Entscheidungsvorlage - FB 61/0123/WP16

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Der Mobilitätsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zum Pilotversuch Mobilitätspaket für Neubürger zustimmend zur Kenntnis.

Er sieht ein öffentliches Interesse der Stadt Aachen an einer komfortablen Heranführung von Neubürger an umweltfreundliche Mobilität.

Er beauftragt die Verwaltung, gemeinsam mit AVV und ASEAG eine möglichst komfortable und kostengünstige Lösung umzusetzen.

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Erläuterungen

Erläuterungen:

 

Anlass

 

Die Stadt Aachen verzeichnet jährlich circa 16.000 Zuzügler, die nach dem Umzug auch ihre Mobilität neu organisieren müssen. In Aachen erhalten die Neubürger seit Juni 2006 bei der Anmeldung Informationen über die Stadt („Aachen kompakt“) und seit Juni 2007 ein Gutscheinheft mit kulturellen, kommerziellen und verkehrlichen Angeboten.

 

Am 18.9.2008 hat der Verkehrsausschuss die Verwaltung beauftragt, ein „Mobilitätspaket für Neubürger“ zu erstellen und untersuchen zu lassen. Ein wesentlicher Bestandteil hierbei war die Entwicklung eines Informationsflyers zu den Angeboten umweltfreundlicher Mobilität. Das „Mobilitätspaket für Neubürger“ ist Bestandteil des Luftreinhalteplans der Stadt Aachen.

 

Ziel eines derartigen Mobilitätspaketes ist es, Menschen in der Neuorientierung anzustoßen, über umweltfreundliche Verkehrsmittel nachzudenken und auszuprobieren. Die größten Potenziale liegen dabei beim öffentlichen Nahverkehr, da er die meisten Informationshürden für Neubürger bereithält. Eine schnelle Heranführung der Neubürger an den ÖPNV und eine Steigerung der Nutzungshäufigkeit verringert den Zuschussbedarf und ist daher im städtischen Interesse.

 

Neben der Stadt Aachen waren die ASEAG, der AVV, Cambio CarSharing und das Institut für Stadtbauwesen und Stadtverkehr der RWTH (ISB) in das Projekt eingebunden. Das ISB wurde mit der Evaluation des Paketes beauftragt.

 

Es handelt sich bei diesem Ansatz um einen zielgruppenorientierten Baustein eines gesamten Mobilitätsmanagement-Ansatzes, den die Stadt Aachen im Zuge der Luftreinhalteplanung ausbauen möchte. Mobilitätsmanagement hat die Aufgabe, durch zielgenaue Informationen und Anreize in der Kombination mit der Entwicklung neuer, interessanter Mobilitätsangebote, Menschen zu einer häufigeren Nutzung des Umweltverbundes zu motivieren. Neben dem Mobilitätsmanagement für Neubürger sind u.a. das betriebliche Mobilitätsmanagement, das Mobilitätsmanagement an Schulen, Mobilitätsberatung für Senioren Bausteine, mit dem CLEVERE MOBILITÄT in Aachen durch die Stadt Aachen gefördert werden.

 

 

Pilotversuch

Alle Aachener Neubürger, die von Mitte Februar 2009 bis Mitte April 2009 zugezogen sind, haben im Rahmen eines Pilotversuchs ein Mobilitätspaket erhalten. Das getestete Mobilitätspaket bestand aus folgenden Inhalten

 

1.) Ein Liniennetzplan, der alle Bus- und Bahnlinien in Aachen auf einer Stadtplangrundlage enthält sowie einen Flyer zum Schienennahverkehr im AVV.

2.) Ein Gutschein der ASEAG und des AVV (stellvertretend für alle übrigen Verkehrsunternehmen im AVV) für einen kostenlosen Schnuppermonat für den gesamten Nahverkehr in der Region sowie von Cambio für drei rabattierte Testfahrten beim Car-Sharing.

3.) Speziell entwickelt wurde der Flyer „AACHEN-CLEVER-MOBIL“, der über umweltfreundliche Mobilitätsalternativen informiert und Ausflugstipps enthält. Zusätzlich war eine Tarifbroschüre des AVV beigelegt.

4.) Ein individuelles Anschreiben mit einem Stadtplanausschnitt, der die nächstgelegenen Haltestellen der Zuzügler enthält

5.) Den Fahrplanaushang der nächstgelegenen Haltestelle und eine Verbindungsauskunft in die Innenstadt für einen Samstagvormittag.

 

Die „Individualisierung“ der Pakete wurde im Pilotversuch vom ISB übernommen. Je Paket wurde dabei ein Zeitaufwand von rd. 8 Minuten benötigt.

 

Die eine Hälfte der „Experimentalgruppe“ erhielt die Möglichkeit, das Monatsticket per Postkarte zu bestellen, die andere Hälfte konnte den Gutschein nur persönlich im Kundencenter einlösen.

 

Die Begleitstudie des ISB hat gezeigt, dass das Angebot bei den Neubürgern sehr gut angekommen ist. 82 % der Neubürger stimmen der Aussage zu, dass sie mit diesem Paket alle wichtigen Informationen zur Mobilität in Aachen erhalten haben. In der Kontrollgruppe, in der keine Mobilitätspakete, sondern nur die Broschüre „Aachen kompakt“ verteilt wurde, sagen dies nur 47 %.

 

Neubürger, die das kostenlose Monatsticket per Postkarte bestellen konnten, waren zu 29 % sehr zufrieden mit dem Service der ASEAG. In der Gruppe, die das Monatsticket im Kundencenter der ASEAG abholten, waren 23 % der Neubürger sehr zufrieden.

 

Das Mobilitätspaket hat trotz der guten Bewertung nur einen geringen Effekt für den ÖPNV erbracht: Lediglich in der Gruppe der Personen, die auf schriftlichem Weg in Kontakt treten konnten, lag der Anteil der täglichen Wege, die zum Zeitpunkt der Befragung im Juni 2009 mit Bus und Bahn zurückgelegt wurde, bei 17,2 %, während in der Kontrollgruppe der Anteil 15,5 % betrug (nicht studierende Personen).

 

Allerdings ist auch festzustellen, dass in beiden Experimentalgruppen der Anteil der Personen, die täglich den ÖPNV nutzen mit rd. 25,5 % um 8 %-Punkte höher lag, als in der Kontrollgruppe.

 

 

Empfehlungen

Aus den bisherigen Erfahrungen und Projekten in anderen Städten spricht aus Sicht der Verwaltung viel dafür, Neubürger in Aachen wie in Abb. 1 an umweltfreundliche Mobilitätsangebote („Aachen clever mobil“) heranzuführen. Neubürger sollten eine standardisierte Grundversorgung erhalten und könnten dann persönlich oder auf anderen Wegen weitere Informationen und Gutscheine erhalten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Abb. 1: Systematik zur Heranführung von Neubürgern an umweltfreundliche Mobilität

 

Vor dem Hintergrund der Erfahrungen des Pilotversuches empfehlen Verwaltung und ASEAG, für Neubürger das Mobilitätspaket wie folgt dauerhaft zu etablieren:

 

Es sollte ein standardisiertes Mobilitätspaket mit nachgelagerten Dialogelementen umgesetzt werden. Die bisher erfolgreich in Deutschland erprobten Neubürgeransätze (Stadt München 2007, Forschungsprojekt „Evaluation von Dialogmarketing für Neubürger“, 2009) setzen standardisierte Pakete ein und betonen die Notwendigkeit eines nachgelagerten, individuellen Dialoges, um Kunden für den öffentlichen Nahverkehr zu gewinnen.

 

Ein auf die Adresse individualisiertes Paket erfordert entweder einen Personalaufwand von rd. 8 Minuten je Paket oder die Entwicklung einer auf dem Markt derzeit nicht vorhandene technische Lösung (Aufwand derzeit nicht bezifferbar). In Anbetracht der geringen erzielten verkehrlichen Effekte, die für eine Refinanzierung herangezogen werden könnten, wird empfohlen, diesen Ansatz nicht weiterzuverfolgen.

 

 

 

Das Paket sollte die folgenden Elemente enthalten:

 

1.) Flyer Aachen Clever Mobil

2.) Liniennetzplan Stadtgebiet Aachen

3.) Tarifbroschüre des AVV

4.) Gutschein von Cambio

5.) Gutschein der ASEAG

6.) Gutschein für Fahrradstadtplan (wird derzeit erstellt)

 

Die Konfektionierung der Pakete in einen noch zu erstellenden Umschlag und die Verteilung zu den Einwohnermeldestellen würde vom Bürgeramt koordiniert. Die Materialien von ASEAG, AVV und Cambio (Gutscheine, Liniennetzplan, Tarifübersicht) würden von diesen bereitgestellt.

 

Bei 16tsd Zuzüglern und einer haushaltsweisen Ausgabe ist von rd. 12tsd zu verteilenden Paketen pro Jahr auszugehen. Bei Materialkosten von rd. 1 Euro je Paket (Neubürgerhaushalt) könnte die Stadt dieses Angebot für ca. 12tsd Euro im Jahr bereitstellen. Weitere 3tsd Euro werden für Nebenkosten (Überarbeitung des Flyers Aachen Clever Mobil, Erstellung des Umschlags) benötigt.

 

Der Personalaufwand des Bürgeramtes für das dargestellte Konzept beträgt für die Konfektionierung der Mobilitätspakete je Monat rd. 7 Pers.-h (800 Pakete * ca. 30 Sek.).

 

Um die Neubürger gezielt zu motivieren, den öffentlichen Nahverkehr zu testen und gleichzeitig das Risiko der Einnahmeverluste zu minimieren, sollten differenzierte Gutscheinangebote bereitgestellt werden. Die Idee, den Neubürgern einen Gutscheinwert in einer bestimmten Höhe anzubieten, ist aus Sicht von AVV und ASEAG nicht praktikabel umsetzbar. AVV und ASEAG sprechen sich für folgendes Angebot an Neubürger aus: Der Gutschein enthält drei Wahlmöglichkeiten:

- Wochenkarte AVV-Gesamtnetz,

- Minigruppen-Ticket AVV-Gesamtnetz oder

- 4Fahrten-Ticket AVV-Gesamtnetz

Damit werden für Pendler, für Gelegenheitskunden und für Ausflügler geeignete Tickets angeboten. Der Gutschein muss persönlich im Kunden-Center der ASEAG eingelöst werden.

 

Nach der Testphase würden Neubürger von der ASEAG das Angebot erhalten, ein „Schnupperabo“ abzuschließen, mit der Möglichkeit, dieses nach drei Monaten ohne Mehrkosten kündigen zu können. Damit sinkt die Hürde, ein Abonnement abzuschließen.

 

Der Fachbereich 61/30 hat Bedenken, dass das persönliche Aufsuchen des Kunden-Centers viele potenzielle Neubürger davon abhält, sich individuelle Fahrplaninformationen anzufordern und den ÖPNV kostenlos zu testen. So ist aus dem Pilotversuch von 2006 und aus anderen Städten bekannt, dass ein Gutschein für eine Wochenkarte nur von rd. 4 - 5 % der Neubürger persönlich abgeholt wird und auf diesem Weg nur eine sehr geringe Gruppe für einen Test des ÖPNV erreicht wird. Der Fachbereich 61/30 empfiehlt daher, den Neubürgern auch auf elektronischem und/oder telefonischem Weg einen Erstkontakt zu ermöglichen. Ggf. könnte das städtische Servicecenter Call Aachen, das heute bereits auch Fahrplanauskünfte erteilt, wie in Abb. 1 dargestellt, in einen Beratungsprozess eingebunden werden. Bisher konnte jedoch keine Lösung gefunden werden, mit der Missbrauch vermieden werden kann und die gleichzeitig die Datenschutzanforderungen erfüllt. Zudem sieht die ASEAG einen rein postalischen oder telefonischen Bestellvorgang als nicht zielführend an. In der Pilotphase zeigen die beiden Experimentalgruppen (Abholung oder Zusendung der Monatskarte) in Bezug auf den Abschluss eines Abos keine signifikanten Unterschiede. Daher wird dem persönlichen Kontakt zum Kunden Priorität gegenüber dem vergleichsweise anonymen Versand der Tickets eingeräumt.

 

Die ASEAG wird die in diesem Zusammenhang eingelösten Gutscheine und verkauften Abonnements  dokumentieren und bietet gerne an, die Ergebnisse nach Absprache im Mobilitätsausschuss zu präsentieren. Bei geringer Resonanz der Neubürger (weniger als 10 %) wird die Hinzunahme um weitere Kanäle geprüft. Dabei sollte aus Sicht der ASEAG gewährleistet werden, dass eine reine Bestellung nicht der Regelfall ist, sondern jeder Versendung ein Gespräch vorausgehen sollte.

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Auswirkungen

 

Finanzielle Auswirkungen:

Die Umsetzung des Mobilitätspaketes für Neubürger in der angegebenen Weise erfordert Sachkosten in Höhe von circa 15.000 Euro pro Jahr.

Haushaltsmittel in dieser Höhe können für die Umsetzung im Jahr 2010 einmalig dem PSP-Element
4-120201-901-4 Kostenart 52910000 „Nahverkehrsplan“ entnommen werden. Das Projekt ist daher befristet auf 12 Monate. Eine Fortführung ist nur möglich, wenn entsprechende Mittel in den Haushalt 2011eingeplant werden.

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