Kenntnisnahme - FB 56/0272/WP17

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Der Wohnungs- und Liegenschaftsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.

 

Der Ausschuss für Soziales, Integration und Demographie nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.


 

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Erläuterungen

Erläuterungen:

Mit Schreiben vom 24. Januar 2018 beantragte die Fraktion „Die Linke“ im Rat der Stadt Aachen, dass die Verwaltung eine Forschungsarbeit über das Ausmaß und die Erscheinungsformen der Verdrängung durch Mietpreiserhöhungen in Aachen initiieren solle. Als Hintergrund wird erläutert, dass die Wohnungsmarktberichterstattung der Stadt Aachen (Bericht 2016) und der Strategiezirkel Wohnen der Stadtverwaltung Aachen Verdrängungseffekte aufgrund steigender Mieten aufführen, die insbesondere zu Wegzügen in das Aachener Umland führten. Der Verdrängungsatlas soll das Ziel haben, empirisch belastbare Aussagen über das quantitative Ausmaß und die qualitative Ausprägung etwaiger Verdrängungseffekte zu treffen.

 

Mit Fusion des Fachbereiches „Wohnen“ und des Fachbereiches „Soziales und Integration“ wurde im neugegründeten Fachbereich „Wohnen, Soziales und Integration“ eine Abteilung „Planung“ gegründet, die u. a. die Aufgabe der Sammlung und Analyse aller wohnungsbau- und sozialrelevanten Fakten hat mit dem Ziel quartiersscharf Entwicklungen nachzuvollziehen und Interventionen anstoßen zu können. In dieser Abteilung wurden die kommunale Sozialplanung und die kommunale Wohnungsmarktbeobachtung zusammengelegt. Die Sozialplanung analysiert die soziale, sozio-ökonomische und demographische Bevölkerungsentwicklung Aachens in den 60 Lebensräumen der Stadt (Sozialentwicklungsplan). Als Pendant zu dieser Stelle wurde im Zuge des Aufbaus der Abteilung Planung eine Stelle „Wohnbaumonitoring“ eingerichtet, deren Aufgabe der Aufbau eines kleinräumigen Wohnbaumonitorings ist, welches aufzeigt, in welchen Teilräumen in welchem Umfang und in welcher Qualität neuer Wohnraum entsteht. Auf dieser Grundlage sollen zukünftig Wohnraum- und Sozialdaten stärker als bisher integriert betrachtet und übergreifende Analysen ermöglicht werden. Die Stelle wurde zum 24.04.2018 besetzt. In einem ersten Schritt wurde der städtische Wohnungsmarktbericht konzeptionell überarbeitet und analytisch vertieft. In einem zweiten Schritt wurden nun die Wohnraumdaten auf Lebensraumebene erhoben, der Bezugsgröße, die auch der Sozialentwicklungsplan als Ausgangsbasis nimmt. Die vorliegenden Daten erlauben eine gezielte Analyse der Angebotsmietpreisentwicklung in den 60 Lebensräumen Aachens. Zudem wurde die Entstehung öffentlich geförderten Wohnraums in Aachen kleinräumig erhoben.

 

Gesamtstädtisches Ziel ist es, dass in jedem Quartier ein Wohnraumangebot für Menschen in unterschiedlichen Lebens- und Bedarfslagen vorgehalten wird. In angespannten Wohnungsmärkten kann es zu zwei Effekten kommen, die diesem Ziel zu wiederlaufen:

 

  1. sozio-ökonomisch bedingte Segregation:

Segregation ist eine räumliche Abbildung sozialer Ungleichheit in einer Gesellschaft durch Konzentration bestimmter Einkommensklassen in bestimmten Quartieren. In einem angespannten Wohnungsmarkt kann es zu zunehmenden Segregationseffekten kommen, wenn in bestimmten Quartieren nur noch wenig bezahlbarer Wohnraum vorhanden ist. Geringverdiener und Transferleistungsempfänger konzentrieren sich dann in den wenigen Quartieren, in denen noch bezahlbarer Wohnraum vorhanden ist. Die Qualität des Wohnstandortes korrespondiert in diesem Fall mit dem sozialen Status der Gruppe.

 

  1. Gentrifizierung:

Der Begriff Gentrifizierung beschreibt den Wechsel von einer statusniedrigeren zu einer statushöheren (finanzkräftigeren) Bewohnerschaft in einem Quartier, der oft mit einer baulichen Aufwertung, Veränderungen der Eigentümerstruktur und steigenden Mietpreisen im Quartier einhergeht. Insbesondere in ehemals preiswerten Quartieren kommt es im Zuge dieses Prozesses zu einer Verdrängung von Geringverdienern und Transferleistungsempfängern, welche dann kaum noch bezahlbaren Wohnraum im Stadtgebiet finden.

 

Erste Erkenntnisse: Segregation

Der durchschnittliche Angebotsmietpreis lag im Stadtgebiet Aachen im Jahr 2018 bei 8,60 €/qm. Lediglich 17,1 % der Mietangebote wurden noch für einen Quadratmeterpreis von unter 7 € angeboten. Dagegen waren mehr als ein Viertel der Mietangebote im hochpreisigen Segment über 10 €/qm angesiedelt (26,0 %).

 

Eine kleinräumige Analyse (s. Abb. 1) macht deutlich, dass der durchschnittliche Angebotsmietpreis in den Aachener Lebensräumen deutlich differiert. Insbesondere in den innerstädtischen Lagen, in der Soers und in Teilbereichen des Frankenberger Viertels lagen die Angebotsmieten im Schnitt im hochpreisigen Segment (über 9,50 €/ m²). Dahingegen befinden sich Wohnungen im niedrigen Marktsegment (bis 7 €/m²) insbesondere in den Lebensräumen Walheim, Preuswald und Driescher Hof. In Innenstadtnähe ist noch im Aachener Osten und Nordosten bezahlbarer Wohnraum im überdurchschnittlichen Maße vorhanden. Der Aachener Wohnungsmarkt unterliegt demnach einer signifikanten räumlichen Strukturierung. In den Quartieren, in denen der Durchschnittsangebotsmietpreis im hochpreisigen Segment liegt, ist es für Geringverdiener und Transferleistungsempfänger kaum noch möglich, bezahlbaren Wohnraum zu finden. 

 

Bezogen auf die Entwicklung der Quartiere fällt bei Betrachtung der räumlichen Konzentration des in den letzten zehn Jahren neu geschaffenen öffentlich geförderten Wohnraums in den Aachener Lebensräumen (s. Abb. 2) auf, dass im Aachener Nordwesten, in der Soers, der Beverau sowie großen Teilen des Frankenberger Viertels und den in räumlicher Nähe zur RWTH gelegenen Lebensräumen, im entsprechenden Zeitraum kein öffentlich-geförderter Wohnraum neu entstanden ist. Die Fertigstellung neuer öffentlich geförderter Wohnungen konzentriert sich vor allem in den Lebensräumen im Aachener Osten und Nordosten, d. h. die Bautätigkeit der letzten Dekade verstärkt tendenziell die festgestellte lebensräumliche Segregation. Es kann angenommen werden, dass in den „preiswerten Quartieren“ überdurchschnittlich viele Geringverdiener und Transferleistungsempfänger wohnen und für diese Bevölkerungsgruppe die Wahrscheinlichkeit gering ist, in den „gut situierten Wohnquartieren“ bezahlbaren Wohnraum zu finden.

 

Der neu formulierte Quotenbeschluss und das Aachener Modell zur kommunalen Wohnungsbauförderung sind wichtige Instrumente, um zukünftig öffentlich-geförderten Wohnraum unabhängig vom Bodenpreis in allen Aachener Quartieren zu ermöglichen. 

 

 

 

Erste Erkenntnisse: Gentrifizierung

Zur Feststellung, ob ein Gentrifizierungsprozess im Quartier begonnen hat, bietet es sich an, die Entwicklung der Mietpreise im Zeitverlauf zu analysieren. Betrachtet man die Entwicklung der Angebotsmietpreis im Vergleich der letzten fünf Jahre (s. Abb. 3), so fällt auf, dass sich diese in den einzelnen Quartieren sehr unterschiedlich vollzogen hat. Die Spanne reicht von einem Rückgang um ca. 10 % bis zu einem Anstieg um 30 %. Bei den Steigerungen fällt auf, dass diese insbesondere die Quartiere mit „bezahlbarem“ Wohnraum betreffen (Kronenberg/Rosfeld, Driescher Hof, Preuswald Aachen-Nord). Hier ist zu vermuten, dass zum einen die zunehmende Anspannung des Aachener Wohnungsmarktes dazu führt, dass nun auch bisher weniger gefragte Wohnquartiere bei Bevölkerungsschichten mit höherem Einkommen zunehmend beliebt werden. Zum anderen zeigt sich der in den letzten Jahren durch Städtebauförderprogramme und Quartiersentwicklungsprozesse vorangetriebene Abbau des Sanierungsstaus, der zu einer Aufwertung und damit verbundenen Preissteigerung im Lebensraum führt. Somit ergibt sich der Effekt, dass der Wohnraum in diesen Quartieren zwar absolut im Vergleich zu anderen Quartieren immer noch günstig ist, es dennoch für die bestehende Bewohnerschaft zunehmend schwierig wird, in ihrem Quartier zu wohnen (z. B. wenn die Mietkosten nach Sanierung bei Transferleistungsempfängern über den genehmigungsfähigen angemessenen Kosten der Unterkunft liegen oder das Budget von Geringverdienern übersteigen). Zudem gibt es deutliche Preissteigerungen im Bereich des RWTH-Campus.

 

Ausblick:

Die vorliegende Basis-Datenanalyse zeigt, dass die aktuelle Wohnungsmarktentwicklung in Aachen eine Tendenz zur Segregation und Gentrifizierung aufweist. Nun gilt es, diese ersten Erkenntnisse weiter auszudifferenzieren, die Wohnraumentwicklung mit der Sozialentwicklung zu vergleichen und Handlungsempfehlungen abzuleiten. Der Wohnungsmarktbericht 2018, der in der nächsten Sitzung des Wohnungs- und Liegenschaftsausschusses vorgestellt wird, widmet sich erstmals explizit dem Thema immobilienwirtschaftlich bedingter Verdrängung und etwaigen sozialen Segregationstendenzen. Hierzu werden weitere Daten und Erkenntnisse aus dem Wohnbaumonitoring, Auswertungen der komplexen Wanderungsbewegungen innerhalb Aachens und in die Städteregion Aachen sowie aktuelle Sozialdaten zusammengeführt und ausgewertet. Darüber hinaus wird der aktuell in Erstellung befindliche 3. Sozialentwicklungsplan für Aachen Erkenntnisse darüber liefern, ob die Wohnraumentwicklung tatsächlich die vermuteten Effekte auf die Sozialentwicklung in den Lebensräumen hat.

Nach Vorliegen der Analyse kann eine ergänzende qualitative Erhebung über individuelle Wohnsituationen, Umzugsmotivationen und sozio-ökonomische Lagen in den Aachener Lebensräumen grundsätzlich sinnvoll sein. Die Daten ließen sich jedoch nur über eine aufwändige Haushaltsbefragung und die regelmäßige Abfrage der Umzugsumstände und –gründe erheben. Hierbei müssen zu gegebener Zeit die anfallenden Personal- und Sachkosten mit dem zu erwartenden Erkenntnisgewinn abgewogen werden.

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Auswirkungen

Finanzielle Auswirkungen

 

 

JA

NEIN

 

 

 

x

 

 

 

Investive Auswirkungen

Ansatz

20xx

Fortgeschriebe­ner Ansatz 20xx

Ansatz 20xx ff.

Fortgeschriebe-ner Ansatz 20xx ff.

Gesamt­bedarf (alt)

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Einzahlungen

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Auszahlungen

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Ergebnis

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- Verschlechterung

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Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

 

konsumtive Auswirkungen

Ansatz

20xx

Fortgeschriebe­ner Ansatz 20xx

Ansatz 20xx ff.

Fortgeschriebe-ner Ansatz 20xx ff.

Folgekos-ten (alt)

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Ertrag

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Sachaufwand

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Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

 

 

Es ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen.

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Anlagen

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