Kenntnisnahme - FB 36/0408/WP17

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Der Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.

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Erläuterungen

Erläuterungen:

  1. Energie- und CO2-Bilanzierung - Vorbemerkungen

Die jährliche Bilanzierung des Energiebedarfs der Stadt Aachen und der daraus abgeleiteten CO2-Emissionen ist ein wichtiges Evaluierungs- und Steuerungsinstrument zur Kontrolle der selbstgesteckten Klimaschutzziele (-50% CO2-Emissionen bis 2030) und der Wirksamkeit bereits eingeleiteter Maßnahmen. Die Bilanz umfasst eine Endenergiebilanz, Primärenergiebilanz (Life Cycle Assessment-Methode, LCA) sowie eine CO2-Emissionsbilanz (LCA) zur Bewertung der Entwicklung im Sinne der Zielerreichung. Die Berechnungen werden mit dem Bilanzierungstool ECORegion der Fa. Ecospeed AG (Schweiz) durchgeführt.

 

  1. Energiewirtschaftliche / -politische Eckpunkte 2018

       Der Anteil regenerativer Energien in der Nettostromerzeugung Deutschlands stieg weiter an und erreichte 2018 einen Anteil von über 40 %. Der bundesweite Energiebedarf über alle Verbrauchergruppen (Industrie & Gewerbe, Haushalte, Verkehr) wurde damit zu insgesamt 17% aus regenerativen Energien gedeckt.

       Im Vergleich zu den Vorjahren ist der bundesweite Ausbau von Windkraft und Solarstromanlagen in 2018 jedoch deutlich zurückgegangen. Begründet wird der Rückgang mit fehlenden Flächen, langen Genehmigungsverfahren und Klagen gegen neue Standorte vor Gerichten.

       Der Einsatz von Braunkohle und Steinkohle in der Stromerzeugung ging nur leicht zurück. Gleiches gilt für den bundesweiten Anteil der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung, der ebenfalls leicht auf 19,3 % gesunken ist.

       Die CO2-Emissionen des Straßenverkehrs steigen bundesweit, da die Durchschnittsverbräuche der Kraftfahrzeuge (Pkw) wieder leicht ansteigen. Der Straßenverkehr bleibt damit der Sektor mit den langfristig größten Einsparpotenzialen.

       Aufgrund gestiegener CO2-Preise (2018 ca. 20 €/t CO2) ist der Stromexport insbesondere von Kohlestrom deutlich gesunken. Die bisherigen Zielländer (u.a. Niederlande, Belgien) nutzen wieder verstärkt eigene Reservekapazitäten (hauptsächlich Erdgaskraftwerke) zur Stromproduktion.

       Die 2018 eingesetzte Kohlekommission hat den Ausstieg Deutschlands aus der Stein- und Braunkohleverstromung bis zum Jahr 2038 empfohlen. Die betroffenen Kohleregionen sollen zur Kompensation wegfallender Arbeitsplätze eine langfristige Strukturförderung erhalten. Ein politischer Beschluss zur Umsetzung der Empfehlung steht noch aus, ebenso wie eine notwendige Verständigung mit den Kraftwerksbetreibern und Bergbauunternehmen.

       Der Bau neuer, das Stadtgebiet querender Fernleitungstrassen für Strom und Erdgas (ALEGrO / Amprion, ZEELINK) hat begonnen und soll bis Ende 2019 weitgehend abgeschlossen sein. Diese sollen hauptsächlich den Energieverbund mit den Beneluxstaaten im europäischen Netz und die langfristige Versorgungssicherheit verbessern.

       Besonderheit: Während der Strombedarf in vielen klassischen Industriezweigen stagniert bzw. sinkt, steigt der Stromverbrauch des World-Wide-Webs unaufhörlich weiter an. Mittlerweile ist das World-Wide-Web zu einem der größten Stromverbraucher weltweit avanciert.

 

  1. Energie- und CO2-Bilanz der Stadt Aachen 2018

Auf der Basis aktualisierter Daten für 2018 wurde eine Energie- und CO2-Bilanz der Stadt Aachen berechnet.

Folgende Anpassungen der Bilanz wurden vorgenommen:

  1. Eingabe der relevanten Daten für das Jahr 2018 (Statistisches Grundgerüst, Energieverbrauch, Verkehrsleistungen) sowie aktualisierter spezifischer Energie- und Emissionsfaktoren.
  2. Neuberechnung der nicht exakt bilanzierbaren Energieträger wie Heizöl und Holz an Hand der von der Energieagentur NRW empfohlenen Berechnungshilfen.
  3. Durchführung der Witterungskorrektur mit Aachen-spezifischen Korrekturfaktoren (Gradtagszahl für Aachen) für einen besseren Vergleich und Interpretation der Ergebnisse.
  4. Nachkorrekturen der statistischen Kfz-Zulassungszahlen auf Grund einer bilanziellen Veränderung im Softwaretool ECORegion aus dem Jahr 2015; dadurch sinkt der für die Klimabilanzierung relevante statistische Fahrzeugbestand für Aachen um ca. 2 % ab.

Statistisches Grundgerüst der Bilanz 2018

Das statistische Grundgerüst (Einwohner, Beschäftige, Kfz-Zulassungen), das von FB 02, Statistik und Stadtforschungen, bereitgestellt wurde, zeigt folgende Veränderungen gegenüber 2017:

       Die Einwohnerzahl stieg auf 257.032 Einwohner (+1.065 Einwohner, entsprechend +0,4 %).

       Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stieg auf 133.155 (+ 0,7 %).

Witterungseinfluss

Das Jahr 2018 war von einem überdurchschnittlich langen, warmen und trockenen Sommer geprägt. Insgesamt war 2018 mit einer Durchschnittstemperatur von 11,2 °C (langjähriges Aachener Mittel: 10,3 °C) ein warmes Jahr.

Der Einfluss der Witterung auf den Heizenergieverbrauch wird mittels eines aus der Gradtagszahl (GTZ) ermittelten Korrekturfaktors berücksichtigt. Damit werden die Jahresdurchschnittstemperatur sowie auch die täglichen Temperaturverläufe über das Jahr berücksichtigt. Hiermit werden die korrekte Interpretation der Bilanzergebnisse und der Vergleich mit den Vorjahren möglich.

 

  1. Endenergiebilanz für Aachen

Der Endenergiebedarf 2018 wird innerhalb des Bilanzierungsraums Stadt Aachen (geografische Stadtgrenze)  nach Verbrauchergruppen differenziert erfasst.

  1. Der über alle Verbraucherbereiche aggregierte Endenergiebedarf ist mit 6.857 Gigawattstunden gegenüber 2017 nahezu stagnierend. Gegenüber dem Basisjahr 1990 sank dieser Wert um mäßige 4,8%. Nach Witterungskorrektur (für Erdgas und Fernwärme) ist der Endenergieverbrauch 2018 mit 7.101 GWh gegenüber dem Vorjahr sogar um 1,5% angestiegen; diese Entwicklung ist mit den klimapolitischen Zielen der Stadt unvereinbar.
  2. Für die Bereiche Wärme und Strom - also ohne Verkehrsanteile - ist der witterungsbereinigte Endenergieverbrauch stagnierend; real nahm er 2018 wegen des warmen Jahres leicht um knapp 80 GWh auf 4.741 GWh (-1,6 %) ab (vgl. Tabelle).
  3. Die gesamte Netzeinspeisung in das Aachener Stromnetz betrug im Jahr 2018 nur noch 1.160 GWh und lag damit 37 GWh unter dem Vorjahr (- 3,1 %). Darin enthalten sind dank weiterem Ausbau der Windenergie nunmehr 92 GWh erneuerbare Energien (7,7 %), die jetzt auf dem Aachener Stadtgebiet erzeugt und eingespeist werden (Mittelspannungsebene).
  4. Die Kraft-Wärme-Kopplung (Erdgas, Biogas) wurde in 2018 weiter ausgebaut. Das zur Jahreswende 2018/2019 in Betrieb gegangene BHKW der STAWAG am Standort Melaten (10 MW) spart zukünftig ca. 58% CO2-Emissionen im Vergleich zu einer getrennten Wärme- und Stromerzeugung ein (Quelle: STAWAG). Weitere Anlagen im Stadtgebiet sind für die Zukunft geplant und werden ebenfalls einen positiven Beitrag zur Klimabilanz leisten.

 

 

  1. Primärenergiebilanz

Die Primärenergiebilanz (LCA) umfasst den Energiebedarf für Produktion, Umwandlung und Transport der jeweiligen Endenergieträger (Vorkettenanteile) und erstreckt sich somit über den Bilanzierungsraum „Stadt“ hinaus. Die Berechnung der Primärenergie aus dem Endenergiebedarf ist durch spezifische Primärenergiefaktoren möglich. Auf Basis der Primärenergiebilanz wird mittels spezifischer Emissionsfaktoren für einzelne Energieträger die klimarelevante CO2-Bilanz abgeleitet.

Die Primärenergiebilanz ohne Witterungskorrektur zeigt einen leichten Anstieg; mit Witterungskorrektur stieg der Primärenergiebedarf gegenüber 2017 sogar um deutliche +2,4 % auf 9.302 GWh. Der Bedarf des Teilsektors Straßenverkehr stieg hier nur leicht auf 1.772 GWh.

 

  1. CO2-Emissionen

 

  1. „Dank“ eines erneut sehr warmen Jahres 2018 sanken die aus der Primärenergiebilanz resultierenden, absoluten Emissionen gegenüber dem Vorjahr leicht von 2,108 Mio.t auf 2,082 Mio.t CO2 (-1,2 %, vgl. Abbildung 1). Unter Berücksichtigung einer Witterungskorrektur wurden dagegen 2,139 Mio.t CO2 freigesetzt (vgl. Abbildung 2), was gegenüber 2017 einem leichten Anstieg um 0,2 % entspricht.
  2. Die Emissionssenkung seit 1990 beträgt für das Jahr 2018 nur noch -22,0 % (vgl. Tabelle), nachdem bis zum Jahr 2015 schon eine höhere Absenkung von 24,9 % erreicht wurde.
  3. Der Strom- und Wärmebereich weist mit einem Rückgang der Emissionen um 30 % (Maximum lag bei 34 % in 2016) seit 1990 weiterhin den signifikantesten Rückgang auf (vgl. Abbildung 3).
  4. Der Verkehrsbereich, der seit 1990 um 14 % höhere Emissionen aufweist, stagniert in 2018.

CO2-Emissionen je Einwohner

  1. Die Emissionen je Einwohner lagen 2018 witterungsbereinigt bei 8,32 t CO2 (1990: 10,8 t CO2 je Einwohner) und somit leicht unter denen des Vorjahres (8,35 t in 2017); im Vergleich zum Basisjahr 1990 beträgt die Absenkung nun minus 23 % (vgl. Abbildung 4).
  2. Das Ziel für 2030 (-50 %) erfordert eine Reduktion der CO2-Emissionen um weitere 0,769 Mio. t auf ca. 5,4 t/a je Einwohner oder 1,37 Mio. t/a insgesamt.

Aachen-Bilanz unter Berücksichtigung des STAWAG-Strommix

Die STAWAG weist einen eigenen, stark durch erneuerbare Energien geprägten Strommix für ihre Stromprodukte (Anteil: ca. 79 % an der Aachener Netzeinspeisung) aus. Berücksichtigt man diesen Strommix bilanztechnisch, sinken die städtischen Emissionen von 2,082 Mio. t auf 1,954 Mio.t CO2. Dies entspricht dann einer Reduktion von minus 28,7 % gegenüber 1990 (vgl. Abbildung 4).

Der Ausbau des klimafreundlichen Produktions- und Angebotsportfolios der STAWAG leistet damit weiterhin einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz in der Stadt Aachen (vgl. Abbildung 5).

 

  1. Schlussfolgerungen

 

  1. In Aachen setzt sich die dynamische Stadtentwicklung (Wohnen, Hochschulen, Gewerbe) der letzten Jahre weiter fort. Dies spiegelt sich in der Energie- und CO2-Bilanz mit steigenden Energieverbräuchen und steigenden Emissionen wider.

 

  1. Die Erschließung bedeutsamer Energieeinspar- und Energieeffizienzpotentiale insbesondere im Wohnungsbestand, aber auch im Bereich gewerblicher Büroflächen und öffentlicher Nutzungen (Hochschulgebäude, Landesverwaltungen) kommt nicht im klimapolitisch gebotenen Umfang voran.

 

  1. Der Verkehrssektor bleibt bei weiterhin wachsendem KfZ-Bestand „Sorgenkind und Achillesferse“ des kommunalen (und nationalen) Klimaschutzes. Auf diesem Feld müssen nicht nur auf lokaler, sondern insbesondere auf nationaler Ebene dringend klare Impulse gesetzt werden, um das Mobilitätsverhalten und die Fahrzeugtechnologien langfristig im Sinne des Klimaschutzes (und der Luftreinhaltung) zu verändern.

 

  1. Der Trend zum Ausbau der KWK für Wärme- und Stromerzeugung setzt erkennbare Impulse bei der Energieeffizienz in hochverdichteten Quartieren und entlastet langfristig die CO2-Bilanz; die wirtschaftlich attraktiven Ausbaupotentiale sind in Aachen bereits weitgehend erschlossen.

 

  1. Der Ausbau der Windkraft leistet den wichtigsten Beitrag zur regenerativen Stromerzeugung auf dem Stadtgebiet; der Ausbau der Photovoltaik kommt dagegen nur leicht voran und bleibt deutlich hinter den Erwartungen zurück.

 

  1. Positiv auf die Klimabilanz wirkt sich der seit Mitte 2017 deutlich gestiegene Preis für EU-CO2-Verschmutzungsrechte (+400 %) aus; der hohe Preis verringert den Anteil der Kohlestromexporte und senkt den in die Bilanz einfließenden CO2-Faktor für den Bundesstrommix. Gleichzeitig erhalten die in Deutschland vorhandenen, effizienten Gaskraftwerke nach „schweren“ Jahren eine neue Chance zur besseren Vermarktung der eigenen Stromproduktion.

 

Fazit: Es besteht kommunaler Handlungsbedarf mit Blick auf die gesteckten Ziele (bis 2030 minus 50% CO2 Emissionen). Dies gilt umso mehr, da für die wachsende Stadt bei Fortsetzung des Trends eher stagnierende als deutlich sinkende Endenergieverbräuche und CO2-Emissionen um 2,1 Mio. t CO2 pro Jahr zu erwarten sind.

Mit dem Beschluss zum Klimanotstand für die Stadt Aachen hat der Stadtrat im Juni 2019 bereits ein deutliches Zeichen gesetzt. Der Beschluss soll es nun ermöglichen, in allen Arbeits- und Planungsbereichen zügiger und wirkungsvoller Einspar- und Effizienzpotenziale zu ermitteln und zu heben.

 


 

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Auswirkungen

Finanzielle Auswirkungen

 

 

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Investive Auswirkungen

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