Kenntnisnahme - FB 36/0193/WP17
Grunddaten
- Betreff:
-
Luftreinhalteplan Aachen - Sachstand und aktuelle Fortschreibung
- Status:
- öffentlich (Vorlage für Öffentlichkeit freigegeben)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- FB 36 - Fachbereich Klima und Umwelt
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
---|---|---|---|---|
●
Erledigt
|
|
Mobilitätsausschuss
|
Kenntnisnahme
|
|
|
06.07.2017
| |||
●
Erledigt
|
|
Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz
|
Kenntnisnahme
|
|
|
11.07.2017
|
Erläuterungen
Erläuterungen:
Luftreinhalteplan Aachen, Sachstand und aktuelle Fortschreibung
- Einleitung
Die Stadt Aachen ist dem Thema Luftreinhaltung - auch als Kur- und Badestadt - schon seit den 1970er Jahren verpflichtet. Mit der Aufstellung des Luftreinhalteplans (kurz: LRP) in 2009 und seiner ersten Fortschreibung in 2015[1] wurden neue Schwerpunkte gesetzt. Ziel des Aachener LRP war (und ist), das Mobilitätsverhalten und den Modal Split dauerhaft zu verändern, hin zu einer nachhaltigen, stadtverträglichen und umweltfreundlichen Mobilität. Durch eine Vielzahl ineinandergreifender Maßnahmen sollen der motorisierte Individualverkehr (MIV) reduziert oder durch alternative Antriebsarten ersetzt und der Umweltverbund (ÖPNV, Bahn, Radverkehr, CarSharing, zu Fuß gehen) gestärkt werden. Viele Maßnahmen haben integrativen Charakter und unterstützen neben der Verbesserung der Luftqualität auch den Lärm- und Klimaschutz.
Vor dem Hintergrund, dass Herstellerangaben und Realwerte für Diesel-PKW-Emissionen teilweise stark voneinander abweichen (Dieselabgasproblematik) und wegen der im November 2015 eingereichten Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen das Land und sechs Kommunen in NRW (u.a. auch Aachen), wurde aktuell durch das Land vorgegeben, die beklagten Luftreinhaltepläne erneut fortzuschreiben und die Möglichkeit von (Diesel-)Fahrverboten zu prüfen bzw. vorzubereiten.
- Entwicklung der Luftqualität in Aachen (NO2 - Stickstoffdioxid und PM10 - Feinstaub)
Die Auswertung der Immissionsmessungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (kurz: LANUV) belegen beim Feinstaub (PM10) weiterhin einen absinkenden Belastungstrend. Ein akutes Feinstaubproblem existiert in Aachen nicht mehr. Dennoch bleibt es weiterhin Ziel der Stadt im Sinne der Gesundheitsprävention durch geeignete Maßnahmen die Feinstaub- und auch die Ultrafeinstaubbelastung (PM 2,5) noch weiter zu senken und auch in meteorologisch ungünstigen Jahren die Anzahl der Überschreitungstage möglichst niedrig zu halten.
Beim überwiegend verkehrsinduzierten Luftschadstoff Stickstoffdioxid (NO2) zeigt sich eine Stagnation (Wilhelmstraße) bzw. ein leichter Anstieg der Messwerte (Adalbertsteinweg). Eigene Messungen der Stadt an weiteren Hot Spots (stark verkehrsbelastete Straßen wie Peterstraße, Jülicher Straße etc.) ergaben für 2016 in einzelnen Bereichen sogar eine Erhöhung um bis zu 3-4 µg/m³. Im langfristigen Trend sank die NO2-Belastung seit 2009 um 5 µg/m³ (Adalbertsteinweg) bzw. 6-7 µg/m³ (Wilhelmstraße). Insgesamt liegen die NO2-Werte (Stand 2016) mit 49 µg/m³ (Wilhelmstraße) und 46 µg/m³ (Adalbertsteinweg) im Jahresmittel immer noch deutlich über dem maßgebenden Grenzwert von 40 µg/m³.
Eine Übersichtskarte mit Darstellung von Straßen, an denen Überschreitungen der NO2-Grenzwerte gemessen oder berechnet wurden (Stand 2016) zeigt Anlage 1.
Der Verkehr und dabei insbesondere die Dieselfahrzeuge sind nach wie vor als Hauptverursacher für die hohe Stickoxidbelastung anzusehen. So verursachen 40% Diesel-PKW etwa 80% der PKW-bezogenen NO2-Belastung. Laut Jahresbericht des LANUV für 2016 wurde der NO2-Grenzwert an fast der Hälfte aller Messstellen in NRW überschritten. Zu berücksichtigen ist aber auch: Aachen ist eine prosperierende Stadt. Mit dem Zuwachs an Arbeitsplätzen, Kfz-Zulassungen und Pendlerzahlen steigt auch der Individualverkehr. Trotz intensiver kommunaler Anstrengungen kann der Umweltverbund diesen Trend nicht ausgleichen. Das Abweichen von Herstellerangaben und Realwerten bei den Diesel-PKW-Emissionen konterkariert die kommunalen Anstrengungen, erhöht den Handlungsdruck enorm und „zwingt“ die Kommunen zu weiteren Investitionen.
Weitere Details zur Schadstoffentwicklung (Feinstaub, PM10 und Stickoxide, NO2) siehe Anlage 2.
- Bericht zum Umsetzungsstand der LRP-Maßnahmen
Zahlreiche Maßnahmen aus dem LRP 2009 wurden erfolgreich abgeschlossen. Einige Maßnahmen konnten als Daueraufgabe bei der Stadt oder den jeweils zuständigen Handlungsträgern etabliert werden. Die meisten Maßnahmen aus der LRP-Fortschreibung 2015 wurden auf den Weg gebracht, sind jedoch noch nicht abgeschlossen. Zentrale Maßnahmen der LRP-Fortschreibung in 2015 wie die Einführung der grünen Umweltzone (fristgerecht zum 01.02.2016 umgesetzt), die Optimierung der Busflotte und der Ausbau der Elektromobilität wurden mit Nachdruck verfolgt und können bereits erste Erfolge verzeichnen. Details zum Stand der Umsetzung des LRP 2015 sind dem als Anlage 3 beigefügten Sachstandsbericht zu entnehmen (Bearbeitungsstand 30.03.2017)
- Sachstand DUH-Klage
Im November 2015 hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) Klage gegen das Land NRW als planaufstellende Behörde sowie gegen die Städte Aachen, Bonn, Düsseldorf, Essen, Gelsenkirchen und Köln eingereicht. Die DUH wirft den Beklagten vor, dass die geltenden Luftschadstoffgrenzwerte (insbesondere für NO2) seit vielen Jahren deutlich überschritten werden und die jeweiligen Luftreinhaltepläne keine geeigneten Maßnahmen vorsehen, um die Grenzwerte im Sinne des § 47 BImSchG „so schnell wie möglich“ einzuhalten.
Am 13. September 2016 wurde die Klage gegen die Landeshauptstadt Düsseldorf vor dem dortigen Verwaltungsgericht (VG) entschieden. Das Land wurde verurteilt, den LRP Düsseldorf 2013 innerhalb eines Jahres so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des NO2-Grenzwertes von 40 µg/m³ enthält. In der Begründung hieß es u.a.: „In diesem Rahmen müssten insbesondere auch Fahrverbote für Dieselfahrzeuge ernstlich geprüft und abgewogen werden. Der Einführung der „Blauen Plakette“ auf Bundesebene bedürfe es hierfür nicht zwingend.
Vielmehr enthalte das geltende Immissionsschutz- und Straßenverkehrsrecht bereits heute schon entsprechende Grundlagen.“
Am 04. November 2016 hatte das Land gegen dieses Urteil Sprungrevision beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingereicht. Insbesondere geht es um die rechtliche Frage, ob schon nach jetziger Rechtslage ein Dieselfahrverbot durch das Verkehrszeichen „Verbot für Kraftwagen“ mit entsprechenden Zusatzzeichen bei Wahrung der Verhältnismäßigkeit angeordnet werden kann. Die Landesregierung will die Rechtslage höchstrichterlich klären lassen, da die Frage von grundlegender Bedeutung auch für alle anderen Luftreinhaltepläne ist. „Der Schutz der menschlichen Gesundheit hat einen sehr hohen Stellenwert. Zugleich ist die Aufrechterhaltung der Mobilität für Personen und Güter eine Vorbedingung für funktionsfähige und urbane Städte“ äußerte der damalige NRW-Umweltminister Johannes Remmel gegenüber der Presse im November 2016.
Die Klage gegen die Stadt Aachen wird vor dem Aachener Verwaltungsgericht (VG) verhandelt. Bei einem vom Gericht vorgeschlagenen Mediationsverfahren am 12. Oktober 2016, an dem neben der DUH das Land und die Bezirksregierung als Beklagte sowie die Stadt Aachen als Beigeladene teilnahmen, kam keine Einigung zustande. Mit Verfügung/Beschluss des VG Aachen vom 27. Februar 2017 wurde das Verfahren bis zur Entscheidung der Grundsatzfragen durch das Bundesverwaltungsgericht ausgesetzt.
- Fortschreibung des LRP in 2017/2018
Vor dem Hintergrund der laufenden Klageverfahren, des Düsseldorfer Urteils und der wachsenden Erkenntnisse über das Ausmaß der Dieselabgasproblematik hat die Bezirksregierung Köln nun auch für den Aachener Luftreinhalteplan eine weitere Fortschreibung vorgesehen, in die auch die Prüfung und Vorbereitung eines Dieselfahrverbots für Aachen aufgenommen werden soll.
Hierzu fand am 15. Mai 2017 auf Einladung der Bezirksregierung Köln eine Projektgruppensitzung in Aachen statt. Die Projektgruppe, die bereits seit 2009 existiert, besteht aus rund 30-40 verschiedenen lokalen und (über-)regionalen Institutionen, Organisationen und Verbände, wie IHK, HWK, STAWAG, ASEAG, AVV, ADFC, VCD, BUND, Cambio Aachen, RWTH, Polizei, Taxiunternehmen u.v.m. ebenso wie Stadt Aachen, LANUV und Bezirksregierung.
Mit Blick auf die oben geschilderte Stickoxidproblematik wurde in der Projektgruppe über die bisherigen LRP-Aktivitäten, aber auch über mögliche weitere Maßnahmen intensiv, teils kontrovers diskutiert.
Einigkeit besteht in der Erkenntnis, dass die Dieselabgasproblematik in den Städten einen kaum wieder gut zu machenden Schaden verursacht und die Chancen auf kurzfristige Einhaltung der Grenzwerte „zerstört“ habe. Insoweit bleibe es wichtig, den motorisierten Individualverkehr (MIV) zu reduzieren und besonders Dieselfahrzeuge durch alternative, emissionsarme Antriebsarten zu ersetzen.
Seitens Umweltverbände wird kritisiert, dass die Umsetzung einiger LRP-Maßnahmen in Aachen zu langsam erfolge. Besonders bei Ausbau und Verbesserung des Radverkehrs (u.a. Unterhaltung der Radwege und Sicherheit), aber auch bei der Optimierung der Busflotte müsse viel mehr und schneller gehandelt werden. Bei Euro3-Diesel-Bussen sehe man ein enormes Verbesserungspotential durch kurzfristige Nachrüstung mit SCRT-Filtern. Mehr und breitere Radwege, Tempo 30 zur Stärkung des Sicherheitsgefühls für Radfahrer oder auf lufthygienisch angezeigten Fahrtstrecken, Ausbau von Car- und BikeSharing, Park & Ride sowie eine deutliche Erhöhung der Parkgebühren könnten ebenfalls dazu beitragen, vom eigenen Auto auf den Umweltverbund umzusteigen. Letztlich gehe es bei der Veränderung des Modal Split immer auch im die Frage, wieviel Fläche den einzelnen Verkehrsteilnehmenden im öffentlichen (Straßen-)Raum zur Verfügung gestellt wird. Hier müsse ein Umdenken stattfinden.
Auch die Bezirksregierung sieht gewisse Defizite bei der Umsetzung des aktuellen LRP: so z.B. bei der Schließung des innerstädtischen Parkhauses am Büchel und bei der Thematik der Parkgebühren.
Die Stadt Aachen setzt ergänzend auf den schnellen Ausbau der Elektromobilität, besonders beim ÖPNV. Die ASEAG-Busflotte soll bis Ende 2018 mit 15 Elektrobussen incl. Ladeinfrastruktur bestückt werden. Hinsichtlich der Umsetzungsgeschwindigkeit weist die Verwaltung darauf hin, dass mit den verfügbaren finanziellen und personellen Ressourcen das Machbare umgesetzt werde. So darf es nicht verwundern, dass auch der Städtetag NRW vehement einfordert, auf Landes- und Bundesebene endlich verbesserte Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Luftreinhalteplanung zu schaffen. Genannt werden hier u.a. die Abschaffung von Steuerbegünstigungen für Dieselkraftstoff, Förderbevorrechtigungen für LRP-Kommunen, stärkere Einbindung von Maßnahmen auf Autobahnen, bundes- oder landeseinheitlichen Regelungen zur Umsetzung von Fahrverboten usw. Auch sollten die Landesbehörden ihrer Vorbildfunktion in den Städten stärker nachkommen (z.B. Jobticket / Parkraumbewirtschaftung, emissionsarme Baumaschinen).
Die Bezirksregierung Köln wird in Abstimmung mit der Stadt Aachen und der Projektgruppe die zweite Fortschreibung des LRP Aachen vorbereiten, wobei zentraler Punkt das Thema „(Diesel-)Fahrverbote“ sein wird. Dazu ist es erforderlich, die betreffenden Straßenbereiche genau zu identifizieren sowie die Betroffenheit der verschiedenen Akteursgruppen (ÖPNV, Lieferverkehre, Taxen / Krankentransporte etc.) zu eruieren und abzuwägen. Gleichzeitig sollen auch die bisherigen Maßnahmen im Sinne einer gesamtkonzeptionellen Vorgehensweise nochmals auf den Prüfstand gestellt werden. Ergänzende Maßnahmen, die dazu beitragen könnten, ein Dieselfahrverbot zu vermeiden, können ebenfalls eingebracht werden.
Vor dem Hintergrund drohender Fahrverbote fordert die Bezirksregierung, die Stadt Aachen nochmals auf, die Umsetzung der bisherigen LRP-Maßnahmen zu beschleunigen und die dafür notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen bereitzustellen. Die bisherigen Urteile und Rechtsprechung zur Luftreinhalteproblematik sowie drohende Sanktionen im Rahmen des EU-Notifizierungsverfahrens machen deutlich, dass die Gerichte dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung einen sehr hohen Stellenwert einräumen und ein schnelleres, konsequenteres Handeln aller Beteiligten einfordern werden.
Die Verwaltung wird die Politik zeitnah über den Stand der weiteren LRP-Fortschreibung unterrichten.
[1] LRP Aachen, 1. Fortschreibung 2015, Druckbericht siehe auch LINK http://www.aachen.de/DE/stadt_buerger/umwelt/luft-stadtklima/luftreinhalteplan_umweltzone/pdf_materialien_fotos/lrp_ac_erste_fortschreibung_2015_08.pdf
Auswirkungen
finanzielle Auswirkungen
| ||||||
investive Auswirkungen | Ansatz 20xx | fortgeschriebener Ansatz 20xx | Ansatz 20xx ff. | fortgeschriebener Ansatz 20xx ff. | Gesamt- bedarf (alt) | Gesamt- bedarf (neu) |
Einzahlungen | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Auszahlungen | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Ergebnis | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
+ Verbesserung / -Verschlechterung | 0 | 0 |
| |||
| Deckung ist gegeben / keine ausreichende Deckung vorhanden | Deckung ist gegeben / keine ausreichende Deckung vorhanden | ||||
| ||||||
konsumtive Auswirkungen | Ansatz 20xx | fortgeschriebener Ansatz 20xx | Ansatz 20xx ff. | fortgeschriebener Ansatz 20xx ff. | Folgekosten | Folgekosten |
Ertrag | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Personal-/Sachaufwand | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Abschreibungen | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Ergebnis | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
+ Verbesserung / -Verschlechterung | 0 | 0 |
| |||
| Deckung ist gegeben / keine ausreichende Deckung vorhanden | Deckung ist gegeben / keine ausreichende Deckung vorhanden | ||||
Hinweis:
Die Kosten der im Maßnahmenkatalog des Luftreinhalteplan Aachen (kurz: LRP) beschriebenen Einzelmaßnahmen sind - soweit bekannt - in den dortigen Maßnahmenblättern dargelegt.
Die erforderlichen Finanzmittel sind - soweit nicht bereits erfolgt - durch die jeweiligen Fachbereiche zu ermitteln und in die Haushalts- bzw. Finanzplanungen haushaltsneutral einzustellen. Im Rahmen der Haushaltsanmeldungen für 2017 und 2018 ist dies für die in diesem Zeitraum geplanten Projekte soweit bekannt bereits erfolgt.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
---|---|---|---|---|---|
1
|
(wie Dokument)
|
816,6 kB
|
|||
2
|
(wie Dokument)
|
88 kB
|
|||
3
|
(wie Dokument)
|
701,2 kB
|