Entscheidungsvorlage - FB 51/0122/WP16

Beschlussvorschlag:

1.       Der Kinder- und Jugendausschuss empfiehlt, dem Verein Familiäre Tagesbetreuung e.V. zur Erfüllung der durch die Stadt Aachen delegierten Aufgaben im Bereich der Kindertagespflege (Beratung, Vermittlung, Qualifizierung, Vernetzung etc.) sowie zur Sicherstellung des Schutzauftrags nach § 8a SGB VIII in 2012 zusätzlich  63.300,00 € und ab 2013 zusätzlich jährlich 76.800,00 Euro für die Dauer der abzuschließenden Leistungsvereinbarung zur Verfügung zu stellen und beauftragt die Verwaltung die erforderlichen Mittel für den Haushaltsentwurf 2012 ff anzumelden.

2.       Die Verwaltung wird beauftragt, die Leistungsvereinbarung entsprechend anzupassen.

3.       Die unter 1. aufgeführten Kosten für die Erhöhung der Festbetragsfinanzierung werden durch die Aufgabe des eigenen Aachener beitragsfreien Kindergartenjahres gedeckt (Vorlage FB51/0117/WP16).

Erläuterungen:

1.       Ausgangslage:

Die Stadt Aachen hat einen Großteil der Aufgaben im Bereich der Kindertagespflege an die Familiäre Tagesbetreuung e.V. delegiert.

In der Sitzung vom 30.10.2007 hat der KJA einstimmig die Verwaltung beauftragt, die Leistungsvereinbarungen zwischen der Stadt Aachen und dem Verein Familiäre Tagesbetreuung e.V. mit einer dreijährigen Laufzeit ab dem 01.01.2008 inklusive einer Öffnungsklausel für eine mögliche Anpassung ab 2009 abzuschließen.

Die daraufhin abgeschlossene Leistungsvereinbarung umfasst eine Leistungsbeschreibung, aus der die Tätigkeitsfelder und Aufgaben des Vereins hervorgehen.

Aufgaben sind demnach u. a.:

-          Beratung von Eltern und Kindertagespflegepersonen

-          Fachliche Begleitung der Kindertagespflegepersonen

-          Kontrollaufgaben

-          Vermittlung von Plätzen in Kindertagespflege

-          Durchführung von Qualifizierungen und Fortbildungen

-          Öffentlichkeitsarbeit

2.       Kommunaler Zuschuss

Auf Beschluss des Kinder- und Jugendausschusses wurden in den Leistungsvereinbarungen folgende Zuschüsse im Rahmen einer Festbetragsfinanzierung festgelegt:

2008                        79.000 €

2009                        98.300 €

ab 2010                            101.700 €

3.                     Geänderte Rahmenbedingungen für Kindertagespflege

In den letzten Jahren haben sich die Rahmenbedingungen für Kindertagespflege verändert. So ist zum Beispiel der Anspruch von Eltern und Kindertagespflegepersonen auf Beratung in allen Fragen der Kindertagespflege gesetzlich verankert (§ 23, Abs.4 SGV VIII). Die hohen Qualitätsanforderungen an die Kindertagesbetreuung werden auch in den gesetzlichen Vorgaben des § 22 SGV VIII deutlich. Hier muss der Verein dafür Sorge tragen, dass diese Anforderungen erfüllt werden, indem er die Kindertagespflegepersonen entsprechend berät, qualifiziert, fortbildet und auch kontrolliert.

Die Kindertagespflege wird zu einer gleichrangigen Betreuungsform neben den Kindertageseinrichtungen.

Durch veränderte Regelungen ist z.B. der erforderliche Qualifizierungsumfang von Kindertagespflegepersonen, die bis zu drei Kinder betreuen wollen, von 60 auf 80 Unterrichtseinheiten gestiegen. Zur Betreuung von bis zu fünf Kindern müssen in Aachen 160 Unterrichtseinheiten absolviert werden.

Folge dieser gestiegenen Anforderung war, dass zahlreiche Kindertagespflegepersonen nachqualifiziert werden mussten. Ein Teil der zu diesem Zeitpunkt tätigen Personen hat die Betreuung aufgrund der Notwendigkeit zur weiteren Qualifizierung beendet, so dass Qualifizierungen neuer Kindertagespflegepersonen durchgeführt werden mussten. Dadurch konnte das Platzangebot in der Kindertagespflege aufrecht erhalten und der Ausbau auf aktuell 400 Plätze durchgeführt werden.

Die gestiegenen Qualitätsstandards für Kindertagepflege in der Stadt Aachen zeigen sich nicht nur in den oben beschriebenen veränderten Anforderungen an die Qualifizierungen der Kindertagespflegepersonen, sondern auch in dem qualitativen Ausbau der Kontrollen, wie z.B. regelmäßige Hausbesuche in den Räumlichkeiten, in denen Kindertagespflege angeboten wird. Der hohe Qualitätsstandard (für Qualifizierungen sowie bei Hausbesuchen) ist vor allem vor dem Hintergrund wichtig, dass ein Großteil der Kinder, die in Kindertagespflege betreut werden, im Alter von ein oder zwei Jahren ist. Der Qualitätsstandard erfordert gleichzeitig den Einsatz hoher Zeitressourcen.

Der Fallzahlenschlüssel für die aktuelle Personalsituation (3.25 Stellen inklusive der durch ESF-Mittel mitfinanzierten Stelle) liegt bei 1:123. Dies würde bei angenommenen 400 Plätzen in der Kindertagespflege und einem Personalschlüssel von 2,25 Stellen (bei Wegfall der zurzeit über das ESF-Förderprogramm mitfinanzierten Stelle) einen Fallzahlenschlüssel von 1:177 bedeuten.

Durch den Landesverband für Kindertagespflege ist zur Wahrnehmung der erforderlichen Aufgaben ein Schlüssel von 1:60 bis 1:80 empfohlen.

4.       Antrag des Vereins für Tagespflege

Zur Annäherung an den empfohlenen Fallzahlenschlüssel beantragt (siehe Anlage) der Verein neben der Übernahme der Finanzierung der Verwaltungsstelle (ab dem 01.04.2012), die Finanzierung einer zusätzlichen pädagogischen Fachkraftstelle mit einem Stundenumfang von 30 Wochenstunden.

Mit der dann vorliegenden Personalsituation (4.0 Stellen) könnte ein Fallzahlenschlüssel von 1:100 (bei 400 Plätzen) erreicht werden. (Empfehlung des Landesverbandes Kindertagespflege 1:60 – 1:80)

5.       Aktuelle Finanzierung des Vereins:

Personalausgaben (nach Angaben des Vereins Familiäre Tagesbetreuung e.V.):

Übersicht Gesamtfinanzierung (nach Angaben des Vereins Familiäre Tagesbetreuung e.V.):

Bei der Gegenüberstellung wird ersichtlich, dass ohne die ESF-Förderung bereits die Fixkosten nicht durch Einnahmen gedeckt werden können. Finanzielle Mittel für Qualifizierungsmaßnahmen von Kindertagespflegepersonen, Öffentlichkeitsarbeit, Fortbildungen der MitarbeiterInnen des Vereins sind nicht verfügbar.

Folge für den Verein ist, dass die zurzeit über ESF Mittel teilgeförderte Personalstelle zukünftig wegfallen müsste.
 

6.       Empfehlung der Fachverwaltung

Die Beibehaltung des aktuellen Zuschusses mit der Folge einer Reduzierung des Personals würde bedeuten, dass lediglich eine rudimentäre Erfüllung der Aufgaben durch den Verein möglich wäre. Der Qualitätsstandard könnte nicht mehr aufrechterhalten werden. Kontrollen, Beratungen, Qualifizierungen sowie Fortbildungen wären unzureichend. Hierdurch würde auch die Erfüllung des Schutzauftrages (bei Kindswohlgefährdung) gem. § 8a SGB VIII nicht mehr im erforderlichen Maße möglich sein.

Der Verein nimmt diesen Schutzauftrag im Bereich der Kindertagespflege in Abstimmung mit der Stadt Aachen wahr und hat ihn entsprechend sicherzustellen.

Mit Einführung einer Satzung für die Kindertagespflege ist mit einer höheren Beratungsintensität sowohl der Eltern als auch der Kindertagespflegepersonen zu rechnen. Ebenso wird die Nachfrage im Bereich von Plätzen in Kindertagespflege steigen.

Es ist damit zu rechnen, dass bei Einführung der Satzung in kurzer Zeit alle angebotenen Plätze in Kindertagespflege aufgrund der verbesserten finanziellen Rahmenbedingungen für die Eltern belegt sein werden.

Dies wirkt sich unmittelbar auf den Aufgabenaufwand des Vereins aus.

Mit Erreichen der 400 Plätze in Kindertagespflege, die in Anspruch genommen werden, werden die Aufgaben der Vernetzung der Kindertagespflegepersonen, die Organisation von Vertretungsregelungen, der Koordinierungsaufwand, Beratungen von Kindertagespflegepersonen aber auch Eltern etc. aufgrund weiterer neuer rechtlicher Regelungen wichtiger werden und auch in ihrem Umfang zunehmen.

Aufgrund der Bedeutung der Kindertagespflege beim qualitativen U3-Ausbau und zur Sicherstellung der Erfüllung des Schutzauftrages (bei Kindeswohlgefährdung) gem. § 8a SGB VIII ist die beantragte Förderung aus Sicht der Fachverwaltung zwingend geboten.

7.       Finanzielle Auswirkungen für die Stadt Aachen:

*                            durch Wegfall der Kofinanzierung einer Stelle aus dem ESF-Förderprogramm zum               01.04.2012,               sowie Personalkosten für eine weitere pädagogische Fachkraft (30 Std/Woche)

**               höhere Kosten als in 2012 durch die Übernahme der Kosten für die nicht mehr kofinanzierten               Stelle für das volle Haushaltsjahr (ab dem 01.01.2013)

8.       Deckungsvorschlag:

Die Deckung für die Mehrkosten in Höhe von 63.300,00 € in 2012 und ab 2013 76.800,00 € im Rahmen der Festbetragsfinanzierung für den Verein Familiäre Tagesbetreuung e.V. erfolgt aus den Mitteln, die bei der Aufgabe des eigenen beitragsfreien Kitajahres zum 01.08.2012 frei werden (vgl. Vorlage FB51/0117/WP16).

9. Leistungsvereinbarung

              Die Verwaltung wird die Anpassung der Leistungsvereinbarungen auf der Basis des Beschlusses des               Kinder- und ugendausschusses vornehmen und dem Ausschuss anschließend berichten.

              Die Familiäre Tagesbetreuung weist in ihrem Antrag darauf hin, dass für die Jahre 2013 sowie 2014               gesonderte Anträge gestellt werden.

              Im Hinblick auf eine mittelfristige Finanzplanung führt die Verwaltung die Folgekosten auch für die               Jahre 2013 und 2014 auf, da es sich bei den Aufgaben, die der Verein für die Stadt Aachen               wahrnimmt, um dauerhafte Aufgaben handelt und die zusätzlichen Personalkosten aus diesem Grund               auch für die kommenden Jahre eingeplant werden müssen.

* Ansatz = Zuschuss gemäß Leistungsvereinbarung