Entscheidungsvorlage - FB 51/0217/WP15
Grunddaten
- Betreff:
-
Durchführung des Projektes "Pia-Positives Aufwachsen in Aachen"
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- FB 45 - Fachbereich Kinder, Jugend und Schule
- Verfasst von:
- Frau Tiltmann
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Kinder- und Jugendausschuss
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Entscheidung
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27.11.2007
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Erledigt
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Bürger- und Beschwerdeausschuss
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Kenntnisnahme
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18.12.2007
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Beschlussvorschlag
Beschlussvorschlag:
Der Kinder- und Jugendausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zustimmend zur Kenntnis und beschließt die Durchführung des Projektes „Pia – Positives Aufwachsen in Aachen“.
Der Bürger- und Beschwerdeausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zustimmend zur Kenntnis.
Erläuterungen
Erläuterungen:
Die Verwaltung erhielt in der KJHA-Sitzung am 28.8.07 den Auftrag im Rahmen eines Projektes ein vernetztes Präventions- und Unterstützungsprogramm für Familien in Aachen zu entwickeln, in dem die bereits bestehenden Initiativen gebündelt und wo nötig, ausgebaut werden. Arbeitstitel: Präventionskonzept Aachen-Familiennetzwerk Aachen zu erstellen. Ziele des Präventionskonzeptes Familiennetzwerk Aachen sollen sein:
· Frühe Unterstützung und Förderung von Familien und deren Kindern von Anfang an.
· Armut verhindern, Armutsfolgen vermeiden.
· Aufbau einer vernetzten Unterstützungs- und Förderungsstruktur unter Einbeziehung aller relevanten Akteure.
Die Anträge, die in diesem Zusammenhang gesehen werden müssen sind:
1. Bürgerantrag vom 30.04.2007 zur Einführung eines Babybegrüßungspaketes nach dem Vorbild der Stadt Dormagen.
2.
Interfraktioneller
Antrag der Fraktionen im Rat der Stadt Aachen vom 29.05.07 „Schulessen in
Aachen“. Der Schulausschuss hat hierzu in seiner Sitzung am 17.10.07 beschlossen sich der
Zukunftsinitiative der Landesregierung anzuschließen.
3. Beschluss des Sozial- und Gesundheitsausschuss vom 31.08.2006 zur Bildung einer Arbeitsgruppe „ Armut in Aachen“ unter Federführung der Sozialverwaltung.
4. Interfraktionellen Ratsantrag von SPD und Grüne zur Sozialentwicklungsplanung für die Stadt Aachen.
5. Beschluss vom Verwaltungsvorstand der Stadt Aachen am 16.10.07 den Ratsantrag unter 4 und den Beschluss des Gesundheits- und Sozialausschusses unter 3 zusammenzufassen und für die Bearbeitung beider Anträge einen Maßnahmen- und Zeitplan akzeptiert, der der Vorlage als Anlage beiliegt.
Die Verwaltung des Fachbereiches Jugend begrüßt, dass auf einer einheitlichen Datengrundlage Handlungsstrategien zum Thema Armut entwickelt werden sollen. Die nun vorgestellte Projektskizze bezieht sich schwerpunktmäßig auf den Jugendbereich und hat alle Kinder und Jugendlichen im Blick. Es geht nicht nur um Armutsprävention, sondern um das adäquate Aufwachsen von Kindern in positiven Rahmenbedingungen, so wie es der § 1 SGB VIII, verlangt. Eine Kooperationslinie zum gesamtstädtischen Maßnahmen- und Zeitplan zur Armutsberichterstattung wird sichergestellt, zumal FB 45 als Fachbereich eingebunden ist.
Das Präventionsprojekt soll den Namen „Pia“ tragen: Positives Aufwachsen in Aachen - jedes Kind soll in Aachen die Chance haben in positiven Lern- und Lebensbedingungen aufzuwachsen. Zielgruppe sind alle Kinder in Aachen.
Um das zu erreichen muss die Kommune drei strategische Ziele verfolgen:
· Schaffung von positiven Lebens- und Lernbedingungen
· Stärkung der Elternkompetenz
· Förderung bei Benachteiligung und Schutz vor Gefahren
- Schaffung von positiven Lebens- und Lernbedingungen
Ziel ist es die Lebens- und Lernbedingungen von Mädchen und Jungen unserer Stadt zu verbessern.
Aktuelle Daten und Untersuchungen – die Prognosstudie und die Anzahl der Hartz IV – Empfänger - weisen für Aachen einen dringenden Handlungsbedarf auf.
Der Familienatlas von Prognos schätzt die Stadt Aachen als „gefährdete“ Region ein. Auch wenn die Verwaltung die Aussage, dass Aachen eine gefährdete Region sei, nicht teilt, sind die Daten für Aachen genau zu untersuchen. Schlechte Platzierungen erhielt die Stadt vor allem in der Kategorie „Wohnsituation und Wohnumfeld“ (Rang 33, von insgesamt 40 Großstädten). Weitere Minuspunkte sind, die Anzahl der verunglückten Kinder im Aachener Straßenverkehr (Rang 25) und die Kriminalitätsrate(Rang 19). Diese nur beispielhaft genannten Zahlen müssen im Einzelnen qualifiziert und falls tatsächlich ein Handlungsbedarf besteht, Lösungen entwickelt werden. Das Ergebnis der Prognoseuntersuchung kann – solange noch keine einheitliche Sozialberichterstattung für Aachen vorliegt - eine Datengrundlage sein.
Kinderarmut ist eine zentrale Ursache für das Nichtgedeihen von Kindern. Nach Angaben des Bremer Instituts für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) lebten im März dieses Jahres 1,93 Millionen Kinder unter 15 Jahren in Familien, deren Mütter und /oder Väter auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind. Das sind 16,9 % der Kinder in diesem Alter. In der Stadt Aachen leben demnach sogar 23,6% Kinder in Familien, die Arbeitslosengeld II empfangen.
Armut beschränkt sich nicht alleine
auf unzureichendes Einkommen, sondern führt bei Kindern vor allem zu
Entwicklungsdefiziten, Unterversorgung und sozialer Ausgrenzung. Die
AWO-ISS-Studie aus dem Jahr 2000 zeigt, dass bei vielen armen Kindern Defizite
in vier zentralen Lebenslagen bestehen: der Grundversorgung, im kulturellen
(bildungs-), sozialen und gesundheitlichen Bereich. Die Autoren entwickelten
einen kindbezogen Ansatz zur Armutsforschung und verglichen Kinder in drei Lebenslagentypen:
- Wohlergehen
(Auffälligkeit in keinem der Bereiche),
- Benachteiligung (Auffälligkeiten in einzelnen Bereichen),
- multiple Deprivation (Defizite in mindestens drei der vier Bereiche).
Armut führt bei Kindern jedoch nicht zwangsläufig zu Beeinträchtigungen: Etwa einem Viertel der untersuchten armen Kinder ging es gut: 23,6% von ihnen waren in keiner der zentralen Lebenslagendimensionen eingeschränkt. Auch nicht-arme Kinder leiden unter vielfältigen Einschränkungen, etwa jedes siebte nicht arme Kind gehörte zu der Gruppe der multipel deprivierten Kinder.
Der Faktor „Familiensituation“ kann verschärfend oder abmildernd wirken, es ist abhängig von dem Bewältigungsverhalten der Eltern. Deshalb ist die Verbesserung der finanziellen Situation eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung. Ein möglichst konfliktfreies Familienklima, ein kindzentrierter Alltag und viele gemeinsame Aktivitäten von Eltern und Kindern sind entscheidende Schutzfaktoren.
Kommunales Handeln zur Verhinderung von Armut könnte beispielsweise sein: Stärkung der Familienbildung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Stärkung neuer Familienmodelle,etc.
Zur kurzfristigen Linderung von Armutsfolgen kann die Übernahme der Kosten für eine warme Mahlzeit in Kindergärten / Schulen für jedes Kind, dessen Eltern ein Essen nicht bezahlen können, sein. Im Kindergartenbereich sowie im Grundschulbereich zeichnen sich Lösungen ab, bzw. sind gefunden. Nun gilt es diese für die Sekundarstufe I zu entwickeln. Eine Grundausstattung zum Schulstart muss ebenfalls gesichert sein.
Langfristig soll das Ziel sein, Armut zu verhindern und elterliche Kompetenz zu stärken.
- Stärkung von Elternkompetenz
Durch die Entwicklung der Familienzentren ist Aachen auf einem guten Weg Familienbildung niedrigschwellig an Kitas anzubieten. Weitere Bedarfe bestehen für die Eltern der unter 3-jährigen. Gerade vor und nach der Geburt sind Eltern sehr offen für Fragen der Pflege und Erziehung des Kindes. An keiner Stelle der kindlichen Biografie kann effektiver investiert werden. Diese sensible Phase muss systematisch zur Stärkung der Elternkompetenz genutzt werden.
Die Verwaltung schlägt vor, als eine von mehreren Möglichkeiten allen „frisch gebackenen“ Eltern im -noch zu entwickelnden - Begrüßungspaket auch – gedeckte - Schecks für Familienbildung zu überreichen. Dieses setzt die Stadt Gelsenkirchen bereits um. Mit der Umsetzung dieser Idee sollte direkt mit dem Start des Projektes „Pia“ begonnen werden. Die Finanzierung des Begrüßungspaktes und der Familienbildungsschecks bei Bedürftigkeit muss gesichert sein.
- Förderung bei Benachteiligung und Schutz vor Gefahren
Das dritte strategische Ziel hat einen Förder- und einen Schutzaspekt. Eltern in Aachen sollen sicher sein, dass das Erkennen und die Förderung bei Entwicklungsdefiziten, Verhaltensauffälligkeiten, Sprachdefiziten etc. nicht dem Zufall überlassen ist, sondern durch verbindliche Kooperationen geregelt ist, dass die Kinder und Jugendliche möglichst früh die erforderliche Hilfe erhalten.
Mädchen und Jungen in Aachen sollten wirksam gegen Gefahren, wie Vernachlässigung, Missbrauch,
Misshandlung, Alkohol- und
Drogenmissbrauch, Essstörungen etc. geschützt sein. Ein Frühwarnsystem könnte,
auch für die über 3 – jährigen eine geeignete Maßnahme sein.
Das Projekt „Pia“ soll sich an diesen strategischen Zielen orientieren.
Das Thema Prävention ist zunächst sehr breit angelegt. In der Problemanalyse und Bedarfsermittlung werden umfangreiche Beteiligungen durchgeführt. Alle durchaus wünschenswerte Themen können nicht gleichzeitig bearbeitet werden. Durch Priorisierungverfahren bilden sich Handlungsschwerpunkte heraus, für die Arbeitsgruppen (die sich nach der Auftragserledigung wieder auflösen) Maßnahmenvorschläge entwickeln.
Das Projekt zeichnet sich dadurch aus,
- Dass die Beteiligung von Institutionen und Eltern, Kindern und Jugendlichen einen hohen Stellenwert hat.
- Dass es ergebnisoffen angelegt ist. Welche Bedarfe als prioritär eingeschätzt werden sind Ergebnisse der Beteiligungsprozesse und der politischen Entscheidung in den Ausschüssen.
- Dass es eine interdisziplinäre Vorgehensweise verlangt und so dem Einmischungsauftrag des KJHG´s gerecht wird.
- Dass Öffentlichkeitsarbeit ein kontinuierlicher Bestandteil ist.
- Dass eine Qualitätskontrolle für die entwickelten Maßnahmen vorgesehen ist.
Weder die Projektdurchführung, noch die im Rahmen des Projektes entwickelten Maßnahmen, werden kostenneutral sein. Glaubwürdigkeit und Motivation erhöht sich, wenn das Projekt entsprechend finanziell hinterlegt ist. Für die Projektdurchführung entstehen durch die Beteiligungsverfahren Kosten in Höhe von ca. 10.000 Euro (Zukunftswerkstätten, Referenten, Sachkosten) im Haushaltsjahr 2008. Diese können aus den Produktsachkonten entnommen werden.
Ab dem Jahre 2009 müsste für das Begrüßungspaket und die
damit in Verbindung stehenden zusätzlichen Angebote für junge Familien ca.
50.000,00 € etatisiert werden. Unberücksichtigt sind hierbei evtl. zusätzlich
benötigte Personalressourcen. Hier ist das Projektergebnis abzuwarten.
Der zeitliche und inhaltliche Projektverlauf, die Projektstruktur, die vorgeschlagenen Mitglieder der Lenkungsgruppe sind den Anlagen zu entnehmen. Da für die Bedarfsermittlung, Qualifizierung der Problemlagen und der Maßnahmenentwicklung umfangreiche Beteiligungsprozesse vorgesehen sind, ist ein Zeitraum von zwei Jahren realistisch.
Das Landesjugendamt Rheinland ist bereit die Entwicklung des Aachener Präventionskonzeptes „Pia“ fachlich zu begleiten und die Erfahrungen modellhaft anderen Kommunen im Rheinland zur Verfügung zu stellen.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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34 kB
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4
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38,5 kB
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5
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(wie Dokument)
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30,3 kB
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