Kenntnisnahme - FB 61/0546/WP17

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Der Planungsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis. Er beschließt, die Verwaltung nicht mit der Einleitung von vorbereitenden Untersuchungen für eine Milieuschutzsatzung gemäß § 172 BauGB für das Gebiet Gasborn und Suermondt Viertel zu beauftragen. Der Ratsantrag gilt damit als behandelt.

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Erläuterungen

Erläuterungen:

 

Anlass

Die Fraktion Die Linke führt in ihrem Antrag vom 03. März 2015 aus, dass durch den Bau der Einkaufsmall Aquis Plaza und infolge der Rahmenplanung Gasborn und Suermondt Viertel Mietsteigerungen und Luxussanierungen zu befürchten seien, die eine Verdrängung der angestammten Wohnbevölkerung nach sich ziehen. Um die befürchteten Verdrängungsprozesse im Viertel zu unterbinden, soll das kommunalrechtliche Instrument der Milieuschutzsatzung (soziale Erhaltungssatzung nach § 172 BauGB) eingesetzt werden. Die Verwaltung soll zunächst damit beauftragt werden, die notwendigen vorbereitenden Untersuchungen durchzuführen.

 

Städtebauliche Situation

Gasborn und Suermondt Viertel befinden sich unmittelbar östlich des historischen Stadtkerns Aachens und werden durch die Peter-, Wilhelm-, Theaterstraße und den Friedrich-Wilhelm-Platz begrenzt. Hier leben heute auf etwa. 30 ha ca. 5.000 Menschen.

Der Bereich gliedert sich in drei unterschiedliche Teile, den Gasborn, den Einkaufsbereich Adalbertstraße mit Friedrich- Wilhelm-Platz und das Suermondt Viertel. Die Adalbertstraße bildet einen Teil der Hauptgeschäftslage Aachens mit hauptsächlich großmaßstäblicher Bebauung. In diesem Bereich ist auch die neue Einkaufsmall Aquis Plaza angesiedelt. Im überwiegend von Wohnnutzung dominierten Bereich Gasborn und Suermondt Viertel sind viele gründerzeitliche Baustrukturen erhalten, die größernteils unter Denkmalschutz stehen und teilweise sanierungsbedürftig sind. Ein Manko der zentralen Innenstadtlage ist das mangelhafte Freiraumangebot. Durch die Erweiterung und Aufwertung des „Suermondtparks“ an der Richardstraße wird sich dies verbessern.

 

Planungsrechtliche Situation

Gasborn und Suermondt Viertel liegen innerhalb des Geltungsbereiches des förmlich festgelegten Sanierungsgebietes Innenstadt ( §142 Abs. 4 BauGB, vereinfachtes Sanierungsverfahren). Die Stadt kann, wenn der Verkauf eines Grundstückes einem klar formulierten städtebaulichen Ziel widerspricht, das allgemeine Vorkaufsrecht gemäß § 24 BauGB im Sanierungsgebiet ausüben.

 

Rechtsinstrument „Milieuschutzsatzung“

Nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB kann die Gemeinde durch Satzung Gebiete bezeichnen, in denen zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung bedürfen (Milieuschutzsatzung). Voraussetzung zum Erlass einer Milieuschutzsatzung ist, dass die bestehende Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus besonderen städtebaulichen Gründen zu erhalten ist. Dies wiederum ist zu bejahen, wenn die sich andeutende Verdrängung der ansässigen und schützenswerten Wohnbevöl­kerung nachteilige städtebauliche Auswirkungen hat. Schützenswert in diesem Sinne ist jede Art von Wohnbevölkerung, soweit deren Zusammensetzung aus besonderen städtebaulichen Gründen erhalten werden soll (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB Loseblatt-Kommentar Stand 2014, § 172 RdNr. 41 ff. m. w. N.). Die städtebaulich nachteiligen Auswirkungen einer veränderten Zusammen­setzung der Wohnbevölkerung müssen im Einzelfall aus den konkreten Verhältnissen und den nach der Lebenserfahrung zu befürchtenden Veränderungen abgeleitet werden (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 172 Rn. 47).

 

Besondere städtebauliche Gründe liegen z. B. vor, wenn in einem innenstadtnahen Wohngebiet preisgünstiger Mietwohnungsbestand in Altbauten infolge der erwarteten baulichen oder wohnungs­eigentumsrechtlichen Entwicklung wegzufallen droht und daraus die Notwendigkeit erwächst, für die einkommensschwache ansässige Wohnbevölkerung an anderer Stelle im Gemeindegebiet Flächen für den sozialen Wohnungsbau nicht nur auszuweisen, sondern Sozialwohnungen oder anderen preisgünstigen Wohnraum auch bereitzustellen, weil von den von den betroffenen Bewohnern nicht vernünftigerweise erwartet werden kann, außerhalb des Erhaltungsgebiets ihre Wohnbedürfnisse zu decken (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 172 Rn. 47 m-w-N.)

Ebenso liegen besondere städtebauliche Gründe vor, wenn Einrichtungen der privaten und öffent­lichen Infrastruktur im Gebiet auf die Wohnbevölkerung zugeschnitten sind und im Falle der Verdräng­ung an anderer Stelle nicht ohne weiteres neu geschaffen werden können. Konkret betroffen sein können öffentliche Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen, Einrichtungen der Altenpflege oder Verkehrsinfrastruktureinrichtungen, aber auch private Nutzungen.

Der Erlass einer Milieuschutzsatzung setzt damit voraus, dass eine sich andeutende Änderung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung nachteilige städtebauliche Auswirkungen haben wird. Die Satzung stellt zunächst nur die Schutzwürdigkeit eines Gebietes fest und begründet damit eine Genehmigungsbedürftigkeit bestimmter Vorhaben. Die Voraussetzungen für die Schutzwürdigkeit werden im Einzelfall im Rahmen der Entscheidung über den Genehmigungsantrag geprüft.

Der Erlass einer Milieuschutzsatzung bedeutet für die betreffende Gemeinde einen erheblichen Untersuchungs- und Erhebungsaufwand.

 

Erfahrungen und Untersuchungsergebnisse

Seit 1992 besteht eine Milieuschutzsatzung für das Gebiet Passstraße/ Dennewartstraße.

Hintergrund für den Erlass der Milieuschutzsatzung Passstraße/ Dennewartstraße waren die damals anstehenden Großprojekte Carolus-Therme, AGIT und Ludwig-Forum. Seit in Kraft treten dieser Satzung sind nur wenige Anträge  gestellt und geprüft worden, der letzte im Jahr 2013. Kein Verfahren führte bisher zur Verweigerung der beantragten Maßnahmen. Inwieweit durch die Satzung Verdrängungsprozesse oder aber auch notwendige Modernisierungen und Instandhaltungen verhindert wurden, kann aufgrund fehlender Kontrollmechanismen nicht abschließend beurteilt werden.

Im Rahmen der Aktualisierung des Endberichtes zu Aachen-Strategie-Wohnen vom 25.08.2015 wurde beispielhaft für innerstädtisches Wohnen auch die Noppiusstraße im Suermondtviertel untersucht. Der Gutachter kommt zu dem Schluss dass der Einsatz von Rechtsinstrumenten hier unangemessen und wenig ertragreich erscheint.

 

Untersuchung zur Bevölkerungsentwicklung im Gasborn und Suermondtviertel

Vorab wurden seitens der Verwaltung statistische Daten zur Entwicklung der Wohnbevölkerung im v. g. Bereich aus den Jahren 2010-2014 ausgewertet (siehe Anhang). Anhand dieser Daten lassen sich die Befürchtungen der Fraktion Die Linke nicht bestätigen. Zurzeit lassen sich keine Anzeichen für Verdrängungspotentiale erkennen. Der Bedarf einer satzungsrechtlichen Regelung wird infolgedessen nicht gesehen.

 

Fazit

Die Milieuschutzsatzung als kommunales Rechtsinstrument wird eher schwach eingeschätzt. Auch Erfahrungen aus anderen Städten belegen, dass Soziale Erhaltungssatzungen (Milieuschutzsatzung) nicht den beabsichtigten Erfolg bringen. Insbesondere sollte man nicht dem Trugschluss erliegen, die Satzung wirke wie eine „Mietpreisbremse“; Mieterhöhungen sind durch das Instrument faktisch nicht zu beeinflussen, da die Mieten an die ortsüblichen Vergleichsmieten gebunden sind.

Aufgrund der Erfahrungen mit der Milieuschutzsatzung für das Gebiet Passstraße/ Dennewartstraße und der Untersuchungsergebnisse zur Bevölkerungsentwicklung sieht die Verwaltung zurzeit keinen Handlungsbedarf weitere, kostenintensive Untersuchungen zu beauftragen.

Der Ratsantrag vom 03.03.2015 der Fraktion Die Linke gilt damit als behandelt.

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Auswirkungen

finanzielle Auswirkungen

 

Investive Auswirkungen

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