Empfehlungsvorlage (inaktiv) - FB 51/0123/WP16
Grunddaten
- Betreff:
-
3. Bericht über die Fallzahlen- und Kostenentwicklung im Bereich der Hilfen zur Erziehung und Maßnahmen nach § 35 a SGB VIII für das Haushaltsjahr 2011 (01.01.-15.08.2011)
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Empfehlungsvorlage (inaktiv)
- Federführend:
- FB 45 - Fachbereich Kinder, Jugend und Schule
- Verfasst von:
- FB 45/300; FB 45/600 ; FB 45/600
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Kinder- und Jugendausschuss
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Anhörung/Empfehlung
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20.09.2011
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Erledigt
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Finanzausschuss
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Anhörung/Empfehlung
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11.10.2011
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Erledigt
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Rat der Stadt Aachen
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Entscheidung
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12.10.2011
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Beschlussvorschlag
Beschlussvorschlag:
Der Kinder- und Jugendausschuss nimmt die Ausführungen zur Kenntnis und empfiehlt dem Finanzausschuss und dem Rat der Stadt, im Bereich der Hilfen zur Erziehung überplanmäßige Mittel in Höhe von 3,4 Mio Euro in Ergebnis- und Finanzrechnung wie folgt bereitzustellen:
PSP-Element 1-060301-900-6 Hilfen für junge Menschen und ihre Familien
Sachkonto 53320000 bzw. 73320000 Leistungen der Sozialhilfe an natürliche Personen in Einrichtungen.
Der Finanzausschuss nimmt die Ausführungen zur Kenntnis und empfiehlt dem Rat der Stadt, im Bereich der Hilfen zur Erziehung überplanmäßige Mittel in Höhe von 3,4 Mio Euro in Ergebnis- und Finanzrechnung wie folgt bereitzustellen:
PSP-Element 1-060301-900-6 Hilfen für junge Menschen und ihre Familien
Sachkonto 53320000 bzw. 73320000 Leistungen der Sozialhilfe an natürliche Personen in Einrichtungen.
Der Rat der Stadt beschließt, im Bereich der Hilfen zur Erziehung überplanmäßige Mittel in Höhe von 3,4 Mio Euro in Ergebnis- und Finanzrechnung wie folgt bereitzustellen:
PSP-Element 1-060301-900-6 Hilfen für junge Menschen und ihre Familien
Sachkonto 53320000 bzw. 73320000 Leistungen der Sozialhilfe an natürliche Personen in Einrichtungen.
Erläuterungen
Erläuterungen:
1. Voraussichtliche Ausgabenentwicklung 2011
Die Verwaltung hat die beigefügten dezidierten Anlagen zu der Fallzahlen- und Kostenentwicklung mit Stand 15.08.2011 erstellt.
Die Vormerkungssumme für das gesamte Jahr 2011 hat sich im Vergleich zum II. Quartalsbericht 2011 auf insgesamt rd. 34,3 Mio Euro erhöht.
Ausgehend von der bekannten Realisierungsquote von 95 % (Erfahrungswert der Vorjahre) ergibt sich eine Kostensumme von rd. 32,9 Mio .
Im Vergleich zu den eingeplanten Haushaltsmitteln entsteht hierdurch ein Fehlbetrag in Höhe von 3,4 Mio .
Die Bereitstellung überplanmäßiger Haushaltsmittel ist unumgänglich. In der Finanzrechnung tritt der Bedarf im IV. Quartal 2011 auf, in der Ergebnisrechnung zum Teil im Dezember 2011, insbesondere jedoch bei der Rechnungsabwicklung für 2011 zu Beginn des Jahres 2012.
Die Verwaltung kann für die o. a. Mehrausgaben Deckung in Höhe von 2,38 Mio Euro anbieten.
Davon entfallen 500.000 auf den Bereich der Kostenerstattung für jugendliche Wanderer, wobei ausgehend von der Fallzahlenentwicklung prognostiziert wird, dass sich diese Summe durchaus erhöht.
Ausgehend von oben gemachten Angaben beträgt daher die Nettobelastung für das Haushaltsjahr 2011 1.020.000 Euro.
2. Ursachen der Ausgabenentwicklung:
2.1 Kontinuierlich steigende Fallzahlen seit 2009
In 2009 lag die Gesamtzahl der bearbeiteten Fälle bei 2626.
In 2010 bewegte sich die Zahl bei 2745 bearbeiteten Fällen und
in 2011 liegt sie bereits zum 15.08. bei 2491 bearbeiteten Fällen; hochgerechnet wird von 2850 zu bearbeitenden Fällen ausgegangen.
2.2 Anstieg der Kindeswohlgefährdungsmeldungen
Bis zum 15.08.2011 wurden bereits 626 Meldungen registriert. Hochgerechnet für das gesamte Jahr 2011 läge die Gesamtzahl in diesem Jahr bei 1.000 Meldungen.
Die Statistik wird seit Mitte 2005 geführt. Der bisher erreichte Höchstwert von 890 Meldungen im Jahr wurde 2008 registriert.
Neben den eingehenden Meldungen von Institutionen jedweder Art, den familiären oder dem nachbarschaftlichen Umfeld ist die Zahl eingehender Polizeiberichte über häusliche Gewalt, Unterversorgung bzw. Nichtversorgung von Kleinst- und Kleinkindern, ebenso gestiegen.
2.3 Inobhutnahmen von aufgegriffenen Kindern
Bis zum 15.08.2011 wurden insgesamt 123 Kinder und Jugendliche als Schutzmaßnahme in Obhut genommen.
Hiervon waren insgesamt 92 Personen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, deren Unterbringungskosten nach Bestimmung eines überörtlichen Trägers an die Stadt Aachen zu einem späteren Zeitpunkt erstattet werden.
Nach den bisherigen Erfahrungen sind bisher insgesamt 35 minderjährige Flüchtlinge in Aachen verortet und werden im Rahmen einer Vormundschaft durch den FB 45 betreut.
2.4 Anstieg der Unterbringung in Mutter-Kind-Gruppen und die damit verbundene Anzahl betroffener Kinder
Wurden bis zum vergangenen Jahr noch Mütter mit einem Kind stationär untergebracht, so ist die Anzahl der Mütter mit mehreren Kleinstkindern, die die o. g. Hilfeform in Anspruch nehmen müssen, gestiegen.
Es handelt sich um junge Mütter, die über keinerlei bzw. wenig Ressource im Umgang mit ihren Kindern verfügen, keine bzw. selten über intakte eigene Elternhäuser verfügen, in denen sie in ihre Elternrolle hineinwachsen können.
2.5 Unterbringung in geschlossenen Einrichtungen
Seit 2010 mit Fortsetzung in 2011 liegt die Zahl der Unterbringungen in geschlossenen Einrichtungen zwischen 7 und 10 Maßnahmen.
Eine geschlossene Unterbringung wird durch den zuständigen Familienrichter nach vorheriger Antragstellung des Personensorgeberechtigten, dem Vorliegen einer fachärztlichen und jugendamtlichen Stellungnahme beschlossen; dies wenn Eigen- oder Fremdgefährdung des betroffenen Kindes oder Jugendlichen vorliegt. Die Kosten pro Maßnahme belaufen sich in der Regel zwischen 320 Euro und 400 Euro Tagessatz plus Nebenkosten. Die Unterbringungsbeschlüsse lauten zwischen minimal sechs Wochen und einem Jahr, wobei der längere Zeitraum eher zur Regel wird.
Trotz der oben beschriebenen Fallzahlentwicklung sowohl in 2010 wie auch in 2011 ist die Verteilung der angebotenen Hilfen ambulant/stationär in einem weiterhin ausgewogenen Verhältnis.
Das in der Stadt Aachen seit 2003 verankerte Prinzip "Ambulant vor Stationär" hat weiterhin seine Gültigkeit. Es werden doppelt so viele ambulante Hilfen zur Erziehung wie stationäre Maßnahmen durchgeführt! Wobei die Unterbringung in Vollzeitpflege hiervon ausgenommen ist.
3. Maßnahmen zur Gegensteuerung der Ausgabenentwicklung
3.1 KJA Beschluss 22.06.2010 - Ausweitung des Maßnahmenkatalogs -
Der Kinder- und Jugendausschuss hatte in seiner Sitzung am 22.06.2010 Maßnahmen zur Kostenstabilisierung beschlossen.
? Neue Hilfen zur Erziehung konsequent zum 01. eines Monats einzurichten. Ausnahme hiervon bilden Hilfen, die zur ausschließlichen Abwehrung von Kindeswohlgefährdung unverzüglich eingerichtet werden müssen.
? Weiterqualifizierung der Vorbereitungsbögen bei Einrichtung von Hilfen zur Erziehung; hier verpflichtende Abfrage zur Inanspruchnahme der vorhandenen Präventions- und Gruppenangebote. Durch diese Form der systematischen Abfrage wird die Vorschaltung und der Einsatz von kostengünstigen Maßnahmen forciert.
? Umstellung der sozialpädagogischen Familienhilfen von ausschließlicher Einzelarbeit mit den Familien hin zu einem integrierten Arbeitsansatz unter Hinzuziehung von sozialpädagogischen Gruppenangeboten, die sich minimierend auf die Gesamtstundenzahl der genehmigten Hilfe auswirkt.
Diese Maßnahmen wurden zwischenzeitlich umgesetzt, jedoch durch die Fallzahlensteigerung sowie oben genannte weder vorhersehbare noch steuerbare Entwicklung neutralisiert.
Darüber hinaus hat der KJA in seiner Sitzung am 17.05.2011 weitergehende Maßnahmen zur Kostenstabilisierung beschlossen:
? Einstellung der pauschal finanzierten Motopädieleistungen an der Förderschule für Emotionale Entwicklung in Walheim ab 2012.
? Überprüfung der 2003 beschlossenen Standards der Fachleistungsstunden im Bereich der Hilfen zur Erziehung. Dem zugrunde liegt der Vorschlag der Fachverwaltung, Einsparungen zu erzielen, in dem der verankerte Verwaltungs- und Leitungsanteil von derzeit 20% der Fachleistungsstundenkosten auf 10% reduziert werden könnte.
Das Ergebnis soll dem KJA in seiner Oktobersitzung 2011 vorgestellt werden.
Die o. g. Einsparungen sind Teil des Konsolidierungsbeitrages des FB 45 beginnend ab 2012.
3.2 Aufstockung der Stellen in den Sozialraumteams
Durch Beschluss des Stadtrates im Herbst 2010 sowie April 2011 wird der Sachbearbeiterbestand in den Sozialraumteams um insgesamt 18,5 Vollzeitstellen aufgestockt. Hier wurde der Fallzahlenentwicklung der vergangenen Jahre im gesamten Leistungsspektrum der Sozialraumteams Rechnung getragen.
Bis zum 01.09.2011 sind 10 von insgesamt 18,5 genehmigten Vollzeitstellen besetzt.
Es ist davon auszugehen, dass zum Winter 2011 die erforderlichen Personaleinstellungen erfolgt sind.
3.3 Beschaffung einer geeigneten Fachsoftware
Die bisher verwendete Fachsoftware ist der Zusammenschluss unterschiedlicher Datenbanken, die bisher die Grundlage zur Ermittlung der erforderlichen Daten darstellt. Dieses System wurde in der Vergangenheit nicht weiterentwickelt, da seit 2005/2006 die Einführung einer adäquaten Fachsoftware für den Sozialen Dienst in Zusammenarbeit mit FB 11 und der RegioIT im Gespräch steht.
Trotz erheblicher Bemühungen aller Beteiligten ist diese Einführung wegen technischer Mängel der damals in Frage kommenden Software nicht zum Tragen gekommen.
Zzt. erfolgt gemeinsam mit dem FB 11 und der RegioIT die Auswahl einer geeigneten Fachsoftware u. a. für die Sozialraumteams und die wirtschaftliche Jugendhilfe. Bereits Mitte November diesen Jahres wird mit einem entsprechenden Testlauf begonnen.
Sollte der angedachte Fahrplan umzusetzen sein, ist damit zu rechnen, dass der sozialpädagogische Teil der Software ab Frühjahr 2012 in den Echtbetrieb gehen kann.
Hierdurch wird sich die Gesamtsteuerung wesentlich qualifizieren; auf Entwicklungen lässt sich einhergehend mit der engmaschigen fallbezogenen Hilfeplanung adäquater reagieren.
3.4 Prüfung durch das Rechnungsprüfungsamt
Im Zeitraum 01.05. bis 30.06.2011 hat das Rechnungsprüfungsamt die Arbeitsabläufe im Bereich der Hilfen zur Erziehung geprüft. Hierzu wird auf den Prüfbericht des RPA, der der Einladung beigefügt ist, verwiesen.
3.5 Konzept zur Prävention von Kriminalität im Kinder- und Jugendalter
Der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen hat ein Konzept zur Prävention von Kriminalität im Kinder- und Jugendalter mit dem Ziel der Vermeidung eines dauerhaften Abgleitens gefährdeter Kinder und Jugendlicher in die Kriminalität aufgelegt.
Der Landtag hat dieses Konzept einvernehmlich verabschiedet.
In Kooperation von Polizeibehörde und kommunaler Jugendhilfe sollen für die Dauer von zunächst zwei Jahren adäquate Angebote für strafunmündige Täter und deren Familien entwickelt und durchgeführt werden. Dies soll im Rahmen eines Baukastensystems aus dem Bereich der Hilfen zur Erziehung realisiert werden.
Für das Projekt stehen der Polizeibehörde Aachen für die Städteregion im Jahr 2011 nach jetzigem Kenntnisstand 250.000 Euro und für 2012 voraussichtlich 1 Mio. Euro zur Verfügung. Neben der Stadt Aachen sind die Kommunen Alsdorf, Eschweiler und Stolberg beteiligt.
Das Projekt wird ab September 2011 starten und kann bis zu 80 % der anfallenden Hilfekosten pro strafunmündigem Täter refinanzieren. Für die Stadt Aachen könnte sich dieser Anteil bei rd. 200.000 Euro bewegen.
Vor dem Hintergrund der noch vorhandenen Unwägbarkeiten wurde o. g. Summe im Vorblatt Finanzielle Auswirkungen 2011 und 2012 ff. nicht berücksichtigt.
4. Schlussfolgerung
Trotz der getroffenen Maßnahmen zur Gegensteuerung der Ausgabenentwicklung sind die gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen nicht aufzuhalten. Mit o. g. Maßnahmen ist es nur in einem gewissen Rahmen möglich, dem entgegen zu steuern.
Alleine die Entwicklung im Bereich der minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge - noch im Dezember 2010 ist die Fachverwaltung davon ausgegangen, dass pro Jahr 5 bis 10 junge Menschen dauerhaft in Aachen verleiben - spricht für sich.
Das RPA kommt in seinem Bericht zu dem Ergebnis, dass sich die durchschnittlichen Fallkosten pro Monat bei den Hilfen für jungen Menschen wie folgt darstellen:
2005 | 2006 | 2007 | 2008 | 2009 | 2010 (Schätzung) |
1.626,00 | 1.617,00 | 1.522,00 | 1.566,00 | 1.538,00 | 1.545,00 |
Wie zu ersehen, sind die durchschnittlichen Fallkosten in den zurückliegenden Jahren tendenziell rückläufig.
Vor diesem Hintergrund ist es eindeutig, dass die Mehrbedarfe sich ausschließlich auf die Fallzahlenerhöhungen in den letzten Jahren begründen.
Auswirkungen
finanzielle Auswirkungen
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investive Auswirkungen | Ansatz 2011 | fortgeschriebener Ansatz 2011 | Ansatz 20xx ff. | fortgeschriebener Ansatz 20xx ff. | Gesamt- bedarf (alt) | Gesamt- bedarf (neu) |
Einzahlungen |
|
| 0 | 0 | 0 | 0 |
Auszahlungen |
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| 0 | 0 | 0 | 0 |
Ergebnis | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
+ Verbesserung / -Verschlechterung | 0 | 0 |
| |||
| Deckung ist gegeben / keine ausreichende Deckung vorhanden | Deckung ist gegeben / keine ausreichende Deckung vorhanden | ||||
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konsumtive Auswirkungen | Ansatz 2011 | fortgeschriebener Ansatz 2011 | Ansatz 2012 | fortgeschriebener Ansatz 2012. | Folgekosten | Folgekosten |
Ertrag
Gesamtsumme davon Kostenerstattung davon jugendliche Wanderer
| 3.256.800 1.364.600 250.000 | 3.756.800 1.864.600 750.000 | 12.020.400 4.843.800 1.500.000 | 15.020.400 7.834.800 4.500.000 | 0 | 0 |
Personal-/Sachaufwand | 29.503.000 | 32.903.000 | 92.859.000 | 99.913.700 ./. 396.000 99.517.900 ** | 0 | 0 |
Abschreibungen | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Ergebnis | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
+ Verbesserung / -Verschlechterung | -2.900.000 * | - 3.658.700 ** |
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| keine ausreichende Deckung vorhanden | keine ausreichende Deckung vorhanden |
*Darin sind schon die Mehrerträge aus Kostenerstattungen in Höhe von 500.000 eingerechnet. An Deckung kann FB 45 darüber hinaus Mehrerträge/Wenigeraufwendungen von weiteren 1,880 Mio. für 2011 anbieten.
Die Nettobelastung für das Haushaltsjahr 2011 beträgt somit noch 1.020.000 Euro.
** Für 2012 ff. sind die erhöhten Ansätze angemeldet!
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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1
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öffentlich
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206,6 kB
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2
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37,7 kB
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3
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öffentlich
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37,5 kB
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4
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öffentlich
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34,7 kB
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5
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35,9 kB
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