Entscheidungsvorlage - FB 61/0804/WP16
Grunddaten
- Betreff:
-
Beschlussfassung zum Projekt Campusbahn und Beschlussfassung über die Durchführung eines Ratsbürgerentscheides nach §26 GO NRW zum Beschluss des Rates der Stadt Aachen zum Projekt CampusbahnTagesordnungsantrag der SPD vom 20.10.2012
- Status:
- öffentlich (Vorlage für Öffentlichkeit freigegeben)
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- FB 61 - Fachbereich Stadtentwicklung und Stadtplanung
- Verfasst von:
- Dez. III / FB 61/70; FB 61/30
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Rat der Stadt Aachen
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Entscheidung
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19.12.2012
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Beschlussvorschlag
Beschlussvorschlag:
I) Am 2.2.2012 hat der Mobilitätsausschuss die Verwaltung beauftragt, folgende Schritte zur Vorbereitung einer Grundsatzentscheidung für oder gegen den Bau der Campusbahn umzusetzen:
- eine intensive Bürgerinformation und Bürgerbeteiligung durch zu führen,
- die für eine standardisierte Bewertung erforderlichen Planung für die erste Achse zu erarbeiten,
- die standardisierte Bewertung der ersten Achse in Auftrag zu geben,
- einen Antrag auf Förderung nach Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) beim Bund
zu stellen und
- eine Projektgesellschaft in Abstimmung mit der ASEAG vorzubereiten.
Der Rat nimmt den Bericht zum Sachstand Campusbahn und zur Erledigung der Vorgaben des Mobilitätsausschusse zur Kenntnis.
Er stellt fest und begrüßt, dass das Land, das Projekt beim Bund zur Förderung aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) angemeldet, und der Bund das Projekt darin aufgenommen hat. Damit ist nach der Änderung des ÖPNV Gesetztes NRW eine Förderung in Höhe von 90% der förderfähigen Kosten vorbehaltlich der Planfeststellung zugesagt.
Der Rat spricht sich grundsätzlich für den Bau der Campusbahn aus.
II) Der Rat beschließt nach §26 GO NRW die Durchführung eines Ratsbürgerentscheids zum Bau der Campusbahn unter der Fragestellung:
Sind Sie für den Bau der Campusbahn?
Das Projekt Campusbahn ist ein Innovationsimpuls für einen besseren und leistungsfähigeren ÖPNV in der Gesamtstadt, für die Anbindung der Region und im Besonderen für die Anbindung der neuen RWTH Campusbereiche. Das Projekt ist ein Impuls für Elektromobilität in der Stadt und für die Region Aachen und für die wirtschaftliche Entwicklung Aachens.
Mit einer Investitionssumme von derzeit bis zu 243 Mio und einem Planungs- und Bauprozess von mehreren Jahren und über mehrere Ratsperioden ist es auch ein Projekt von großer Tragweite und Bedeutung für die Bürgerinnen und Bürger Aachens. Der Rat beteiligt daher die Bürgerinnen und Bürger Aachens an dieser Entscheidung.
Erläuterungen
1. Notwendigkeit eines leistungsfähigen, innovativen Verkehrssystems
Die Stadt Aachen beabsichtigt die Realisierung eines innovativen Verkehrssystems, das auf einer Stadtbahn mit ergänzenden Komponenten zur Einführung von Elektromobilität basiert und die Region einbezieht.
Im Folgenden werden die aktuelle Situation des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in Aachen und dessen zukünftige Entwicklung dargelegt. Dabei wird die Notwendigkeit eines innovativen Verkehrssystems in Form einer modernen, teils oberleitungsfreien Stadtbahn für das Gesamtsystem des ÖPNV in Aachen dargestellt.
1.2. ÖPNV Situation
Das ÖPNV-System in Stadt und Region Aachen besteht derzeit aus einem Bussystem und regionalen Bahnstrecken. Durch geändertes Mobilitätsverhalten ist seit den 80er Jahren eine ständige Zunahme der Fahrgäste zu verzeichnen. Konkret kann das anhand der Fahrgastzahlen der ASEAG belegt werden. Im Jahr 2011 beförderte die ASEAG 65,26 Mio. Fahrgäste (vgl. Geschäftsbericht ASEAG 2011, S.19). 1999 waren es noch 57,00 Mio. Fahrgäste (vgl. Geschäftsbericht ASEAG 1999). Nirgendwo in Deutschland werden so viele Menschen mit einem reinen Bussystem befördert.
Abb. 1: Entwicklung der jährlichen Fahrgastzahlen ASEAG seit 1985
[in Mio. Fahrgästen] / vgl. Anlage 1
Im schienengebundenen Nahverkehr (SPNV) ist nach einer Verbesserung im Angebot eine vergleichbare Entwicklung auf den regionalen Schienenstrecken festzustellen.
Abb. 2: Entwicklung der Fahrgastzahlen SPNV im Stadtgebiet 1994 2011 /
vgl. Anlage 1
Die derzeitige Tendenz ist aufgrund des sich wandelnden Mobilitätsverhaltens insbesondere junger Menschen und der demografischen Entwicklung perspektivisch weiterhin steigend (vgl. hierzu auch VDV, Geschäftsbericht ASEAG 2011) und wird unterstützt durch besondere Tarifangebote wie School and Fun Ticket, Semesterticket und Jobticket.
In einer aktuellen Mobilitätserhebung (August 2011) wurde ein Modal-Split Anteil von 15 % aller Wege festgestellt, die die Aachener täglich mit dem ÖPNV zurücklegen. Seit der letzten Erhebung aus dem Jahr 1992 hat sich dieser Anteil um fünf Prozentpunkte erhöht.
Diese erfreulichen Zugewinne an Fahrgästen führen dazu, dass das Bussystem sowohl im Hochschulbereich als auch auf den Hauptachsen bereits heute an seine Kapazitätsgrenzen stößt.
Aufgrund struktureller Veränderungen werden die Fahrgastzahlen in Zukunft insbesondere im Hochschulbereich weiter steigen. Darüber hinaus führen die RWTH Aachen und das Universitätsklinikum mit zusammen mehr als 10.000 Arbeitnehmern aktuell richtungweisende Maßnahmen des Mobilitätsmanagements durch (Job-Ticket, Parkraumbewirtschaftung), die einen weiteren massiven Anstieg der ÖPNV-Nutzung erwarten lassen. Dieser Anstieg ist durch eine Optimierung des Busnetzes auch in Anbetracht der Netztopologie mit der Barriere der DB-Anlagen im Hochschulviertel nicht mehr zu bewältigen. Die zukünftige Nachfrage kann letztlich nur durch ein besseres ÖPNV-Angebot in Form einer Stadtbahn optimal bedient werden.
1.3 Stadtstrukturelle Rahmenbedingungen
Bereits im derzeitigen Stadtgefüge werden eine Vielzahl von Einwohnern und Arbeitsplätzen durch die geplante Stadtbahntrasse angebunden. In einem Einzugsbereich von 400m (ca.6 Gehminuten) wohnen 50.000 Menschen, 30.000 arbeiten dort. In einem erweiterten Einzugsbereich von 800m (etwa 12 Gehminuten) leben 120.000 Personen. 60.000 Arbeitsplätze liegen in dieser Zone. Neben der RWTH als größtem Arbeitgeber werden die Arbeitsplätze in der Innenstadt sowie mehrere große Betrieb wie z.B. im Süsterfeld besser erschlossen. Darüber hinaus liegen zahlreiche Institutionen, Einkaufs- und Versorgungseinrichtungen entlang der geplanten ersten Stadtbahntrasse.
Abb. 3: Einzugsbereiche der Campusbahn / vgl. Anlage 1
1.4 Entwicklungen in den Campusbereichen
Nach der erneuten Auszeichnung der RWTH Aachen als Exzellenzuniversität werden derzeit verschiedene Hochschulerweiterungen im Campus Melaten und Campus West sowie eine Verdichtung im Kernbereich der RWTH umgesetzt. Es wird erwartet, dass neben den universitären Einrichtungen durch die Ansiedlung hochtechnologieorientierter Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen bis zu 10.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen, die mit einer entsprechenden Einwohnerentwicklung verbunden sein werden.
Darüber hinaus besteht die Notwendigkeit, die Hochschulbereiche Universitätsklinikum, Campus Melaten, Campus West und Campus Mitte untereinander und mit dem Westbahnhof (als überregionalem Verknüpfungspunkt) sowie der Aachener Innenstadt zu verbinden.
Auch an anderen Stellen im Stadtgebiet ist eine Zunahme von Einwohnern und Arbeitsplätzen zu erwarten. Insgesamt führt dies zu einer absehbaren weiteren Zunahme der städtischen und regionalen Verkehrsnachfrage, die nur mit einem leistungsfähigen ÖPNV-System abzuwickeln ist. In diesem Zusammenhang unterstützen die RWTH Aachen und die Industrie- und Handelskammer Aachen die Einführung eines attraktiven und leistungsfähigen Verkehrssystems in Form einer Stadtbahn, die den Namen Campusbahn trägt.
1.5 Ökologische Situation
Die gestiegenen Ansprüche an die Luftqualität und die bestehenden Lärmbelastungen stellen die Stadt vor besondere Herausforderungen. Die Kessellage der Stadt Aachen und das dichte Straßennetz bewirken häufig Überschreitungen der Grenzwerte für Luft- und Lärmemissionen. Land und Regierungspräsidium haben die Stadt daher verpflichtet, einen Luftreinhalte- und Aktionsplan aufzustellen, um die Verbesserung der Luftqualität und die Einhaltung der Grenzwerte ohne die ansonsten obligatorische Einführung einer Umweltzone zu gewährleisten. Unter Beteiligung einer Vielzahl von Akteuren u.a. der IHK wurde in Aachen ein anderer Weg als in einer Vielzahl anderer deutscher Städte gewählt, um den Umweltbelastungen zu begegnen. Unter ausdrücklicher Würdigung durch die Bezirksregierung Köln wurde ein integrativer Ansatz gewählt, bei dem durch ein Bündel zielgerichteter Maßnahmen das Mobilitätsverhalten und die Verkehrsmittelwahl nachhaltig positiv beeinflusst werden sollen.
Der aktuelle Lärmaktionsplan greift diese Ziele und Maßnahmen auf und führt sie für die Belange der Lärmreduktion und zur Einhaltung der Richtwerte für gesunde Lebensbedingungen fort. Auch der Verkehrsentwicklungsplan sowie die Fortschreibung des Nahverkehrsplans der Stadt Aachen werden diese Ziele und Maßnahmen aufgreifen und fortschreiben.
Zur Erreichung der Ziele der Luftreinhalte- und Lärmminderungsplanung ist ein leistungsfähiges und attraktives ÖPNV-System in Form eines modernen Stadtbahnsystems unverzichtbar, da eine signifikante Zunahme der ÖPNV-Nutzer im aktuellen Verkehrssystem nicht bewältigt werden kann. Die Einführung der Campusbahn trägt zudem zu einer erheblichen Reduktion von Lärmbelastung und Luftschadstoffen bei.
Abb. 4: Lärmbelastung Innenstadt / vgl. Anlage 1
Abb.5 : Luftschadstoffe / vgl. Anlage 1
1.6 Innovativer Ansatz Elektromobilität
Ein wesentlicher Gedanke bei der Einführung eines modernen Stadtbahnsystems ist die Möglichkeit , Aachen in Sachen Elektromobilität weit voran zu bringen. Die Campusbahn in Aachen bildet mit ihren Unterwerken das Rückgrat für den Aufbau einer auf erneuerbaren Energien basierenden Elektromobilität. Sie ermöglicht einen Mobilitätsverbund aus elektrisch betriebenen, öffentlichen und individuell nutzbaren Verkehrsmitteln wie PKW, Bussen, Taxen oder Pedelecs. Dieser Aspekt spielt für die Stadt Aachen und die RWTH eine große Rolle, da der innovative und zukunftsfähige Ansatz in Zusammenarbeit mit und unter Einbeziehung der RWTH dauerhaft den Wissenschaftsstandort stärkt.
Ziel ist, die Unterwerke der Stadtbahn, die im Abstand von 2-3 Kilometer entlang der Trasse untergebracht werden, neben der Sicherstellung der Stromversorgung für die Stadtbahn als Ladestation für E-Cars, E-Bikes sowie für Elektrobusse zu nutzen. Die Stadtbahn selbst versorgt sich über 700 Volt Gleichstrom und speist die beim Bremsvorgang gewonnene Energie nicht in die Oberleitung zurück sondern in Batterien auf dem Fahrzeug. Diese gespeicherte Energie und die Aufladung aus der Oberleitung werden dazu genutzt, die Stadtbahn im Innenstadtbereich und in der Ortslage Brand oberleitungsfrei zu betreiben. Bei Umsetzung dieser Aspekte kann es gelingen, die Mobilität in der Innenstadt bis 2020 zu 50% CO2-frei zu gestalten. Fördermöglichkeiten hierfür werden in Ergänzung zur GVFG-Förderung für die Campusbahn derzeit geprüft.
Abb. 6: Intermodale Elektromobilität / vgl. Anlage 1
2. Einführung eines neuen Verkehrssystems - Die Campusbahn Aachen
Um der steigenden Anzahl von Fahrgästen attraktiv und zukunftsfähigen ÖPNV anbieten zu können und den steigenden Anforderungen aus der Umweltgesetzgebung (Feinstaub, Lärm) zu begegnen, soll in Aachen das Verkehrssystem einer Stadtbahn eingeführt werden.
Die Trasse verläuft auf der Achse mit der stärksten Belastung im Aachener ÖPNV-Netz. Auf dieser Relation besteht bis 2020 der dringlichste Handlungsbedarf, ein leistungsfähiges Verkehrssystem in Form einer Stadtbahn einzuführen. Langfristig besteht die Option, das geplante Stadtbahnsystem über eine weitere Relation von Vaals nach Aachen-Haaren und ggf. nach Würselen zu erweitern.
Abb. 7: Übersicht Trassenverlauf / vgl. Anlage 1
Im Vorfeld der Entscheidung für ein Stadtbahnsystem wurden mehrere hochwertige Verkehrsysteme für die Verknüpfung der einzelnen Campus-Bereiche gegenübergestellt und bewertet (Beratung im Mobilitätsausschuss am 28.01.2010). Dabei erwies sich das Stadtbahnsystem im Gesamtkontext als ökologisch und ökonomisch sinnvollstes System für Aachen. Darüber hinaus konnte nachgewiesen werden, dass eine Verbindung der Campus-Bereiche mit dem zentralen Bushof und der stark belasteten Achse vom Bushof nach Brand technisch machbar und wirtschaftlich sinnvoll ist.
2.4 Streckenplanung
Die vorliegende Planung umfasst eine Trasse mit einer Länge von 12,3 Kilometern, die das Universitätsklinikum, die Campus-Bereiche Melaten und West, den Bahnhof Aachen-West (Verknüpfung DB und Euregiobahn), den Kernbereich der RWTH Aachen (Bereich Hauptgebäude), die Innenstadt mit dem zentralen Bushof, den Bahnhof Rothe Erde (Verknüpfung DB und Euregiobahn) und den Stadtteil Aachen-Brand anbindet. Auf dieser Strecke sind 23 barrierefreie Haltestellen mit einer Bahnsteiglänge von je 60 Metern Länge mit Bahnsteighöhen von ca. 25 cm geplant, so dass bei einem Niederflurfahrzeug ein niveaugleicher Einstieg gewährleistet werden kann.
Die Haltestellen der Campusbahn und ihr Umfeld werden so gestaltet, dass sie sich in das Stadtbild einfügen. Sie werden standardmäßig mit Wetterschutzständen, Notrufsäulen und digitalen Fahrgastinformationensystemen ausgestattet.
2.5 Abschnitte mit besonderem und straßenbündigem Bahnkörper
Die Campusbahn ist als Stadtbahn mit überwiegend unabhängigem Bahnkörper konzipiert. Dort wo die vorhandenen Querschnitte zu eng sind, kommen straßenbündige, vom Individualverkehr befahrbare Bahnkörper zum Einsatz, so dass der Individualverkehr durch die Campusbahn nicht eingeschränkt wird.
Die Gesamtstrecke setzt sich zusammen aus 8,3 Kilometern besonderer Bahnkörper (67 % der Gesamtstrecke) in Rasen- bzw. Pflasteroberbau und 4,0 Kilometern straßenbündiger Bahnkörper (33 % der Gesamtstrecke). Zur Unterstützung der Campusbahn ist die Bevorrechtigung an signalisierten Knoten vorgesehen.
2.6 Fahrzeuge
Für den Betrieb ist ein marktübliches Zweirichtungsfahrzeug mit Niederflurstandard und einer Kapazität von ca. 200 Personen vorgesehen, das zusätzlich für einen Batteriebetrieb auf den beiden oberleitungsfreien Streckenabschnitten auszustatten ist.
2.7 Bahnstromversorgung und Fahrleitungsanlage
Der Einsatz elektrisch betriebener Stadtbahnwagen erfordert eine Fahrleitungsanlage, bestehend aus Fahrleitungsmasten und Fahrdraht. Der Fahrdraht verläuft dabei in der Regel in einer Höhe von 5,50 Metern über Schienenoberkante. Die Maste können sich sowohl innerhalb des Gleiskörpers (Mittelmast) wie auch in den Nebenanlagen (Außenmast) befinden. Eine Befestigung in Form von Wandankern wird nicht in Erwägung gezogen. .
Aus städtebaulichen Gründen sollen die Abschnitte zwischen den Haltestellen Republikplatz und Kaiserplatz (ca. 2,3km) sowie zwischen Ringstraße und Markt in Brand (ca.400m) oberleitungsfrei betrieben werden. Entsprechende Fahrzeuge (z.B. System Siemens batteriebetrieben) bzw. Stromversorgungssysteme (z.B. System Bombardier Primove) sind in den weiteren Planungsphasen festzulegen.
Zudem ist angedacht, auf dem Abschnitt zwischen der Haltestelle Kaiserplatz bis zur Haltestelle Ostfriedhof eine zusätzliche Fahrleitung für O-Busse zu installieren.
Zur Versorgung der Stadtbahnfahrzeuge mit elektrischer Energie müssen Gleichrichterwerke (Unterwerke) errichtet werden, die die Energie aus dem Mittelspannungsnetz des örtlichen Energieversorgungsunternehmens beziehen und die Spannung transformieren. Nach einer überschlägigen Abschätzung sind bei 12,3 Kilometern Streckenlänge fünf Unterwerke erforderlich. Da die Unterwerke auch gleichzeitig als Ladestationen für Elektroautos und Elektro-Fahrräder genutzt werden sollen, sind in unmittelbarer Umgebung der Unterwerke Freiflächen u. a. für Parken geplant.
2.8 Betriebskonzept
Für den Stadtbahnbetrieb werden derzeit folgende Betriebszeiten zu Grunde gelegt:
Montag bis Freitag: 4.00 Uhr bis 0.00 Uhr (20 Stunden)
Samstag: 5.00 Uhr bis 0.00 Uhr (19 Stunden)
Sonntag / Feiertag: 6.00 Uhr bis 0.00 Uhr (18 Stunden)
Wegen der erheblichen zeitlichen Nachfrageschwankungen auf der Stadtbahnstrecke wird über weite Teile der Betriebszeit von einer Doppeltraktion ausgegangen.
Im Zuge der Einführung der Campusbahn muss das heutige Busnetz entsprechend angepasst werden, dabei werden parallel zur Trasse verlaufende Buslinien an den Endpunkten bzw. an Umsteigepunkten gebrochen. Hierbei wird jedoch darauf geachtet, dass die Zubringerlinien über die Zubringerfunktion hinaus Wohngebiete in Seitenbereichen der Bahntrasse weiterhin erschließen. Deshalb werden einige Buslinien am Umsteigepunkt Brand miteinander verknüpft und so die Umlaufzeiten und Betriebskosten optimiert.
Daraus ergeben sich, unter Nutzung bereits vorhandener Wendemöglichkeiten, für Aachen-Brand und für Aachen-Forst die beiden wesentlichen Umsteigepunkte Aachen-Brand/Marktplatz und Trierer Platz.
Im Hochschulbereich (Campus-Bereiche) werden die Buslinien ergänzend zur Campusbahn geführt. Sie erschließen den Hochschulbereich Hörn und leisten Zubringerfunktionen zu den Haltepunkten Uniklinikum und Westbahnhof und Verbindungsfunktionen für Studenten zum Hochschulkernbereich aus dem Einzugsbereich Hörn.
Insgesamt werden Parallelfahrten von Buslinien vermieden. In Teilbereichen, wie beispielsweise unterer Adalbertsteinweg ist dies nicht möglich, da hier eine Bündelung von Linien aus mehreren Stadtteilen (Eilendorf, Hüls) Richtung Innenstadt erfolgt.
Das Busliniennetz wird an die Betriebszeiten der Campusbahn angepasst, so dass optimale Umsteigezeiten erreicht werden
2.9 Betriebshof
Für die Dimensionierung des Betriebshofes wird das Betriebskonzept mit Doppeltraktion zugrunde gelegt, welches eine Kapazität von 25 Fahrzeugen ergibt. Eine Reservefläche für eine zukünftige Streckenerweiterung wird eingeplant. Verschiedene Flächen in unmittelbarer Nähe zur Trasse werden derzeit untersucht.
2.10 Verkehrliche Auswirkung
Die Machbarkeitsstudie hat ergeben, dass die vorhandenen Fahrbeziehungen im Kfz-Verkehr bis auf wenige Ausnahmen erhalten bleiben können. Dabei ist an einigen Kreuzungen eine Mitbenutzung der Gleistrasse für den Aufstellbereich der Abbieger erforderlich. Hierzu werden im weiteren Planverfahren noch Detailuntersuchungen mit dem Ziel einer Optimierung der Verkehrsabläufe durchgeführt. In einzelnen Fällen kann es bedeuten, dass derzeitige Linksabbiegebeziehungen im Sinne einer optimalen Gesamtabwicklung aufgegeben werden müssen.
2.11 Städtebauliche Aspekte
Die vorgesehene Stadtbahn ist stellenweise mit erheblichen städtebaulichen Auswirkungen verbunden. Deshalb wurden bereits zu Beginn des Planungsprozesses Stadtplaner eingebunden, um negative Auswirkungen schon im Ansatz zu erkennen und gegebenenfalls flankierende Maßnahmen ergreifen zu können. Chancen für städtebauliche Verbesserungen durch die Einführung der Campusbahn sollen frühzeitig identifiziert und genutzt werden.
3. Kosten, Finanzierung und Wirtschaftlichkeit
In einer überschlägigen Nutzen-Kosten-Untersuchung wurde die Campusbahn mit einem Nutzen-Kosten-Indikator von 1,5 bewertet.
Bei der Nutzen-Kosten-Untersuchung werden auf der Nutzenseite die ersparten Kfz- Betriebskosten, die Reduzierung der Abgasemissionen und der Unfallschäden sowie die Reisezeitgewinne erfasst. Dem werden die Trasseninvestitionen gegenübergestellt.
Von der ASEAG wurden zusätzlich betriebswirtschaftliche Berechnungen durchgeführt. Bei beiden Untersuchungen wurde ein angepasstes Busnetz konzipiert und für den Fall der Einführung der Campusbahn den Berechnungen zugrunde gelegt. Daraus ergibt sich, dass mit Einführung der Campusbahn insbesondere in den Campus-Bereichen, aber auch auf der aktuell nachfragestärksten ÖPNV-Achse Adalbertsteinweg/Trierer Straße ein Parallelverkehr mit Bus und Campusbahn vermieden werden kann und Busleistungen in Höhe von jährlich 1,63 Mio. Nutzwagenkilometern eingespart werden können.
Die Standardisierte Bewertung von Verkehrswegeinvestitionen des Öffentlichen Personennahverkehrs wird derzeit durchgeführt. Im Anschluss erfolgt eine Folgekostenrechnung des Vorhabens.
Eine Kostenschätzung der Campusbahn Aachen wurde im Rahmen der Machbarkeitsuntersuchung erstellt. Demnach liegen die Gesamtkosten der Maßnahme bei 243 Mio. (netto) und unterteilen sich in 130 Mio. für den Fahrweg, 67,5 Mio. für Fahrzeuge, 24 Mio. für den Betriebshof und 21,5 Mio. Planungs- und Baunebenkosten.
Zur Umsetzung der Maßnahmen wurde eine Förderung nach Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) für den Fahrweg beantragt. Bund und Land haben die Förderfähigkeit des Projektes gem. Mitteilung des NVR prinzipiell anerkannt. Die Standardisierte Bewertung ist noch nachzureichen. Ein Finanzierungsantrag ist nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens zu stellen. Damit ist eine Förderung durch Landes- und Bundesmittel für die förderfähigen Anteile (Fahrweg, Oberleitung, Haltestellen ) für die Campusbahn reserviert.
Eigenmittel sowie die Finanzierung der Fahrzeuge und des Betriebshofs sind nach aktueller Kalkulation von der Stadt als derzeitigem Vorhabenträger aufzubringen. Die Stadt Aachen ist nicht vorsteuerabzugsberechtigt. Daher soll die Finanzierung über eine Projektgesellschaft, die zum Vorsteuerabzug berechtig ist, abgewickelt werden. Diese Campusbahn Projektentwicklungsgesellschaft (Gesellschafter sind Stadt Aachen und ASEAG) soll die weitere Projektabwicklung übernehmen.
Bei der Ermittlung der Kosten sind maßgebliche Unwägbarkeiten aus dem Baugrund nicht zu erwarten, da sich die Trasse fast ausschließlich in öffentlichen Verkehrsflächen befindet, die in den letzten Jahrzehnten umgebaut wurden. Notwendige Leitungsverlegungen werden derzeit anhand der Trassenpläne von den Leitungsträgern geprüft.
Bei der relativ geringen Einbindetiefe der Bahnanlagen in den vorhandene Straßenoberbau sind Risiken aufgrund der in der Aachener Innenstadt sowohl kostenmäßig als auch zeitlich problematischen archäologischen Funde nur bei Leitungsverlegungen bzw. bei der Gründung der Oberleitungsmast einzuplanen.
Nach den vorliegenden Daten verursacht die Campusbahn zusätzliche Aufwendungen in Höhe von jährlich 4-6,5 Mio. für Betrieb, Unterhaltung und Kapitaldienst für die nicht förderfähigen Investitionen.
Die IHK unterstützt den Bau der Campusbahn und hat sich bereit erklärt, die bisherige Kostenermittlung durch einen Gutachter überprüfen zu lassen, um noch stärkere Kostentransparenz und Kostensicherheit zum jetzigen Zeitpunkt zu erreichen.
Unter den volkswirtschaftlichen Aspekten sind auch die externen Effekte in der lokalen und regionalen Wirtschaft zu bedenken. Erfahrungen in anderen Städten zeigen, dass
Einzelhandel und Immobilienmarkt von Stadtbahnen profitieren.
Moderne neue Stadtbahnstrecken erhöhen den Wert der erschlossenen Liegenschaften und Gebäude um 5 bis 10 Prozent, bisweilen sogar um 20 Prozent (Prof. Weidemann ETH Zürich, 2008). Stadtbahnen werden von Investoren als positiver Standortfaktor gesehen, da sie Bestand und pünktliche Erreichbarkeit garantieren. Ähnliche Auswirkungen eines Bussystems konnten nicht nachgewiesen werden.
Beispiel: Stadtbahn Heilbronn
private Investoren zogen entlang der Stadtbahnstrecke nach
. die gesamte Bahnhofstraße
erwacht, seit die Stadtbahn sie durchfährt, zu neuem Leben
auch in der Einkaufsmeile
wirkte das Gesamtkonzept Stadtbahn als Impulsgeber.
(Quelle: http://www.stadtbahn-heilbronn.de/index/sbhn/sbhn_stadtentwicklung.html)
Beispiel Tram 23 München:
Für knapp die Hälfte der Haushalte war die Tram 23 wohnstandortentscheidend.
Die Gewerbeansiedlung wurde mit Inbetriebnahme des neuen Verkehrsangebots auf der Schiene positiv beeinflusst. Der Wert der Wohngrundstücke ist nach Inbetriebnahme der Tram 23 sprunghaft angestiegen.
Bei den Fahrten der Beschäftigten kam es zu hohen Verlagerungseffekten vom privaten Pkw auf den ÖPNV. Die Qualitätsverbesserung des ÖPNV-Angebots schlug sich in einem deutlich gestiegenen Zeitkartenbesitz nieder.
In der öffentlichen Diskussion wird häufig nach Alternativen gefragt. Dazu muss man die beiden Äste der geplanten Campusbahn betrachten. Auf dem Ast Bushof-Brand ist eine weitere Taktverdichtung im Busverkehr kaum noch möglich. Die erwartete Nachfrage kann dort zu Spitzenzeiten nicht abgedeckt werden. Auf dem Ast Bushof-Klinikum bedeuten die erhöhten Fahrgastzahlen eine erhebliche Verdichtung der Busfrequenz über die Hörn bzw. mit einer verlängerten Fahrzeit über Süsterfeldstraße/Toledoring. Beide Lösungen entsprechen nicht den Vorstellungen von einer attraktiven Nahverkehrsverbindung.
Als Alternative wird auch der sog. Spurbus ins Gespräch gebracht, der in z.B. in Padua und Clermont-Ferrand betrieben wird. Tatsächlich kann dieser Bus 200 Personen vergleichbar mit einem Stadtbahnwagen transportieren. Allerdings ist er nicht kuppelfähig, sodass eine Kapazitätserweiterung begrenzt ist. Hinzu kommt, dass das System, um seine Leistung zu realisieren, ebenso wie die Campusbahn auf eine eigene Trasse mit nicht unerheblichen Kosten angewiesen ist, Es handelt sich schließlich um ein spurgeführtes System auf Gummireifen, das die Nachteile der festgelegten Trasse hat, dem aber die Vorteile der Laufruhe eines Schienenfahrzeuges und die Chance der Doppeltraktion fehlen.
4. Stand der Umsetzung
Im Februar 2012 wurde das Projekt Campusbahn im Mobilitätsausschuss der Stadt Aachen vorgestellt.
Der Mobilitätsausschuss beauftragte die Verwaltung, die nächsten Schritte vorzubereiten:
? eine intensive Bürgerinformation und Bürgerbeteiligung durchzuführen,
? die für eine standardisierte Bewertung erforderlichen Planung zu erarbeiten,
? die standardisierte Bewertung in Auftrag zu geben,
? einen Antrag auf Förderung nach GVFG zu stellen,
? eine Projektgesellschaft in Abstimmung mit der ASEAG vorzubereiten
In der Zwischenzeit haben zahlreiche Informationen in allen Stadtbezirken und Diskussionen mit vielen Interessengruppen und politischen Gremien stattgefunden. Weitere und kontinuierliche Informationsgespräche und veranstaltungen mit Einzelgruppen sind geplant bzw. vorbereitet.
Die Konkretisierung im M 1:500 der vorliegenden Planung im M1:1000 ist auf der Basis neuerer Erkenntnisse aus der Beteiligung städtischer und externer Dienststellen in Arbeit.
Die Standardisierten Bewertung ist beauftragt und in Absprache mit dem Bundes- und Landesministerium in Arbeit.
Der Antrag auf GVFG-Einplanung wurde gestellt und ist positiv beschieden.
Die Campusbahn Projektentwicklungsgesellschaft (Gesellschafter sind Stadt Aachen und die ASEAG) wurde zum 01.07.2012 gegründet. Diese wird die weitere Planung und Projektumsetzung betreuen. Zur Beurteilung technisch, betrieblich und rechtlich relevanter Fragestellungen werden im Planungsprozess externe Fachkräfte mit Betriebsleiterqualifikation eingeschaltet.
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