Entscheidungsvorlage - FB 64/0014/WP17
Grunddaten
- Betreff:
-
Erlass einer Satzung zum Schutz und Erhalt von Wohnraum im Stadtgebiet Aachenhier Tagesordnungsantrag der Fraktion DIE LINKE im Rat der Stadt Aachen vom 12.11.2015
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- Fachbereich Wohnen
- Verfasst von:
- FB 64
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Wohnungs- und Liegenschaftsausschuss
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Anhörung/Empfehlung
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08.12.2015
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Gestoppt
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Rat der Stadt Aachen
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Entscheidung
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Beschlussvorschlag
Beschlussvorschlag:
Der Wohnungs- und Liegenschaftsausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt, die Satzung zum Schutz und Erhalt von Wohnraum im Stadtgebiet Aachen (Wohnraumschutzsatzung) zu beschließen. Die Satzung soll am 01.03.2016 in Kraft treten.
Der Rat der Stadt beschließt die als Anlage beigefügte Satzung zum Schutz und Erhalt von Wohnraum im Stadtgebiet Aachen (Wohnraumschutzsatzung). Sie wird am 01.03.2016 in Kraft treten.
Erläuterungen
Erläuterungen:
Der Aachener Wohnungsmarkt befindet sich bereits seit längerem in einer angespannten Situation. Nach allgemeiner Wahrnehmung der Öffentlichkeit und auch der Verwaltung besteht aufgrund der Heterogenität der Bedarfsgruppen (Familien, Studenten, ältere Menschen, Transferleistungs-empfänger usw.) ein Wohnraummangel im Stadtgebiet.
Zur Frage des Erlasses einer kommunalen Wohnraumschutzsatzung als mögliches wohnungsrechtliches Eingriffsinstrument gab es zuletzt eine Vorlage der Verwaltung für die Sitzung des Wohnungs- und Liegenschafsausschusses am 27.01.2015.
Der Wohnungs- und Liegenschaftsausschuss hat den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis genommen und diese beauftragt, einen weiteren Sachstandsbericht vorzulegen. In diesem sollten auch die noch offenen Fragen, die sich im Rahmen der Sitzung ergeben haben, beantwortet werden. Eine Beschlussfassung wurde vertagt.
Die Fachverwaltung hat in der Zwischenzeit u.a. auch in Kontakt mit anderen Städten weiter recherchiert, um fundierte Antworten geben zu können. Die Verwaltung sieht zwar keine hoch dringliche Notwendigkeit zum Satzungserlass. Dennoch gibt es aus Sicht der Verwaltung Gründe, die Satzung präventiv zu erlassen, um den sich ergebenden Veränderungen auf dem Wohnungsmarkt begegnen zu können. So ist z.B. ein Eingriff bei festgestellten Leerständen nur dann rechtlich fundiert möglich, wenn eine entsprechende Satzung vorliegt. Dies gilt auch bei Abrissanträgen für bestehenden Wohnraum.
Die Verwaltung sieht als weiteren Effekt, insbesondere Einzel-Privateigentümer bei der Optimierung ihrer Wohnungsbestände beraten zu können, u.a. auch durch Aufzeigen von Fördermöglichkeiten.
Rechtliche Ausgangslage
Mit Artikel 6 § 1 Abs. 1 Mietrechtsverbesserungsgesetz (MRVerbG - Bundesgesetz) werden die Landesregierungen ermächtigt, eine Rechtsverordnung zur Einführung des Zweckentfremdungs-verbotes für Gemeinden zu erlassen, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist.
Das Land NRW hat durch das Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum (WFNG NRW) und nachfolgend durch das Wohnungsaufsichtsgesetz (WAG NRW) das Recht zum Erlass einer kommunalen Satzung für das Verbot der Zweckentfremdung auf die Gemeinden übertragen. Das Land geht in seiner Begründung zu § 10 WAG NRW davon aus, dass die Gemeinden selber am besten beurteilen können, ob im Gemeindegebiet ein erhöhter Wohnungsbedarf besteht und somit ein Bedarf für eine kommunale Satzungsregelung vorliegt. Dies beantwortet die Frage, warum es aktuell keine einheitliche Landesregelung gibt.
Die Gebietskulisse der Städte und Gemeinden, für die vormalig die Zweckentfremdungsverordnung zur Anwendung kam, wurde seinerzeit von der Landesregierung bestimmt. Durch eine politische Entscheidung wurde die Zweckentfremdungsverordnung ersatzlos außer Kraft gesetzt. Die sich fortsetzende Anspannung am Wohnungsmarkt hat das Land NRW dazu bewogen, es der jeweiligen Gemeinde/ Stadt zu überlassen, eine entsprechende Satzung zu erlassen.
Gravierende Unterschiede der Inhalte oder Begriffsdefinitionen zwischen seinerzeitigem Landesrecht und der angestrebten kommunalen Satzung sind nicht gegeben.
Leerstandsproblematik
Laut Wohnungsmarktbericht 2014 betrug die Leerstandsquote in Aachen für den geförderten Wohnraum 0,5%. Die Leerstandsquote für den gesamten Wohnungsmarkt lag im Jahr 2012 bei 4,8%. Nach Abzug der allgemein anerkannten Pauschale von ca. 2% für modernisierungsbedingte Leerstände ergibt sich ein wahrscheinlicher anzunehmender Leerstand von 2,8%.
Die Leerstände und die Gefahr, dass durch diesen dem Wohnungsmarkt Wohnraum über Gebühr entzogen wird, mögen zwar momentan objektiv betrachtet gering sein. Allerdings ist eine niedrige Leerstandsquote gerade ein Indiz dafür, dass ein erhöhter Wohnungsbedarf besteht und die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen gefährdet ist. Insofern besteht trotz niedriger Leerstandsquote aktuell durchaus Handlungsbedarf.
Es gilt auch in einem angespannten Wohnungsmarkt, gezielten Leerständen entgegen zu wirken und bei weiterer Verschärfung die Handlungsinstrumente zur Verfügung zu haben. Insofern hält die Verwaltung eine Eingriffsmöglichkeit mittels kommunaler Satzung für angemessen. Darüber hinaus würde die Satzung die Aachen- Strategie- Wohnen sinnvoll abrunden, zumal seitens der Landesregierung in mehrfacher Hinsicht die Stadt Aachen als Gebiet mit erhöhtem Wohnbedarf eingestuft wurde (Kappungsgrenzverordnung; Mietpreisbegrenzungsverordnung; Wohnraumförderbestimmungen).
Verhältnis Wohnungsrecht zu Baurecht
Bei Abbruch und Umwandlung von Wohnraum (Nutzung zu anderen als Wohnzwecken) ist in der Regel eine baurechtliche Genehmigung (Abbruch- oder Nutzungsänderungsgenehmigung) erforderlich. Wohnungswirtschaftliche Aspekte werden hierbei nicht geprüft.
Sofern eine Wohnraumschutzsatzung besteht, ist hingegen eine zusätzliche wohnungsrechtliche Genehmigung erforderlich, die insbesondere die Frage der Schaffung von Ersatzwohnraum behandelt. Entsprechende bei FB 63 eingehende Anträge werden dem FB 64 zur Stellungnahme weitergeleitet. Auf diesem Wege kann die Wohnungsbilanz aktiv beeinflusst werden.
Der Leerstand von Wohnraum wird im Rahmen von baurechtlichen Prüfungen nicht untersucht. Hier kann lediglich eine Wohnraumschutzsatzung die Einwirkungsmöglichkeiten begründen.
Handlungsgrundlage der Verwaltung
Ein Handeln der Verwaltung ist bereits angezeigt, wenn bei FB 63 ein Antrag auf Abbruch bzw. Umwandlung von Wohnraum eingeht und ein Genehmigungsverfahren durch FB 64 im Rahmen der Satzung erforderlich wird.
Ansonsten werden eigene Feststellungen bei Besichtigungen im Rahmen des Wohnungsaufsichtsgesetzes oder durch Hinweise aus der Bevölkerung bzw. von Betroffenen Anlass zur Bearbeitung geben.
Beweislast
Die Beweislast liegt bei der Behörde. Allerdings besteht gem. § 11 WAG eine Mitwirkungs- und Duldungspflicht der Verfügungsberechtigten und der Bewohnerschaft. Diese haben demnach Auskünfte zu geben, Unterlagen vorzulegen und zur Verfügung zu stellen, soweit das zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlich ist.
Weist der Verfügungsberechtigte z.B. anhand entsprechender Unterlagen nach, dass der leerstehende Wohnraum umgebaut oder modernisiert wird oder er trotz entsprechender Angebote keine Interessenten findet, so liegt kein Verstoß gegen die Satzung vor. Bußgelder werden lediglich dann erhoben, wenn ein vermeidbarer („bewusster“) Leerstand über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten festgestellt wird.
Sanktionsmöglichkeiten
Bei festgestellten Leerständen ist von entscheidender Bedeutung, warum und über welchen Zeitraum hinweg der Wohnraum leerstehend ist.
Ein Verstoß gegen die Satzung liegt nur dann vor, wenn der Leerstand vermeidbar wäre. Bei einem Leerstand wegen Umbau- oder Modernisierungsarbeiten sollten die Arbeiten innerhalb eines angemessenen Zeitraumes abgeschlossen sein.
Steht eine Wohnung über einen Zeitraum von drei Monaten hinweg leer, obwohl sie angeboten wurde, sich aber kein Interessent findet, sind die Gründe zu hinterfragen (Renovierungsstau, Mängel o.ä.). Je nach Begründungslage bietet das Wohnungsaufsichtsgesetz Möglichkeiten, auf den Vermieter einzuwirken.
Stellt sich heraus, dass der Wohnraum nicht mehr vom Markt angenommen wird, so handelt es sich u.U. nicht mehr um Wohnraum im Sinne der Satzung (Siehe § 2 Abs. 3 Nr. 3der Satzung). Auch hier favorisiert die Wohnungsverwaltung die Beratung und Hilfestellung zur Problemlösung.
Wenn der Leerstand vermeidbar ist und einen Verstoß gegen die Satzung darstellt, kann ein Bußgeld bis zu 50.000 Euro festgesetzt werden. Dies trifft dann zu, wenn der Verfügungsberechtigte anderen konstruktiven Lösungen nicht zugänglich ist.
Satzungsvergleich
Um eine möglichst einheitliche Vorgehensweise der Städte und Gemeinden zu gewährleisten, hat der Städtetag NRW eine „Mustersatzung“ erarbeitet. Der Entwurf der Aachener Satzung gründet hierauf und ist mit denjenigen der Städte Bonn, Köln, Dortmund und Münster vergleichbar. Der städtische Fachbereich Recht hat den Satzungstext mitgestaltet.
In den Städten Bonn, Köln und Münster ist die Satzung bei gleicher Wohnungsmarktsituation beschlossen worden.
Personalressourcen
Der erforderliche Personalbedarf wird erst in der Praxis und in Abhängigkeit des Umfanges der verfolgungsrelevanten Tatbestände zu bestimmen sein.
Bei dem seinerzeitigen Außerkraftsetzen des landesrechtlichen Zweckentfremdungsverbotes im Jahr 2006 hat der FB 64 eine Planstelle eingespart.
Die Verwaltung hat in ihrer Vorlage für die Sitzung des Wohnungs- und Liegenschaftssausschusses 27.01.2015 vorgeschlagen, den Personalbedarf durch FB 11 bemessen zu lassen und die entsprechende Einrichtung einer (Teilzeit-) Planstelle, möglichst bei Nutzung vorhandener Vakanzen bzw. Freiräumen in nicht ausgeschöpften Vollzeitstellen, dem Personal- und Verwaltungsausschuss vorzulegen.
Zusammenfassung
Die Verwaltung hält auf Grundlage des anerkannt erhöhten Wohnbedarfes den Erlass der kommunalen Wohnraumschutzsatzung unter folgenden Aspekten für geboten:
- Die durch die Satzung eingeräumten zusätzlichen Rechte bei baurechtlichen Abbruch- und Umnutzungsanträgen verbessern die Einwirkungsmöglichkeiten auf die Wohnungsbilanz. Das im Zuge der Aachen-Strategie-Wohnen vorgesehene Wohnbaulandmonitoring wird positiv unterstützt.
- Lediglich mit der Satzung als Rechtsgrundlage sind Möglichkeiten gegeben, sich mit Leerständen im frei finanzierten Wohnungsmarkt zu befassen; nach der Zielsetzung der Verwaltung vorrangig mit Beratungs- und Unterstützungsleistungen.
- Die in der Aachen- Strategie- Wohnen verankerten strategischen Ansätze werden durch die Satzung logisch und zielführend abgerundet.
Um die zur Umsetzung der Satzung erforderlichen Regelungen zum Personaleinsatz, zu Verfahrensfragen und zur Abstimmung mit dem FB Bauaufsicht vorbereiten und treffen zu können, wird der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung auf den 01.03.2016 bestimmt.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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(wie Dokument)
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65,6 kB
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