Entscheidungsvorlage - FB 61/0630/WP16

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Der Planungsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zustimmend zur Kenntnis und beschließt, die Maßnahmen im ehemaligen Pfalzbezirk entsprechend der Ausführungen in der Vorlage weiter zu verfolgen bzw. umzusetzen.

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Erläuterungen

Erläuterungen:

 

Zur Vorgeschichte wird auf die jüngste Vorlage (Nr. FB61/0605/WP16 „Barrierefreiheit rund um das Weltkulturerbe Aachener Dom“), die im Bürgerforum am 7.2.2012 ausführlich behandelt wurde, verwiesen.

Das Bürgerforum empfiehlt der Verwaltung, die Richtlinien für barrierefreies Bauen in die Ausschreibungen für zukünftige Baumaßnahmen und Wettbewerbe aufzunehmen. Damit wird die Barrierefreiheit frühzeitig als Planungsaufgabe verankert.

 

Die Kommission Barrierefreies Bauen hat in den letzten Monaten in verschiedenen Zusammenhängen Ihre Forderungen, Wünsche und Stellungnahmen zur Freiraumgestaltung Welterbe, aber auch zu allgemein zu beachtenden Themen geäußert.

Im Folgenden sind die zentralen Standpunkte der Kommission aufgelistet und jeweils mit Stellungnahme und Lösungsvorschlag der Verwaltung versehen.

Da es sich bei der Kommission Barrierefreies Bauen um ein beratendes und empfehlendes Gremium handelt, sollte nunmehr durch die Politik eine Entscheidung erfolgen.

 

 

Position Kommission Barrierefreies Bauen

Stellungnahme Verwaltung

Lösungsvorschlag Verwaltung

 

 

1

Forderung nach einem durchgängigen Leitsystem im gesamten Stadtgebiet („Aachener Standard“: jetzt bereits Verzicht auf Rippen- und Noppenplatten)

Auch die Verwaltung begrüßt die Anwendung gleicher Ausbaustandards im Stadtgebiet. Das mit der Kommission abgestimmte Leitsystem („Aachener Standard“) wird bereits bei Neubau- oder Umbaumaßnahmen im Stadtgebiet grundsätzlich angewandt.

In besonderen Bereichen ist es allerdings nicht angemessen. Bereits heute wird in weniger durch den Autoverkehr geprägten Bereichen, den Fußgängerzonen, der  „Aachener Standard“ abgewandelt.

In solchen besonderen Bereichen muss es möglich sein, dass es eine gestalterische Freiheit hinsichtlich Materialität und Ausprägung der Details auch weiterhin gibt.

Nichtsdestotrotz ist die Barrierefreiheit eine grundlegende Planungsaufgabe, die auch in solchen Bereichen dem Ort angemessen gelöst werden muss.

Für die kommenden Baumaßnahmen Ritter-Chorus-Straße und Johannes-Paul-II.-Straße wird in Anlehnung an den „Aachener Standard“ geprüft, inwiefern ein kontrastreicher Leitstreifen entlang der Gebäude mit Hilfe von Blaubasalt oder hellem Granit gebildet werden kann. (Der jeweilige Leuchtdichtekontrast wird durch ein externes Institut ermittelt.)

Das Grundmaterial „geschnittene Grauwacke“ wird u. a. auch auf Grund des positiven Votums (s. Punkt 2) der Kommission nicht in Frage gestellt.

2

geschnittenes Großpflaster wird begrüßt

 

Das geschnittene Großpflaster erfüllt verschiedenste Ansprüche (Barrierefreiheit, Belastbarkeit durch schwere Fahrzeuge, Verträglichkeit im historischen Umfeld, Wirtschaftlichkeit) und wurde daher für den Welterbebereich ausgewählt.

kein Handlungsbedarf

 

 

3

Taktiler Unterschied zu geschnittenem Großpflaster ist schwierig zu ertasten: Weder Plattenbelag noch Kleinpflasterstreifen wurden zuletzt in Ortsbegehungen akzeptiert.

Von Seiten der Kommission wurde zuletzt geäußert, dass ein Kleinpflasterstreifen vermutlich taktil zu erfassen sein müsste.

Die Erfahrbarkeit des taktilen Unterschieds zum geschnittenen Großpflaster hängt stark von dem Fugenanteil ab, mit dem das Pflaster gelegt wird. Die Belange innerhalb der Kommission widersprechen sich hier zum Teil. Zunächst wurde das Leitsystem vor dem Hintergrund entwickelt, dass nur ein Plattenbelag (am Katschhof aus Blausteinplatten) einen taktilen Kontrast bilden kann. Nach Fertigstellung wurde dieser nicht mehr akzeptiert. Mit der Zeit wird sich dieser Kontrast voraussichtlich verstärken, da sich das Pflaster noch setzen wird. Der Plattenbelag wurde in das Gestaltkonzept aufgenommen, so dass er optisch nicht stört.

Ob ein Kleinpflasterstreifen wirklich taktil zu erfassen sein wird, müsste an Hand der bereits gebauten Flächen am Katschhof geklärt werden.

Ohnehin ist entlang der Gebäude ein Kleinpflasterstreifen vorgesehen. Falls dieser nicht taktil erfahrbar sein sollte, ist aus Sicht der Verwaltung in diesem Bereich ausnahmsweise die Fassade als Leitelement geeignet. Dies widerspricht allerdings Aussage 5 (s.u.) der Kommission.

Die bereits als Leitstreifen umgesetzten bzw. geplanten Plattenbeläge bleiben bestehen.

Entlang der Hauswände wird ein dreizeiliger Kleinpflasterstreifen umgesetzt.

4

Forderung nach Leitelementen mit einem optischen Unterschied zum Grauwackegroßpflaster

Das Konzept der Leitelemente im Welterbebereich beruht auf der Annahme, dass Blaustein einen optischen Kontrast zu Grauwacke darstellt.

Nach einer Ortsbegehung unmittelbar nach Fertigstellung der Treppe revidierte die Kommission dies.

Die Verwaltung ist der Ansicht, dass sich die Kontraste zwischen den Materialien mit der Zeit verstärken werden (siehe Ursulinerstraße).

Leider lässt sich – anders als im Betonsteinsektor – der Helligkeitswert der Materialien im Natursteinbereich nicht in Ausschreibungen zufriedenstellend sichern. Abweichungen, wie auch in diesem Projekt, sind unvermeidbar.

Die Verwaltung prüft den Einsatz von kontrastreichen Natursteinmaterialien für die Kleinpflasterstreifen entlang der Gebäude (s. Punkt 1)

Der bereits gebaute und im Vorbereich des C.C. geplante Blausteinplattenbelag wird vor dem Hintergrund der Entwicklung von Patina beibehalten bzw. umgesetzt.

 

 

5

Hauswände und Regenrinnen werden nicht als Leitelemente akzeptiert

 

Grundsätzlich stellen Hauswände natürlich gegebene Leitelemente dar. Die einzige Schwierigkeit ist, wenn sie durch Hindernisse (Auslagen von Geschäften, Laternen, Schilder oder Einbauten wie Treppen etc.) unbenutzbar werden. Im Welterbebereich sind die Hauswände ausnahmsweise freigestellt und können daher als Leitelemente dienen. Bei der Planung wurde daher darauf geachtet, dass die Einbauten auch zukünftig mit deutlichem Abstand zur Fassade positioniert werden.

Gleichzeitig ist aber auch ein dreizeiliger Kleinpflasterstreifen entlang der Gebäude vorgesehen (s. a. Punkte 1,3,4).

Regenrinnen sollten grundsätzlich nicht gleichzeitig Leitelemente darstellen. In besonderen Fällen kann aber eine Ausnahme vertretbar sein. Dies ist in der Johannes-Paul-II.-Straße der Fall, da es sich bei der Wasser führenden Rinne um ein zusätzliches Leitelement (neben denen entlang der Hauswände), handelt. Zudem ist die Leitlinie in diesem Fall nur in Abschnitten Wasser führend.

kein Handlungsbedarf

6

An der Freitreppe am Katschhof fehlt die kontrastreiche Markierung der jeweils ersten/ letzten Stufe in den seitlichen Bereichen und an den ungleichen Tritthöhen; er sollte mit einem durchgehenden Streifen hergestellt werden

Von Seiten der Verwaltung wurde vorgeschlagen, weiße Granitpunkte (ca. 3 cm Durchmesser, Abstand ca. 10 cm) in den scharrierten Streifen der Stufen in einer Breite von ca. 1,50 m jeweils in der Antritts- und Endstufe sowie entlang der Rampe (ungleiche Tritthöhen) einzubringen. Hierdurch wird der optische Kontrast insbesondere bei regnerischem Wetter verbessert. Bei trockenem Wetter dürfte sich der vorhandene Kontrast auf Grund der Abnutzung des Blausteins mit der Zeit verstärken. Die Verwaltung schlägt daher vor, zunächst diesen Alterungsprozess für mindestens ein Jahr abzuwarten, bevor weitere Maßnahmen ergriffen werden.

Ein eingelassener Streifen, wie von der Kommission gefordert, birgt erhebliche Gefahren bzgl. eines Ausbrechens. Ein Aufbringen eines Klebe- oder Farbstreifens ist auf dem edlen Naturstein nicht angemessen und nicht dauerhaft haltbar.

Das nachträgliche Einbringen der Granitpunkte wird Kosten in Höhe von ca. 11.000 Euro hervorrufen.

erneute Prüfung im Frühjahr 2013

 

 

7

Treppenlifte wurden auf Grund der Kosteneinsparung gegenüber dem gläsernen Aufzug akzeptiert. Forderung nach Benutzbarkeit ausschließlich mit Euroschlüssel (Begrenzung des Nutzerkreises) und mit Begleitperson

Die Treppenlifte sind auch aus Sicht der Verwaltung nicht die optimale Lösung. Um aber eine Erreichbarkeit der Terrassenebene von beiden Seiten (Katschhof und Markt) zu ermöglichen und die Situation im Vergleich zum Vorzustand hinsichtlich der Barrierefreiheit zu verbessern, wurden sie eingeplant.

Die Beschränkung auf einen engen Benutzerkreis (Euroschlüssel) wurde zuerst von der Kommission gefordert. Diese Beschränkung ist sehr bedauerlich, weil sie anderen mobilitätseingeschränkten Personen, wie älteren Menschen, Personen mit Kinderwagen u.a., die Benutzung verwehrt.

Die Verwaltung verspricht sich aber ebenso wie die Kommission von dieser Beschränkung, dass die Lifte weniger wartungsanfällig sein werden und dadurch geringere Ausgaben gegenüber einer freien Benutzbarkeit entstehen werden.

Die Forderung nach der Benutzbarkeit mit einer Begleitperson wurde erst nach der Ausschreibung an die Verwaltung herangetragen. Die Verwaltung hält eine Umsetzung aber auch nicht für erforderlich, weil an beiden Treppenliften auf der Treppe ausreichend Platz eingeplant wurde, so dass eine Begleitperson dort neben dem Lift hergehen kann.

kein Handlungsbedarf

8

An der Rampe (Behinderteneingang Centre Charlemagne) fehlen Radabweiser und Handlauf

Auf Handlauf und Radabweiser wurde verzichtet, um Restriktionen auf dem Katschhof als Ort für unterschiedlichste Veranstaltungen zu vermeiden.

Die Nachrüstung eines Geländers mit Radabweiser würde Kosten in Höhe von ca. 3.000 Euro hervorrufen und bei starkem Besucherandrang eine Behinderung darstellen.

kein Handlungsbedarf

 

 

9

Behinderten-Toiletten werden im gesamten Stadtgebiet gefordert. 24-h-WC in Ritter-Chorus-Straße wird von daher begrüßt, kann aber nur Anfang sein.

Die Verwaltung schließt sich dieser Einschätzung an. Allerdings ist die Einflussmöglichkeit der Stadt bei der Einrichtung von Behindertentoiletten im Stadtgebiet begrenzt.

In der Ritter-Chorus-Straße hat die Stadt die Möglichkeit im ehemaligen Verwaltungsgebäude eine entsprechende Toilettenanlage einzurichten, die ebenerdig erreichbar ist und in der Nähe der Behindertenparkplätze auf dem Klosterplatz sowie dem Katschhof mit den vielen Veranstaltungen liegt.

Zuletzt wurde in Kooperation mit der RWTH  im Bereich Templergraben die Einrichtung eines barrierefreien 24-h-WC’s vereinbart.

kein Handlungsbedarf

10

zwei zusätzliche Behindertenparkplätze am Klosterplatz reichen nicht aus

Zurzeit befinden sich vier Behindertenparkplätze im Bereich Klosterplatz/ Johannes-Paul-II.-Straße. Davon ist ein Parkplatz fest vergeben. Die Verwaltung hält die Einrichtung von zusätzlich zwei weiteren Parkplätzen für angemessen

kein Handlungsbedarf

 

 

11

Planung (bereits Vorplanung) muss frühzeitig in der Kommission vorgestellt werden

Die Kommission wird üblicherweise zum ersten Mal während der Entwurfsplanung eingebunden. Es ist in den meisten Fällen nicht zielführend, bereits die Vorplanung in der Kommission vorzustellen. Zunächst sollte der Verwaltung der politische Auftrag (z.B. auf Grundlage der Vorplanung) vorliegen, überhaupt eine Entwurfsplanung mit einem bestimmten Inhalt zu erstellen.

Erst danach lässt sich mit der Kommission sowie anderen Interessenvertretern über die Entwurfsdetails sprechen.

Im Projekt Freiraumgestaltung Welterbe wurde die Einbindung bereits ab Vorliegen des Wettbewerbsergebnisses begonnen und kontinuierlich fortgeführt. Von dieser ständigen Rückkopplung mit der Kommission hat auch die Verwaltung profitiert. Allerdings ist ein solcher Prozess auch äußerst zeitaufwändig und hat trotzdem nicht in allen Punkten zu einer einvernehmlichen Lösung geführt.

Grundsätzlich wird die Kommission während der Entwurfsplanung und der Ausführungsplanung  eingebunden.

Ihre Stellungnahme wird in den Vorlagen stichwortartig wiedergegeben, um den Abwägungsprozess transparent zu gestalten.

 

 


Was machen andere Städte

 

Die Auseinandersetzung, die sich in Aachen zwischen der Kommission Barrierefreies Bauen und der Stadtverwaltung hinsichtlich stadtgestalterischer Projekte abspielt, läuft in anderen Städten ebenso. Es liegt in der Natur der Sache, dass es auch in anderen Städten ein Ringen um eine gute Lösung gibt. Die Ergebnisse sind sehr unterschiedlich und es lohnt sich, die Augen in anderen Städten – insbesondere bei neueren Projekten – aufzuhalten. Meist ist der Wille zur Erfüllung der verschiedenen und oft konträren Belange deutlich erkennbar.

Interessant sind Projekte, in denen die jeweilige Kommission der Umbauplanung zugestimmt hat. Dies ist zum Beispiel in Lübeck und Hildesheim in ganz aktuellen Projekten in der Innenstadt bzw. im Welterbebereich der Fall gewesen.

In Lübeck (s. Anlage 1), dessen Altstadt zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt, wurde eine sehr reduzierte Gestaltung gewählt. Großräumig wurden Straßenzüge in der Innenstadt mit dem ortstypischen roten Granit gepflastert. Auf optische Kontraste wurde durchgehend verzichtet. In Gefahrenbereichen, z. B. an einer Bushaltestelle wird nur durch taktile Elemente gewarnt und geleitet. Anzumerken ist allerdings, dass der Asphaltbelag der Busspur allein schon einen starken Kontrast zum rötlichen Granitbelag bildet.

In Hildesheim (s. Anlage 2, Bild 1) werden für die Vernetzung der verschiedenen Welterbestätten Straßenzüge umgestaltet. Hier werden taktile und optische Kontraste umgesetzt. Allerdings wird zwischen den unterschiedlichen Natursteinmaterialien kein normgerechter Hell-Dunkel-Kontrast erreicht. Der Behindertenverband sieht trotzdem eine ausreichende Führung gewährleistet.

In Maastricht (s. Anlage 2, Bild 2) wurde der Übergang von Altstadt und Maasufer mit den Materialien Grauwacke (v.a. als Platinen) und Blaustein (Plattenbelag und Treppen) gestaltet. Als Leitsystem wird dabei eine Linie aus Blausteinplatten eingesetzt. Der Kontrast der zwei Materialien sowie unterschiedliche Oberflächenbearbeitungen bilden auch jeweils den oberen Abschluss von Treppenanlagen. Zusätzlich sind in einigen Bereichen in die Treppen helle Natursteinpunkte eingelassen - ähnlich dem Vorschlag, den die Aachener Verwaltung für die Freitreppe am Rathaus macht.

Münster wirbt mit seiner Barrierefreiheit. In der „guten Stube“, dem Prinzipalmarkt, wurden „Furten“ für Gehbehinderte mit geschnittenem Pflasterbelag in das ansonsten buckelige Pflaster eingefügt (s. Anlage 2, Bild 3). Kontrastierende Leitelemente für Sehbehinderte  in diesem sensiblen Bereich wurden nicht umgesetzt.

 

Wenn man nun wiederum einen Blick nach Aachen wirft, wird man feststellen, dass hier in den letzten Projekten, optische Kontraste umgesetzt wurden, die sich in das Gestaltkonzept einfügen.

Der „Aachener Standard“ wird bei Umbau- bzw. Neubauprojekten grundsätzlich angewandt (s. Viktoriaallee, Boxgraben).

In Fußgängerzonen, wie dem Holz- und Dahmengraben oder der Ursulinerstraße sind deutliche optische Kontraste umgesetzt worden.

Die Verwaltung sucht also durchaus nach geeigneten Lösungen gerade auch für Sehbehinderte und Ziel ist es, den verschiedenen Belangen gleichermaßen Rechnung zu tragen.

 

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Anlagen

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