Kenntnisnahme - E 26/0011/WP16
Grunddaten
- Betreff:
-
Planungsanweisungen für städtische GebäudeNeubauten, Sanierungen und Erweiterungen
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- E 26 - Gebäudemanagement
- Beteiligt:
- Dezernat III
- Verfasst von:
- E 26/00
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz
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Kenntnisnahme
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02.03.2010
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Erledigt
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Planungsausschuss
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Kenntnisnahme
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04.03.2010
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25.03.2010
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Erledigt
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Betriebsausschuss Gebäudemanagement
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Kenntnisnahme
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27.04.2010
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Erläuterungen
Erläuterungen:
Die Stadt Aachen hat schon vor Jahren als ökologische Stadt der Zukunft Maßstäbe gesetzt. Hierzu gehörte auch, den Ausstoß schädlicher Klimagase in diesem Fall Kohlendioxid - stärker zu begrenzen, als die gesetzlichen Bestimmungen dies vorschrieben. So wurde z.B. festgelegt, dass die Mindestanforderungen aus der Wärmeschutzverordnung und der auf sie folgenden Energieeinsparverordnungen (EnEV) bei Neubauvorhaben und umfassenden Sanierungen um 20% unterschritten werden sollten.
In den vergangenen Jahren konnten so nicht nur die Klimaschutzziele der ökologischen Stadt, sondern auch ökonomische Ziele verfolgt werden: trotz steigender zu bewirtschaftender Flächen konnte der Wärmeverbrauch 2002-2008 um 30% gesenkt werden (s. Abbildung). Zwar konnten die explodierenden Energiepreise nicht vollständig kompensiert werden, die Belastung des Haushaltes wäre jedoch noch wesentlich höher ausgefallen.
In dem vergangenen Jahrzehnt sind die gesetzlichen Anforderungen an die Begrenzung des Wärmebedarfs einerseits und die Effizienz der Anlagentechnik andererseits stetig erhöht worden. Nach dem Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz (EEWärmeG) am Anfang 2009 ist eine novellierte EnEV im Oktober 2009 in Kraft getreten: das EEWärmeG schreibt die Nutzung erneuerbarer Energie vor, die EnEV 2009 eine rund 30 %-tige Reduzierung des Primär-Energie-Einsatzes. Diese Entwicklung geht weiter: eine Novellierung der EnEV ist für 2012 angekündigt.
Der durch die Stadt Aachen in 2007 selbst gesetzte verbesserte Standard wurde durch die Novellierung der EnEV 2009 eingeholt.
Für das Gebäudemanagement ist es deshalb schlüssig, dass die Stadt Aachen ihre Maßstäbe nicht aufgibt sondern -wie eine Reihe anderer Städte in der BRD- weiter verfolgt, bessere Gebäude als nach dem Mindeststandard der Verordnungen zu bauen.
Bevor weitere Überlegungen des Gebäudemanagements zum Aachener Standard 2010 ausgeführt werden, muss zum besseren Verständnis, auf einen aus energetischer Sicht unverzichtbaren Aspekt mit weit reichenden bautechnischen und bauphysikalischen Folgen hingewiesen werden: der Forderung nach einer luftdichten Gebäudehülle, wie sie schon in der EnEV 2002 gestellt wurde. Wenn man Wärmeverluste eines Gebäudes begrenzen will, ist es unerlässlich, alle Wärme-Leckagen der Gebäudehülle zu vermeiden: die Bauteile selber und ihre Verbindungen müssen luftdicht sein, es darf nicht ziehen. Eine für sich gesehen triviale Forderung mit erheblichen Folgen: so werden beispielsweise Fenster nicht mehr nur eingeputzt sondern mit Folien mit den übrigen Fassadenbaustoffen luftdicht verklebt; gleiches gilt Dachverschalungen und -balken. Eine für die am Bau Beteiligten gewöhnungs- und überwachungsbedürftige Arbeit. Der Nachweis erfolgt über einen Blower-Door-Test. Folgen unerkannter Leckagen können nicht nur Energieverluste sondern auch Durchfeuchtungen von Bauteilen mit weit reichenden Folgen sein.
Auf eine Folge dieser Bauweise wurde man in den letzten Jahren aufmerksam: vor allem in intensiv genutzten Räumen -in unseren rund 60 m² großen Schulkassen halten sich in der Regel rund 25 Personen auf- übersteigt schon während der ersten Schulstunde die CO2-Konzentration den vom Umwelt-Bundesamt als hygienisch bedenklich bezeichneten Wert von 2.000 ppm und schaukelt sich im Laufe des Schultages weiter auf. Die Folge ist Konzentrationsschwäche und Müdigkeit. Mit einer normalen Fensterlüftung -Stoßlüftung während der Pausen- ist dem nicht beizukommen.
CO2 Messverlauf- Klassenraum mit Fensterlüftung
Die Konsequenz daraus ist, für alle Neubauten eine unterstützende mechanische Lüftungsanlage vorzusehen. Für einen Standard Klassenraum mit 25 Personen ist ein Frischluftvolumenstrom von 500 m³/h notwendig, um die Vorgabewerte des Umwelt-Bundesamtes einzuhalten. Die gezielte Be- und Entlüftung der Klassenräume durch Lüftungsanlagen bietet darüber hinaus Chance, nicht wie bei der Fensterlüftung mit der Fortluft auch die Heizungswärme entweichen zu lassen, sondern dieser, durch den Einsatz von hoch effizienten Wärmerückgewinnungsanlagen, zu mehr als 75% zu entziehen und somit auch die Energiekosten zu senken.
Es gibt aber noch einen weiteren Grund, mechanische Lüftungsanlagen einzubauen: der hohe Dämmstandard und der Einsatz moderner Heizungssysteme auf Niedrigtemperaturbasis führen dazu, dass die Heizsysteme nicht auf Bedarfsspitzen ausgelegt sind. So ist zum Beispiel am Ende einer Stoßlüftungsperiode, bei der nicht nur die verbrauchte Luft ausgetauscht wird, sondern sich die Raumoberflächen auch abkühlen das Heizsystem nicht in der Lage den Wärmeverlust kurzfristig abzubauen. Anders bei einer mechanischen Be- und Entlüftung, bei der ein kontinuierlicher Luftwechsel mit vorgewärmter Zuluft stattfindet.
Zusammenfassung des Exkurses: Die nach den Vorschriften luftdicht zu erstellende Gebäudehülle macht bei einer Vielzahl intensiv genutzter kommunaler Gebäude wie Schulen und Kindergärten den Einbau von unterstützenden Lüftungsanlagen mit hoch effizienten Wärmerückgewinnungen erforderlich.
Zurück zur Frage: Welcher Standard nach der verschärften EnEV 2009 könnte ein neuer Aachener Standard 2010 sein.
Als Erstes ist hierbei zu bedenken, dass EEWärmeG 2009 schreibt den Einsatz erneuerbarer Energien vor, etwa den Bau von geo-thermischen Anlagen. Ersatzweise kann auch der Dämmstandart um mindestens 15 % verbessert werden, eine Option, von der auch in Zukunft gezogen werden soll.
Weiterhin wäre es sicher erstrebenswert sich an einem bekannten Standard zu orientieren, etwa an dem Passivhausstandard nach Prof. Feist, mit einem Jahresheizwärmebedarf von max. 15 kWh/(m²a). Es handelt sich um hoch wärmegedämmte Gebäude mit Lüftungsanlagen mit hoch effizienter Wärmerückgewinnung.
Die zertifizierten Passivhäuser müssen jedoch u.a. mit zertifizierten Bauteilen, deren kommunale nachhaltige Nutzung nicht erwiesen ist und deren Einsatz in öffentlichen Vergabeverfahren fragwürdig wäre, errichtet werden.
Dagegen lässt sich ein Niedrigenergiehaus mit einem Jahresheizwärmebedarf von max. 20 kWh/(m²a) auch mit marktgängigen erprobten Bauteilen errichten, wenn man sich an den übrigen Planungsprinzipien des Passivhausbaus orientiert.
Wie oben dargestellt wurde, ist schon aus Gründen der Lufthygiene der Einbau von Lüftungsanlagen bei vielen kommunalen Gebäuden notwendig. Bleibt im Sinne des Planungsprinzips gegenüber dem EnEV-Standard eine besser wärmegedämmte Hülle, einschließlich der Fenster.
Den Jahresheizwärmebedarf von 20 kWh/m²a einzuhalten, entspricht in etwa EnEV 2009 minus 25 - 30%, einem ambitionierten aber erreichbaren Ziel, wie die in der Umsetzung befindlichen Baumassnahme KOT Richterich und die Planungen für die Schulmensen zeigen. Es wäre der Aachener Standard 2010 für Neubauvorhaben der Stadt Aachen.
Natürlich sollte auch für den Sanierungsfall ein höherer Anspruch als die Einhaltung der Mindestwerte nach EnEV vorgegeben werden, um nicht hinter die Praxis der vergangenen Jahre zurückzufallen.
Die Konsequenzen aus dem Dargestellten hat das Gebäudemanagement der Stadt Aachen mit den beigefügten Planungsanweisungen für das eigene Personal wie auch die zu beauftragenden externen Planer gezogen (s. Anlage1 und 2).
Weder die Konsequenzen aus den Erkenntnissen zur luftdichten Gebäudehülle noch die erhöhten Anforderungen der EnEV 2009 werden kostenneutral sein. Erfahrungen darüber, wie die Novellierung der gesetzlichen Vorschriften des EEWärmeG und der EnEV sich 2009 auf die Investitionskosten ausgewirkt haben liegen naturgemäß noch nicht vor. Man kalkuliert heute auf der statistischen Grundlage der Bauvorhaben nach EnEV 2004 plus Zuschläge. Kostenhochrechnungen bei Neubau- Planungen lassen Steigerungen der Investitionskosten (Zuschläge) je nach Gebäudevolumen von 10%-15% erwarten. Der Anteil für den Aachener Standard 2010 hieran mag bei einem fünftel liegen. Die Kapitalkosten für den Aachener Standard 2010 gegenüber dem gesetzlich geforderten Mindest-Standard nach Energieeinsparverordnung 2009 sind durch die minimierten Energiekosten rentierlich.
Mit dem neuen Aachener Standard 2010 erfüllt die Stadt ihre Vorbildfunktion als ökologische Stadt der Zukunft.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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1
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(wie Dokument)
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51,3 kB
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2
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(wie Dokument)
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50 kB
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