Kenntnisnahme - E 18/0103/WP17

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Der Betriebsausschuss Aachener Stadtbetrieb nimmt die Ausführungen der Betriebsleitung zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, die Einführung eines Mehrwegsystems, wie das der Firma cupforcup, zu unterstützen.

 

Der Antrag der GRÜNE-Fraktion gilt somit als behandelt.
 

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Erläuterungen

Erläuterungen:

1. Ausgangslage

Aufgrund des Ratsantrages der Grünen vom Februar 2017 zum Thema Coffee to go hat sich der Aachener Stadtbetrieb intensiv mit diesem Thema beschäftigt.

Neben umfangreichen Internetrecherchen, Gesprächen mit anderen Kommunen sowie unterschiedlichen Systemanbietern, fand ebenso ein Termin mit der Bäcker- und Konditor - Innung der Stadt Aachen zu diesem Thema statt.

 

Ein Artikel vom 03.09.2017 aus „Der Zeit“ gibt einen gelungenen Einstieg in das grundsätzliche Problem sowie die vorhandenen Lösungsansätze. Dieser Artikel, der von Saskia Gerhard und Anna Schughart verfasst wurde, ist dieser Vorlage als Anlage beigefügt.

 

 

2. Ergebnisse der eigenen Analyse
 

2.1 Freiburg:

 

Wie bereits im Ratsantrag vom 06.02.2017 erläutert, hat die Stadt Freiburg seit November 2016 ein eigenes Mehrwegsystem für Coffee to go Mehrwegbecher aufgebaut. Dieses Projekt wird administrativ und finanziell vollständig von der Stadt Freiburg bzw. der Freiburger Abfallwirtschaft und Stadtreinigung (ASF) getragen.
Bei diesem System kann der sog. Freiburgcup beim Kauf eines Kaffeegetränkes an Stelle des Einwegbechers gegen ein Pfand von einem Euro erworben werden. Der Mehrwegbecher kann nach dem Verzehr des Kaffees bei einem beliebigen Teilnehmer z.B. Bäckereien, Cafés etc. zurückgegeben werden und der Kunde erhält das Pfand zurück.

Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es ca. 94 Teilnehmer, die sich in der Stadt Freiburg diesem System angeschlossen haben. Den Kunden ist es jedoch weiterhin freigestellt, ob diese einen Mehrwegbecher oder einen Einwegbecher für ihr gekauftes Kaffeegetränk verwenden. Alle Teilnehmer bieten den Freiburgcup als Alternative neben ihrem jeweiligen Sortiment an. Bei beiden Varianten ist der Deckel weiterhin ein Einwegprodukt. Zum Start des Freiburgcups wurde dieser von den Teilnehmern und Bürgerinnen und Bürgern sehr gut angenommen. Diese Anfangseuphorie flachte zum Frühjahr 2017 auf beiden Seiten ab und musste durch umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit wieder gesteigert werden. Es wurden neue Designs auf die Becher gedruckt u.a. mit einem QR Code der direkt auf die Internetseite des Freiburgcups verweist, welche ebenfalls nur für diesen Zweig neu eingerichtet wurde. Neue Teilnehmer melden sich immer wieder bei der ASF, die sich 100 Teilnehmer bis zum 1 jährigen Jubiläum des Bechers erhoffen. Zum jetzigen Zeitpunkt wird keine dauerhafte oder regelmäßige Werbung für den Freiburgcup durchgeführt.

Die Gesamtkosten für dieses System belaufen sich bereits auf ca. 42.000 Euro (Stand Oktober 2017). In diesen Kosten sind noch keine Kosten bzgl. Marketing, Öffentlichkeitsarbeit oder Mitarbeiterkosten beinhaltet. Ein Becher kostet der ASF ca. 1,35 Euro (netto) in der Produktion. Bis heute sind rund 26.000 Freiburgcups von der ASF an die Teilnehmer herausgegeben worden. Für die teilnehmenden Bäckereien etc. entstehen keine Kosten. Eine Verrechnung des Pfandgeldes erfolgt in Freiburg nicht. Weder der ASF noch die Teilnehmer untereinander regeln die evtl. Differenzen bzgl. der Einnahmen / Ausgaben des Pfandes. Größere Beschwerden der Teilnehmer bleiben aber bis heute über dieses Thema aus. Mehrere Mitarbeiter sind vollumfänglich oder teilweise mit dem Freiburgcup beschäftigt. Ein Mitarbeiter der Öffentlichkeitsarbeit organisiert das gesamte Geschehen rund um den Freiburgcup, welches oftmals die meiste Zeit seiner Arbeitszeit in Anspruch nimmt. Mitarbeiter aus der Stadtreinigung übernehmen die Auslieferung der Becher.

Der ASF berichtete von der Problematik, dass die Mehrwegbecher für einen Euro Pfand oft nicht zurückgegeben werden. Es bestünde ein gewisser Becherschwund, der nicht genau bezifferbar ist. Generell kann die ASF keine Aussagen über die Anzahl der Becher machen die über das Pfand zurückgegeben werden und so im Umlauf des Systems bleiben. Dass der Becher ein beliebtes kostengünstiges Souvenir für Touristen aber auch Bürger der Stadt Freiburg ist, ist der ASF wohl bekannt. Auch das Problem, dass die Becher zu Hause vergessen werden und beim nächsten Café Besuch doch wieder die Einwegvariante gewählt wird, ist der ASF wohl bekannt. Bisher ist in den Straßenpapierkörben kein erhöhtes Aufkommen der Becher, welches ein Wegwerfen des Bechers impliziert, zu beobachten.

Teilnehmende Bäckereien etc. können die Rücknahme des Freiburgcups auch verweigern wenn dieser beschädigt oder aber nicht augenscheinlich sauber ist. Dies bedeutet, dass der Kaffeetrinker den Becher vor Rückgabe evtl. selber ausspülen sollte oder aber zumindest keine Reste des Kaffeegetränkes im Becher lassen sollte.
Größere Unternehmen mit mehreren Filialen oder aber auch internationale Unternehmen nehmen nicht an der Aktion des Freiburgcups teil. Die Teilnahme beschränkt sich bis heute primär auf die Innenstadt und angrenzende kleinere Bereiche.

Ob der Freiburgcup weiterhin in öffentlicher Hand bleibt ist noch ungeklärt.

 

 

2.2 Studierendenwerk Aachen:

 

Das Studierendenwerk Aachen bietet seit Mai 2016 den sog. Mensa Cup an. Dies ist ein Mehrwegbecher, mit verschiedenen Designs, der für einen Preis von fünf Euro erworben werden kann. Dieser kann in allen Kantinen, Cafés etc. des Studierendenwerks wieder befüllt werden. Gleichzeitig ist der Preis für ein Kaffeegetränk, welche in Einwegbechern ausgegeben werden, um 0,10 Euro gestiegen.

Laut Auskunft des Studierendenwerkes ist der Mensa Cup ein großer Erfolg. Ein Jahr nach Einführung des Systems konnte das Studierendwerk einen Rückgang von ca. 40 % der Einwegbecher verzeichnen.

Die Befüllung des Bechers erfolgt jedoch nach strengen Regeln, die durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) festgelegt sind. Der Becher darf die sog. Hygienebarriere (die Theke) nicht überschreiten. Die Befüllung des Bechers muss daher mit Hilfe von Portionierungsbestecken oder Messgefäßen durchgeführt werden, welche den Becher nicht berühren dürfen. Da die Kantinen und Cafés nicht mit Kaffeevollautomaten ausgestattet sind, kann das Studierendenwerk diese Vorschriften, ohne großen zusätzlichen Aufwand, einhalten.

 

 

2.3 Bäckerei Nobis:

 

Die Bäckerei Nobis bietet seit Aschermittwoch 2017 einen eigenen Mehrwegbecher an, der für einen Preis von 4,95 Euro in jeder Nobis Bäckerei Filiale erworben werden kann. Dieser kann in allen Nobis Filialen wieder befüllt werden und der Kunde erhält dabei einen Rabatt über 0,10 Euro auf sein Getränk. Auf Nachfrage im Mai 2017 war jedoch noch nicht genau klar, ob das System in dieser Art und Weise beibehalten werden kann, da insbesondere hinsichtlich der Hygienevorschriften des LANUV noch Klärungsbedarf besteht. Die Bäckerei Nobis hat wegen der Einhaltung der besonders strengen Hygienevorschriften in NRW das LANUV, das Amt für Verbraucherschutz, Tierschutz und Veterinärwesen der Stadt Aachen bzw. der Städteregion nochmals um eine weitere Stellungnahme gebeten. Diese steht dem Einvernehmen nach noch aus.

 

 

3. Aachener Austausch 

 

Mit Unterstützung der Klimaschutzbeauftragten der Stadt Aachen, Frau Dr. Vankann, organisierte der Aachener Stadtbetrieb einen Termin mit der Bäcker- und Konditor-Innung der Stadt Aachen. Alle Mitglieder der Innung wurden angeschrieben und zum Termin eingeladen, um gemeinsam über eine Lösung bzw. die Möglichkeiten eines Mehrwegsystems o.ä innerhalb der Stadt Aachen zu sprechen.

An diesem Termin nahmen fünf Mitglieder der Innung (u.a. Herr Schumacher als stellvertretender Obermeister der Innung), zwei Vertreter des Amtes für Verbraucherschutz, eine Vertreterin des Studierendenwerkes Aachen sowie ein unabhängiges Café teil.

Nach Erläuterungen des Studierendenwerkes Aachen, der Bäckerei Nobis und einer Präsentation des Aachener Stadtbetriebes zum Thema Coffee to go wurde über die verschiedenen Systeme und Möglichkeiten, mit Hinblick auf die Anwendung innerhalb der Stadt Aachen, diskutiert.

Für alle Teilnehmer stand fest, dass die Handlungsempfehlung bzw. Hygienevorschrift des LANUVs zum Befüllen von Mehrwegbechern die größte Hürde darstellt, die vor allem von kleineren Betrieben wegen des Aufwandes und der räumlichen Gegebenheiten nicht eingehalten werden kann.

Ein Mehrwegsystem, wie es in Freiburg angewandt wird, wurde zu diesem Zeitpunkt (Mai 2017) auf Grund dessen und des evtl. entstehenden Aufwandes für die Bäckereien und Cafés abgelehnt. Die Hygienevorschriften für die Stadt Freiburg bzw. für das Bundesland Baden-Württemberg sind nach unseren Recherchen nicht so streng wie in NRW. 

Eine kleinere Lösung wird aber gerne von den Bäckereien etc. unterstützt. Diese könnte Flyer, Plakate o.ä. beinhalten mit Informationen zum Thema Mehrweg. Filialen, die Mehrwegbecher befühlen, können z.B. mit einem Aufkleber unterstützt werden, der den Kunden signalisiert, dass diese Filiale mitgebrachte Mehrwegbecher befüllt.

Herr Schumacher als stellv. Obermeister der Bäcker- und Konditor-Innung der Stadt Aachen hat in Folge des oben genannten Termins alle Mitglieder über die Ergebnisse informiert und gleichzeitig die Bereitschaft zur Mitwirkung abgefragt. Bei der Nachfrage zum aktuellen Stand, im August diesen Jahres, wurde dem Aachener Stadtbetrieb mitgeteilt, dass dieses Thema mit in die Innungssitzung (September 2017) und in die Vorstandssitzung (Oktober 2017) aufgenommen wird. Nach Rückmeldung aus der Innung wurde uns mitgeteilt, dass der Vorstand der Bäcker- und Konditor- Innung Aachen keine Empfehlung bzgl. eines festen Systems an die jeweiligen Betriebe aussprechen wird. Grund dafür sei u.a. die unterschiedlichen Anforderungen, räumlichen Bedingungen und betriebliche Größe, der jeweiligen Betriebe der Innung.

 

Der Aachener Stadtbetrieb hat dieses Jahr bereits eine City Cards Kampagne mit dem Thema Coffee to go herausgegeben. Diese Postkarten waren zwei Wochen lang in über 50 Lokalen in der Stadt Aachen kostenlos ausgelegt.

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4. Private Unternehmen

 

Auch zahlreiche private Unternehmen sind bereits auf dem Markt ansässig, die in verschiedenen Varianten ein Mehrwegsystem bzw. deren Organisation anbieten. Viele dieser Unternehmen stecken jedoch noch in ihren Anfängen.

Manche dieser Unternehmen bieten einen vollumfänglichen Service an. Dieser beinhaltet u.a. Produktion und Verteilung der Becher, Organisation unterhalb der Teilnehmer bzgl. Becherausgabe oder Pfandabrechnung.

 

Eine Zusammenarbeit mit der jeweiligen Stadt sehen fast alle Unternehmen dahingehend, dass die jeweilige Stadt die Öffentlichkeitsarbeit und die Kosten der Becher, Verteilung und Unterhaltung des Systems tragen. Andere Unternehmen erheben eine sog. Servicegebühr pro Teilnehmer für die verschiedenen Aufgaben, die dann wiederum evtl. von der Stadt getragen werden könnte um die Teilnahme für Cafés etc. interessanter zu gestalten. 

 

Die Firma cupforcup hat ihr System dem Aachener Stadtbetrieb, in einem Termin am 09.11.2017, genau vorgestellt, mit folgendem Ergebnis.

Die Firma cupforcup, ansässig in Düsseldorf, bietet ein Pfandsystem für Mehrwegbecher an.
Bei diesem System zahlt der Kunde einen Euro Pfand und erhält dafür sein Getränk in einem Mehrwegbecher, dem sog. „Good Cup“. Diesen kann er bei jedem anderen am System angeschlossenen Teilnehmer (Cafés, Bäckereien etc.) entweder gegen Erstattung des Pfandes abgeben oder beim Kauf eines weiteren Getränkes gegen einen sauberen Becher tauschen.

Die Becher können mit Hilfe einer handelsüblichen Industriespülmaschine von jedem teilnehmenden Betrieb selbst gereinigt werden. Es bedarf keiner externen Spülleistung, soweit eine Spülmaschine vorhanden ist.
Die Becher sind in verschiedenen Farben und in 2 Größen (0,2 Liter und 0,3 Liter) erhältlich. Die Becher werden in Solingen produziert und sind zu 100% recyclingfähig. Aus Hygienegründen sind bei diesen Bechern bzw. diesem System weiterhin die gewohnten und bekannten Einwegdeckel zu nutzen. Die Kosten der Becher liegen für den jeweiligen Teilnehmer bei ca. einem Euro pro Becher. Wie viele Becher jeweils bestellt werden, kann von jedem Teilnehmer individuell bestimmt werden. In der Regel sind die Becher nicht bedruckt und erhalten so auch keine spezifische Werbung.

Die Firma cupforcup übernimmt die gesamte Organisation des Systems. Einkauf und Verteilung der Becher, Verwaltung des Pfandgeldes inkl. Clearing oder aber das Bereitstellen von Informationsmaterialien, wie Flyer, Aufkleber und kleine Aufsteller, sind Bestandteil der Leistungen. Die namentliche Erwähnung der Teilnehmer und Verlinkung auf die individuelle Internetpräsents erfolgt über die Internetseite der Firma cupforcup u.a. mit Hilfe einer Karte in der alle Teilnehmer zu sehen sind. Für all diese Leistungen erhebt cupforcup eine Servicegebühr die von jedem Teilnehmer pro Monat zu entrichten ist. Diese Gebühr, in der Regel in Höhe von 15 bis 20 Euro je Filiale, unterliegt einem abgestuften Preissystem, bei dem unter bestimmten Voraussetzungen, die Gebühr individuell verringert werden kann.

Momentan betreut cupforcup mit ihrem System, welches im Frühjahr 2017 startete, knapp 100 Teilnehmer u.a. in Städten wie Düsseldorf, Köln oder Essen.

 

 

5. Fazit 

 

Eine große und einheitliche Lösung, welche das Ziel der Abfallvermeidung unter Wahrung unternehmerischer Individualität, betrieblicher Prozesse, kaufmännischer Interessen sowie der vorhandenen rechtlichen Hygienevorschriften ausreichend abdeckt, ist derzeit nicht vorhanden und vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Akteure, die bereits eigene Anstrengungen unternehmen, wahrscheinlich auch nicht erstrebenswert.

 

Es ist jedoch unbestritten, dass die bislang kontaktierten Interessengruppen eine Sensibilität für das Thema "Einweg / Mehrweg" entwickelt und die Problemlage erkannt haben. Ebenso ist die Bereitschaft vorhanden, den ökologischen Auswirkungen der Einweg-Produkte zu begegnen – auch wenn die Ursache vornehmlich in der „to-go-Mentalität“ der Kunden begründet liegt.

Mit dem von der Firma cupforcup vorgeschlagenen System scheint es jedoch möglich, den Mehrweganteil nennenswert zu erhöhen. Daher schlägt die Verwaltung vor die Einführung dieses Angebotes aktiv zu unterstützen, sei es beispielsweise durch entsprechende Öffentlichkeitsarbeit oder aber indem der Firma geholfen wird, den Kontakt zu den lokalen Akteuren aufzunehmen

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Anlagen

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