichen
jungen Menschen und nicht an den Bedürfnissen der Pflegeeltern.
Im
Ergebnis können für die gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen somit nur
kindbezogene Pauschalen stehen, die gemeinsam mit dem Unterhalt oder als dessen
Bestandteil zur Auszahlung gebracht werden.
(Allein
aus kostenerstattungsrechtlichen Erwägungen ist eine pflegestellenbezogene
Gewährung der gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen ausgeschlossen.)
III
) Unfallversicherung:
Mangels
einer gesetzlichen Vorgabe obliegt es dem Jugendhilfeträger den Umfang der
Beiträge für die Unfallversicherung zu bestimmen. Als Orientierung kann hier
nur der Mindestbeitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung dienen, da hier
bereits der Gesetzgeber die Abwägung bezüglich der Angemessenheit hinreichend
geprüft hat.
Der
derzeitige Mindestbeitrag liegt bei 79,89 € jährlich.
Die
Bildung des derzeitigen monatlichen Pauschalbetrages:
79,89
€ (Aktueller Mindestjahresbeitrag) :
12
Monate = 6,66
€
aufrunden
auf volle 10 Cent
=>
6,70
€ mtl. Pauschalbetrag
Die
Verwaltung schlägt daher folgende Regelung vor:
Unfallversicherung
Für
die Unfallversicherung wird ein kindbezogener monatlicher Pauschalbetrag in Höhe von 1/12 des
Jahresbetrages zum Mindestbeitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung gewährt.
Der Betrag wird ab dem Monat gezahlt, in dem der Nachweis der Pflegeeltern über
den Bestand einer Unfallversicherung in entsprechender Höhe beim Jugendamt
eingeht.
Der
Pauschalbetrag wird auf volle 10 Cent aufgerundet.
IV
) Alterssicherung:
1.
Gesetzlicher Anteil
Wie
bei der Gewährung des Unfallversicherungsbetrages ist auch bei der
Altersicherung zunächst zu ermitteln, in welchem Umfang ein
Altersicherungsbetrag angemessen und somit zur Hälfte übernahmefähig ist. Um
einer willkürlichen Bildung dieses angemessenen Betrages zu entgehen, bedarf es
auch hier der sinnvollen und zweckentsprechenden Anbindung an bereits
bestehende gesetzliche Regelungen.
Mit
der Berücksichtigung eines Altersicherungsbetrages soll dem Umstand Rechnung
getragen werden, dass die Tätigkeit als Pflegeperson diese an der Ausübung
einer Erwerbstätigkeit hindert, über die sonst eine angemessene Altersicherung
ermöglicht würde. Die Pflegeperson soll daher wie eine „hauptberufliche“
Pflegeperson betrachtet werden, an deren Altersicherungsbeitrag sich der
Arbeitgeber zu 50% beteiligen würde.
Somit
erscheint nur eine Anbindung an die Regelungen der gesetzlichen
Rentenversicherung sinnvoll, auf Grundlage der durch geltenden Erlass der
zuständigen Landesbehörde vorgegebenen Beträge für die Unterhaltsleistungen
(Pflegegeld + Erziehungsleistung) als Bezugsgröße.
Aus
verwaltungsökonomischen Gründen wird ein einheitlicher Betrag aus dem
Mittelwert der drei Altersstufen als Grundlage gebildet. Hierauf wird der
Mindestbeitragssatz zur Rentenversicherung angewendet. Der so ermittelte Betrag
entspricht der vom Gesetzgeber geforderten Angemessenheit. Hiervon ist die
Hälfte als Altersicherungsbetrag zu übernehmen. Der Pauschalbetrag wird auf
volle Euro-Beträge aufgerundet.
Die
Bildung des derzeitigen monatlichen Pauschalbetrages:
Summe
Unterhaltsleistungen (435,00
€+208,00 €)+(499,00 €+208,00 €)+(607,00 €+208,00 €) = 2165,00 €
Bezugsgröße
/ Mittelwert 2165,00
€ / 3 = 721,67 €
Rentenbeitragssatz
19,9
%
angem. Altersicherungsbetrag 721,67 € x 19,9 %
= 143,61 €
hälftiger
Anteil 143,61
x ½ = 71,80 €
Pauschalbetrag
(aufgerundet) 72,00
€
Mögliche
Formen der Altersicherung gibt der Gesetzgeber ebenfalls nicht vor, so dass im
Einzelfall zu entscheiden wäre, ob die von den Pflegeeltern gewählte Form der
Alterssicherung den rechtlichen Anforderungen genügt oder nicht. Um die Anzahl
der Einzelfallentscheidungen für die Verwaltung jedoch so gering wie möglich zu
halten, empfiehlt es sich, eine nicht abschließende Bennennung der allgemein
üblichen Vorsorgeformen vorzunehmen, die regelmäßig den rechtlichen
Anforderungen genügen.
2.
Freiwillige Leistung zur Alterssicherung für „Aachener“ Pflegeeltern
Durch
die Gesetzesänderung wird unmittelbar die bestehende Beschlusslage im Hinblick
auf die im September 2001 beschlossenen freiwilligen Leistungen für Pflegeltern
tangiert.
Es
gilt die seinerzeit vorgebrachten Argumente im Kern zu erhalten ohne die
finanzielle Veränderung durch die Gewährung des Pflichtteiles außer Acht zu
lassen.
Gleichzeitig
wird im Kontext mit der gesetzlichen Neuregelung eine erhebliche Vereinfachung
des Verwaltungshandeln in der Weise angestrebt, dass eine aufwendige
Überwachung der abgeschlossenen Vorsorgeverträge mit gleichzeitiger Abtretung
zukünftig entfällt, zumal der Gesetzgeber eine vergleichbare Kontrolle für die
Alterssicherungsverträge im Rahmen des gesetzlichen Anteiles nicht vorsieht.
Die
„Aachener“ Pflegeeltern werden vor der Vermittlung von Pflegekindern eingehend
auf ihre Fähigkeiten, insbesondere auf ihre Verlässlichkeit zur Erfüllung der
Aufgabe als Pflegeelternteil überprüft. Kommt man im Ergebnis dieser Prüfung zu
dem Schluss, die betreffende Person ist geeignet, ein ihr anvertrautes Kind im
Sinne der Jugendhilfe aufzunehmen und dessen Entwicklung zu Fördern ist davon
auszugehen, dass diese Person die mit der Tätigkeit als Pflegeperson
überlassenen Geldmittel auch zweckensprechend verwendet. Dieses wird zusätzlich
mit einer verbindlichen Verwendungserklärung der Pflegeperson untermauert, so
dass die zweckentsprechende Verwendung der freiwilligen Leistung rechtlich
abgesichert ist.
Die
freiwillige Leistung wird wie bisher pflegestellenbezogen gewährt.
3.
Regelungsvorschlag der Verwaltung:
Alterssicherung
Als
Möglichkeiten der Alterssicherung gelten insbesondere:
- Private
Lebensversicherungen
- Private
Rentenversicherungen
- Zertifizierte
Altersvorsorgeverträge, z.B. Riesterrente als Rentenversicherung, Banksparplan,
Aktienfondssparplan, gefördertes Wohneigentum
- Rürup-Rente
Beträge
zur Alterssicherung werden ab dem Monat gezahlt, in dem der Nachweis der
Pflegeeltern über den Bestand einer Alterssicherung in entsprechender Höhe beim
Jugendamt eingeht.
Gesetzlicher
Anteil
Der
gesetzliche Anteil zur Alterssicherung wird als kindbezogener Pauschalbetrag
gewährt.
Der
Pauschalbetrag entspricht der Hälfte des Wertes, welcher sich unter Anwendung
des Beitragsatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung auf den rechnerischen
Mittelwert der nach Erlass der zuständigen Landesbehörde festgesetzten Beträge
für materielle Aufwendungen und Erziehungsbeitrag ergibt.
Der
ermittelte Betrag wird auf volle Euro aufgerundet.
Freiwillige
Leistung zur Alterssicherung für „Aachener“ Pflegeeltern
Für
Pflegestellen wird ein freiwilliger Zuschuss zur Alterssicherung gewährt, unter
Voraussetzung dass
- die Unterbringung des
Pflegekindes eine nach § 33 SGBVIII auf Dauer angelegte Lebensform ist,
- es sich bei den
Pflegeeltern nicht um eine professionell organisierte und finanzierte
Pflegestelle handelt,
- das Jugendamt Aachen
für die Hilfegewährung örtlich und sachlich zuständig bzw. endgültiger Kostenträger ist,
- die Unterbringung
eines betreuten Pflegekindes durch das Jugendamt Aachen erfolgte
- und die fortlaufende
Verwendung des Betrages zur Alterssicherung durch die Pflegeeltern
verbindlich erklärt wird.
Der
freiwillige Zuschuss ergibt sich aus dem Grundbetrag von 153,39 € unter
Anrechnung der gesetzlichen Anteile zur Alterssicherung, welche für die in der
Pflegestelle untergebrachten Pflegekinder geleistet werden.
Leistungen
anderer Jugendhilfeträger an die Pflegestelle, die nach deren Bestimmungen den
gesetzlichen Anteilen entsprechen, sind ebenfalls anzurechnen.
Beträge
unter 5,00 € werden nicht ausgezahlt.
V
) Inkrafttreten:
Die
Regelungen treten mit sofortiger Wirkung in Kraft.
Einzelfälle,
in denen aufgrund der Gesetzesänderung zum 01.10.2005 nach den nun gefassten
Regelungen bereits Ansprüche auf den gesetzlichen Anteil zur Alterssicherung
oder auf Leistungen zur Unfallversicherung entstanden wären, werden rückwirkend
so behandelt, als ob die Regelungen bereits zum 01.10.2005 in Kraft gewesen
wären.
VI
) Finanzielle Auswirkungen:
Derzeit sind 210 Kinder in 150 Pflegestellen auf Dauer
untergebracht für die das Jugendamt Aachen zuständig ist. Weiterhin werden für
80 Pflegkinder in ca. 58 Pflegefamilien
in Dauerpflegeverhältnissen Kostenerstattung nach den § 89a SGB
VIII geleistet.
Für
diese Pflegeverhältnisse werden derzeit jährlich ca. 225.000 € an freiwilligen
Alterssicherungsbeiträgen erbracht .
Sofern
alle Pflegeverhältnisse Ansprüche
sowohl auf die gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen für Unfallversicherung
und Altersicherung als auch auf die freiwilligen Leistungen hätten und. in
Anspruch nehmen würden ( 100 %
Auslastung) ergäben sich folgende finanziellen Auswirkungen:
Haushaltsansatz freiwillige Altersicherung 250.000,00
€
Bedarf
gesetzlicher Anteil 181.000,00
€
Bedarf
Unfallversicherung 16.000,00
€
Bedarf
freiwillige Altersicherung 131.000,00
€ ==========
Bedarf
gesamt 328.000,00
€
Die
Verwaltung geht erfahrungsgemäß
davon aus dass jedoch nicht alle Pflegeeltern ihren gesetzlichen Anspruch oder
möglicherweise auch freiwilligen Anteil beanspruchen. Hier wird insgesamt von
einer Quote von 80% ausgegangen, so dass insgesamt ein Volumen von ca. 262.000
€ benötigt wird. Hierfür steht ein
Haushaltsansatz von 250.000 €
(bisherige freiwillige Alterssicherung ) zur Verfügung.
Die
Restsumme von 12.000 € ist bei den
Ansätzen des HzE-Deckungskreises für das Jahr 2008 bereits berücksichtigt.
Die Verwaltung wird in Abstimmung mit der Kämmerei eine Verschiebung der Haushaltsmittel aus dem freiwilligen Bereich (PSK 060.030.010.5334 003) in den Pflichtbereich (PSK 060.030.010.5334 001) im erforderlichen Umfang veranlassen.