Entscheidungsvorlage - E 49.5/0143/WP15

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag Betriebsausschuss Kultur:

Der Betriebsausschuss Kultur nimmt die Vorlage zur Kenntnis und empfiehlt dem Rat der Stadt den von der Fraktion Die Grünen vorgeschlagenen Antrag abzulehnen.

 

Beschlussvorschlag Rat:

Der Rat der Stadt Aachen nimmt die unten aufgeführten Erläuterungen zustimmend zu Kenntnis und lehnt den Antrag der Fraktion der Grünen ab.

 

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Erläuterungen

Erläuterungen:

Die im Antrag der GRÜNEN zum Ausdruck kommende Sorge, den Greuel der deutschen Kriegsführung im Zweiten Weltkrieg und dem Völkermord an den europäischen Juden im Umgang mit der Frage der Verluste der Städtischen Museen angemessen Rechnung zu tragen, teilen wir.

Die völkerrechtliche Position der Bundesrepublik Deutschland, die der weltweiten Rechtsauffassung entspricht, ist hinreichend bekannt: Kunst- und Kulturgüter dürfen keine Kriegsbeute werden. Unzulässig war und ist auch das Einziehen solcher Gegenstände im Sinne von Reparationsleistungen. Dabei stützt sich die Bundesrepublik keinesfalls nur auf die Haager Landkriegs­ordnung von 1907, sondern auch auf spätere völkerrechtlich bindende Vereinbarungen. Sie ist zudem Bestandteil mehrerer zwischenstaatlicher Vereinbarungen mit der ehemaligen Sowjetunion: „Zwei-Plus-Vier-Vertrag“ (1990), „Vertrag über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusam­men­arbeit“ (1991 in Kraft getreten) und „Abkommen über kulturelle Zusammenarbeit“ (1992). Ein Vorgehen in der Form, die der Antrag der GRÜNEN andeutet, droht das Völkerrecht auszuhöhlen.

Der Ende Januar 2009 beim Symposium im Suermondt-Ludwig-Museum vorgebrachte Vorschlag des ehemaligen Leiters des Referats K42 (BKM) Wolfgang Maurus - Eigentumsrechte abzugeben, um in den Besitz von Werken zu gelangen - erscheint in dieser Hinsicht ebenfalls nicht unproblematisch. Die Hoffnung bei diesem zunächst paradox anmutenden Verfahren war vor allem, daß es zu einer Belebung des Dialogs oder gar zu einer zumindest zeitweiligen Nutznießung von Werken führen könnte.  Abgesehen davon, daß dieser Vorschlag mit all seinen rechtlichen und praktischen Implikationen auf verschiedenen Ebenen geprüft werden müßte, ist zu betonen, daß er bei einer Besprechung Ende Februar in Berlin, an der auch Direktor van den Brink teilgenommen hat, verworfen wurde, da mit ihm auch die weit über den konkreten Einzelfall hinausreichende deutsche Rechtsposition aufgegeben werde.

Ein ganz anders geartetes Problem stellen jene in Simferopol aufgetauchten Stücke dar, deren Provenienz bislang nicht geklärt ist. Es ist durchaus möglich, daß es sich hierbei um Stücke aus Aachener Privatbesitz handelt oder solche mit zweifelhafter Herkunft (evtl. Raubkunst). Auch diese Fälle wären möglicherweise  im Rahmen des erwähnten Forschungsprojekts zu untersuchen. Die Stadt Aachen liefe bei dem von den GRÜNEN angedeuteten Vorgehen  bei diesen Stücken die Gefahr, der Ukraine gegenüber Rechtsansprüche aufzugeben, die ihr nicht zustehen (Vertrag zuun­gunsten eines Dritten).

Die in Simferopol ausgestellten Werke sind nur ein Teil der verschwundenen Gemälde (ca. 310). Wenn die Aachener Museen die Möglichkeit erhalten, sich als verläßlicher Ansprechpartner für die Kollegen aus der Ukraine zu erweisen, besteht die Hoffnung, auch andere in dieser Region vermutete Werke aus dem Aachener Bestand zu lokalisieren.

Die kunsthistorische Bewertung vieler Verlustbilder hat sich seit der Zeit der kriegsbedingten Auslagerung durch kunsthistorische Forschungen und den gewandelten Geschmack stark gewandelt. Unter den Werken in Simferopol sind einige der Glanzpunkte der frühen bürgerlichen Stiftungen an die Aachener Museen.

Die in Simferopol gezeigten Bilder stammen sämtlich aus Aachener Bürgerstiftungen und sind somit Teil der lokalen Kulturgeschichte. Viele Werke stammen aus der Sammlung des Namensgebers des Museums, Barthold Suermondt. Der Verlust nach der Auslagerung der Bilder im Zweiten Weltkrieg hat den Rang der Gemäldegalerie der Aachener Museen verringert.

Die in Simferopol aufgetauchten Gemälde haben als einer der umfangreichsten Funde sogenannter Beutekunst in den letzten zehn Jahren ein erhebliches Medienecho in Deutschland und in der Ukraine gefunden. Das weitere Verfahren in Aachen wird von vielen betroffenen Museen und Institutionen in der Bundesrepublik aufmerksam verfolgt. In dieser Situation scheint es angemessen, professionell und bedachtsam zunächst alle Möglichkeiten auszuloten, die sich aus diesem ungewöhnlichen Glücksfall nach beinahe 60järigem Verschwinden ergeben, bevor Entscheidungen getroffen werden, die nicht mehr rückgängig zu machen sind.

Eine Kooperation mit den ukrainischen Kollegen wird bereits praktiziert. Es gab in den offen geführten Gesprächen zwischen den Aachener Museumsmitarbeitern und den Kollegen aus Simferopol keine wie auch immer gearteten Forderungen an die andere Seite. Die Kooperation beruht auf Respekt vor den unterschiedlichen staatlichen Rechtsstandpunkten, dem Wissen um die leidvolle Geschichte und dem gemeinsamen Bemühen um die Bewahrung, Erforschung und Vermittelung der Kunstwerke. Das im Antrag der GRÜNEN vorgeschlagene Vorgehen fördert die Kooperation nicht, es könnte sie gar vorschnell zu einem Ende bringen. Der Antrag der Fraktion der Grünen ist somit abzulehnen.

 

 

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Anlagen

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