Entscheidungsvorlage - FB 50/0114/WP17

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Der Ausschuss für Soziales, Integration und Demographie beschließt die Verwaltungspraxis wie in Ziffer 8 der Vorlage (Antragsfreier Krankenschein) beschrieben zum 01.01.2016 umzustellen und die Entscheidung über die Einführung der Gesundheitskarte bis zum Herbst 2016 zurückzustellen.

 

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Erläuterungen

Erläuterungen:

 

1. Ausgangslage

 

Der Ausschuss für Soziales, Integration und Demografie hat sich aufgrund eines gemeinsamen Ratsantrages der Ratsfraktionen zuletzt in seiner Sitzung am 30.04.2015 mit dem Gesundheitsprogramm für Flüchtlinge beschäftigt.

 

Die Verwaltung legte dar, welche Optionen zur Sicherstellung des Krankenschutzes für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG zur Auswahl stehen, welche finanziellen Auswirkungen damit verbunden und welche weiteren relevanten Parameter zu berücksichtigen sind. 

 

Es wurde beschrieben, dass die bisherigen Regelungen zum Krankenschutz für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG einer Neuregelung bedürfen und sich Bund und Länder laufend in Abstimmungen zu einer entsprechenden gesetzlichen Regelung befinden. Mit einem Abschluss eines Gesetzgebungsverfahrens wurde zunächst bis zum Sommer 2015 gerechnet.

 

Der Ausschuss für Soziales, Integration und Demografie hat die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis genommen und diese beauftragt, ungeachtet der Gespräche auf Bundes- und Landesebene Gespräche mit den Krankenkassen aufzunehmen.

 

2. Aktuelle Situation:

 

Die Verwaltung hat zunächst mit der Aachener Geschäftsstelle der AOK Rheinland/ Hamburg Gespräche geführt.  Es wurde vereinbart, dass der Rahmenvertrag des Landes abgewartet werden soll.

 

Das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter (MGEPA) Nordrhein-Westfalen hat diesen Rahmenvertrag zwischenzeitlich gemeinsam mit den VertreterInnen der AOK, dem BKK- Landesverband Nordwest, der Knappschaft und weiterer Kassen zur Übernahme der Gesundheitsversorgung für nicht Versicherungspflichtige gegen Kostenerstattung nach § 264 Absatz 1 SGB V in Verbindung mit §§ 1, 1a Asylbewerberleistungsgesetz in Nordrhein-Westfalen erstellt.

 

Der Städtetag NRW hat mit beigefügtem Rundschreiben  vom 27.08.2015 die Kommunen über den Rahmenvertrag informiert. (sh. Anlage 1)

 

Gem. §3 des Rahmenvertrages können die Gemeinden in NRW mit einer Frist von zwei Monaten zum nächsten Quartalsbeginn schriftlich gegenüber dem MGEPA ihren Beitritt erklären. Der frühestmögliche Beitritt wäre somit zum 01.04.2016 möglich.

 

Der Rahmenvertrag sieht nach derzeitigem Kenntnisstand entgegen bisherigen Aussagen des Städtetages keinen zusätzlichen Leistungsumfang vor. Fraglich ist jedoch, wie die Beschränkung des Leistungsumfang auf die Regelungen der §§ 4 und 6 des Asylbewerberleistungsgesetztes durch die Krankenkassen sichergestellt wird. Eine Kontrolle durch FB 50 oder das Gesundheitsamt ist nicht mehr möglich (sh. Anlage 2 und Anlage 2.1.).

 

3. Bedenken des Deutschen Städtetages (sh. Anlage 3)

 

Gültigkeitsdauer der Gesundheitskarte

Als problematisch wird die Tatsache angesehen, dass die Gesundheitskarte eine Gültigkeitsdauer von 24 Monaten haben wird. Die tatsächliche Dauer des Leistungsanspruches liegt in aller Regel deutlich niedriger. Eine anschließende missbräuchliche Nutzung kann nicht verhindert werden, wenn der Einzug der Karte nicht gelingt.

Es kommt nicht selten vor, dass eine Abreise erst im Nachhinein von der Verwaltung festgestellt wird. Die Versicherungskarte kann dann nicht eingezogen werden. Auch eine Sperrung wie bei einer Scheckkarte ist nicht möglich.

 

Höhe der Kostenpauschale

Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Kostenpauschale statt der ansonsten üblichen 5% für Flüchtlinge 8% betragen soll. Diese um 60% erhöhte Forderung lässt sich nicht ausschließlich mit einer höheren Fluktuation begründen.

Auch die grundsätzliche Bindung an das Leistungsvolumen wird vom Städtetag als anpassungsbedürftig betrachtet.

 

Gem. §15 (2) der Rahmenvereinbarung wird die Angemessenheit der Verwaltungskosten überprüft und eine Anpassung erfolgen, falls und insoweit sich deren Höhe als nicht sachgerecht erweisen sollte.

 

4. Finanzielle Auswirkungen

 

Nach den derzeit vorliegenden Rahmenbedingungen ist mit folgenden Kosten zu rechnen:

 

Ab 01.01.2016 und in den Folgejahren ist mit ca. 12 % erhöhten Kosten zu den Ansätzen der PSP- Elemente 4-050202-903-6/53390000 und 4-050202-907-7/53390000 zu rechnen, das sind rund 410.000 € pro Jahr (sh. Anlage 4).

 

Folgende Kosten können jedoch noch nicht beziffert werden:

- Sprechstundenbedarf 

- Verfahrenskosten 

- ggfs. Behandlungskosten, die bisher nicht bewilligt wurden.

 

Derzeit erfolgt die Abrechnung der Krankenhilfekosten über die Kassenärztliche Vereinigung, welche keinerlei Bearbeitungsgebühren fordert.

Eine mögliche Einsparung von Verwaltungskosten kann zurzeit noch nicht abgesehen werden. Es würde sich insbesondere der Bedarf zur ärztlichen Begutachtung durch die Städteregion verringern. In der Buchungsstelle des FB 22 würde der Aufwand für ca. 150 Buchungen pro Monat entfallen.

 

Die Verwaltung hat darüber hinaus versucht, die personellen Effekte der Gesundheitskarte im FB 50 zu ermitteln:

 

Der Stellenanteil für die Krankenhilfekostenabrechnung der Personen nach § 3 AsylbLG beträgt aktuell ca. 43% eines VZÄ. Ausgehend davon, dass der Anteil für An- und Abmeldungen und Abrechnungen der Krankenhilfekosten nach § 264 SGB V einen Stellenanteil von 30 % umfasst und die Anzahl der über Krankenkasse abzurechnenden Personen nach § 3 AsylbLG die Anzahl der bisher nach § 264 SGB V abzurechnenden Personen übersteigt, ist davon auszugehen, dass der Arbeitsaufwand bis auf einen 8-10 % Anteil erhalten bleibt.

 

Für einen Zeitraum von ca. 6 Monaten nach der Umstellung wäre mit nachgehenden Arbeiten nach dem alten System zu rechnen.

 

Ein überplanmäßiger Mitarbeiter ist zurzeit mit der Annahme von Anträgen und der Ausgabe von Krankenscheinen befasst. Diese Tätigkeit würde weitgehend entfallen. Dafür wären folgende neue Arbeiten erforderlich:

-          Aufnahme des Anmeldebogens inklusive Foto des Antragstellers für jede betreute Person

-          Ausgabe der Karten und die Weitergabe der Informationen bezüglich der Handhabung der Karte an die betreuten Personen

-          Änderungsmeldungen an die Krankenkasse z.B. Änderung der Anschrift

-          Abmeldung der Antragsteller

-          Einzug der Versichertenkarte

 

Im Rahmen der Umstellung des Verfahrens käme zunächst ein Mehraufwand auf den Kollegen zu. Nach der Übergangsphase reduziert sich der Arbeitsaufwand ggfs. um ca. 1/3.

 

Um eine genaue Aussage machen zu können, wäre eine aufwändige Organisationsuntersuchung durch die Personalverwaltung erforderlich. Wegen der unklaren Entscheidungslage wurde darauf zunächst verzichtet.             

 

6. Rahmenempfehlung auf Bundesebene

 

Im Rahmen des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes wurde am 20.10.2015 auch eine Änderung des § 264 SGB V beschlossen. Danach wird auf Bundesebene eine Rahmenempfehlung zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der auf Bundesebene bestehenden Spitzenorganisation der nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zuständigen Behörden vereinbart. Diese Bundesrahmenvereinbarung muss auf Landesebene übernommen werden. Der Gesetzgeber weist nochmals ausdrücklich darauf hin, dass der Leistungsumfang der Gesundheitskarte durch die Regelungen der § 4 und 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes begrenzt ist (sh. Anlage 5).     

 

7. Gesundheitskarte durch private Anbieter

 

Die Firma Ordermed GmbH bietet eine „Health-Card“ für Flüchtlinge an, die wie eine Versicherungskarte einer gesetzlichen Versicherung beim Arzt vorgelegt werden kann. Die Abrechnung erfolgt durch die Kommune. Kosten entstehen nur für die Ausstellung der Karte in Höhe von 3 bis 5 Euro. Eine Rückfrage bei der Kassenärztlichen Vereinigung ergab, dass dieses Verfahren derzeit keine Alternative darstellt. Das Verfahren basiert auf einer Abrechnung über ein Online-Verfahren. Da jedoch noch nicht alle Arztpraxen über einen Internetzugang verfügen, ist eine flächendeckende Anwendung einer solchen Karte nicht möglich.

 

8. Änderung der derzeitigen Verwaltungspraxis: Antragsfreier Krankenschein

 

Das derzeitige Verwaltungsverfahren wurde in der Sitzung am 30.04.2015 ausführlich beschrieben. Dieses Verfahren könnte dahingehend geändert werden, dass jedem Berechtigten bei Antragstellung bzw. jeweils zu Beginn eines neuen Abrechnungsquartals automatisch ein Krankenschein für einen Arzt ausgestellt bzw. zugesandt wird. Mit diesem Krankenschein kann der Berechtigte innerhalb des Quartals jederzeit einen Arzt (in der Regel den Hausarzt) aufsuchen. Der Krankenschein berechtigt den Arzt nicht nur zur einmaligen Behandlung, sondern auch zu jeder weiteren Behandlung innerhalb des Quartals. Sollte eine Behandlung durch einen Facharzt notwendig sein, so muss die Überweisung zum Facharzt weiterhin durch FB 50 genehmigt werden. Auch Zahnarztkrankenscheine werden nur auf Antrag ausgestellt. Der Berechtigte muss also im Krankheitsfall nicht zunächst beim FB 50 vorsprechen, sondern kann jederzeit einen Arzt aufsuchen. Bei der Verwaltung entstehen durch diese Verfahrensänderung geringfügige Mehrarbeiten im Bereich der Kostenerstattung und der Kostenermittlung, gleichzeitig entstehen geringfügige Zeitersparnisse bei der Ausgabe der Krankenscheine.     

 

9. Zusammenfassung und Einschätzung der Verwaltung

 

Zusammenfassend werden die beiden derzeit bestehenden Alternativen nachmals gegenübergestellt

 

Gesundheitskarte

Vorteile:

- Leistungsempfänger können fast alle Leistungen des Gesundheitssystems ohne vorherige Rücksprache mit der Verwaltung in Anspruch nehmen.

-  Prüfverfahren durch das Gesundheitsamt nur noch in Einzelfällen erforderlich

- evtl. geringfügige Einsparung von Personal im Bereich des FB 50

Nachteile:

-  Hohe Kosten für die Abrechnung der Leistungen durch die Krankenkasse

- Gefahr des Missbrauchs durch lange Gültigkeitsdauer

- keine Kontrolle über die Einhaltung des eingeschränkten Leistungsumfanges

- derzeit noch fehlende Vereinbarung auf Bundesebene

 

Antragsfreier Krankenschein:

Vorteile:

- Kostenlose Abrechnung der Leistungen durch die Kassenärztliche Vereinigung

- Einhaltung des Leistungsumfanges durch Prüfung durch das Gesundheitsamt

- Missbrauch ist ausgeschlossen

Nachteile:

- Leistungsberechtigte müssen Überweisungen zum Facharzt zur Prüfung dem FB 50 vorlegen. 

     

Die Verwaltung ist bemüht, den politischen Willen umzusetzen. 

Sie gibt allerdings die benannten Nachteile, insbesondere die zu erwartenden Kosten zu bedenken.

 

Die Verwaltung schlägt daher vor, die Verwaltungspraxis wie in Ziffer 8 (Antragsfreier Krankenschein) beschrieben zum 01.01.2016 umzustellen und die Entscheidung über die Einführung der Gesundheitskarte bis zum Herbst 2016 zurückzustellen. Bis dahin ist mit einer Vereinbarung auf Bundesebene zu rechnen und die Erfahrung von anderen Kommunen mit der Gesundheitskarte können bei der Entscheidung berücksichtigt werden. Darüber hinaus können auch die Auswirkungen der neuen Verwaltungspraxis in die Betrachtung mit einbezogen werden. 

 

 

 

 

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Auswirkungen

finanzielle Auswirkungen

 

Investive Auswirkungen

Ansatz

20xx

Fortgeschriebe­ner Ansatz 20xx

Ansatz 20xx ff.

Fortgeschriebe-ner Ansatz 20xx ff.

Gesamt­bedarf (alt)

Gesamt­bedarf (neu)

Einzahlungen

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Auszahlungen

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Ergebnis

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+ Verbesserung /

- Verschlechterung

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Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

 

konsumtive Auswirkungen

Ansatz

20xx

Fortgeschriebe­ner Ansatz 20xx

Ansatz 20xx ff.

Fortgeschriebe-ner Ansatz 20xx ff.

Folgekos-ten (alt)

Folgekos-ten (neu)

Ertrag

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Personal-/

Sachaufwand

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Abschreibungen

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Ergebnis

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- Verschlechterung

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Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

 

Die tatsächlichen finanziellen Auswirkungen können derzeit nicht beziffert werden. Siehe Punkt 4 der Vorlage.

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