Kenntnisnahme - FB 02/0102/WP16
Grunddaten
- Betreff:
-
'Industrie-Dialog Region Aachen' - Konzept zur Sicherung von industriespezifischen Standortfaktoren und Arbeitsplätzen in produktionsintensiven Unternehmen
- Status:
- öffentlich (Vorlage für Öffentlichkeit freigegeben)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- FB 02 - Fachbereich Wirtschaft, Wissenschaft, Digitalstadt und Europa
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Ausschuss für Arbeit, Wirtschaft und Wissenschaft
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Kenntnisnahme
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05.02.2014
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Beschlussvorschlag
Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss für Arbeit, Wirtschaft und Wissenschaft nimmt die Ausführungen der Verwaltung zustimmend zur Kenntnis und unterstützt die beschriebenen Strukturen und Inhalte des ‘Industrie-Dialogs Region Aachen‘.
Zudem beauftragt er die Verwaltung, regelmäßig über den Fortgang zu berichten.
Erläuterungen
‘Industrie-Dialog Region Aachen‘ – Konzept zur Sicherung von industriespezifischen Standortfaktoren und Arbeitsplätzen in produktionsintensiven Unternehmen
Der Ausschuss für Arbeit, Wirtschaft und Wissenschaft hat in seiner Sitzung am 09.01.2013 auf Grundlage eines Antrages der SPD-Stadtratsfraktion vom 20.11.2012 die Verwaltung beauftragt, gemeinsam mit dem Zweckverband Region Aachen und den sonstigen Beteiligten ein industriepolitisches Handlungskonzept zur Sicherung von Arbeitsplätzen in produktionsintensiven Unternehmen vorzubereiten (siehe Vorlagen-Nummer 263/16; FB 02/0083/WP 16).
Zudem solle im Einvernehmen mit dem Zweckverband Region Aachen und den sonstigen Beteiligten ein industriepolitischer Dialog initiiert werden, der bei der Erarbeitung des Handlungskonzeptes behilflich sei und dazu diene, die industriepolitischen Akteure aus Politikern, Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie ihren Vertretungen miteinander enger zu vernetzen, um die regionale Industrie durch eine koordinierte Standortpolitik zu stärken. Die Industrie ist Innovationstreiber und unverzichtbar für den Wohlstand in Deutschland. Regionale Stärken liegen insbesondere in Industriebranchen wie Automobil, Maschinenbau, Metall und Elektro, Nahrungsmittel sowie Chemie und Pharma. Dies beinhaltet ein hohes Potential an Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Zudem werden neue Produkte in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der Industrieunternehmen geschaffen. Die Initiative setzt daher auf die Stärkung der Industriebetriebe. Das Hauptziel ist, das regionale Wirtschaftswachstum zu unterstützen. Die Wirtschaftsförderung der Stadt Aachen, die Städteregion Aachen, der Zweckverband Region Aachen, die Vereinigten Unternehmerverbände Aachen, die IHK Aachen, der DGB, die AGIT sowie die Bundesagentur für Arbeit Aachen-Düren haben deshalb den ‘Industrie-Dialog Region Aachen‘ gestartet. Der installierte Arbeitskreis hat in bislang 13 Arbeitstreffen getagt.
Zum Auftakt diskutierten im April im Aachener Philips-Werk über 200 Vertreter aus Industrie, Politik, Verwaltung, Verbänden und Kammern über industriefreundliche Bedingungen sowie über Möglichkeiten, den Industriestandort Aachener Region erfolgreich weiterzuentwickeln. In den darauf folgenden Monaten wurden mit Verantwortlichen aus Unternehmen Initiativen entlang der vier Handlungsfelder ‘Rahmenbedingungen‘, ‘Fach-kräfte‘, ‘Innovationen und Technologietransfer‘ sowie ‘Standortkommunikation‘ entwickelt, die die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Region Aachen stärken sollen. Von Juli bis Anfang November wurden demnach zielgruppengerechte, dialogorientierte Workshops durchgeführt. Die aktive Beteiligung der Unter-nehmen stellte dabei eine wichtige Komponente dar, um deren individuelle Bedarfe ermitteln zu können, auf deren Grundlage die erarbeiteten Ergebnisse im Rahmen des ‘2. Industrie-Dialog Region Aachen‘ am 27.11.2013 präsentiert wurden. Flankierend konnte erreicht werden, dass durch den Zeitungsverlag Aachen eine Sonder-Wochenendbeilage in Form eines Themenmagazins veröffentlicht wurde (23.11.2013), das schwerpunktmäßig regionale Industrieunternehmen und ihre Produkte sowie die Zielsetzung der ‘Industrie-Dialog‘-Initiative vorstellte.
Im Kreis der Kooperationspartner wurde mehrheitlich die Auffassung vertreten, bei den Industrieunternehmen zunächst aktuelle Bedarfslagen zu ermitteln. Der ‘Industrie-Dialog Region Aachen‘ war somit im Jahr 2013 stark durch den Dialogprozess mit den Unternehmen geprägt. Im Zuge dessen wurde deutlich, dass die Bedarfslagen der Unternehmen auch branchenabhängig sehr individuell sind. Die Dokumentation in Form eines Handlungskonzeptes war demnach während des bisherigen Prozesses nicht vorrangig. Im Rahmen des Arbeitskreises wurde jedoch bereits vereinbart, die Ergebnisse der Workshops sowie die Diskussionsbeiträge aus der Veranstaltung vom 27.11.2013 in einem Positionspapier als ersten Schritt auf dem Weg zu einem Handlungskonzept durch den Zweckverband Region Aachen festzuhalten.
Grundsätzlich besteht eine zunehmende Bereitschaft der Unternehmen, sich an der Initiative zu beteiligen. Ein Beleg hierfür ist, dass sowohl namhafte Unternehmen wie Philips, Continental, Saint-Gobain oder Saurer Schlafhorst als auch kleinere und mittelständische Betriebe dazu bereit sind, sich aktiv einzubringen. Insgesamt ist die unternehmerische Beteiligung noch ausbaufähig, so dass im laufenden Jahr 2014 hierauf ein Augenmerk zu legen sein wird. Dies kann aus dem Blickwinkel des Fachbereiches Wirtschaftsförderung/Europäische Angelegenheiten umso einfacher gelingen, wenn durch ein Handlungskonzept eine gemeinsame Agenda definiert wird und damit Handlungs- und Beteiligungsmöglichkeiten für Unternehmer deutlich konturierter und greifbarer erscheinen.
Die bislang gemeinsam mit den Unternehmen erarbeiteten Lösungsansätze zeichnen sich zudem eher durch Pragmatismus, denn durch einen hohen Innovationsgrad aus: Das Wissen um konkrete Ansprechpartner und ‘Kümmerer‘ steht im Vordergrund. Ebenso war ein Ergebnis des Dialogprozesses, dass es nicht grundlegend an Angeboten und Projekten mangelt, die der Unterstützung der regionalen Unternehmen dienen. Vielmehr müssten diese aus Unternehmenssicht z. T. besser auf- und miteinander abgestimmt werden. Daher muss es Ziel sein, den Industrie-Dialog ab 2014 verstärkt als Dachmarke zu begreifen, die interne Abstimmungsprozesse zwischen den Beteiligten unterstützt und die Lösungsorientierung hinsichtlich Unternehmensbedarfslagen verbessert.
Die maßgeblichen Ergebnisse der Arbeitsgruppen wurden im Zuge der öffentlichen Veranstaltung vom 27.11.2013 in Stolberg vorgestellt, die im Nachfolgenden skizziert werden und in die auch die ermittelten Handlungsbedarfe Eingang fanden. Darüber hinaus wurden die Unternehmen an den bei der Veranstaltung eingerichteten Themeninseln zur aktiven Beteiligung an den erarbeiteten Formaten motiviert.
‘Fachkräfte‘
Im Zuge der Arbeitsgruppe ‘Fachkräfte‘ werden durch die Bundesagentur für Arbeit Aachen-Düren vor-Ort-Qualifizierungsmaßnahmen bei Unternehmen der Region durchgeführt. Zudem wurden die Ausbildung schwächerer Jugendlicher, Nachqualifizierung von Un- und Angelernten sowie die Kooperation zwischen Unternehmen als Handlungsansätze identifiziert. Ferner wurde die Entwicklung einer Imagebroschüre und ggf. eines Werbefilms ins Auge gefasst, die Unternehmen in der Region als interessante Arbeitgeber positionieren.
‘Innovationen und Technologietransfer‘
In diesem Handlungsfeld wurden drei Netzwerkformate entwickelt, die sich bereits in Umsetzung befinden. So konnten bereits Unternehmen gewonnen werden, die im Rahmen des Unternehmensbesuchsprogramms ‘Hallo Nachbar‘ als Gastgeber auftreten. Darüber hinaus werden die sog. ‘Transfer-Messe‘ sowie das ‘Transfer-Café‘ weiter konzeptionell konkretisiert. Der ‘Performance Check Produktion‘ wird in Kooperation mit dem Exzellenzcluster des Werkzeugmaschinenlabors WZL der RWTH Aachen den Unternehmen bereits als (kostenpflichtige) effektive Maßnahme angeboten. Auch die sog. ‘Innovationslotsen‘ befinden sich zum Teil bereits in der Umsetzung.
‘Rahmenbedingungen‘
Eine künftige Zielsetzung der gleichnamigen Arbeitsgruppe besteht in der Unterstützung des Ausbaus von Netzwerken zu tragfähigen Energiekooperationen an Mikrostandorten (z. B. Nutzung individueller Produktionsabwärmen). Gemäß EU-Energieeffizienzrichtlinie kann eine Inanspruchnahme des Energiesteuerausgleichs nur nach erfolgreich durchlaufenem Energieaudit erfolgen, bei dem der individuelle Energieverbrauch umfassend analysiert und im Anschluss Energieeffizienzziele formuliert werden. Der finanzielle ‘Leidensdruck‘ aufgrund von Energiekostenbelastungen ist aktuell allerdings meist noch nicht stark genug, um Energiemanagementsysteme/ Audits einzuführen bzw. zu nutzen, da auch dies mit Kosten verbunden ist. Das generelle Interesse an einer Vernetzung im Energiebereich sowie auch an weiteren Informationen von politischer Seite ist jedoch hoch, da durch den Austausch das Bewusstsein für Energieeinsparpotentiale gefördert werden kann. Gemeinsam mit den Teilnehmern des Workshops wurde daher beschlossen, die Themen und Ergebnisse der Diskussion weiterzuverfolgen. Sie sollen die Grundlage für ein Symposium zum Thema ‘Energie als Standortfaktor‘ sein. Dieses soll dem Austausch von Unternehmen untereinander sowie mit den unterschiedlichen politischen Ebenen dienen, die aktiv eingebunden werden sollen. Ein konkreter Termin in 2014 wird noch festgelegt werden.
Darüber hinaus wurde die Einrichtung eines noch zu konkretisierenden Unternehmerbeirates ins Auge gefasst, der durch die Einspeisung konkreter Bedarfs- und Problemlagen in Politik und Verwaltung als Bindeglied zur Industrie fungieren soll.
‘Standortkommunikation‘
Wesentliches Ergebnis der gleichnamigen Arbeitsgruppe ist, dass der industrielle Standort der Region Aachen – anders als andere Standorte – kein Akzeptanzproblem in der breiten Bevölkerung aufweist. Vielmehr muss es Ziel sein, die nach innen gerichtete Kommunikation zwischen den Unternehmen der Region zu verbessern – etwa im Hinblick auf regionale Leistungsangebote – mit der Folge, dass zukünftig mehr Aufträge regional statt überregional vergeben werden können. Dazu wurden als Produkte exemplarisch folgende Handlungswege bzw. Maßnahmen entwickelt, die konzeptionell künftig weiter konkretisiert werden: Ein Gütesiegel „Made in Region Aachen“ kann als Unternehmensauszeichnung nach regionalgebundenen Kriterien wie Mitarbeiter, Zulieferer, Kunden und Absatzmärkte vergeben werden. Beim Veranstaltungsformat „Lange Nacht der Industrie“ öffnen Industrieunternehmen ihre Türen für die interessierte Öffentlichkeit, um in Rundgängen, Präsentationen und Dialogen industrielle Branchen anschaulich zu präsentieren und so das Unternehmensbesuchsprogramm ‘Hallo Nachbar‘ um Ziel- bzw. Besuchergruppen wie Schüler, Studierende, Arbeits- und Ausbildungssuchende sowie interessierte Bürger zu erweitern. In einem ähnlichen Kontext könnten Industrie-Botschafter in Form aktiver Unternehmen(-svertreter) ernannt werden, die als branchenspezifische Repräsentanten der Region fungieren. Der ‘Industrie-Dialog – Kooperationspreis‘ kann als Unternehmensauszeichnung für regionale Zusammenarbeit vergeben werden, die aus der Initiative des ‘Industrie-Dialogs Region Aachen‘ entstanden ist.
In Ergänzung zu den genannten Anstrengungen aller Kooperationspartner ist der Fachbereich Wirtschaftsförderung/Europäische Angelegenheiten aktuell dabei, im Rahmen der Bestandspflege alle 160 Industriebetriebe im Aachener Stadtgebiet persönlich zu kontaktieren, um konkrete Bedarfslagen und die Bereitschaft zur Mit-wirkung zu ermitteln. Bislang wurden 130 Unternehmen kontaktiert, wovon 48 kein Interesse an einem Kontakt und damit auch am ‘Industrie-Dialog Region Aachen‘ gezeigt haben, während die restlichen 82 bereits besucht wurden bzw. Besuche geplant sind.
Im Durchschnitt zeigten sich in den Gesprächen rund 50% der Unternehmen informiert über den laufenden Prozess des Industrie-Dialogs, während die andere Hälfte bislang über keine Informationen darüber verfügt hatte. Dies bedeutet, dass 2014 die Öffentlichkeitsarbeit entsprechend zu verstärken ist. Zugleich bleibt fest-zustellen, dass von den 82 grundsätzlich interessierten Industrieunternehmen nur rund 20 ein hohes Interesse gezeigt haben und der Rest eher grundsätzliches Interesse äußerte. Auch hier erscheint eine stärkere Akzentuierung der Mehrwerte des Industrie-Dialogs durch ein konkretes und transparentes Handlungskonzept als sinnvoll. Gleichzeitig wird durch die konzertierte Besuchsreihe der städtischen Wirtschaftsförderung deutlich, dass die Unternehmen gezielt angesprochen und über die genannten Bedarfe für eine Beteiligung motiviert und gewonnen werden müssen.
In den erfolgten Unternehmensbesuchen zeigten sich vor allem folgende Handlungsbedarfe:
- Vorrangig wurden Wünsche nach mehr Vernetzung der Unternehmen untereinander, aber auch mit der Politik und sonstigen Institutionen geäußert. Diese Handlungsbedarfe werden im Themenfeld Standortkommunikation aufgegriffen. Hierbei sind neben dem Format ‘Lange Nacht der Industrie‘ ebenfalls Ideen wie Kooperationspreise, ein Gütesiegel ‘Made in (Region) Aachen‘ oder Industriebotschafter zu nennen. Diese Maßnahmen sollen insbesondere auch zu einer Verbesserung der Kommunikation zwischen den regionalen Unternehmen führen. Durch das Kennenlernen der einzelnen Leistungsangebote soll die Vernetzung der Betriebe untereinander erreicht werden.
- Die unter dem Sammelbegriff Rahmenbedingungen zusammenzufassenden Bereiche wurden von den Unternehmen unterschiedlich beleuchtet. Genannt wurden u. a. Bedingungen der Verkehrs- und Versorgungsstruktur, aber auch hohe Energiekosten sowie politische Richtlinien und Förderprogramme. Dies wurde – wie oben erläutert – auch im Themenfeld Rahmenbedingungen in Form von Vorschlägen wie einem Wirtschaftsbeirat oder Symposien zum Thema Energie diskutiert.
- Gleichzeitig wurde naturgemäß auch das Thema Fachkräfte angesprochen. Analog zu den oben aufgeführten bisherigen Ergebnissen der gleichnamigen Arbeitsgruppe wurden hierbei u. a. auch Maß-nahmen zur Ausbildungs- bzw. Mitarbeiterförderung sowie zur Qualifizierungsberatung thematisiert.
- Erstaunlicherweise wurde das Thema Innovations- und Technologietransfer vonseiten der Aachener Industrieunternehmen als nicht ganz so stark ausgeprägte Bedarfslage wie die anderen Themenfelder formuliert. Dies lässt sich vermutlich durch eine größere räumliche Nähe und generell geringere Kooperationsdistanz zu den ansässigen Hochschuleinrichtungen erklären. Dennoch ist immer wieder festzustellen, dass die Unternehmen noch zu wenig über die Forschungs- und Entwicklungsmöglichkeiten an den Aachener Hochschulen informiert sind.
Für den ‘Industrie-Dialog Region Aachen‘ wird die Verbandsversammlung des Zweckverbandes Region Aachen dauerhaft die regionalpolitische Steuerungsfunktion übernehmen. Die operative Organisation und Federführung des weiteren Prozesses wurde zum Jahresbeginn vom Fachbereich Wirtschaftsförderung/Europäische Angelegenheiten der Stadt Aachen auf den Zweckverband Region Aachen übertragen und damit auch die Aufgabe der schriftlichen Ergebnisdokumentation sowie der Formulierung eines Strategie- bzw. Positionspapiers. Zwischen den Partnern war zudem abgestimmt, dass durch den Zweckverband ein interner Arbeitskreis-Workshop unter Beteiligung von Unternehmen organisiert sowie ein Veranstaltungskalender für 2014 erstellt werden wird.
Der Ausschuss für Arbeit, Wirtschaft und Wissenschaft wird regelmäßig über den Fortgang detailliert unterrichtet, um über die für die Stadt Aachen relevanten Aspekte des ‘Industrie-Dialogs‘ umfassend beraten zu können.