Kenntnisnahme - FB 36/0039/WP15
Grunddaten
- Betreff:
-
Pendlernetz – Mitfahrservice für Berufspendler in der Stadt Aachenhier: Sachstandsbericht
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- Koordinierungsstelle Klimaschutz und Lokale Agenda 21
- Beteiligt:
- FB 61 - Fachbereich Stadtentwicklung und Stadtplanung
- Verfasst von:
- S 69
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Bezirksvertretung Aachen-Richterich
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Kenntnisnahme
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14.09.2005
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Erläuterungen
Erläuterungen:
Der Bürgerservice
Pendlernetz NRW wurde im September 2002 gegründet und wurde als Agenda 21-NRW
Projekt durch das Landes NRW ausgezeichnet. Die Projektkoordination und Öffentlichkeitsarbeit
wird durch das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz des Landes NRW gefördert. Die Verbraucherzentrale NRW betreut
den Hilfebereich für Anwender. Weitere Projektpartner sind u.a. der ADAC, der ACE,
der FC Schalke 04, das Rhein-Fire Footballteam und das Musiktheater im Revier.
Bereits zwölf Kreise (165
Städte und Gemeinden) sowie acht kreisfreie Städte in Nordrhein-Westfalen
beteiligen sich an dem Bürgerservice Pendlernetz NRW. Damit haben rund 7,2 Millionen
Bürger die Möglichkeit, Fahrgemeinschaften über den internetgestützten Service
zu bilden. In diesem Einzugsgebiet sind jeden Tag 1,2 Millionen Menschen als
Auspendler und 1,1 Millionen als Einpendler unterwegs, Tendenz steigend.
Das Pendlernetz NRW hat
sich in den letzten zwei Jahren zur führenden Internet-Plattform für regionale
Berufspendler in NRW entwickelt. Das System erlaubt dem Nutzer, ein sehr
individuelles, dem Arbeitsalltag entsprechendes Fahrtenschema einzugeben. Im
letzten Jahr konnten im Pendlernetz NRW zwischen 15.000 (Dez./Jan.) und mehr
als 35.000 (Okt./Nov.) Mitfahrangebote und -gesuche täglich abgerufen werden.
Tendenz steigend. Die Anzahl der Seitenbesuche hat sich 2004 auf über 40.000
mehr als verdreifacht. Das sind pro Tag über 1.000 Pendler (68 Besuche täglich
für Aachen, Januar 05), die auf der Suche nach einer Fahrgemeinschaft sind. Das
Pendlernetz NRW ist damit zur europaweiten Nummer 1 der regionalen
Mitfahrzentralen aufgestiegen. Mittlerweile wurde auch für Berufspendler im
Großraum Stuttgart und im Rhein-Main-Gebiet ein entsprechender Service
eingerichtet.
Der
Kreis Aachen und die Stadt Aachen haben sich schon im Vorfeld aktiv im Rahmen
der Agenda 21 an der Projektentwicklung beteiligt. Der Kreis Aachen ist seit
dem Projektstart im September 2002 und die Stadt Aachen seit Anfang 2003 in den
Bürgerservice Pendlernetz NRW durch seine regionalen Teilsysteme im Internet
eingebunden.
Hintergründe:
Der Verkehr auf den Straßen
nimmt ständig weiter zu. Immer mehr Staus und zähfließender Verkehr schaden der
Volks- und Betriebswirtschaft. Mitarbeiter kommen zu spät und gestresst an
ihrem Arbeitsplatz an. Warenlieferungen stehen im Stau, erzeugen bei diesem
Stillstand erhebliche weitere Kosten und erreichen zu spät den Zielort. Liefertermine
können nicht eingehalten werden.
Funktionierende Mobilität
wird für Unternehmen und ihre Mitarbeiter – nicht nur auf Grund der steigenden
Ölpreise – zu einem wesentlichen Kosten-, Zeit- und damit Erfolgsfaktor. Vor
allem gilt dies für den Weg zum und vom Arbeitsplatz während der
Hauptverkehrszeiten. Zur Lösung des Problems kann jeder Alltags- und
Berufspendler etwas beitragen. Durch die zunehmend längeren Arbeitswege und die
stärkere Ausdifferenzierung der Verkehrsströme hat die Bedeutung von Fahrgemeinschaften
für Berufspendler erheblich zugenommen.
19% aller Wege in
Deutschland werden bereits in Fahrgemeinschaften aller Art zurückgelegt. Damit
ist das ”Zusammenfahren” in Deutschland der Verkehrsträger mit dem stärksten
Zuwachs ( 10% auf 19% ) in den letzten zwanzig Jahren (Kontiv-Studie ”Mobilität
in Deutschland 2002”). Hier hat sich in den letzten Jahren ein Wandel
vollzogen, das Interesse an Fahrgemeinschaften steigt kontinuierlich. 45% der
Menschen würden laut Umfragen gern Fahrgemeinschaften bilden. So fragte
Autobild : ”Sind Fahrgemeinschaften für Sie ein Spartipp?” Die Antwort von 45%
der Befragten: ”Nein, ich finde keine passenden Mitfahrer.” 18% antworteten:
”Ich mache das schon seit Jahren.” Bis zum Start des Pendlernetzes gab es
jedoch noch kein funktionierendes Vermittlungssystem.
Die Erfahrungen von
Unternehmen, die Forschungen an Hochschulen und die konkreten Pendlerzahlen
zeigen, dass nur ein überregional vernetzter und vor Ort auf kommunaler Ebene
eingebundener Mitfahrservice Berufspendlern das Bilden von Fahrgemeinschaften
ermöglicht. Aus diesem Grund haben die Kreise und Städte das Pendlernetz NRW
als kostenlosen internetgestützten Mitfahrservice für Alltags- und
Berufspendler eingerichtet.
Das regionale und überregionale
Verkehrsgeschehen ist davon geprägt, dass die Zahl der Berufspendler beständig
steigt und die durchschnittlich zurückgelegten Entfernungen immer größer
werden. Verstärkend
tritt hinzu, dass
gewerbliche Zentren während der zurückliegenden Zeit eher an nicht integrierten
und für den öffentlichen Verkehr oft schwer erreichbaren Standorten "auf
der grünen Wiese" entwickelt wurden. Die Verkehrs- und Wohnumfeldsituation
in den städtischen Zielregionen verschlechterte sich in der Folge; in den Quellregionen des Umlandes bietet das
öffentliche Personennahverkehrsangebot zumeist erst gar keine geeignete
Transportalternative zum privaten Pkw. Dies wäre in vielen Fällen auch nicht
finanzierbar.
Einige Zahlen verdeutlichen
die Situation: 1987 überquerten täglich 38.236 Berufseinpendler (ohne Ausland)
und 10.484 Berufsauspendler die Aachener Stadtgrenzen. Zur Mitte des Jahres
1998 sind diese Pendlerströme auf 52.247 Berufsein- bzw. 19.106
Berufsauspendler gestiegen. Die Steigerungsraten von 36,6 % bzw. sogar 82,2 %
sind enorm, auch wenn eventuell mit methodischen Unschärfen zu rechnen ist.
Insgesamt sind über 45.000 zusätzliche tägliche Wege - nur für den
Verkehrszweck Arbeit - entstanden, die - legt man wohlwollend den städtischen
Modal-Split (d.h. die Aufteilung der Verkehrswege auf die Verkehrsmittel)
zugrunde - zu 10 % vom Öffentlichen Personennahverkehr, jedoch zu 52 % vom motorisierten Individualverkehr
bewältigt werden. Bei einer durchschnittlichen Fahrzeugbesetzung von 1,3 Personen
(bei Berufspendlern 1,04 Personen) sind somit über 18.000 zusätzliche PKW- und
Motorradfahrten zu verzeichnen.
Funktionsweise des
Pendlernetzes:
Der Internet-Service dient
Alltags- und Berufspendlern als Kommunikationsbasis zur Bildung von
Fahrgemeinschaften für regelmäßige und einmaligeFahrten mit dem Auto. Für die
Stadt Aachen ist der Service
unter www.aachen.pendlernetz.de zu finden.
Vereinfacht ausgedrückt,
funktioniert der Service wie eine große Anzahl von örtlichen Pinnwänden, die
mittlerweile über zwölf Kreise (mit 165 Städten und Gemeinden) und acht
kreisfreie Städte verteilt sind.
Jeder, der in dieser Region
oder benachbarten Regionen wohnt oder arbeitet, kann den Mitfahrservice
kostenlos nutzen, kann freie Sitzplätze als Mitfahrangebote oder auch
Mitfahrgesuche in das System einstellen. Außerdem hat man die Möglichkeit, sich
andere Inserate, vorsortiert für den Wohnort, Arbeitsort oder die Fahrtroute,
anzeigen zu lassen.
Zuerst anmelden, dann
einloggen, Start- und Zieladresse eingeben, Fahrtzeit angeben, wahlweise
die
Optionen männlich/weiblich
oder Raucher/Nichtraucher nutzen, spezielle Routenwünsche können eingegeben
werden, E-Mail-Adresse und Telefonnummer für die Kontaktaufnahme angeben -
und der Nutzer kann eine Fahrgemeinschaft
bilden. Die Pendler können auch die vielen Tipps zum Pendeln (z.B. mit
Rechenbeispielen zur Aufteilung der Fahrkosten) sowie aktuelle Informationen
über rechtliche und versicherungstechnische Fragen der Verbraucherzentrale NRW
nutzen.
Durch die Einbindung von
Bahnhöfen und Busbahnhöfen kann der Bürgerservice gut mit dem ÖPNV-Angeboten
vernetzt genutzt werden.
Der Aufwand für den Pendler
ist sehr gering. Das Einstellen eines Fahrteninserates dauert nur wenige
Minuten, die Suche nach
einem vorhandenen Angebot sogar nur wenige Sekunden. Das System aktualisiert
die Inserate für eine bestimmte Zeit automatisch, die Verlängerung dauert auch
nur wenige Sekunden. Die Vermittlung geschieht effektiv und ohne Aufwand.
Befragung:
Vom Institut für Technik und Gesellschaft
des TaT Transferzentrum für angepasste Technologien ließ der Bürgerservice in
Zusammenarbeit mit dem EDV-Dienstleister EuropeAlive Medien GmbH, dem
Darmstädter Institut Wohnen und Umwelt und dem Institut für Soziologie der Universität
Münster im Dezember 2004 eine E-Mail-Umfrage bei allen registrierten Nutzern
des Pendlernetzes durchführen. Insgesamt 1009 der rund 4000 im November 2004 im
Bürgerservice Pendlernetz registrierten und angesprochenen Personen
antworteten.
Der Fragebogen umfasste ein
ganzes Spektrum von Fragen zu Sinn und Zweck von Fahrgemeinschaften über Vor-
und Nachteile bis hin zu ihrer Popularität. Die Ergebnisse zeigen, dass sich
die Bemühungen des Bürgerservices in den vergangenen zwei Jahren,
Fahrgemeinschaften populärer zu machen, gelohnt haben. Mindestens einem Viertel
derer, die geantwortet haben, hat der Bürgerservice Pendlernetz NRW schon
einmal zu einer Kontaktaufnahme verholfen. Mindestens 10 Prozent derer, die an
der Befragung teilgenommen haben, hatten Erfolg bei der Bildung einer
Fahrgemeinschaft und suchten nach weiteren Teilnehmern für Ihre
Fahrgemeinschaft. Mindestens – denn diejenigen, die nicht mehr registriert
sind, da sie schon erfolgreich waren, konnten aus Datenschutzgründen mit der
Befragung nicht erreicht werden. Die Kontakte im Bürgerservice erfolgen mit 75
% vorwiegend über E-Mail, die Telefonkontakte machen rund ein Viertel aus.
Hauptgrund für die Suche
nach einer Fahrgemeinschaft ist der Spareffekt. Drei von vier Befragten nannten
die Möglichkeit, Geld zu sparen, als erstes Argument. Zu Recht: Der
Bürgerservice Pendlernetz NRW führt – sehr vorsichtig hochgerechnet auf nur 200
Fahrgemeinschaften – schon jetzt zu Einsparungen in Höhe von mindestens 330.000
Euro pro Jahr. Neben dem Sparen ist auch die Möglichkeit, durch Zusammenfahren
einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten, für 17 % der befragten Pendler
wichtig.
Interessant sind außerdem
die Ergebnisse zum Vergleich mit dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV): 78 % der Beteiligten gaben an,
lieber Fahrgemeinschaften statt öffentlicher Verkehrsmittel zu nutzen, weil die
Angebote des ÖPNV nicht den Fahrstrecken entsprechen. Damit wird deutlich, dass
Fahrgemeinschaften keine Konkurrenz, sondern eine Ergänzung zum ÖPNV
darstellen.
Außerordentlich positiv ist
die Beurteilung von Fahrgemeinschaften an sich: Über 90 % der Befragten finden
Fahrgemeinschaften sehr gut bis gut. Auch im sozialen Umfeld hat das
Zusammenfahren ein sehr positives Image: Ebenfalls ca. 90 % der Bekannten,
Freunde und Familienangehörigen von Pendlernetznutzern stehen
Fahrgemeinschaften positiv gegenüber. Dieser Aussage entspricht, dass fast ein
Fünftel der Beteiligten keinerlei Probleme bei Fahrgemeinschaften im Vergleich
zu anderen Alternativen sieht. Als hauptsächliches Problem des Zusammenfahrens
nannten 57 % die Abstimmung der Abfahrtszeiten. 20 % empfanden es als störend,
dass ”man unterwegs nicht problemlos zusätzlich etwas erledigen kann”. Offenbar
kleine Probleme, wenn man berücksichtigt, dass 87 % der ”erfahrenen Pendler”
auch weiterhin versuchen möchten, zusammen zu fahren.
Noch nicht zufrieden
stellend fielen die Bewertungen bezüglich des Bekanntheitsgrads des
Pendlernetzes aus. Fast 80 Prozent der Befragten hielten den Bürgerservice für
noch nicht hinreichend bekannt. Als Vorschläge zur Steigerung des
Bekanntheitsgrades nannten knapp 60% mehr Öffentlichkeitsarbeit und Werbung.
Zielführend für die weitere Arbeit: Ein Viertel schlug die Zusammenarbeit des
Pendlernetzes mit Firmen im Rahmen der Einbindung von Arbeitgebern vor. Hierzu
liegt seit wenigen Tagen eine spezielle Broschüre für Arbeitgeber vor.
Kosten und Finanzierung:
Mehrere Städte und Kreise
haben Interesse bekundet, in das Projekt einzusteigen. Mit neuen Techniken der
Internetprogrammierung wird es voraussichtlich zu sehr günstigen Konditionen
möglich sein, das Angebot in niederländischer und französischer Sprache auch
auf das benachbarte Ausland auszuweiten und ÖPNV-Fahrpläne zu integrieren.
Das MUNLV (in Kooperation
mit dem MVEL) ist bereit, sich um die Übernahme der Kosten für eine neue
Software (was aufgrund technischer Neuerungen preisgünstiger ist als ein
Beibehalt der alten Software) zu kümmern unter den Voraussetzungen, dass die
teilnehmenden Städte und Kreise glaubhaft und möglichst flächendeckend
Interesse an einer Fortführung des Projektes bekunden und dass die
teilnehmenden Städte und Kreise das Transferzentrum für angepasste Technologie
in Rheine (TaT; zentraler Koordinator für Öffentlichkeitsarbeit)
bevollmächtigen, entsprechende Angebote von Internetdienstleistern einzuholen.
Hierbei könnten sich die Städte offen halten, erst nach Eingang der
verschiedenen Angebote und Preise über eine weitere Teilnahme am Projekt zu
entscheiden, so dass die Durchführung der beschränkten Ausschreibung nicht dazu
verpflichtet, nachher auf jeden Fall auch am Projekt teilzunehmen. Das TaT
schätzt, dass bei den teilnehmenden Gebietskörperschaften dann für die Pflege
der EDV voraussichtlich 1.000 bis 2.000 Euro Kosten jährlich verblieben.
Verkehrsausschuss:
Der Verkehrsausschuss der Stadt Aachen hat am 23. Juni einstimmig beschlossen, dass er an einer Fortführung des Projektes Pendlernetz - unter der Voraussetzung der Verfügbarkeit der finanziellen Mittel sowie einem Kostenvolumen von maximal 2.500 Euro jährlich - interessiert ist und begrüßt die Einholung entsprechender Angebote für die Internetprogrammierung durch das Transferzentrum für angepasste Technologie. Der Kreis Aachen hat einen gleichartigen Beschluss gefasst.