Entscheidungsvorlage - E 49/0010/WP15
Grunddaten
- Betreff:
-
EuRegionale 2008 Kulturelles Rahmenprogramm Pferdelandpark Temporäre GärtenEcholotDie Rossgeister vom Lousberg
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- E 49 - Kulturbetrieb
- Beteiligt:
- Dezernat IV; Dezernat III
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
---|---|---|---|---|
●
Erledigt
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Betriebsausschuss Kultur
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Entscheidung
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23.01.2008
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Erläuterungen
Erläuterungen:
Die im Folgenden beschriebenen Veranstaltungen sind Teil des Präsentationsprogrammes der EuRegionale 2008. Sie setzen sich in verschiedener Weise mit dem Thema Landschaft auseinander. Das ergibt sich aus ihrem Bezug zum EuRegionale-Projekt „Pferdelandpark“. Mit dem Pferdelandpark soll der zwischen den Städten Aachen, Herzogenrath und Kerkrade liegende Raum in Richtung eines Landschaftsparks entwickelt werden.
Temporäre Gärten
Die „Temporären Gärten“ sind eine Idee, die von den Berliner Landschaftsarchitekten Daniel Sprenger und Marc Pouzol entwickelt wurde. In den Jahren 1997- 2003 fand jedes Jahr in einem besonderen, eher vernachlässigten Ort der Stadt Berlin für einige Tage eine künstlerische Intervention statt. Mit einfachen Mitteln bearbeitete eine interdisziplinär besetzte Gruppe von Künstlern, Komponisten, Landschaftsarchitekten, Gärtnern, Erzählern und Architekten den öffentlichen Raum. Die Temporären Gärten beschäftigen sich mit dem, was sie in der Stadtlandschaft vorfinden – architektonische, soziale und historische Besonderheiten – um diese dann zu bespielen. Sie stellen die grundsätzliche Frage, wie städtischer Lebensraum wahrgenommen und welches kulturelle Verständnis diesem entgegengebracht wird. Nicht das festgeschriebene, geplante, eingezäunte und durch Verordnungen geschützte Grün löst Sehnsüchte, Freude und eigene Ideen aus. Es sind oft die kleinen Eingriffe, die scheinbar (un)logischen Ergänzungen und Brüche, die aufmerksam machen und Gewohnheiten in Frage stellen.
Im Rahmen der EuRegionale2008 werden die „Temporären Gärten“ erstmals in der stadtnahen Landschaft realisiert. Von über 60 aus aller Welt eingegangenen Bewerbungen wurden von einer Jury 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgewählt unter dem Motto „Aix Arcadia“ für zwei Wochen spielerisch Gartenbilder in den Pferdelandpark zu bringen. Die Teilnehmergruppe ist nicht nur interdisziplinär, sondern auch international besetzt: es werden Landschaftsarchitekten, Gärtnerinnen, Architekten und Künstlerinnen aus u. a. Aachen, Köln und Berlin, aus den Niederlanden, Großbritannien, Canada und Estland eingeladen. Die Kostenschätzung für die Ausstellung beläuft sich inklusive des Honorars für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie Organisation und Durchführung auf rund 104.000 €.
Mit den ausgewählten Projekten der Temporären Gärten entsteht für einen kurzen Zeitraum in der Soers am Rande des Pferdelandparks ein Rundweg der Sinne. Die Werke der jurierten Künstler regen zum Hören, Sehen, Riechen und Schmecken an. Ihre Arbeiten werden in Lichtungen, Wiesen, Wäldchen, Brachen, Tümpeln, im Boden und sogar im Luftraum zu finden sein. Mit gelenkten Blicken, gestaltenden Eingriffen, phantastischen Geschichten und akustischen Experimenten reflektieren die „Gärtner“ über das Pflanzenreich, die Architektur und Überreste der Aachener Industrie- und Kulturgeschichte und erkunden so, was einen Garten in der zeitgenössischen Kulturlandschaft ausmachen kann.
1) Gelenkte Blicke
Ein Schwerpunkt der Bewerbungen lag auf dem künstlerisch auf die Landschaft gelenkten Blick, der in der Tradition der Rahmen-Installation von Haus Rucker-Co zur 1977er documenta steht. Ausgewählt wurden eher ungewöhnliche Varianten: eine begehbare Camera obscura, die die Sehgewohnheiten im wahrsten Sinne des Wortes auf den Kopf stellt und eine – aus der Erde generierten – Reproduktionen eines kunsthistorischen Klassikers, der von C. D. Friedrich bekannten Rückenfigur, durch die die Soers zur „Seelenlandschaft“ wird.
2) Gestaltende Eingriffe
Neben Vorschlägen zum kontemplativen Beobachten gab es auch Projekte für behutsame, künstlerische Eingriffe in die Landschaft: so legen zwei Teilnehmer neue Strukturen und Muster an, der eine mit dem Rasenmäher, der andere mit dem Hochdruckreiniger. Es gibt aber auch architektonisch anmutende Eingriffe, wie etwa eine mit Fäden gesponnene, transparente Wand und eine neue, flexible Wegeführung aus Tritthölzern.
3) Das Pflanzenreich
Das Motto „Temporäre Gärten“ legt nahe, sich mit Pflanzen zu befassen. So wird eine einfache Grünfläche durch Picknickgeschirr in eine weiße Blütenwiese verwandelt; an anderer Stelle wird der Wald zum tropischen Dschungel durch bunte Federfarne. Der Natur mimikrihaft angepasst erscheinen die „Gärtner“, die Kleidungsstücke aus Moos oder mit camouflageartigem Muster tragen und schließlich wird sogar noch der Nährwert der Landschaft untersucht, wenn eine Teilnehmerin die Kräuter der Soers zu schmackhaften Gerichten verarbeitet.
4) Phantastische Geschichten
Andere Teilnehmer ließen sich durch die Landschaft zu phantastischen Geschichten inspirieren. Nachgebaute Teichvögel führen ein Fußballturnier in einem abgelegenen Tümpel vor. Vor einem Tank kommt es zu einer sonderbaren Invasion eines globalen Zeltdorfes, eine gigantische Nähspule mit Nadel entführt den Betrachter in Gullivers Land und aus den Niederlanden wird ein persisch gemusterter Grasteppich eingeflogen.
5) Aachener Industriegeschichte
Es geht aber auch um die tatsächliche Kulturgeschichte, die die Soers geprägt hat. Einige Teilnehmer, die bereits genannt wurden, verweisen durch ihre Materialien auf die hiesige Tuchindustrie. Eine Teilnehmerin legt darüber hinaus mit einer regelrechten archäologischen Studie von Fundstücken aus der Soers künstlerisch die Aachener Industriegeschichte frei.
6) Der akustische Raum
Das letzte Kapitel ist den Tönen und Geräuschen gewidmet: es werden Stare stimmtechnisch trainiert, Bäume zum Rauschen gebracht, musizierende Handkarren geschoben und die Stimmen der Natur und Umgebung zum Klingen gebracht.
Die „Temporären Gärten“ sollen vom 14. bis 29. Juni 2008 in der Soers zu sehen sein.
Ausstellung „Echolot“
„Echolot“ ist eine Ausstellung im Ludwig Forum, in der junge kreative Kräfte der Kunstfakultäten der Umgebung zu einem künstlerischen Streifzug durch die Aachens Norden und die Sammlung des Ludwig Forums eingeladen wurden.
Gemeinsam mit ihren Studenten haben sich Kunstprofessoren der RWTH-Aachen, der Fachhochschule-Aachen und der Academie Beeldende Kunsten Maastricht anlässlich der Neugestaltung der Mergellandschaft zur Euregionale 2008 (Pferdelandpark) inspirieren lassen. Im Mittelpunkt ihrer Auseinandersetzung steht die Soers, deren Bedeutungsvielfalt und facettenreiche Nutzung als Naherholungs- und Naturschutzgebiet, aber auch als Agrarland und frühzeitig industriell genutzte Fläche sich als besonders reizvoll erwies.
1) Den Auftakt bildet die Aktion „topografischer Abdruck und Fundstückmosaik der Soers“ von Prof. Michael Schulze vom Lehrstuhl für Plastik der RWTH Aachen. In der Einführungswoche zum WS 2008 nahmen die etwa 170 Erstsemester zu den Themen Natur (Wildbach), Technik (Maschinen im Tuchwerk) und Architektur (Tuchwerk) vor Ort Abdrücke in Tonplatten, die anschließend in Gips abgegossen wurden, so dass ein monumentales „topographisches“ Relief der Soers entstand.
Prof. Gazmend Kalemi vom Lehrstuhl für Bildnerische Gestaltung der RWTH Aachen hat mit seinem Druckgraphischen Seminar begonnen, vor Ort in der Landschaft der Soers malerische Motive wie etwa Baumformationen der Buchenallee, Pflanzen des Müschparks, Gerätschaften der Industriebrachen und auch epische Landschaftsblicke zu zeichnen und als Lithographie oder Aquatinta zu drucken.
2) Von Prof. Ivo Dekovic vom Lehrstuhl für Grafik-Design
der Fachhochschule Aachen kam der Vorschlag, gemeinsam mit seiner Klasse
einen Zeichentrickfilm zu produzieren.
Die ungewöhnliche Architektur der Treibhäuser von St. Raffael inspirierte Frau Prof. Ilka Helmig vom Lehrstuhl für Kommunikations-Design der Fachhochschule Aachen mit Studenten ihrer Klasse eine Fotoserie zu realisieren, die durch gezielte Lichtregie vertraute Architekturmotive verblüffend und ungewohnt in Szene setzt .
3) Von der Maastrichter Academie Beeldende Kunsten nehmen Diplomanden von Prof. Toin Lendfers, Prof. Ton Boelhower und Prof. Ton van Kempen teil. Sandrine Wonsink erarbeitet derzeit eine Videoinstallation, in der sie das ambivalente Merkmal des Naherholungsgebietes Soers, in dem Naherholungsidyll und urbane Geräuschkulisse kontrastierend aufeinander treffen, hervorhebt. Marlieke Meyer plant mit Objekten, die wie Hauben-Fabrikation wirken, eine Prozession und Janine Berben, die im Rahmen ihres Produktdesign-Studiums skurrile Filzobjekte entwarf, befasst sich mit inszenierten Kombinationen aus gewebten Textilien und zerfallenden Webstühlen.
Die Fotos, Installationen, Graphiken und Videos, die sich durch die künstlerischen Reflexionen zu dem Kultur- und Natur-Raum der Soers entwickeln, werden in der Ausstellung des Ludwig Forums gemeinsam mit themenverwandten Werken der Sammlung Ludwig in Szene gesetzt. Ausgesucht wurden Arbeiten, die den Blick beispielsweise für kristalline oder florale Formen schärfen, oder Gemälde, die die Zusammenhänge von Natur und kultureller Prägung thematisieren. Den Museumbesucher erwartet so nicht nur ein künstlerisch und erzählerisch aufbereiteter Ausflug in das landschaftliche Juwel des Aachener Nordens, der als malerisches Naturidyll ebenso fasziniert wie als Denkmal lokaler Industriegeschichte, sondern auch Einblicke in eine übergreifende Formensprache der Natur und deren Gestaltung durch den Menschen.
Echolot 21.6. – 24. 8. 2008
Für Ausstellung und Printmedien stehen 10 000 € zur Verfügung.
„Die Rossgeister vom Lousberg“ – Installation von Gerda
Steiner und Jörg Lenzlinger
Die Installation „Die Rossgeister vom Lousberg“ ist als ein besonderes Highlight im Rahmen der Eröffnung des Pferdelandparks gedacht. Die international renommierten Künstler Gerda Steiner und Jörg Lenzlinger entwarfen ihre Installation der „Rossgeister“ speziell für den Lousberg, u. a. inspiriert vom „Pferdeland“ der angrenzenden Soers, dem südlichsten Landschaftsraumes des Pferdelandparks. Für ein Jahr soll die Installation das Eibenwäldchen auf der Kuppe des Lousbergs verzaubern. Da sie durch den Rang der Künstler auch in der internationalen Fachwelt Beachtung finden wird, kann die Installation die Aufmerksamkeit neu auf die Stadt Aachen, die EuRegionale und den Lousberg lenken.
Das Künstlerpaar Gerda Steiner und Jörg Lenzlinger (*1967/*1964) gehört zu den fantasievollsten und erfolgreichsten Vertretern der jungen Schweizer Kunstszene. Sie leben und arbeiten in Uster bei Zürich. Neben eigenen Arbeiten entwickeln sie gemeinsam großräumige Installationen: Filigrane Organismen, kristalline Gewächse und Blütenwirbel lassen wundersame Landschaften entstehen, die sich in der Höhe der Räume, seien es Museen, Bibliotheken oder Salzstollen, entfalten. Immer wieder geben die Künstler den Schauenden die Gelegenheit, sich auf Bänken oder Betten auf den Rücken zu legen – eine Position in der sich die Nerven des Körpers vollkommen entspannen – und sich in das zarte und manchmal überraschend abgründige Treiben hineinzuträumen.
Mit der Installation „Der Fallende Garten“ im Rahmen der Kunstbiennale 2003 in Venedig haben Steiner und Lenzlinger so auf sich aufmerksam gemacht, dass seitdem namhafte Ausstellungsmacher von internationaler Geltung sie einluden, markante Orte zu verwandeln. Um die Jahreswende 2005/2006 schufen sie die Installation „Seelen-wärmer“ in der Stiftsbibliothek von Sankt Gallen, mit der sie das in den Büchern gesammelte Wissen aus den Büchern „heraus lockten“. Im Spätsommer 2006 gestalteten sie das große Treppenhaus der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen im Ehrenhof in Düsseldorf mit der Installation „Das Vegetative Nervensystem“ um.
Für den Pferdelandpark ließen sich Steiner und Lenzlinger von der geheimnisvollen Aura der alten Bäume und Wäldchen auf dem Lousberg inspirieren. Speziell für diesen Ort entwarfen sie die Installation „Die Rossgeister vom Lousberg“. Die Kostenschätzung der Installation beläuft sich auf rund 65.000 €.
DIE ROSSGEISTER VOM LOUSBERG
Steiner und Lenzlinger konzipierten die Installation für einen Umkreis von ca. 80 Metern um einen Ort im Eibenwäldchen (in der Nähe des Drehturms). An drei verschiedenen Stellen am Rande des Eibenwäldchens hängen Rosschädel drei bis vier Meter hoch zwischen den Bäumen, so dass sie von den Wegen aus gesehen werden können. Von diesen Schädeln aus ergießt sich ein Schwall aus Blütenblättern, Pflanzenteilen und Pferdeknochen quirlig um die Bäume herum in das Eibenwäldchen hinein.
Die anfangs weißen Wirbel nehmen an Volumen und Farbigkeit zu, fächern sich auf und treffen schließlich an einem Punkt wieder aufeinander. Dieser Punkt ist der dichteste und farbigste – von hier aus scheinen sich hunderte Schmetterlinge in die Lüfte aufzuschwingen. Die Blütenblätter und Schmetterlinge stammen von auseinander genommenen Nylon- und Kunststoffblumen (Wetterfestigkeit), die an feinen aber robusten von Plastik ummantelten Drähten (Baumschutz) befestigt sind. Die Wirbel sollen nebst den Pferdeknochen möglichst leicht gestaltet werden. Somit entstehen Gebilde, die gleichzeitig voluminös und durchlässig sind. Widerstandsfähigkeit und Wetterfestigkeit der Materialien sollen vor der Realisierungsphase der Installation erprobt werden.
Dort wo die Stränge sich treffen, wird unter den Wirbeln ein Bett aus farbigen Hindernisstangen - wie sie beim Springreiten genutzt werden - zwischen die Bäume gehängt. Das Bett ist ähnlich konstruiert wie ein Floß und wird so befestigt, dass es bodennah bleibt und die Bäume nicht beschädigt. So können sich Neugierige, die den Blütenwirbeln und Knochen bis hierher gefolgt sind, auf dem Bett ausruhen und das bunte Treiben über sich erforschen.
Die Installation soll am 17. August 2008 eröffnet werden und dann für ca. ein Jahr auf dem Lousberg zu sehen sein.
Nachrichtlich:
Beschluss
des Präsentationsprogramms der EuRegionale2008 durch die Gesellschafter-Versammlung der
EuRegionale 2008 vom 13.12.2007
Auswirkungen
Finanzielle
Auswirkungen:
Die im Folgenden beschriebenen Veranstaltungen sind Teil des Präsentationsprogrammes der EuRegionale 2008. Sie setzen sich in verschiedener Weise mit dem Thema Landschaft auseinander. Das ergibt sich aus ihrem Bezug zum EuRegionale-Projekt „Pferdelandpark“. Mit dem Pferdelandpark soll der zwischen den Städten Aachen, Herzogenrath und Kerkrade liegende Raum in Richtung eines Landschaftsparks entwickelt werden.
Temporäre Gärten
Die „Temporären Gärten“ sind eine Idee, die von den Berliner Landschaftsarchitekten Daniel Sprenger und Marc Pouzol entwickelt wurde. In den Jahren 1997- 2003 fand jedes Jahr in einem besonderen, eher vernachlässigten Ort der Stadt Berlin für einige Tage eine künstlerische Intervention statt. Mit einfachen Mitteln bearbeitete eine interdisziplinär besetzte Gruppe von Künstlern, Komponisten, Landschaftsarchitekten, Gärtnern, Erzählern und Architekten den öffentlichen Raum. Die Temporären Gärten beschäftigen sich mit dem, was sie in der Stadtlandschaft vorfinden – architektonische, soziale und historische Besonderheiten – um diese dann zu bespielen. Sie stellen die grundsätzliche Frage, wie städtischer Lebensraum wahrgenommen und welches kulturelle Verständnis diesem entgegengebracht wird. Nicht das festgeschriebene, geplante, eingezäunte und durch Verordnungen geschützte Grün löst Sehnsüchte, Freude und eigene Ideen aus. Es sind oft die kleinen Eingriffe, die scheinbar (un)logischen Ergänzungen und Brüche, die aufmerksam machen und Gewohnheiten in Frage stellen.
Im Rahmen der EuRegionale2008 werden die „Temporären Gärten“ erstmals in der stadtnahen Landschaft realisiert. Von über 60 aus aller Welt eingegangenen Bewerbungen wurden von einer Jury 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgewählt unter dem Motto „Aix Arcadia“ für zwei Wochen spielerisch Gartenbilder in den Pferdelandpark zu bringen. Die Teilnehmergruppe ist nicht nur interdisziplinär, sondern auch international besetzt: es werden Landschaftsarchitekten, Gärtnerinnen, Architekten und Künstlerinnen aus u. a. Aachen, Köln und Berlin, aus den Niederlanden, Großbritannien, Canada und Estland eingeladen. Die Kostenschätzung für die Ausstellung beläuft sich inklusive des Honorars für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie Organisation und Durchführung auf rund 104.000 €.
Mit den ausgewählten Projekten der Temporären Gärten entsteht für einen kurzen Zeitraum in der Soers am Rande des Pferdelandparks ein Rundweg der Sinne. Die Werke der jurierten Künstler regen zum Hören, Sehen, Riechen und Schmecken an. Ihre Arbeiten werden in Lichtungen, Wiesen, Wäldchen, Brachen, Tümpeln, im Boden und sogar im Luftraum zu finden sein. Mit gelenkten Blicken, gestaltenden Eingriffen, phantastischen Geschichten und akustischen Experimenten reflektieren die „Gärtner“ über das Pflanzenreich, die Architektur und Überreste der Aachener Industrie- und Kulturgeschichte und erkunden so, was einen Garten in der zeitgenössischen Kulturlandschaft ausmachen kann.
1) Gelenkte Blicke
Ein Schwerpunkt der Bewerbungen lag auf dem künstlerisch auf die Landschaft gelenkten Blick, der in der Tradition der Rahmen-Installation von Haus Rucker-Co zur 1977er documenta steht. Ausgewählt wurden eher ungewöhnliche Varianten: eine begehbare Camera obscura, die die Sehgewohnheiten im wahrsten Sinne des Wortes auf den Kopf stellt und eine – aus der Erde generierten – Reproduktionen eines kunsthistorischen Klassikers, der von C. D. Friedrich bekannten Rückenfigur, durch die die Soers zur „Seelenlandschaft“ wird.
2) Gestaltende Eingriffe
Neben Vorschlägen zum kontemplativen Beobachten gab es auch Projekte für behutsame, künstlerische Eingriffe in die Landschaft: so legen zwei Teilnehmer neue Strukturen und Muster an, der eine mit dem Rasenmäher, der andere mit dem Hochdruckreiniger. Es gibt aber auch architektonisch anmutende Eingriffe, wie etwa eine mit Fäden gesponnene, transparente Wand und eine neue, flexible Wegeführung aus Tritthölzern.
3) Das Pflanzenreich
Das Motto „Temporäre Gärten“ legt nahe, sich mit Pflanzen zu befassen. So wird eine einfache Grünfläche durch Picknickgeschirr in eine weiße Blütenwiese verwandelt; an anderer Stelle wird der Wald zum tropischen Dschungel durch bunte Federfarne. Der Natur mimikrihaft angepasst erscheinen die „Gärtner“, die Kleidungsstücke aus Moos oder mit camouflageartigem Muster tragen und schließlich wird sogar noch der Nährwert der Landschaft untersucht, wenn eine Teilnehmerin die Kräuter der Soers zu schmackhaften Gerichten verarbeitet.
4) Phantastische Geschichten
Andere Teilnehmer ließen sich durch die Landschaft zu phantastischen Geschichten inspirieren. Nachgebaute Teichvögel führen ein Fußballturnier in einem abgelegenen Tümpel vor. Vor einem Tank kommt es zu einer sonderbaren Invasion eines globalen Zeltdorfes, eine gigantische Nähspule mit Nadel entführt den Betrachter in Gullivers Land und aus den Niederlanden wird ein persisch gemusterter Grasteppich eingeflogen.
5) Aachener Industriegeschichte
Es geht aber auch um die tatsächliche Kulturgeschichte, die die Soers geprägt hat. Einige Teilnehmer, die bereits genannt wurden, verweisen durch ihre Materialien auf die hiesige Tuchindustrie. Eine Teilnehmerin legt darüber hinaus mit einer regelrechten archäologischen Studie von Fundstücken aus der Soers künstlerisch die Aachener Industriegeschichte frei.
6) Der akustische Raum
Das letzte Kapitel ist den Tönen und Geräuschen gewidmet: es werden Stare stimmtechnisch trainiert, Bäume zum Rauschen gebracht, musizierende Handkarren geschoben und die Stimmen der Natur und Umgebung zum Klingen gebracht.
Die „Temporären Gärten“ sollen vom 14. bis 29. Juni 2008 in der Soers zu sehen sein.
Ausstellung „Echolot“
„Echolot“ ist eine Ausstellung im Ludwig Forum, in der junge kreative Kräfte der Kunstfakultäten der Umgebung zu einem künstlerischen Streifzug durch die Aachens Norden und die Sammlung des Ludwig Forums eingeladen wurden.
Gemeinsam mit ihren Studenten haben sich Kunstprofessoren der RWTH-Aachen, der Fachhochschule-Aachen und der Academie Beeldende Kunsten Maastricht anlässlich der Neugestaltung der Mergellandschaft zur Euregionale 2008 (Pferdelandpark) inspirieren lassen. Im Mittelpunkt ihrer Auseinandersetzung steht die Soers, deren Bedeutungsvielfalt und facettenreiche Nutzung als Naherholungs- und Naturschutzgebiet, aber auch als Agrarland und frühzeitig industriell genutzte Fläche sich als besonders reizvoll erwies.
1) Den Auftakt bildet die Aktion „topografischer Abdruck und Fundstückmosaik der Soers“ von Prof. Michael Schulze vom Lehrstuhl für Plastik der RWTH Aachen. In der Einführungswoche zum WS 2008 nahmen die etwa 170 Erstsemester zu den Themen Natur (Wildbach), Technik (Maschinen im Tuchwerk) und Architektur (Tuchwerk) vor Ort Abdrücke in Tonplatten, die anschließend in Gips abgegossen wurden, so dass ein monumentales „topographisches“ Relief der Soers entstand.
Prof. Gazmend Kalemi vom Lehrstuhl für Bildnerische Gestaltung der RWTH Aachen hat mit seinem Druckgraphischen Seminar begonnen, vor Ort in der Landschaft der Soers malerische Motive wie etwa Baumformationen der Buchenallee, Pflanzen des Müschparks, Gerätschaften der Industriebrachen und auch epische Landschaftsblicke zu zeichnen und als Lithographie oder Aquatinta zu drucken.
2) Von Prof. Ivo Dekovic vom Lehrstuhl für Grafik-Design
der Fachhochschule Aachen kam der Vorschlag, gemeinsam mit seiner Klasse
einen Zeichentrickfilm zu produzieren.
Die ungewöhnliche Architektur der Treibhäuser von St. Raffael inspirierte Frau Prof. Ilka Helmig vom Lehrstuhl für Kommunikations-Design der Fachhochschule Aachen mit Studenten ihrer Klasse eine Fotoserie zu realisieren, die durch gezielte Lichtregie vertraute Architekturmotive verblüffend und ungewohnt in Szene setzt .
3) Von der Maastrichter Academie Beeldende Kunsten nehmen Diplomanden von Prof. Toin Lendfers, Prof. Ton Boelhower und Prof. Ton van Kempen teil. Sandrine Wonsink erarbeitet derzeit eine Videoinstallation, in der sie das ambivalente Merkmal des Naherholungsgebietes Soers, in dem Naherholungsidyll und urbane Geräuschkulisse kontrastierend aufeinander treffen, hervorhebt. Marlieke Meyer plant mit Objekten, die wie Hauben-Fabrikation wirken, eine Prozession und Janine Berben, die im Rahmen ihres Produktdesign-Studiums skurrile Filzobjekte entwarf, befasst sich mit inszenierten Kombinationen aus gewebten Textilien und zerfallenden Webstühlen.
Die Fotos, Installationen, Graphiken und Videos, die sich durch die künstlerischen Reflexionen zu dem Kultur- und Natur-Raum der Soers entwickeln, werden in der Ausstellung des Ludwig Forums gemeinsam mit themenverwandten Werken der Sammlung Ludwig in Szene gesetzt. Ausgesucht wurden Arbeiten, die den Blick beispielsweise für kristalline oder florale Formen schärfen, oder Gemälde, die die Zusammenhänge von Natur und kultureller Prägung thematisieren. Den Museumbesucher erwartet so nicht nur ein künstlerisch und erzählerisch aufbereiteter Ausflug in das landschaftliche Juwel des Aachener Nordens, der als malerisches Naturidyll ebenso fasziniert wie als Denkmal lokaler Industriegeschichte, sondern auch Einblicke in eine übergreifende Formensprache der Natur und deren Gestaltung durch den Menschen.
Echolot 21.6. – 24. 8. 2008
Für Ausstellung und Printmedien stehen 10 000 € zur Verfügung.
„Die Rossgeister vom Lousberg“ – Installation von Gerda
Steiner und Jörg Lenzlinger
Die Installation „Die Rossgeister vom Lousberg“ ist als ein besonderes Highlight im Rahmen der Eröffnung des Pferdelandparks gedacht. Die international renommierten Künstler Gerda Steiner und Jörg Lenzlinger entwarfen ihre Installation der „Rossgeister“ speziell für den Lousberg, u. a. inspiriert vom „Pferdeland“ der angrenzenden Soers, dem südlichsten Landschaftsraumes des Pferdelandparks. Für ein Jahr soll die Installation das Eibenwäldchen auf der Kuppe des Lousbergs verzaubern. Da sie durch den Rang der Künstler auch in der internationalen Fachwelt Beachtung finden wird, kann die Installation die Aufmerksamkeit neu auf die Stadt Aachen, die EuRegionale und den Lousberg lenken.
Das Künstlerpaar Gerda Steiner und Jörg Lenzlinger (*1967/*1964) gehört zu den fantasievollsten und erfolgreichsten Vertretern der jungen Schweizer Kunstszene. Sie leben und arbeiten in Uster bei Zürich. Neben eigenen Arbeiten entwickeln sie gemeinsam großräumige Installationen: Filigrane Organismen, kristalline Gewächse und Blütenwirbel lassen wundersame Landschaften entstehen, die sich in der Höhe der Räume, seien es Museen, Bibliotheken oder Salzstollen, entfalten. Immer wieder geben die Künstler den Schauenden die Gelegenheit, sich auf Bänken oder Betten auf den Rücken zu legen – eine Position in der sich die Nerven des Körpers vollkommen entspannen – und sich in das zarte und manchmal überraschend abgründige Treiben hineinzuträumen.
Mit der Installation „Der Fallende Garten“ im Rahmen der Kunstbiennale 2003 in Venedig haben Steiner und Lenzlinger so auf sich aufmerksam gemacht, dass seitdem namhafte Ausstellungsmacher von internationaler Geltung sie einluden, markante Orte zu verwandeln. Um die Jahreswende 2005/2006 schufen sie die Installation „Seelen-wärmer“ in der Stiftsbibliothek von Sankt Gallen, mit der sie das in den Büchern gesammelte Wissen aus den Büchern „heraus lockten“. Im Spätsommer 2006 gestalteten sie das große Treppenhaus der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen im Ehrenhof in Düsseldorf mit der Installation „Das Vegetative Nervensystem“ um.
Für den Pferdelandpark ließen sich Steiner und Lenzlinger von der geheimnisvollen Aura der alten Bäume und Wäldchen auf dem Lousberg inspirieren. Speziell für diesen Ort entwarfen sie die Installation „Die Rossgeister vom Lousberg“. Die Kostenschätzung der Installation beläuft sich auf rund 65.000 €.
DIE ROSSGEISTER VOM LOUSBERG
Steiner und Lenzlinger konzipierten die Installation für einen Umkreis von ca. 80 Metern um einen Ort im Eibenwäldchen (in der Nähe des Drehturms). An drei verschiedenen Stellen am Rande des Eibenwäldchens hängen Rosschädel drei bis vier Meter hoch zwischen den Bäumen, so dass sie von den Wegen aus gesehen werden können. Von diesen Schädeln aus ergießt sich ein Schwall aus Blütenblättern, Pflanzenteilen und Pferdeknochen quirlig um die Bäume herum in das Eibenwäldchen hinein.
Die anfangs weißen Wirbel nehmen an Volumen und Farbigkeit zu, fächern sich auf und treffen schließlich an einem Punkt wieder aufeinander. Dieser Punkt ist der dichteste und farbigste – von hier aus scheinen sich hunderte Schmetterlinge in die Lüfte aufzuschwingen. Die Blütenblätter und Schmetterlinge stammen von auseinander genommenen Nylon- und Kunststoffblumen (Wetterfestigkeit), die an feinen aber robusten von Plastik ummantelten Drähten (Baumschutz) befestigt sind. Die Wirbel sollen nebst den Pferdeknochen möglichst leicht gestaltet werden. Somit entstehen Gebilde, die gleichzeitig voluminös und durchlässig sind. Widerstandsfähigkeit und Wetterfestigkeit der Materialien sollen vor der Realisierungsphase der Installation erprobt werden.
Dort wo die Stränge sich treffen, wird unter den Wirbeln ein Bett aus farbigen Hindernisstangen - wie sie beim Springreiten genutzt werden - zwischen die Bäume gehängt. Das Bett ist ähnlich konstruiert wie ein Floß und wird so befestigt, dass es bodennah bleibt und die Bäume nicht beschädigt. So können sich Neugierige, die den Blütenwirbeln und Knochen bis hierher gefolgt sind, auf dem Bett ausruhen und das bunte Treiben über sich erforschen.
Die Installation soll am 17. August 2008 eröffnet werden und dann für ca. ein Jahr auf dem Lousberg zu sehen sein.
Anlagen
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