Entscheidungsvorlage - FB 50/0242/WP16
Grunddaten
- Betreff:
-
Einrichtung einer Stabsstelle 'Inklusion'Ratsantrag Nr. 234/16 der SPD-Fraktion vom 26.06.2012
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- Fachbereich Soziales und Integration
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Ausschuss für Soziales, Integration und Demographie
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Entscheidung
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21.03.2013
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Erläuterungen
Erläuterungen:
Aufgrund der Komplexität des Themas folgen zunächst allgemeine Ausführungen zum Thema Inklusion:
Am 13.12.2006 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen das „Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte für Menschen mit Behinderung“ (UN-Behindertenrechts-konvention) sowie das Zusatzprotokoll verabschiedet. Die Konvention und das Zusatzprotokoll sind in Deutschland am 26.03.2009 in Kraft getreten. Damit setzt die Konvention Maßstäbe, die auch die Kommunen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung zu beachten haben. Die Konvention definiert nicht Sonderrechte von Menschen mit Behinderungen, sondern spezifiziert Menschenrechte, die für alle Menschen Geltung haben.
Es gibt eine amtliche, gemeinsame Übersetzung von Deutschland, Österreich, Schweiz und Liechtenstein. Diese ist allerdings ohne die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen zustande gekommen. Aus diesem Grunde gibt es eine sogenannte Schattenübersetzung. Beide Übersetzungen kann man nebst dem Original auf der Homepage des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen auf www.Behindertenbeauftragter.de finden. Das 80 Seiten umfassende Werk kann im Einzelfall auf Wunsch als Ausdruck bereitgestellt werden.
Bereits die Tatsache, dass es unterschiedliche Übersetzungen gibt, zeigt, dass die in der Konvention verwendeten Begriffe teilweise unterschiedliche Interpretationen auslösen. Insbesondere der Begriff „Inklusion“ wird je nach Sichtweise und Aufgabenbereich des Verwenders verschieden ausgelegt
Im Folgenden wird auf die verschiedenen Aspekte des Inklusionsbegriffs eingegangen.
Nationaler Aktionsplan
Im Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention aus September 2011 „Unser Weg in eine inklusive Gesellschaft“, abrufbar unter www.bmas.de, (wird in der Sitzung ausgelegt) wird definiert:
Inklusion heißt Gemeinsamkeit von Anfang an. Sie beendet das aufwendige Wechselspiel von Exklusion (=ausgrenzen) und Integration (=wieder herein holen). Mit dem nationalen Aktionsplan will die Bundesregierung ein Instrument schaffen, mit dem sie die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in den nächsten zehn Jahren systematisch voran treiben will.
Dies lässt erkennen, dass das Thema mittel- bzw. langfristig angegangen werden muss.
Der nationale Aktionsplan macht folgende Handlungsfelder aus:
- Arbeit und Beschäftigung
- Bildung
- Prävention, Rehabilitation, Gesundheit und Pflege
- Kinder, Jugendliche, Familie und Partnerschaft
- Frauen
- ältere Menschen
- bauen und wohnen
- Mobilität
- Kultur und Freizeit
- gesellschaftliche und politische Teilhabe
- Persönlichkeitsrechte
- internationale Zusammenarbeit
Inklusionsplan des Landes Nordrhein-Westfalen
Vor Kurzem wurde der Aktionsplan der Landesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention „Eine Gesellschaft für alle – NRW inklusiv“ veröffentlicht.
Das Land definiert Inklusion wie folgt:
„Inklusion“ – in der englischen, sprachlich verbindlichen Fassung als inclusion bezeichnet - wird in der amtlichen deutschen Übersetzung mit „Integration“ übersetzt. Integration verlangt eine Anpassungsleistung von Menschen an die in physischer und sozialer Hinsicht als „Normalität“ vorgegeben „Umweltgegebenheiten“. Der mit der UN-Behindertenrechtskonvention vorgenommene Wechsel zur inklusiven Wahrnehmung der Lebens- und Erlebniswelt geht dem gegenüber davon aus, dass die soziale und physische Umwelt so gestaltet wird, dass alle Menschen einer Gesellschaft – ob beeinträchtigt oder nicht - ohne besondere Anpassungsleistungen und ohne Diskriminierung in einem inklusiven Gemeinwesen zusammenleben können.
Das Land definiert folgende Aktionsfelder und Maßnahmen:
- Ergebnis der Normprüfung
- Selbständigkeit und selbstbestimmte Lebensführung
- Interessenvertretung und Teilhabe
- Zugänglichkeit und Barrierefreiheit
- Wohnen und unabhängige Lebensführung
- Leben in der Familie
- Kinder und Jugendliche
- Arbeit und Qualifizierung
- Alter und Behinderung
- Gesundheit und Pflege
- Kultur und Sport
- Mehrfache Diskriminierung von Frauen und Mädchen
- Sexuelle Identität und Selbstbestimmung
- Behinderung und Migration
- Beratungsstrukturen
- Bürgerschaftliches Engagement, Ehrenamt und Selbsthilfe
- Schutz vor Gewalt und Recht auf Unversehrtheit der Person
- Medien und Kommunikation
- Sozialraumentwicklung und örtliche Teilhabeplanung
- Projekte in Wissenschaft und Forschung, Evaluation des Aktionsplanes
- Inklusion in Schule und Hochschule
Der Aktionsplan der Landesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention kann im Internet abgerufen werden unter www.nrw.de und wird in der Sitzung ausgelegt.
Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge
Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. hat mit seiner Veröffentlichung vom 14.03.2012 „Empfehlungen zur örtlichen Teilhabe, Planung für ein inklusives Gemeinwesen“ heraus gegeben. Der Deutsche Verein definiert in seinem Eckpunktepapier inklusiven Sozialraum als ein barrierefreies Lebensumfeld, das alle Menschen mit und ohne Behinderungen, alte und junge Menschen, Menschen mit und ohne Migrationshintergrund selbstbestimmt gemeinsam nutzen und mit gestalten können. Zur Schaffung inklusiver Sozialräume braucht es einer gemeinsamen Strategie aller Akteure vor Ort, Zielrichtung ist ein inklusives Gemeinwesen. Mit den Empfehlungen zur örtlichen Teilhabeplanung will der Deutsche Verein einen Vorschlag dafür machen, wie inklusive Sozialräume vor Ort geschaffen und weiter entwickelt werden können.
Aus Sicht des Deutschen Vereins, ist örtliche Teilhabeplanung eine Handlungsstrategie zur sozialen Entwicklung des Gemeinwesens, die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist dafür ein wichtiger Baustein. Sie erfordert es, dass alle Fachplanungen einer Kommune zusammen wirken. Teilhabe ist eine gemeinsame Perspektive für die verschiedenen Planungsressorts (Mainstreaming), die Teilhabeperspektive fördert eine effektive integrierte Planung in den Kommunen.
Die Empfehlungen des Deutschen Vereins können abgerufen werden unter www.deutscher-verein.de.
Ausdrucke werden auf Wunsch bereitgestellt.
Der Landschaftsverband Rheinland (LVR)
Die Empfehlungen des Landschaftsverbandes Rheinland zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sind noch in Arbeit.
Die StädteRegion
Der Städteregionstag hat am 15.12.2011 beschlossen, einen kommunalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung für die StädteRegion Aachen zu erarbeiten und dabei die Behindertenverbände und die städteregionsangehörigen Kommunen einzubeziehen.
Bei der Umsetzung der UN-Menschenrechtskonvention handelt es sich um eine Aufgabe, die von der Stadt Aachen in eigener Zuständigkeit wahrgenommen wird. Die Aufgabe wurde nicht auf die Städteregion übertragen.
Aufgabe der StädteRegion ist es, den städteregionalen Rahmen eines Inklusionskonzeptes zu erarbeiten sowie die unterschiedlichen Aktivitäten der Regionskommunen –soweit erforderlich und zielführend- aufeinander abzustimmen. In diesem Sinne hat die Städteregion am 16.03.2013 eine Konferenz zur Erarbeitung der in der Städteregion aus städteregionaler Sicht bedeutenden Handlungsfelder – unter aktiver Beteiligung der Regionskommunen und Mitwirkung der Menschen mit Behinderung- durchgeführt. Die dort diskutierten Themenfelder sind:
- Schule und frühkindliche Erziehung
- Arbeit und Erwachsenenbildung
- Wohnen und persönliches Budget
- Mobilität und Barrierefreiheit
- Gesundheit, Pflege und Alter
- Teilhabe am kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Leben
- Öffentlichkeit, Bewusstseinsbildung und Bürgerbeteiligung
Die Verwaltung begrüßt dieses Vorhaben und wirkt konstruktiv mit.
Dies entbindet die Verwaltung allerdings nicht von der Aufgabe, spezifische Handlungskonzepte für die Stadt Aachen zu entwickeln. Dies betrifft die mögliche Entwicklung weiterer Themenfelder oder Herausforderungen innerhalb der Themenfelder, die städteregional nicht behandelt werden, aber für die Stadt Aachen von Bedeutung sind. Auch die Strategie der Umsetzung wird in Aachen in weiten Teilen eine andere sein müssen als in anderen Regionskommunen.
Insoweit Aufgaben auf die Städteregion übertragen wurden - insbesondere die Aufgaben des Trägers der Sozialhilfe nach SGB XII, nach dem Betreuungsbehördengesetz/Landesbetreuungsgesetz, nach dem Wohnbauförderungsgesetz, des Schwerbehindertenrechts und der Gesundheitsbehörde - wird eine Abstimmung und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Inklusionsbeauftragten und den Fachdienststellen der StädteRegion erfolgen.
Bund und Land werden in ihrer Zuständigkeit bei der Umsetzung ihrer Inklusionspläne gesetzliche Regelungen treffen müssen und möglicherweise Förderprogramme auflegen.
Das Konnexitätsprinzip ist zu beachten.
Fazit:
Bund und Land definieren unterschiedliche Themenfelder, der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge prägt einen über die Inklusion von Menschen mit Behinderungen hinaus gehenden, die gesamte Gesellschaft einbeziehenden Inklusionsbegriff, die StädteRegion erarbeitet einen Rahmenplan.
Vor diesem Hintergrund plant der Fachbereich Soziales und Integration folgende Vorgehensweise:
Der Fachbereich Soziales und Integration (FB50)
Der FB50 beabsichtigt, pragmatisch an die Umsetzung der UN-Behindertenrechts-Konvention heranzugehen. Es geht darum, unter aktiver Beteiligung der Menschen mit Behinderung in Aachen systematisch praktische Wege zu finden, Barrieren abzubauen. Dabei wird den Prioritäten der Menschen mit Behinderung gefolgt, soweit die personellen und finanziellen Ressourcen das zulassen.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass in der Vergangenheit und auch künftig zahlreiche Maßnahmen umgesetzt wurden und werden, die mit den vorhandenen Kapazitäten und geringem finanziellen Mehraufwand große Wirkung gezeigt haben und zeigen werden.
Die Verwaltung ist seit vielen Jahren mit zahlreichen Aktivitäten auf dem Weg, Menschen mit Behinderung eine gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen. Als Beispiele seien genannt:
-die Einrichtung einer Kommission „Barrierefreies Aachen“
-die Entwicklung von Standards zur Barrierefreiheit im öffentlichen Raum
-die Herausgabe eines Stadtplanes für Menschen mit Behinderung
-die Geschäftsführung der „Arbeitsgemeinschaft Behindertenhilfe“
-der „Runde Tisch Inklusion“ und seine Maßnahmen
-Errichtung von barrierefreien öffentlichen Toiletten
-Entwicklung einer Broschüre „Checkliste für Barrierefreies Bauen“
-Aufbau inklusiver Strukturen in den Stadtteilen
Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Maßnahmen unterschiedlicher Fachbereiche und Eigenbetriebe der Verwaltung zum Abbau von Barrieren in Aachen, die hier nicht in Gänze abgebildet werden können.
Die Verwaltung arbeitet eng und vertrauensvoll mit den Trägern der freien Wohlfahrtspflege zusammen. Aktuell beteiligt sich die Verwaltung an einem quartiersbezogenen Inklusionsprojekt mehrerer Träger der Behindertenhilfe als Kooperationspartner. Das Projekt wird demnächst im Ausschuss vorgestellt.
FB 50 hat durch die dort angesiedelten Querschnittssaufgaben
- Sozialentwicklungsplanung
- Integration von Menschen mit Migrationshintergrund
- Integration von Menschen mit Behinderungen
- Altenplanung
zahlreiche Berührungspunkte zum Thema Inklusion im Sinne eines erweiterten Inklusionsbegriffs, der sich nicht auf die Umsetzung der UN-Behindertenrechtkonvention und Menschen mit Behinderungen beschränkt. Der Fachbereich Soziales und Integration definiert Inklusion wie folgt:
Inklusion meint die gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen, ungeachtet ihres Geschlechts, ihres Alters, ihrer sozialen und kulturellen Herkunft, ihrer sexuellen Präferenzen, ihrer Begabungen, oder ihrer Behinderung. Dabei ist der Fokus auf die Ressourcen der Menschen gerichtet, nicht auf Ihre (vermeintlichen) Defizite und auch nicht auf die Unterscheidungsmerkmale, sondern die Gemeinsamkeiten. Unterschiede werden zur Normalität.
Damit geht Inklusion einen Schritt weiter als die Integration, die gerade die unterscheidenden Merkmale eines Menschen in den Blick nimmt und dazu Handlungsstrategien entwickelt.
Im Rahmen der ersten Sozialkonferenz zur Sozialentwicklungsplanung 2009 war es gemeinsame prägende Erkenntnis der Beteiligten, dass in allen Handlungsfeldern der Sozialentwicklungsplanung die Notwendigkeit besteht, quartiersbezogene Lösungen zu erarbeiten. Dieser Ansatz soll auch beim Thema „Inklusion“ verfolgt werden.
Die Leitbegriffe „Inklusion“ und „Sozialraumorientierung“ sind bei Erarbeitung einer Umsetzungsstrategie zu verknüpfen.
Vorgehensweise:
- Die Verwaltung beteiligt sich an der Entwicklung des Städteregionalen Aktionsplanes zur Inklusion.
- Der Fachbereich Soziales und Integration hat im Jahr 2010 den „Arbeitskreis Soziales“ gegründet. Dieser Arbeitskreis hat die Aufgabe, soziale Themenfelder innerhalb der Verwaltung zu koordinieren und so eine abgestimmte Strategie zu erreichen. Eine Vertretung der Arbeitsgemeinschaft der Träger der freien Wohlfahrtspflege wird dabei einbezogen.
Es ist geplant, neben den bereits bestehenden Unterarbeitskreisen „Sozialentwicklungsplanung“ und „Bildungs- und Teilhabepaket“ einen Arbeitskreis „Inklusion“ zu bilden. Diese Maßnahme soll dazu beitragen, dem Thema Inklusion eine Plattform zu geben und dadurch die Koordinierung der zahlreichen Aktivitäten diverser Fachbereiche in Bezug auf die Inklusion zu optimieren. Auch sollen auf diesem Weg Erkenntnisse gesammelt werden in Bezug auf den Handlungsbedarf im Rahmen der Umsetzung des Städteregionalen Inklusionsplanes und ggfs. darüber hinaus (Ziff.3).
Eine Sonderstellung hat der „Runde Tisch Inklusion“ des FB 45 zur Umsetzung des Artikel 22 der Konvention.
- Nach Erarbeitung des StädteRegionalen Inklusionsplanes wird die Verwaltung eine Umsetzungsstrategie für die Stadt Aachen entwickeln und die Notwendigkeit zur Erarbeitung weiterer Themenfelder und Maßnahmen prüfen. In diesem Zusammenhang werden auch die dafür erforderlichen personellen und uns finanziellen Ressourcen ermittelt.
Anlagen
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