Entscheidungsvorlage - FB 61/0027/WP17

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

 

Der Planungsausschuss beauftragt die Verwaltung, bei Neubauvorhaben und wesentlichen Nutzungsänderungen

a) die Berechnung der erforderlichen Fahrradstellplätze entsprechend der „Hinweise zum Fahrradparken“ einzufordern und

b) auf die Einhaltung der „Prinzipien zu Anzahl, Gestaltung und Anordnung von Fahrradabstellplätzen in Aachen“ hinzuwirken.

Der Planungsausschuss spricht sich dafür aus, dass in der Landesbauordnung den Kommunen die Möglichkeit eingeräumt wird, dass sie in einer Satzung Anforderungen zu Anzahl, Gestaltung und Anordnung von Fahrradabstellanlagen bei Neubauvorhaben festlegen kann. Er bittet die Verwaltung, sich hierfür einzusetzen und nach Aufnahme einer derartigen Möglichkeit in der Landesbauordnung, dem Planungsausschuss den Entwurf einer Fahrradabstellsatzung vorzulegen.

 

Der Ratsantrag 98/15 gilt hiermit als erledigt.

 

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Erläuterungen

Erläuterungen:

Kurzfassung:

 

Die Verwaltung hat als Antwort auf den Ratsantrag 98/15 im Januar 2014 empfohlen, den Radverkehr bei Bauvorhaben zukünftig noch systematischer zu fördern, auf die Erarbeitung einer städtischen Fahrradabstellsatzung aber zu verzichten (Vorlage FB 61/1048/WP16).

Der Planungsausschuss hat in seiner Sitzung am 13.02.2014 die Verwaltung einstimmig beauftragt, eine Satzung für Fahrradabstellanlagen bei Bauvorhaben zu erarbeiten. Die Verwaltung sieht jedoch derzeit keine Rechtsgrundlage für die Aufstellung einer örtlichen Fahrradabstellsatzung. Es sollte daher die anstehende Änderung der Landesbauordnung abgewartet werden.

Begründung

Der Radverkehrsanteil in Aachen betrug in der letzten Mobilitätserhebung 2011 11 %. Es ist erklärtes Ziel der Mobilitätsstrategie Aachen und Auftrag des Luftreinhalteplanes der Stadt Aachen, den Radverkehr attraktiver zu gestalten und den Radverkehrsanteil deutlich zu erhöhen.

 

Spätestens mit dem Aufkommen der sehr attraktiven, aber auch teureren und schwereren Elektrofahrräder ist für alle ersichtlich, dass die Ausgestaltung von Fahrradabstellplätzen ein entscheidender Punkt bei der Nutzung des Fahrrades ist. Fehlende komfortable Abstellplätze an Arbeits- oder Wohnstätte hindern viele Bürger und Pendler daran, sich hochwertige Fahrräder zu kaufen und mehr Wege mit dem Rad zurückzulegen. In der Mobilitätserhebung 2011 haben 38 % der Aachener angegeben, dass sie ein Fahrrad an ihrem Haus nicht sicher oder nur umständlich abstellen können; in der Innenstadt lag dieser Anteil sogar bei 43 %.

 

Fahrradabstellanlagen bei Bauvorhaben

Zu der Thematik der Ermittlung der erforderlichen Fahrradabstellplätze sowie deren Gestaltung hat die Verwaltung die Vorlage FB 61/1048/WP16 erstellt.

 

Nachdem die Vorlage durch den Mobilitätsausschuss am 23.01.2014 zur Kenntnis genommen wurde, hat der Planungsausschuss in seiner Sitzung vom 13.02.2014 zwar keine wesentlichen inhaltlichen Anmerkungen zu der Vorlage gemacht, er hat jedoch die Verwaltung aufgefordert, den entsprechenden Regelungen durch die Form einer Satzung eine Rechtsverbindlichkeit zu geben. Am Rande der Sitzung wurde in diesem Zusammenhang auf vergleichbare Satzungen anderer Städte wie Münster, Erlangen und München verwiesen.

 

Die Verwaltung hat die grundsätzliche Möglichkeit der Erstellung einer entsprechenden Satzung geprüft.

 

Danach ist festzustellen, dass es an der notwendigen Ermächtigungsgrundlage mangelt. Fahrradabstellanlagen fallen unter den Regelungsbereich der Landesbauordnung, diese definiert in der abschließenden Auflistung des § 86 örtliche Bauvorschriften aus dem Bauordnungsrecht. Während in der Fassung der BauO NRW aus dem Jahr 1995 unter § 86 Abs. 6 aufgeführt war, dass Gemeinden örtliche Bauvorschriften erlassen können über die Lage, Größe und Beschaffenheit von Abstellplätzen für Fahrräder, ist dieser Absatz in der aktuell gültigen BauO NRW ersatzlos entfallen.

 

Ebenfalls gibt es keine Ermächtigungsgrundlage zur Satzungserstellung aus dem § 51 BauO NRW. In § 51 Abs. 4 findet sich lediglich die Ermächtigung, für abgegrenzte Teile des Gemeindegebietes oder für bestimmte Fälle durch Satzung zu bestimmen, dass Abstellplätze für Fahrräder bei bestehenden baulichen Anlagen herzustellen sind, soweit die Sicherheit und Ordnung des öffentlichen Verkehrs oder die Beseitigung städtebaulicher Missstände dies erfordert. Diese vom Gesetzgeber eröffnete Satzungsmöglichkeit zielt jedoch in eine andere Richtung als die Vorlage der Verwaltung.

 

Ferner stellt der § 51 BauO NRW die Möglichkeit dar, nach Zahlung eines Geldbetrages auf die Herstellung von Stellplätzen zu verzichten. Dazu ist die Höhe des Geldbetrages in einer Satzung festzulegen. Da im § 51 BauO NRW durchgängig unterschieden wird zwischen Stellplätzen und Abstellplätzen für Fahrräder ist davon auszugehen, dass die Möglichkeit der Ablösung für PKW-Stellplätze vom Gesetzgeber gemeint war.

 

Die Möglichkeit, Regelungen über die Anzahl, die Lage sowie die Beschaffenheit der notwendigen Stellplätze über eine Satzung zu regeln, eröffnet die BauO NRW in der derzeit gültigen Fassung weder für PKW noch für Fahrräder.

 

Soweit auf Satzungen in Münster, Erlangen oder München Bezug genommen wird, ist festzustellen, dass diese Satzungen entweder auf einer älteren Fassung der Landesbauordnung NRW gründen oder auf entsprechenden Ermächtigungen aus der Bayerischen Bauordnung (s. Anlagen).

 

Anfragen an das Verkehrsministerium und an benachbarte Städte bestätigen die Rechtsunsicherheit. Die Landesbauordnung befindet sich nach Auskunft der Ministerialverwaltung in Überarbeitung und soll zukünftig einen Passus enthalten, der es Kommunen erlaubt, Regelungen zu Anzahl, Ausgestaltung und Anordnung von Fahrradabstellplätzen zu machen.

 

Die Verwaltung empfiehlt daher, entsprechend der Vorlage zu verfahren und die dargelegten Anforderungen an Fahrradabstellanlagen als verwaltungsinterne Regelung zum einheitlichen Verwaltungshandeln ohne verbindliche Auswirkung umzusetzen.

 

Fahrradabstellanlagen im Bestand

Das Vorhandensein komfortabler Fahrradabstellplätze bei allen bestehenden Gebäuden wäre sicherlich wünschenswert. Eine Regelung für eine Nachrüstung im Bestand für bestimmte Bereiche zu beschließen, wäre rechtlich zwar möglich, jedoch mit erheblichen Belastungen und Schwierigkeiten in der Umsetzung verbunden.

Von der Verwaltung wird daher empfohlen, für Bestandsbauten keine rechtlichen Maßnahmen zur nachträglichen Errichtung von Abstellanlagen zu ergreifen. Alternativ sollten geeignete Ansatzpunkte auf freiwilliger Basis verstärkt zum Tragen kommen; so hat z.B. die RWTH Aachen aus eigenen Mitteln am Audimax und in der Wüllnerstraße Vorderradhalter durch Fahrradbügel ersetzt.

 

Für den öffentlichen Straßenraum stehen im städtischen Haushalt derzeit 10.000 Euro je Jahr bereit, mit denen 100 Bügel bzw. 200 Abstellplätze pro Jahr realisiert werden können. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass das Ordnungsamt dauerhaft ungenutzte Räder, bei denen eine illegale Müllentsorgung vermutet werden kann, markiert und nach einer Frist von derzeit einem Monat entfernen lässt, damit die dazu öffentlich geschaffene Infrastruktur auch entsprechend des Ziels (Förderung des Fahrradfahrens) genutzt werden kann.

 

Fahrradabstellanlagen bei Neubauvorhaben

Bei Neubauvorhaben besteht nach der Landesbauordnung eine gesetzliche Pflicht, für den zu erwartenden Zu- und Abgangsverkehr Stellplätze herzustellen, dies gilt ausdrücklich auch für Fahrradabstellplätze.

 

In der Praxis sind zwei wesentliche Aspekte zu unterscheiden:

  • Die Anzahl der Abstellplätze
  • Die Gestaltung und Anordnung der Abstellplätze

 

Anzahl der Abstellplätze bei Neubauvorhaben

In der aktuell gültigen Bauordnung des Landes Nordrhein-Westfalen ist es Pflicht jedes Bauherren, Stellplätze und Fahrradabstellplätze in dem Umfang herzustellen, wie es die Nutzungen des Vorhabens erwarten lässt.

Es sind nach dem Gesetzesverständnis dabei keine pauschale Tabellenwerte zu verwenden, die früher geltenden Richtzahlen für PKW-Stellplätze aus der Verwaltungsvorschrift zur Landesbauordnung sind formell nicht mehr in Kraft. Stattdessen ist eine Berechnung des tatsächlich zu erwartenden Verkehrs sowohl für Pkw als auch für den Radverkehr im Einzelfall und in Abhängigkeit der Verkehrsverhältnisse für den Standort durchzuführen.

Hierzu einige Hinweise: Die Fahrradbesitzquote in Aachen liegt bei ca. 90 %, d.h. 9 von 10 Aachenern besitzen ein Fahrrad. Es ist daher anzunehmen - sofern sich durch Fahrradverleihsysteme keine wesentliche Änderung hieran ergibt - dass bei Wohnbauvorhaben je Bewohner ein Abstellplatz benötigt wird. Insbesondere bei Studentenwohnanlagen wurde dieser Wert in den letzten beiden Jahren von der Verwaltung bereits durchgesetzt.

2012 sind von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen „Hinweise zum Fahrradparken“ erschienen. Darin ist ein bundesweit empfohlenes Verfahren zur Berechnung der notwendigen Abstellplätze differenziert nach Nutzungsart, erwartetem Radverkehrsanteil und Nutzer (Bewohner, Beschäftigte, Besucher) beschrieben. Dies wird von der Verwaltung als Stand der Technik angesehen und bei zukünftigen Neubauvorhaben standardmäßig eingefordert.

In den zugrundeliegenden Tabellen zur Berechnung der notwendigen Abstellplätze ist als gedachte „untere Orientierungsmarke“ ein Radverkehrsanteil von 10 % und als „obere Orientierungsmarke“ ein Radverkehrsanteil von 20 % ausgewiesen. Bei Ausbildungseinrichtungen liegen diese Marken abweichend bei 20 % bzw. 30 %. Die Verwaltung erwartet für die Zukunft einen steigenden Radverkehrsanteil und wird daher den oberen Wert einfordern, sofern nicht verkehrsplanerische Gründe eine abweichende Ausrichtung sinnvoll erscheinen lassen.

Dies entspricht folgenden pauschalen Richtwerten (beispielhaft):

Wohngebäude mit mehr als zwei Wohnungen: 1 Abstpl. je 35 m² Wohnfläche

Büronutzungen mit teilweiser Publikumsfunktion: 1 Abstpl. je 90 m² Nutzfläche

Großfläche Einzelhandelsbetriebe: 1 Abstpl. je 90 m² Nutzfläche

Gaststätten und Kinos: 1 Abstpl. je 4,5 Besucherplätze

Schulen: 1 Abstpl. je 4 Schüler-/Studierendenplätzen

Handwerks- und Industriebetriebe: 1 Abstpl. je 225 m² Nutzfläche

 

Fahrradabstellplätze bei Nutzungsänderungen

Die BauO NRW fordert den Nachweis von Stellplätzen im Zusammenhang mit bestehenden Gebäuden nur bei wesentlichen Änderungen. Bei den PKW-Stellplätzen wird in der Praxis so verfahren, dass ein Abgleich zwischen der Zahl der notwendigen Stellplätze vor der (Nutzungs-)Änderung und nach Durchführung des Vorhabens aufgestellt wird. Soweit sich daraus weniger als eine Verdopplung der Zahl der notwendigen Stellplätze ergibt, wird auf einen weiteren Nachweis verzichtet. Diese Vorgehensweise erscheint vom Grundsatz auch bei Fahrradabstellplätzen richtig.

Bei Vorliegen einer wesentlichen Änderung im vorgenannten Sinne wird ebenfalls in der Praxis der Nachweis der Fahrradstellplätze oftmals mit Schwierigkeiten verbunden sein. Analog zu der Vorgehensweise bei Neubauten soll dann untersucht werden, ob ein Nachweis der Fahrradabstellplätze in räumlicher Nähe möglich ist.

 

Prinzipien zur Gestaltung und Anordnung von Fahrradabstellplätzen

Wie oben dargelegt ist eine Satzung, die Anforderungen an Fahrradabstellplätze einfordert, rechtlich nicht möglich. Um dem berechtigten Interesse der Förderung des Radverkehrs Ausdruck zu verleihen, wird jedoch vorgeschlagen, dass die in der Anlage beigefügten „Prinzipien zur Anzahl, Gestaltung und Anordnung von Fahrradabstellplätzen“ als Grundlage für das Verwaltungshandeln vom Planungsausschuss bestätigt und im Rahmen der Information von Bauherren diesen frühzeitig zugänglich gemacht werden.

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Anlagen

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