Kenntnisnahme - FB 61/0700/WP16

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Die Bezirksvertretung Aachen-Mitte nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.

 

Der Planungsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.

 

Der Mobilitätsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.

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Erläuterungen

Erläuterungen:

Bei der Durchführung von Tiefbaumaßnahmen in der Innenstadt haben sich in den letzten Jahren zunehmend zeitliche und finanzielle Konsequenzen aus archäologischen Funden ergeben, konkrete Beispiele dazu werden in den Sitzungen im Detail vorgestellt.

 

Beispiel Boxgraben

Im Kanalgraben wurde die Kontermauer gefunden. Ein Kanalbauwerk frühmittelalterlicher Zeit querte die Trasse.

 

Beispiel Elisengarten

Bei der Umprofilierung des Geländes wurden Relikte aus verschiedenen Epochen gefunden, die wegen ihrer Aussagekraft und Bedeutung der Öffentlichkeit in einer archäologischen Vitrine zugänglich gemacht werden. Es ergab sich für die archäologischen Grabungen ein Kostenanteil von einem Drittel der Bausumme und eine Verlängerung der Baumaßnahme um zwei Monate.

 

Beispiel Prinzenhof

Beim Aushub für Leitungstrasse, Fundamente und neue Platzoberfläche wurde historisches Mauerwerk bis zu einer Höhe von 10 cm unter bisherigem Gelände angetroffen. Die Vielzahl der Funde und deren Bedeutung hat die Bauarbeiten erheblich verzögert und verteuert.

 

Rahmenbedingungen Archäologie

Bodendenkmäler dienen als Archive der Vergangenheit für zukünftige Generationen, weshalb ihr Erhalt von vorrangiger Bedeutung und durch das Denkmalschutzgesetz gestützt ist. Aus dem Bereich der Aachener Innenstadt sind Fundstellen von der Steinzeit bis in die Neuzeit bekannt, weshalb dort bei jeglichen Bodeneingriffen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Bodendenkmälern zu rechnen ist. Diese Einschätzung wird durch ein Gutachten des Landschaftsverbands Rheinland zum Bodendenkmalwert der Aachener Innenstadt bestärkt. Ein solches Gebiet, das diese Kriterien erfüllt, ist zur Eintragung als Bodendenkmal nach § 3, 4 DSchG NW vorgesehen.

Üblicherweise wird von der Eintragung als Bodendenkmal abgesehen, da diese zunächst den Eintragungsprozess in Gang setzen und anschließend eine Veränderung des Bodendenkmals den Antrag nach § 9 DSchG bedingen würde. Grundsätzlich gilt dann, dass der Erhalt des Bodendenkmals Priorität hat. Eine Genehmigung zur Veränderung darf nur dann erteilt werden, wenn entweder Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt. Die Erteilung einer Genehmigung zur Ausgrabung denkmalwerter Substanz, was in der Regel die teilweise Zerstörung des Bodendenkmals bedeutet, bedingt daher zwingend die archäologische Untersuchung und Dokumentation entsprechend den hierfür aufgestellten wissenschaftlichen Standards.

Durch Verzicht auf die Eintragung werden Beeinträchtigungen des Bauvorhabens verringert, das Verfahren wird deutlich beschleunigt und vereinfacht.

Die Durchführung der Dokumentation muss also in jedem Fall erfolgen und ist der Ersatz für den materiellen Erhalt des Bodendenkmals. Hinsichtlich der daraus resultierenden Kosten ist folgendes zu beachten:

 

Gängige Praxis war nach Einführung des Denkmalschutzgesetzes, dass die entstehenden Kosten vom Vorhabenträger einer Maßnahme zu tragen sind. Dabei ging man davon aus, dass der Vorhabenträger als Verursacher der Zerstörung eines Bodendenkmals anzusehen ist, und die auszuführende Dokumentation als Ersatzleistung anzusehen ist (Verursacherprinzip).

Nach einer Entscheidung des OVG NW vom 20.09.2011 fehlt dazu jedoch eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage. Demzufolge ergeben sich für Vorhabenträger folgende Alternativen:

 

1.              Der Antragsteller beantragt eine Durchführung der entsprechenden Arbeiten durch die zuständige Außenstelle des LVR - Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland.

              Die Kosten für die archäologischen Arbeiten werden vom LVR getragen. Die zeitliche Terminierung zur Durchführung der entsprechenden Maßnahme ist abhängig von den Kapazitäten der zuständigen Außenstelle.

2.              Alternativ bleibt es dem Antragsteller unbenommen, freiwillig und auf eigene Kosten eine archäologische Fachfirma zu beantragen.

 

Die Folgen dieser gerichtlichen Entscheidung haben dazu geführt, dass eine Überarbeitung des Denkmalschutzgesetzes eingeleitet wurde. Es ist davon auszugehen, dass neben anderen Änderungen das Verursacherprinzip gesetzlich verankert wird und somit künftig anfallende Kosten für archäologische Dokumentationen allein vom Vorhabenträger aufzubringen sind.

 

Fazit

Während in der Vergangenheit 8-10 % der Baukosten für potenziellen archäologischen Aufwand eingeplant wurden, zeigen die jüngsten Erfahrungen, dass der Mehraufwand Dimensionen von über 20 % annehmen kann. Da schon bei Hochbaumaßnahmen 7 % der Baukosten für archäologische Maßnahmen vorgehalten werden, ist eine Erhöhung des bisherigen Ansatzes im Bereich Tiefbau sinnvoll.

In einzelnen Fällen muss das Tiefbauverfahren so abgeändert werden, dass sich der Aufwand vervielfacht. Dafür müssen zukünftig zusätzliche Mittel bereitgestellt werden.

Mit Blick auf die zeitliche Dimension muss davon ausgegangen werden, dass sich die Zeit der baulichen Durchführung erheblich ausdehnen kann.

 

Bei den nächsten anstehenden Maßnahmen in der Innenstadt, u.a.

- Krämerstraße

- Büchel

wird aktuell ein Ansatz in Höhe von 30 % der Bausumme in den Haushalt zur Beratung eingebracht.

 

Eine weitere Konsequenz ist bei zukünftigen Wettbewerbsverfahren zu ergreifen. Bereits in der Ausschreibung ist darauf hinzuweisen, dass wahlfreie Eingriffe ins Bodendenkmal möglichst zu vermeiden sind. Dies gilt für bauliche Elemente im öffentlichen Raum und bedauerlicherweise auch für Pflanzmaßnahmen im Boden. Andernfalls muss dies im Budget berücksichtigt werden mit entsprechenden Mehrkosten. Am Beispiel Prinzenhof lässt sich das leicht nachvollziehen: Die Kosten für die Archäologie erhöhten sich, von angenommenen 15 % der Baukosten (100.000 €) auf vermutlich insgesamt 295.000 € (ca. ein Drittel der Baukosten).

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