Kenntnisnahme - FB 02/0191/WP15
Grunddaten
- Betreff:
-
Soziale Stadt NRW- Stadtteil Aachen-OstProjekt: Boxgym/ Sportliche Begegnungsstätte in Aachen-Ost
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- FB 02 - Fachbereich Wirtschaft, Wissenschaft, Digitalstadt und Europa
- Verfasst von:
- Stephanie Dormann
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Sportausschuss
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Kenntnisnahme
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07.02.2008
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Erläuterungen
Soziale Stadt NRW- Stadtteil Aachen-Ost
Projekt: Boxgym/ Sportliche Begegnungsstätte in Aachen-Ost
Seit 2000 ist der Stadtteil Aachen-Ost ein Programmstadtteil des Bund- Länder- Förderprogramms „Soziale Stadt“. Seitdem wurden in den Quartieren Rothe Erde und Ostviertel zahlreiche bauliche, aber auch sozialflankierende Maßnahmen mit unterschiedlichen Schwerpunkten durchgeführt. Ziel der Stadtteilerneuerungsarbeit ist dabei einerseits stabilisierende Prozesse anzuschieben und in Gang zu setzen, andererseits durch konkrete Angebote die Lebenssituation der Bewohnerschaft zu verbessern, deren Identifikation mit ihrem Stadtteil zu stärken und somit langfristig das Stadtteilimage positiv zu gestalten.
Im Zuge dessen wird sportlichen Angeboten ein hoher, insbesondere integrativer, Stellenwert eingeräumt. Durch den sportlich und spielerischen Umgang miteinander, der an klare Regularien und Verhaltensweisen geknüpft ist, lernen verschiedenste Gruppen sportlich und daraus resultierend auch sozial verträglicher miteinander umzugehen. Weiterhin werden durch sportliche Betätigungen Aggressionen und Vorurteile abgebaut.
Die Boxabteilung des Sportvereins Aachen Aktiv e.V. (Post- Telekom- Sportverein) ist seit mehreren Jahren in der Sporthalle Zeppelinstraße aktiv und kann im Rahmen seines Angebotes auf gute Erfahrungen im sportlichen Umgang mit Kindern und Jugendlichen zurückgreifen. Aufgrund der räumlich und zeitlichen Beschränkungen und durch die gute Resonanz hat der Sportverein ein Konzept entwickelt sein Angebot im Stadtteil Aachen-Ost zu verstärken und auszuweiten. Da im Rahmen der Arbeit aber auch Grenzen, insbesondere im sozialpädagogischem Bereich, deutlich geworden sind, konnte der Verein IN VIA e.V. mit dem Projekt Aachener Wirbelsturm gegen Gewalt als Kooperationspartner gewonnen werden. Beide Vereine ergänzen sich in ihrer Arbeit und können somit einen entscheidenden sportlich- integrativen Betrag in Aachen-Ost leisten.
Das Projekt Boxgym in Aachen-Ost wurde bereits am 06.06.2007 im Hauptausschuss behandelt und aufgrund des positiven Beschlusses zur Förderung über das Förderprogramm „Soziale Stadt“ angemeldet.
1. Die Situation
Die Boxabteilung Aachen Aktiv e.V. (Post Telekom Sportverein). mit derzeit rd. 200 Mitgliedern widmet sich seit vielen Jahrzehnten dem Boxsport.
Engagierte Trainer ermöglichen an fünf Abenden in der Woche einen regelmäßigen Sportbetrieb sowie die Durchführung von und die Teilnahme an Sportveranstaltungen. Insbesondere bei ausländischen Jugendlichen ist der Boxsport beliebt. Dabei kommen häufig Jugendliche aus einem schwierigen sozialen Umfeld in die Sporthallen. Die Vereine bemühen sich auch diesen schwierigen Jugendlichen gerecht zu werden und eine sportliche Heimat zu geben. Diese Situation bringt es mit sich, dass die Trainer immer auch ein Stück weit „Sozialarbeit“ leisten müssen.
Der Sportbetrieb mit eingeschränkten Hallenkapazitäten stößt hier jedoch schnell an seine Grenzen. Die beteiligten Vereine können und wollen deutlich mehr leisten. Schon lange suchen sie deshalb nach einer geeigneten „Heimat“, die als Sportstätte und Sozialraum dauerhaft zur Verfügung steht.
2. Das Projekt
Boxen ist eine Sportart, die nicht nur den Körper, sondern auch den Geist in einer komplexen Weise herausfordert und trainiert. Durch Beachtung der Kampfregeln verpflichtet sich der/ die Sportler/ -In zu einer anständigen Kampfführung und Achtung des Gegners. Hierbei spielt es keine Rolle, welcher Nationalität oder Hautfarbe der Gegner angehört. So wird dieser Sport zu einer beispielhaften Möglichkeit der Integration, da nur die sportlichen Belange zählen.
Die Boxabteilung Aachen Aktiv e.V. möchte daher in Kooperation mit dem Verein In VIA e.V. in geeigneten Räumlichkeiten ein Boxgym in Aachen-Ost gründen.
Um die nötige Kooperation zu erreichen, soll ein „Netzwerk“ geschaffen werden. Dieses kann sich aus Schulen, Jugendämtern, Jugendgerichtshilfe, Freizeiteinrichtungen, Polizei und Gemeinde zusammensetzen. Dabei wird die Zusammenarbeit unterschiedlicher Berufsgruppen und ehrenamtlicher Funktionsträger (Erzieher, Lehrer, Sozialpädagogen, Übungsleiter...) angestrebt.
Das Gym soll sportlich regelmäßig an den Wochentagen von 17.00 h bis 22.00 h durch lizenzierte Trainer betrieben werden. Eine Ausweitung der Öffnungszeiten im Zuge des Ausbaus der vorhandenen Mitarbeiter-Kapazitäten wird angestrebt.
Bei den Beiträgen wird es für bestimmte Gruppen Minimalpreise geben (Familien, Arbeitslose, Hartz 4- Empfänger, Sozialhilfe-Empfänger).
3. Die
Bedeutung des Projektes für das Gebiet Aachen-Ost
Der Stadtteil Aachen-Ost ist ein sozialer Brennpunkt. Gerade hier sehen die Vereine ihre gesellschaftlichen Aufgaben und betrachtet es als Herausforderung, sozialbenachteiligte Menschen zu unterstützen und sie durch den Sport in die Gesellschaft zu integrieren. Neben dem Spaß, den der Sport mit sich bringt, ist er ein hervorragendes Lern- und Erlebnisfeld. Der Sport führt zu einer Stärkung der Selbstkompetenz und die Jugendlichen lernen eigenständiges Handeln, Selbstständigkeit und Mitverantwortung. Im sozialen Bereich bietet der Sport als sozialintegratives Gemeinschaftserlebnis besondere Integrationschancen für ausländische Jugendliche.
Die Jugendlichen sollen sich mit dem Sportverein und „ihrem“ Boxgym identifizieren. Es wird ein Angebot sein, das in Aachen in dieser Form einzigartig ist. Auch sportlich soll das Gym für Aachen ein Aushängeschild sein und Jugendliche aus ganz Aachen in den Stadtteil bringen.
4. Sportlicher Betrieb
Grundsätzlich sollen die Sportflächen innerhalb der Öffnungszeiten für die Mitglieder frei zugänglich sein. Für bestimmte Gruppen soll dabei innerhalb definierter Zeiten zielorientierte Trainingsstunden angeboten werden. Der Sportverein gewährleistet in den Nachmittagsstunden ab 14 oder 15 Uhr bis 21.30 Uhr Trainingsangebote für unterschiedliche Zielgruppen.
Durch Ausbau der Trainerkapazitäten wird eine Ausweitung des Sportbetriebes angestrebt.
5. Sozialer
Bereich
Der Aachener Wirbelsturm gegen Gewalt ist eine Initiative Aachener Schüler, getragen als Kooperationsprojekt von IN VIA Aachen e.V. (Verband für Kath. Mädchen und Frauensozialarbeit) und dem Kommissariat Vorbeugung der Aachener Polizei, welches durch seinen gruppenorientierten und ganzheitlichen Ansatz Jugendlichen die Möglichkeit bietet, aus der Gewaltspirale auszubrechen und sich an Schulen, der Öffentlichkeit sowie im Freundes- und Bekanntenkreis für die selbst gewählten Ziele zu engagieren.
Neben einem funktionierenden Dialog mit den Schulen, dem Jugendamt der Stadt Aachen und der Jugendgerichtshilfe stellen der Kontakt und die Einbeziehung der Eltern/Erziehungsberechtigten in die Aktivitäten einen integralen Bestandteil der Arbeit dar. Die Jugendlichen werden mittel- bis langfristig durch ihren engen Bezug zu einer positiv und gewaltfrei orientierten Gruppe (den Wirbelstürmern) stabilisiert. Die Solidarität innerhalb der Gruppe erlaubt es, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Rechtsradikalismus als Auslöser für Gewalt zu thematisieren und ethnisch/religiös induzierte Konfliktpotentiale zu reduzieren.
Die 1997 gegründete Initiative hat innerhalb von annähernd 10 Jahren 94 Jugendliche mit überwiegend ungünstiger Sozialprognose erfolgreich betreut.
Ausgehend von zu beobachtenden Tendenzen wachsender Bereitschaft zu Gewalt, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (Rechtsradikalismus) bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen (ab dem Alter von ca. 12 Jahren), zunehmend leider auch bei jüngeren Kindern, will das Projekt präventiv wirken. Mit Sportangeboten insbesondere mit gezielten und von Fachleuten durchgeführten Box- und entsprechenden Begleittrainings einhergehend mit einer sozialpädagogischen Begleitung wollen die beiden Vereine (Aachen Aktiv e.V. und IN VIA e.V.) einem Abgleiten von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in die Kriminalität entgegenwirken.
Vielfach ruht die Ursache von Gewalt, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Langeweile, Frust, Aggression und/oder Orientierungs- bzw. Perspektivlosigkeit. Das Projekt soll zu einer sinnvollen Freizeitgestaltung hinführen und in Sportvereine bzw. andere Freizeitangebote integrieren.
Darüber hinaus gilt es, individuelle alltags- und lebensweltorientierte Hilfen zu vermitteln (primäre und sekundäre Tugenden) und über weiterführende Beratungs- und Betreuungsangebote gemeinsam mit den Betroffenen Perspektiven für die weitere Lebensplanung zu entwickeln (Case-Management).
Es ist jedoch zunächst festzustellen, dass bei den in Frage kommenden Jugendlichen vielfach Hemmungen, Barrieren und Widerstände hinsichtlich einer organisierten Freizeitgestaltung vorhanden sind. Das Projekt will Jugendliche zunächst durch eine „sanfte“ Organisationsform für eine aktive und sinnvolle Freizeitgestaltung sensibilisieren. Die begleitende und unterstützende sozialpädagogische Betreuung durch die Mitarbeiter/-innen soll helfen, Vertrauensverhältnisse aufzubauen, Kontaktbarrieren abzubauen und die Jugendlichen zu stabilisieren.
Durch die enge Kooperation zwischen Polizei und Sozialarbeit in Aachen, können auffällig gewordene Jugendliche frühzeitig an das Projekt herangeführt werden. Die betroffenen Jugendlichen sollen auf freiwilliger Basis mit den pädagogischen Mitarbeiter/-innen des Projektes in Kontakt treten.
Die inhaltliche Arbeit des Projektes ist selbstverständlich nicht ausschließlich auf gefährdete Jugendliche beschränkt, sondern steht allen interessierten Jugendlichen offen. Dies erleichtert die soziale Integration der Betroffenen und hilft dabei, eine Stigmatisierung des Projektes zu vermeiden.
Die wesentlichen Methoden unseres Projektes liegen in:
§ der Beratung,
§ der Betreuung,
§ der Vermittlung sowie in
§ der Vernetzung.
Beratung
Das Projekt versucht hier die Hemmschwellen möglichst niedrig zu halten und sich an den Bedürfnissen und Lebenswelten der Jugendlichen zu orientieren. Nicht die sofortige Beratung steht im Vordergrund der ersten Kontakte, sondern das gemeinsame Handeln und Tun im Bereich des Sports. Über das gemeinsame Sporttreiben wird eine leichte Zugangsebene zu den Kindern und Jugendlichen gefunden, Beziehungen werden hergestellt. Über den Bereich Sport und Bewegung, der sich an den Bedürfnissen der Jugendlichen orientiert, wird die Ebene der Kommunikation zwangsläufig nebenher erreicht.
In der Beratungssituation, die als Gespräch in einer ungezwungenen Atmosphäre beschrieben werden kann, versucht die pädagogische Fachkraft Hintergründe über die Lebenssituation des Jugendlichen herauszufinden und gemeinsam mit den Betroffenen Betreuungsansätze herauszuarbeiten, die je nach den individuellen Bedürfnislagen sehr unterschiedlich sein können.
Betreuung
Die Betreuung durch unser Projekt sieht folgende abgestufte Hilfsangebote vor:
§ Einzelfallhilfe, z.B. in den Bereichen Arbeitsplatz- oder Ausbildungsplatzsuche, Hilfe bei Behördengängen, Schulprobleme (zunehmend müssen schulpflichtige Jugendliche nach einem Schulausschluss bei der Suche nach einer neuen Schulmöglichkeit unterstützt werden), Elternarbeit.
§ Einzelangebote z.B. individuelle Angebote zur Freizeitgestaltung, Hausaufgabenhilfe, Prüfungsvorbereitung.
§ Gruppenarbeit z.B. im Boxtrainingsbereich oder Fitnessbereich, Angebote in Projektgruppen und Arbeitsgemeinschaften zu ausgewählten Themen oder aus dem Bereich der soziokulturellen Jugendarbeit, zielgruppenorientierte politische Bildungsfahrten, erlebnispädagogische Angebote.
Vermittlung
Aus der Arbeit ergibt sich eine Zusammenarbeit mit anderen Trägern und Institutionen, in die eine Vermittlung der Kinder und Jugendlichen erfolgen kann. Es handelt sich dabei u.a. um die Bereiche:
§ Arbeit und Ausbildung,
§ Wohnen,
§ Schule,
§ Schulpsychologische Dienste,
§ Jugendfreizeitangebote,
§ Jugendgerichtshilfe,
§ Jugendamt,
§ Andere Jugendhilfeangebote sowie
§ Sport- und andere Vereine
Durch den engen Kontakt zu dem Sportverein Aachen Aktiv e.V. sind die am Boxen interessierten Jugendlichen neben der Integration in das Sport- und Bildungsangebot auch in eine Norm- und Wertegemeinschaft eingebunden sowie in ein breites Spektrum der Jugendarbeit eingegliedert, welches pädagogische, erzieherische und stabilisierende Einflüsse ausüben und zu einer positiven Persönlichkeitsentwicklung beitragen kann.
Vernetzung
Die übergreifende Beratungs- und Vermittlungstätigkeit des Projektes erfordert eine Vernetzung mit vielen anderen Partnern und Institutionen in Stadt, Kreis und darüber hinaus.
Durch die über 10jährige Erfahrung des Projekts Aachener Wirbelsturm bringt der Verein IN VIA bereits zahlreiche Kontakte, Vernetzungen und Kooperationen (auch Bundesweit) mit ein.
Die Konzeption ist als lebensweltorientierte Jugendarbeit ausgerichtet. In ihrem Mittelpunkt stehen interessen- und bedürfnisbegleitende Freizeitangebote. Diese Zielrichtung ergänzt sich durch traditionelle Sportangebote mit dem Schwerpunkt „Boxen“.
Darüber hinaus dient der Sport als Ansatzpunkt für weiterreichende Angebote der Jugendarbeit, die breite Möglichkeiten der sozio-kulturellen Entfaltung sicherstellen (z.B. durch Offene Jugendarbeit, Gruppenangebote/Workshops und Individuelle Einzelhilfe).
Abschließende
Hinweise
- Das Konzept ist nicht als spezielles Angebot der Jungenarbeit ausgerichtet, im Gegenteil es sind sowohl Mädchenangebote als auch gemischte Angebote angedacht.
- Eine regelmäßige Selbstevaluation wird durchgeführt.
6.
Räumlichkeiten
Bereits Ende 2006 wurden die Vereine bei der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten für das Boxgym auf das ehemalige STAWAG Umspannwerk in der Hüttenstraße aufmerksam, das seit einigen Jahren leer steht und bislang keiner neuen Verwendung zugeführt werden konnte.
Im Rahmen der Projektentwicklung für das Haus der Identität und Integration in dem ehemaligen Verwaltungs- und Produktionsgebäudes der Firma Rheinnadel Automation am Reichsweg besteht weiterhin die Möglichkeit das Boxgym dort unterzubringen, da es inhaltlich in die Konzeption des Hauses einfügt und einen wichtigen Baustein darstellen kann.
Über diese beiden räumlichen Varianten ist derzeit noch keine abschließende Entscheidung getroffen worden.
7. Finanzen
Das Projekt wird mit einem Fördersatz von 90% von Bundes- und Landesregierung finanziert. Eine genaue Kostenkalkulation liegt derzeit noch nicht vor. Bisher wird von Gesamtkosten in Höhe von 610.00 € ausgegangen.