Entscheidungsvorlage - FB 61/0256/WP17

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Der Mobilitätsausschuss nimmt den Bericht des Gutachters und der Verwaltung zustimmend zur Kenntnis. Er beauftragt die Verwaltung und die ASEAG, das Szenario Batteriebusse mit Schnellladung an Endhaltestellen weiter zu verfolgen. Hierzu soll bis zum Jahresende ein konkretes Umsetzungskonzept von Stadt und ASEAG erarbeitet werden in dem neben den technischen Fragestellungen auch ein Konzept zur Sicherung der Fahrplanstabilität auf den in Frage kommenden Linien sowie ein umfassendes Finanzierungskonzept enthalten sein soll.

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Erläuterungen

Erläuterungen:

 

Anlass

Die Stadt Aachen beabsichtigt, den ÖPNV mittelfristig von konventionellen Dieselantrieben auf elektrische Antriebe umzurüsten. Ziel ist, die Schadstoff- und Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren sowie den Lärmpegel in der Stadt zu senken. In der Anfang 2014 von allen im Stadtrat vertretenen Parteien verabschiedeten Vision im Rahmen der Verkehrsentwicklungsplanung wird der Förderung der Elektromobilität eine besonders hohe Bedeutung beigemessen:

 

“Aachen ist ein europäisches Kompetenzzentrum für Elektromobilität. Die Verkehrsmittel in Aachen sollen vollständig ohne fossile Kraftstoffe auskommen. Die benötigte Energie wird klimaneutral hergestellt - soweit möglich in der Region Aachen selber. Es wird angestrebt, das 2011 von der EU formulierte Ziel, dass 2050 in Stadtgebieten alle PKW lokal emissionsfrei fahren, in Aachen bereits früher zu erreichen."

 

Basierend auf diesem politischen Bekenntnis arbeiten derzeit zahlreiche Akteure daran, sinnvolle und finanziell machbare Lösungen auch für den ÖPNV in Aachen zu entwickeln.

Im November 2014 hat der Mobilitätsausschuss der Stadt Aachen die Verwaltung einstimmig beauftragt, eine Systemuntersuchung für den Elektromobilen ÖPNV in Aachen zu vergeben.

Nach einer Ausschreibung wurde im März 2015 das Fraunhofer Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI in Dresden mit der Durchführung dieser Systemuntersuchung beauftragt.

 

Der Auftragnehmer wurde während der Bearbeitung der Systemuntersuchung von einer Arbeitsgruppe aus verschiedenen Fachdienststellen der Stadtverwaltung sowie Vertretern der ASEAG und der STAWAG unterstützt.

 

Die Ergebnisse der Systemuntersuchung werden in der Sitzung vom Gutachter, Herrn Dr. Knote, vorgestellt.

 

Aufgabenstellung und Herangehensweise

Gegenstand der durchgeführten Studie ist eine systematische Untersuchung der Möglichkeiten zur Umstellung des Busbetriebs in der Stadt Aachen auf vollelektrische Antriebe. Dabei wurden für ausgewählte Linien basierend auf dem Ist-Zustand

  • die technische Machbarkeit
  • die Auswirkungen der Umstellung auf die lokale Umwelt sowie das Klima und
  • vergleichend die Kosten

eines Elektrobusbetriebs dargestellt und bewertet.

 

In Abstimmung zwischen Stadt Aachen, ASEAG und Auftragnehmer wurden insgesamt 32 Buslinien in Aachen für die Untersuchung ausgewählt, bei denen eine Umstellung auf Elektrobusbetrieb die größte Entlastungswirkung auf das Stadtgebiet erwarten ließ.

In einem ersten Schritt wurden die Linien nach dem Prinzip der Grobrasterung analysiert, bei der anhand der Umlaufplanung und vorgegebenen Energieverbrauchswerten pro Kilometer eine vereinfachte Energiebilanzrechnung vorgenommen wurde. Darauf aufbauend wurden drei Linien mittels Fahrzeugsimulation vertiefend untersucht.

 

Linien, die für eine Umstellung auf elektrischen Busbetrieb besonders geeignet sind und auf denen mit wenig Infrastrukturaufwand eine hohe Jahresfahrleistung „elektrifiziert“ werden könnte, wurden anschließend hinsichtlich Nachhaltigkeit sowie Umwelt- und Klimaauswirkungen bewertet.

Abschließend wurden vom Gutachter verschiedene Einführungsstrategiegen vorgeschlagen und die damit verbundenen Einführungskosten aufgeführt.

 

Ergebnisse und Einführungsstrategien

Batteriebusse – Stand der Technik

Trotz enormer Fortschritte in der Entwicklung der Batterietechnologien sind Batteriebusse derzeit hinsichtlich ihrer Reichweite eingeschränkt. Hieraus folgt, dass Batteriebusse nur mit Umlaufplänen mit geringer bis mittlerer Fahrweite eingesetzt werden können bzw. die Batteriespeicher im laufenden Betrieb nachgeladen werden müssen. Für den Betrieb mit Batteriebussen sind mehrere Nachladestrategien möglich, die für die vorliegende Systemuntersuchung betrachtet wurden:

  1. Eine Nachladeregime, bei dem die elektrische Energie nur während der Betriebspausen (i.d.R. nachts) auf dem Betriebshof nachgeladen wird,
  2. das Nachladen sowohl im Betriebshof als auch an den Endhaltestellen bzw. an Haltestellen mit längerer Wartezeit
  3. das Nachladen auf dem Betriebshof, an den Endhaltestellen sowie an Unterwegshaltestellen.

 

Grobrasterung

Als erstes Ergebnis der zu Beginn des Projektes durchgeführten Grobrasterung ist festzuhalten, dass die Linien 2, 5, 33, 45, 73 und 173 mit Batteriebussen grundsätzlich bedienbar sind. Hierfür sind Schnellladestationen an den Endhaltestellen

  • Uniklinik,
  • Eilendorf Schubertstraße,
  • Brand Schulzentrum,
  • Preuswald und
  • Fuchserde Waldfriedhof

notwendig. Insgesamt können auf diesen sechs Buslinien mit 31 Batteriebussen über 400 Linienfahrten an Schultagen rein elektrisch betrieben werden.

Die Grobrasterung hat jedoch auch gezeigt, dass alle anderen untersuchten Linien, darunter auch die Linien 3A/3B, nicht bzw. nur zum Teil auf reinen Batteriebusbetrieb mit Schnellladung an den Endhaltestellen umstellbar sind. Eine Umstellung dieser Linien ist beim gegenwärtigen Stand der Technik nur mit größeren Eingriffen in die Umlaufplanung möglich, was mit Mehraufwendungen in der Betriebsdurchführung verbunden wäre.

 

Detailuntersuchung mit Messfahrten

Um die Ergebnisse der Grobrasterung zu untermauern, wurden die Linien 2 und 33 / 73 zusätzlich einer detaillierten Untersuchung unterzogen. Hierfür wurden mittels Messungen reale Geschwindigkeits-Weg-Profile aufgenommen

und anschließend zusammen mit den ebenfalls erhobenen Fahrgastzahlen der Energieverbrauch mit e-Antrieb simuliert. Beide Messreihen stellen  z. T. erhebliche Verspätungen fest, die für den Betrieb von Batteriebussen eine signifikante Reduzierung von Ladezeiten an den Endhaltestellen bedeuten. Vor diesem Hintergrund ist aus Sicht des Gutachters eine detailliertere Betrachtung der Fahrplangenauigkeit und die Sicherung einer größeren  Fahrplanstabilität zwingend erforderlich.

 

Als Alternative zum Einsatz von Batteriebussen wurde ergänzend zum Prüfauftrag der Betrieb von Hybridtrolleybussen auf den Linien 3A, 3B, 5, 33, 45 und 73 untersucht. Dabei wäre der Aufbau von Fahrleitungen außerhalb des Alleenrings notwendig. Nach der Untersuchung wäre es möglich, dass auf den o.g. Linien bis zu 32 Hybridtrolleybusse mit über 400 Fahrten an Schultagen betrieben werden könnten.

 

Ergänzend wurde zudem der Einsatz von Solobatteriebussen (Nachladung nachts auf dem Betriebshof) untersucht. Hier hat sich gezeigt, dass derzeit nur ein Umsetzungspotenzial von acht Fahrzeugen besteht. Zusätzlich müssten die Umlaufpläne am Wochenende und an Feiertagen erheblich geändert werden.

 

Auf Grundlage von Grobrasterung und der Detailuntersuchungen wurden von den Gutachtern drei mögliche Einführungsszenarien ausgearbeitet und bewertet:

  • Szenario 1: Linien 2, 5, 33, 45, 73 mit 31 Batteriebussen (Gelenk- und Doppelgelenkbusse) mit Schnellladung an den Endhaltestellen
  • Szenario 2: Linie 2 mit 8 Batteriegelenkbussen, Linien 3A, 3B, 5, 33, 45, 73 mit 32 Hybridtrolleybussen
  • Szenario 3: 8 Solobatteriebusse ohne Nachladung im laufenden Betrieb

 

Die Szenarien 1 und 2 stehen in Konkurrenz zueinander, während Szenario 3 als Ergänzung zu den anderen Szenarien anzusehen ist. Die Vor- und Nachteile der Szenarien 1 und 2 wurden vergleichend ausgearbeitet. Szenario 1 zeichnet sich durch erheblich geringere Investitionskosten gegenüber Szenario 2 aus. Hinzu kommt die leichtere Einführbarkeit von Batteriebussen im Vergleich zu Hybridtrolleybussen. Die Vorteile von Szenario 2 sind die weitgehende Unabhängigkeit der Hybridtrolleybusse von Verspätungen und die Bedienbarkeit der Linien 3A und 3B.

 

Alle Szenarien weisen Mehrkosten im Vergleich zum Dieselbusbetrieb auf. Dabei sind die Mehrkosten unmittelbar auf die Investitionskosten für die elektrischen Busse und die notwendige Infrastruktur zurückzuführen, die durch die geringeren Betriebskosten nicht ausgeglichen werden können. Regionalwirtschaftliche Effekte wie auch Reduktionspotentiale durch zunehmende Marktdurchdringung wurden nicht berücksichtigt.

Den Mehrkosten stehen jedoch signifikante Umwelt- und Klimavorteile gegenüber. So können je nach umgesetztem Szenario bis zu 4,8 Mio. kg CO2 pro Jahr vermieden werden. Ebenso würde eine Umstellung nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf die lokale Luftreinhaltung mit sich bringen. Beispielsweise führt die Umsetzung der Szenarien 1 und 3 zu einer Verringerung der NOx-Emissionen von jährlich rd. 10.000 kg.

 

Machbarkeitsstudie CharlemagnEbus

Zeitgleich zur Bearbeitung der hier vorgestellten Studie wurde von der Arbeitsgemeinschaft Charlemagne Grenzregion, einer Kooperation der grenzanliegenden Kommunen (Parkstad Limburg, Heerlen, Vaals, der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, der StädteRegion Aachen und der Stadt Aachen) mit den Themenschwerpunkten Arbeit, Wirtschaft und Infrastruktur, eine Machbarkeitsstudie zur Untersuchung von grenzüberschreitenden Busverbindungen hinsichtlich ihrer Eignung zur Umstellung auf Elektrobusbetrieb durchgeführt. Mit der Studie wurde das Unternehmen Stellwerk beauftragt, was diese derzeit abschließt. Sie kommt u.a. zu dem vorläufigen Ergebnis, dass bei den grenzüberschreitenden Verbindungen insbesondere die Linien 27 (Kerkrade-Avantis), 30 (Kerkrade-Herzogenrath, 44(Aachen-Heerlen),74 (Aachen-Avantis) und 14 (Eupen-Aachen) geeignet erscheinen, auf Elektrobusse mit der Schnellladetechnologie umgestellt zu werden.

Ein wesentliches Ziel dieses Gutachtens ist es, auf die Notwendigkeit von wechselseitig kompatiblen  Ladesystemen in der Grenzregion aufmerksam zu machen. Vor dem Hintergrund der geringeren Reichweite von E-Bussen, der grenzüberschreitenden Verflechtungen im ÖPNV und mit Blick auf die kommende Elektrifizierung der  Busflotte in der niederländischen Provinz Limburg erscheint es absolut notwendig, dass ein niederländischer Elektrobus in Deutschland geladen werden kann und umgekehrt. Nach Abschluss der Studie wird auch diese der Politik vorgestellt. Eine integrierte Verwertung der beiden Studienresultate ist im weiteren Verlauf vorgesehen.

 

Beschlussvorschlag und weiteres Vorgehen

Stadtverwaltung, ASEAG und Gutachter schlagen vor, das Szenario 1 weiter zu verfolgen. In einem ersten Schritt soll die Verspätungssituation auf den entsprechenden Linien vertieft analysiert werden. Auf dieser Grundlage soll erneut bewertet werden, ob eine Umsetzung auf den Linien dieses Szenarios unter dem gewählten Nachladeregime möglich und sinnvoll ist.

Parallel ist vorgesehen weitere Elektrobusse verschiedener Hersteller zu testen. Aktuell sind neue Modelle auf dem Markt vorgestellt worden, deren Verbrauchswerte unter den konservativ angesetzten Verbrauchswerten der aktuellen Systemuntersuchung liegen. Zudem sollen mit den Herstellern Gespräche über die Verfügbarkeit von Elektro-Gelenkbussen und größeren Elektrobussen wie z.B. Capacity bzw. Doppelgelenkbusse geführt werden.

Stadtverwaltung und ASEAG werden aufgefordert ein umfassendes Finanzierungskonzept für die stufenweise Umsetzung des o.g. Konzepts zu erarbeiten und dabei – zusammen mit AVV und NVR - die in Frage kommenden Fördermöglichkeiten für Elektrobusse zu eruieren. Das Konzept soll anschließend den Gremien zur weiteren Beschlussfassung bis zum Jahresende vorgelegt werden.

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Auswirkungen

finanzielle Auswirkungen *

 

Investive Auswirkungen

Ansatz

2015

Fortgeschriebe­ner Ansatz 2015

Ansatz 2016 ff.

Fortgeschriebe-ner Ansatz 2016 ff.

Gesamt­bedarf (alt)

Gesamt­bedarf (neu)

Einzahlungen

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Auszahlungen

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Ergebnis

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+ Verbesserung /

- Verschlechterung

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Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

 

konsumtive Auswirkungen

Ansatz

2015

Fortgeschriebe­ner Ansatz 2015

Ansatz 2016 ff.

Fortgeschriebe-ner Ansatz 2016 ff.

Folgekos-ten (alt)

Folgekos-ten (neu)

Ertrag

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Personal-/

Sachaufwand

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Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

 

*Laut Auskunft der Fachverwaltung entstehen bei der Erarbeitung des Umsetzungskonzeptes keine finanziellen Auswirkungen.

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