Empfehlungsvorlage (inaktiv) - E 42/0036/WP16
Grunddaten
- Betreff:
-
Lokaler Aktionsplan gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus im Rahmen des Bundesprogramms „TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) Volkshochschule Aachen
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Empfehlungsvorlage (inaktiv)
- Federführend:
- E 42 - Volkshochschule
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
---|---|---|---|---|
●
Erledigt
|
|
Betriebsausschuss Theater und VHS
|
Anhörung/Empfehlung
|
|
|
15.12.2011
| |||
●
Erledigt
|
|
Rat der Stadt Aachen
|
Entscheidung
|
|
|
25.01.2012
|
Beschlussvorschlag
Beschlussvorschlag:
1. Der Betriebsausschuss Theater und Volkshochschule nimmt den Bericht zustimmend zur Kenntnis und empfiehlt dem Rat der Stadt, die Volkshochschule Aachen mit der Weiterentwicklung des Lokalen Aktionsplans zu beauftragen.
2. Der Rat der Stadt Aachen nimmt den Bericht zustimmend zur Kenntnis und beschließt auf Empfehlung des Betriebsausschusses Theater und Volkshochschule, die Volkshochschule mit der Weiterentwicklung des Lokalen Aktionsplans zu beauftragen.
Erläuterungen
Erläuterungen:
Ausgangslage:
Laut Verfassungsschutzberichten 2007-2009 hat sich neben Dortmund der Raum Aachen in den vergangenen Jahren zu einem Schwerpunkt der Aktivitäten neonazistischer Gruppen und der NPD in Nordrhein-Westfalen entwickelt. Die 2001 gegründete Kameradschaft Aachener Land (KAL) ist eine der aktivsten freien Kameradschaften im Bundesland. Die überwiegend jugendlichen Anhänger und Aktivisten der Gruppe leben in Aachen, aber auch in der angrenzenden Region Aachen und benachbarten Kreisen. Die Organisation ist mit anderen neo-nazistischen Gruppen vernetzt und kooperiert teilweise eng mit der NPD. Aufgrund der geographische Lage unterhält die KAL Kontakte zu rechtsextremen Organisationen in Belgien und den Niederlanden. Während die Wahlergebnisse rechtsextremer Parteien in der Stadt Aachen regelmäßig unter dem Landesdurchschnitt liegen, bietet sich in den benachbarten Städten und Kommunen ein anderes Bild: Die NPD zog bei den Kommunalwahlen 2009 in sechs kommunale Vertretungen der Region ein. Alsdorf (Städteregion Aachen) ist eine der letzten Hochburgen der Republikaner. Dort ist die Partei in Fraktionsstärke im Rat vertreten.
Über die etablierten NPD-Strukturen im Aachener Umland werden auch die rechtsextremen Aktivitäten in der Stadt Aachen unterstützt. Weil in Aachen rechtsextreme Parteien bislang keinen kommunalpolitischen Einfluss gewinnen konnten, verfolgen die Neonazis im Stadtgebiet den von ihnen postulierten Kampf um die Straße. In diesem Kontext fanden zwischen November 2008 und September 2010 in Aachen vier rechts-extreme Aufzüge statt, die von örtlichen Aktivisten in Kooperation mit Neonazi-Gruppen aus dem Aachener Umland organisiert wurden. Das Ansinnen, im vorparlamentarischen Raum Einfluss zu gewinnen, äußert sich auch in einer starken Zunahme von Propagandadelikten, etwa in Form von rechten Schmierereien, im Stadtgebiet. Zudem sind Rechtsextreme verstärkt dazu übergegangen, tatsächliche und vermeintliche politische Gegner gezielt anzugreifen. Mutmaßliche Neonazis haben wiederholt die Büros demokratischer Parteien und die Wohnungen engagierter Bürger beschädigt und versucht, Besucher eines alternativen Kulturzentrums zu attackieren. Eine neue Qualität dieser Aktivitäten wurde im Herbst 2010 bekannt, als zwei Aachener Neonazis verhaftet wurden, denen die Vorbereitung eines Sprengstoffanschlag in Berlin zur Last gelegt wurde. Das Landgericht Aachen hat die Täter im Februar 2011 zu Bewährungsstrafen verurteilt.
Maßnahme:
Das Bundesprogramm TOLERANZ FÖRDERN KOMPETENZ STÄRKEN des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) führt die erfolgreiche Arbeit der beiden Bundesprogramme VIELFALT TUT GUT. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie und kompetent. für Demokratie Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus unter einem gemeinsamen Dach fort. Es zielt darauf ab, ziviles Engagement, demokratisches Verhalten und den Einsatz für Vielfalt und Toleranz zu fördern. Angesprochen werden sollen weite Kreise der Bevölkerung, besonders Kinder und Jugendliche, aber auch Eltern, Pädagoginnen und Pädagogen, lokal einflussreiche staatliche und zivilgesellschaftliche Akteure sowie Multiplikatorinnen und Multiplikatoren.
Im Rahmen des Bundesprogramms TOLERANZ FÖRDERN KOMPETENZ STÄRKEN wird in Aachen die Entwicklung, Implementierung und Umsetzung eines Lokalen Aktionsplans gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus (LAP) in kommunaler Verantwortung zur Stärkung der Demokratieentwicklung vor Ort gefördert.
Die Volkshochschule nimmt die Aufgabe der Internen Koordinationsstelle wahr und ist für die Gesamtdurchführung verantwortlich. Die in den Projektleitlinien vorgesehene Externe Koordinationsstelle, die eng mit der Volkshochschule Aachen verzahnt arbeitet, ist von "Arbeit und Leben - DGB/VHS NRW e.V." eingerichtet worden.
Lokale Aktionspläne sind konkrete, vor Ort ausgearbeitete und umgesetzte Konzepte, die Vielfalt, Toleranz und Demokratie vor allem unter den jugendlichen Einwohnerinnen und Einwohnern stärken sollen. Hierzu arbeiten die Kommune und lokale Akteurinnen und Akteure der Zivilgesellschaft - von den Kirchen über Vereine und Verbände bis hin zu engagierten Bürgerinnen, Bürgern und Jugendlichen - eng zusammen. Sie entwickeln gemeinsam eine Strategie gegen rechtsextreme, fremdenfeindliche und antisemitische Tendenzen vor Ort und setzen diese in Aktionen und Projekte um. Dieses dichte Netzwerk der demokratischen Kräfte verhindert, dass sich beispielsweise gefährliches Gedankengut unter Kindern und Jugendlichen in der Region ausbreiten kann.
Thematische Säulen des LAP Aachen sind:
· Stärkung der demokratischen politischen Kultur
· Prävention durch politische Bildung und Politikberatung
· Aneignung demokratischer kultureller und geschichtlicher Identität
Der LAP Aachen wird auf Grundlage einer spezifischen Analyse der Problemlagen in Aachen unter Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft und kommunaler Stellen entwickelt und jährlich fortgeschrieben.
Im Rahmen von "TOLERANZ FÖRDERN KOMPETENZ STÄRKEN" stellt das BMFSFJ der Stadt Aachen für das Jahr 2012 Finanzmittel in Höhe von 90.000 zur Verfügung. Damit werden Projekte und Aktionen zu den thematischen Schwerpunkten des LAP Aachen gefördert. Mit diesen werden die im LAP formulierten Ziele umgesetzt. Solche Vorhaben können zum Beispiel Aktionstage, Forschungs- und Schulprojekte, die Entwicklung von pädagogischen Materialen oder Kulturprojekte wie Theater oder Musicals sein.
Als Träger von Einzelprojekten kommen grundsätzlich gemeinnützige, nichtstaatliche Organisationen in Betracht, die die fachlichen Voraussetzungen für das geplante Projekt erfüllen sowie über Erfahrung in der Thematik des Bundesprogramms verfügen.
Die Koordinierungsstelle steht als Ansprechpartner für interessierte Projektträger zur Verfügung. Sie berät und begleitet bei der Antragsstellung und unterstützt bei Bedarf die Öffentlichkeitsarbeit für Einzelprojekte.
Die Empfehlung über eine Förderung von Einzelprojekten wird 2012 durch den Begleitausschuss (BA) des LAP Aachen getroffen und anschließend vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben geprüft und ggf. freigegeben. Der BA ist nach den Projektrichtlinien des BMFSFJ vorgeschrieben.
Der BA setzt sich zusammen aus Vertreter/innen von Politik und Verwaltung sowie Zivilgesellschaft und Wissenschaft:
- Fraktionen im Rat der Stadt Aachen
- CDU
- SPD
- Grüne
- FDP
- Linke
- Stabsstelle Integration des Fachbereichs Soziales und Integration,
- Fachbereich Kinder, Jugend und Schule,
- Mitarbeiter der internen und externen Koordinationsstellen,
- Katholische Kirche,
- Evangelische Kirchengemeinde Aachen,
- Jüdische Gemeinde,
- Islamische Gemeinde DITIB,
- Bilal Moschee,
- MigrAix,
- Flüchtlingsrat,
- DGB Region NRW Süd-Ost,
- Aachener Friedenspreis,
- Netzwerk Aachener Schulen gegen Gewalt und Rassismus,
- Institut für Politische Wissenschaft der RWTH Aachen.
Aufgaben und Besetzung des Begleitausschusses wurden in einem Entwicklungsworkshop am 22.09.2011 und auf der Sitzung des Runden Tisches gegen Rechtsextremismus am 13.10.2011 mit VertreterInnen aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft vorgestellt.