Entscheidungsvorlage - FB 61/1329/WP17

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Der Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz nimmt die Erläuterungen der Verwaltung zur Kenntnis und empfiehlt die Verwaltung zu beauftragen das gesamträumliche Planungskonzept zur Steuerung der Windenergie in Aachen auf Grundlage der vorgestellten harten und weichen Tabukriterien abschließend fertigzustellen. Die Abwägung der nach Abzug der harten und weichen Tabuflächen verbleibenden Flächen und die Frage, ob der Windenergie durch die verbleibenden Konzentrationsflächen substantiell Raum verschafft wird, bleiben dabei den weiteren Beschlussfassungen zum Planungskonzept bzw. dem Bauleitplanverfahren vorbehalten. Der Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz empfiehlt aufgrund der inhaltlichen Abhängigkeiten zum gesamträumlichen Planungskonzept weiterhin die Verwaltung zu beauftragen, die Überlegungen zum Repowering nicht isoliert, sondern im Zuge der Erstellung des gesamträumlichen Planungskonzepts mit zu beachten.

 

Der Planungsausschuss nimmt die Erläuterungen der Verwaltung zur Kenntnis. Er beauftragt die Verwaltung das gesamträumliche Planungskonzept zur Steuerung der Windenergie in Aachen auf Grundlage der vorgestellten harten und weichen Tabukriterien abschließend fertigzustellen. Die Abwägung der nach Abzug der harten und weichen Tabuflächen verbleibenden Flächen und die Frage, ob der Windenergie durch die verbleibenden Konzentrationsflächen substantiell Raum verschafft wird, bleiben dabei den weiteren Beschlussfassungen zum Planungskonzept bzw. dem Bauleitplanverfahren vorbehalten. Der Planungsausschuss beauftragt die Verwaltung weiterhin aufgrund der inhaltlichen Abhängigkeiten zum gesamträumlichen Planungskonzept, die Überlegungen zum Repowering nicht isoliert, sondern im Zuge der Erstellung des gesamträumlichen Planungskonzepts mit zu beachten.

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Erläuterungen

Erläuterungen:


Durch Beschluss des Planungsausschusses am 04.04.2019 erfolgte der Auftrag, der Empfehlung des Ausschusses für Umwelt und Klimaschutz zu folgen und das Planungsziel einer ausdrücklichen Steuerung der Windenergienutzung mit Wirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für das Stadtgebiet mit dem Aufstellungsbeschluss zur Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes AACHEN*2030 zu verfolgen. Der oben aufgeführte Aufstellungsbeschluss für das gesamte Stadtgebiet zur geplanten Steuerung der Windenergienutzung wurde öffentlich bekannt gemacht.

 

Darüber hinaus liegt ein Ratsantrag vor, der sich mit dem Thema Repowering- Konzept für Windenergieanlagen im Norden der Stadt Aachen befasst.

 

Beide Sachverhalte stehen im direkten Zusammenhang.

 

I. Sachstand zur Steuerung der Windenergienutzung in Aachen

Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.12.2018, die der 117. Änderung des Flächennutzungsplans 1980 die "Sperrwirkung" für den Außenbereich außerhalb der dargestellten Konzentrationszonen abgesprochen hat, ist zur planungsrechtlichen Steuerung von Windenergieanlagen im Außenbereich der Stadt Aachen die generelle Überarbeitung des gesamträumlichen Planungskonzeptes erforderlich. Dies beinhaltet sowohl die Frage, ob und welche Konzentrationszonen dargestellt werden als auch den Aspekt des Repowerings vorhandener Bestandsanlagen.

Mit dem gesamträumlichen Planungskonzept werden im Ergebnis die Flächen gefiltert, die später auf Ebene der Flächennutzungsplanung als Konzentrationsflächen dargestellt werden sollen.

 

Gesamträumliches Planungskonzept

Die Verwaltung hat die Überarbeitung des gesamträumlichen Planungskonzeptes bereits dahingehend abgeschlossen, dass die harten und weichen Tabukriterien neu identifiziert wurden. Da weder Bund noch Land NRW eine abschließende Liste hierfür vorgeben, sind die Kommunen gehalten, sich diese Kriterien aus den vorhandenen gesetzlichen Vorgaben, Erlassen und der laufenden, sich stetig verändernden Rechtsprechung selber zu erarbeiten.

 

Die sog. harten Ausschluss- oder Tabukriterien (Stufe 1) sind Kriterien, die dazu führen, dass an den betreffenden Bereichen aus rechtlichen oder faktischen Gründen die Errichtung von Windenergieanlagen auch unter der Voraussetzung, dass es kein gesamträumliches Planungskonzept gibt, nicht zulässig bzw. möglich ist. Die harten Kriterien sind rechtliche und/oder faktische Vorgaben, die einer Abwägung nicht zugänglich sind. Diese umfassen die Rechtsbereiche:

  1. Immissionsschutzrecht
  2. Natur- und Artenschutzrecht
  3. Wasserrecht
  4. Straßen- und Bahnrecht
  5. Sonstige Infrastruktur: Stromfreileitungen / -netze, Rohrfernleitungen
  6. Vorgaben des Landes

 

Zu a) Immissionsschutzrecht

Ausschluss der Bereiche, in denen die Errichtung einer Anlage wegen der Nähe zu schutzwürdigen Nutzungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImschG in Verbindung mit der TA Lärm unzulässig ist.

 

Bislang wurde von der Verwaltung begründet, dass für 3 Anlagen ein Schutzabstand von mindestens 500m auf Ebene der harten Kriterien einzuhalten sei. Diese Haltung wurde jedoch durch die Gerichte nicht bestätigt. Entsprechend der Entscheidung des BVerwG vom 13.12.2018 wird hier nunmehr eine einzelne Musteranlage zu Grunde gelegt. Nach weiterer aktueller Rechtsprechung muss der Abstand auch nach der individuellen Schutzwürdigkeit des in Rede stehenden Gebiets bestimmt werden.

 

Für das neue Planungskonzept bedeutet dies, dass nun für das gesamte Stadtgebiet entlang der Ränder zur planungsrechtlichen Einschätzung des Innen- bzw. und Außenbereiches (§ 34 oder § 35 BauGB) alle Gebäude einer Gebietskategorie zuzuordnen sind. Dies betrifft ebenfalls alle Gebäude im Außenbereich, die aufgrund ihrer Nutzung schutzwürdig sind. Um diese Gebäude ist anschließend ein Puffer zu legen, der sich aufgrund der Lärmberechnung und der Grundannahme eines Schutzes bezogen auf den „Nacht“-Wert staffelt. Da es bei der Erstellung des gesamträumlichen Planungskonzepts, anders als bei Genehmigungen im Einzelfall, darauf ankommt, ein in sich schlüssiges Gesamtkonzept zu erstellen, wird bei der Betrachtung von einer Referenzanlage ausgegangen. Diese wird mit folgenden Eigenschaften hinterlegt: Vestas V112 mit 3.3 MW Nennleistung, 140 m Nabenhöhe, 112m Rotordurchmesser, Gesamthöhe 196m und LWA = 107, 2 dB(A.) Hieraus ergeben sich rechnerisch folgende Abstände:

 

  • 255m außerhalb der Gebäude in Gewerbegebieten gemäß Zuordnung nach TA-Lärm Abschnitt 6.1b;
  • 465m außerhalb der Gebäude in der Lage eines Bebauungsplanes oder nach § 34 BauGB für die Gebietskategorie gemäß Zuordnung nach TA-Lärm Abschnitt 6.1c und d (urbanes Gebiet Gebietskategorien Kerngebiet, Dorfgebiet, Mischgebiet) und für Einzelhöfen und Schutzwürdige Nutzungen/Ansiedlungen im Außenbereich gemäß § 35 BauGB;
  • 785m außerhalb der Gebäude in der Lage eines Bebauungsplanes oder nach § 34 BauGB für die Gebietskategorie Allgemeines Wohngebiet und Kleinsiedlungsgebiet, gemäß Zuordnung nach TA-Lärm Abschnitt 6.1e;
  • 1.270m außerhalb der Gebäude in der Lage eines Bebauungsplanes oder nach § 34 BauGB für die Gebietskategorie Reines Wohngebiet und Sondergebiet gemäß Zuordnung nach TA-Lärm Abschnitt 6.1f und g.

 

Zu b) Natur- und Artenschutzrecht

Ausgeschlossen werden die Flächen aller derzeit bestehenden Naturschutzgebiete (NSG) und geschützte Landschaftsbestandteile dann, wenn nach Einschätzung der Unteren Naturschutzbehörde wegen einer Beeinträchtigung des jeweiligen Schutzzieles keine Befreiung nach § 67 BNatSchG in Betracht kommen kann.

 

Zu c) Wasserrecht

Wasserschutzgebietszone I und II aufgrund der rechtskräftigen Wasserschutzgebietsverordnungen; Fließgewässer sowie stehende Gewässer bis Böschungskante.

 

Zu d) Straßen- und Bahnrecht

Klassifizierte Straßen (BAB, Bundes-, Landes- sowie Kreisstraßen) einschließlich rechtlich zwingender, keiner Ausnahme zugänglicher Anbauverbotszonen; Gewidmete Bahnflächen

 

Zu e) Sonstige Infrastruktur

Stromfreileitungen / -netze, Rohrfernleitungen. Planfestgestellte Gas-, und Stromleitungen mit dem jeweiligen Schutzabstand, Freileitungen aller Spannungsebenen

 

Zu f) Vorgaben des Landes

Landesentwicklungsplan, Grundsatz 10.2-3: Planerischer Vorsorgeabstand von 1.500m

 

Wird der Grundsatz 10.2-3 aus dem Landesentwicklungsplan als Vorgabe des Landes Nordrhein-Westfalen bereits auf Ebene der harten Kriterien berücksichtigt, so ist ein planerischer Vorsorgeabstand von 1.500m zu Allgemeinen Siedlungsbereichen (auf Grundlage des Regionalplans) sowie zu Wohnbauflächen (auf Grundlage der Flächennutzungsplandarstellungen) einzuhalten. Grundsätze der Raumordnung sind planungsrechtlich „zu berücksichtigen“, das bedeutet, dass diese einer Abwägung zugänglich sind. Dies spricht zunächst dafür, den planerischen Vorsorgeabstand als weiches Kriterium einzustufen. Durch die Entscheidung des BVerwG vom 13.12.2018 ist nochmals bestätigt worden, dass Vorsorgeabstände im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG keine harten, sondern weiche Tabukriterien darstellen. Noch völlig unklar ist allerdings, ob der durch den Grundsatz genannte Vorsorgeabstand einer gerichtlichen Überprüfung stand hält und ob und in welchem Maße der Landesgesetzgeber hier einen rechtlichen Rahmen stecken wird. Hierzu ist die Diskussion derzeit noch in vollem Gange. Im Gespräch ist, Abstandserfordernisse gesetzlich zu verankern. Derzeit ist noch unklar, welchen Maßstab die Bezirksregierung Köln als Genehmigungsbehörde hier anlegen wird, sollte es keine konkrete Vorgabe durch das Land geben.

 

Um einerseits der Vorgabe des LEP gerecht zu werden und andererseits keinen rechtlichen Fehler zu begehen, empfiehlt die Verwaltung daher, das Kriterium eines planerischen Vorsorgeabstands als hartes, zusätzlich hilfsweise weiches Kriterium zu betrachten. Somit müsste auf der zweiten Stufe, bei der die weichen Kriterien angesetzt werden, der Abstand von 1.500m in Bezug zu den oben genannten 1.270m für die angesetzte Musteranlage erneut bewertet werden.

 

Fazit zu Stufe 1 des gesamträumlichen Planungskonzeptes

Es ist bereits jetzt absehbar, dass sich auf Grundlage des dargestellten Bewertungsansatzes die für die Windkraft zur Verfügung stehende Ausgangsflächenbilanz in Bezug auf das vorherige Planungskonzept aus dem Jahr 2017 bereits in der Stufe 1, der Betrachtung der harten Kriterien, verringern wird. Dies resultiert daraus, dass alleine die Maßgaben aus der TA-Lärm deutliche Auswirkungen auf den Zuschnitt der bisherigen Konzentrationsflächen auf Ebene des Flächennutzungsplanes (FNP) haben. Festzustellen ist aber auch, dass Standorte der heute bestehenden Anlagen nach Anwendung der harten Tabukriterien weiterhin möglich sind, sofern die Anlagen der jetzigen Ausführung entsprechen.

 

Planungsrechtliche Steuerung durch weiche Ausschlusskriterien – Stufe 2

Die so genannten weichen Ausschluss- oder Tabukriterien sind Kriterien, durch die die planende Gemeinde aktiv steuernd tätig wird. So können Schwerpunkte für die Windenergienutzung aus gesamtstädtischer Sicht herausgearbeitet werden, Räume anderen Nutzungsschwerpunkten wie z.B. der Siedlungsentwicklung vorbehalten bleiben oder Flächen für zukünftigen Arten- und Naturschutz gesichert werden.  Die weichen Tabukriterien kann die planende Gemeinde in bestimmtem Umfang selber definieren.  Die nach Abzug der harten (1. Stufe) und weichen (2. Stufe) Tabukriterien verbleibenden Flächen ergeben die so genannten „Potentialflächen“. Diese sind dann auf einer 3.  Stufe mit den für und gegen die Darstellung als Konzentrationsfläche sprechenden Belangen abzuwägen. Nach Abschluss dieses Vorgangs ist die Frage zu beantworten, ob die verbleibenden Konzentrationsflächen der Windenergie im Gemeindegebiet noch substanziell Raum verschafft. Obwohl die Frage, wann der Windenergie substantiell Raum verschafft wird, von erheblicher Bedeutung ist, lässt der Gesetzgeber diese Frage offen. Diese ist auch in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt. In der aktuellen Rechtsprechung scheint sich abzuzeichnen, dass ein Verschaffen von substanziellem Raum bejaht werden kann, wenn die dargestellten Konzentrationszonen mindestens 10 % des Außenbereichs nach Abzug der harten Tabus umfassen. Gleichwohl ist diese Frage stets im Einzelfall zu prüfen.

 

Folgende wesentliche Kriterien, die unter anderem eine zukünftige städtebauliche wie natur- und umweltschützende Vorsorge berücksichtigen, sieht die Verwaltung in Stufe 2 als geeignet an, um eine aktive Steuerung der Windenergienutzung zu betreiben:

 

  • Berücksichtigung eines Vorsorgeabstands zur Vermeidung einer optischen Bedrängung von 588m (= dreifache Anlagenhöhe). Dieser ist auf alle Gebäude innerhalb des Stadtgebiets entlang der fiktiven Innbereichsgrenze und zu Einzelhöfen und Ansiedlungen im Außenbereich insbesondere schutzwürdige Außenbereichsnutzungen sowie für schutzwürdige Gebäude auf dem Gebiet der angrenzenden Städteregion und des niederländischen und des belgischen Staatsgebiets anzuwenden.
  • Ziele der Regionalplanung- hier die Flächendarstellungen des gültigen Regionalplans Köln (2003) für den allgemeinen Siedlungsbereich (ASB),Gewerbe- und Industriebereiche (GIB), Bereiche zum Schutz der Natur (BSN) und  Bereiche zur Sicherung und Abbaus oberflächennaher Bodenschätze (BSAB) .
  • Darstellungen des FNP (Entwurf FNP Aachen *2030, Offenlage 2019) nebst Schutzabstand nach TA- Lärm (Werte siehe oben aus Stufe 1) für die Darstellungen der Wohnbauflächen (W) und Gemischten Bauflächen (M), sowie analog für die Flächennutzungsplandarstellungen der angrenzenden Kommunen in der Städteregion Aachen.
  • Waldfunktion: Erholungswald Stufe 1 – neuer Datenbestand 2019 sowie „Ruhiges Gebiet“ entsprechend der Darstellung aus dem Vorentwurf zur Neuaufstellung des Landschaftsplans Stand 2018– siehe Entwicklungsziel Nr. 1.1 des LP-Vorentwurf
  • Berücksichtigung des Landschaftsbildes aus dem Fachbeitrag zur Bewertung von Windenergieanlagen Landschaftsbild des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV), hier mit der Wertstufung „sehr hoch“
  • Vorsorgeabstand Verkehrslandeplatz Merzbrück, aufgrund des beschränkten Bauschutzbereich von 1,5 km Radius um den Flugplatzbezugspunkt herum.
  • Eignung der jeweiligen Konzentrationsflächen zur Aufnahme von mindestens zwei Windenergieanlagen: Hierfür ist die Bewertung der verbleibenden potentiellen Flächen aufgrund ihrer Größe, ihres Zuschnitts und ihrer Lage zueinander für die Errichtung von mind. 2 Anlagen vorzunehmen. Hierbei erfolgt die Bewertung zum einen durch Anwendung eines Aufstellrasters, das dem 5-fachen Rotordurchmesser in Hauptwindrichtung und 3-fachem Rotordurchmesser in Nebenwindrichtung entspricht. Der Abstand zwischen den verbleibenden potentiellen Flächen soll nicht mehr als den10-fachen Rotordurchmesser ausmachen, um auch eine räumliche Konzentrationswirkung zu erzeugen.

 

 

Fazit zu Stufe 2 und Stufe 3 (Abwägung) des gesamträumlichen Planungskonzeptes

Durch die Anwendung der zuvor aufgelisteten weichen Kriterien wird die für die Darstellung von Konzentrationszonen verbleibende Fläche des sogenannten Außenbereichs im Sinne des § 35 BauGB weiter eingeschränkt. Grund hierfür ist insbesondere, Ressourcen für die zukünftige Entwicklungsfähigkeit und Daseinsvorsorge der Stadt zu sichern. Erst im hieran anschließenden Schritt der Abwägung (Stufe 3) werden dann für die verbleibenden Flächen weitere gesellschaftliche, umwelt- sowie über die nach § 44 BNatSchG hinausgehenden naturschutzrechtlichen Belange eingebracht.

 

Stand der Bearbeitung und Fazit zum gesamträumlichen Planungskonzept

Mit der Einschätzung der derzeitigen Ausgangslage durch die Betrachtung des Musteranlagentyps gekoppelt an die Abstandsregelung nach TA-Lärm, kann auf Stufe 1 – harte Kriterien - eine wesentliche Komponente sicher analysiert werden. In Bezug auf das gesamte Stadtgebiet ist diese Vorgehensweise sehr arbeitsintensiv, die notwendigen Recherchen sind noch nicht abgeschlossen. Sobald die Arbeiten abgeschlossen sind und alle harten Tabukriterien in der Stufe 1 angewendet werden können liegt eine reine Flächenbilanz vor, die als Grundlage für die spätere Bewertung einer Steuerungswirkung (substanzieller Raum) der Windenergie bis hin zu Stufe 3 (Abwägung) dient. Derzeit sind die Flächendarstellungen wegen der noch nicht vollständig vorliegenden Daten "unscharf". In einem zweiten Schritt werden dann die Bereiche der weichen Tabukriterien dargestellt. Die verbleibenden Flächen werden im Bauleitplanverfahren der Abwägung zugeführt und anschließend geprüft, ob der Windenergie durch die nach der Abwägung verbleibenden Flächen substanziell Raum verschafft wird. Das sich hieraus ergebende gesamträumliche Planungskonzept wird den Fachausschüssen vorgestellt und wird dann anschließend Eingang in das Bauleitplanverfahren finden.

 

Die Erarbeitung eines gesamträumlichen Planungskonzepts ist notwendig, um eine Grundlage für die Steuerung der Windenergienutzung zu erhalten. Nur hier können im Vorfeld wichtige Aspekte abgewogen werden, die z.B. neben Auswirkungen auf das Landschaftsbild, angedachte Entwicklungs- und Vernetzungskonzepte für geschützte planungsrelevante Arten oder auch zukünftige Siedlungsflächenentwicklungen mit umfassen. Dies ist bei Einzelfallentscheidungen entweder gar nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Entscheidungen, die den Raum für abwägungsrelevante Fragestellungen stark einschränken sollten daher vorerst noch nicht getroffen werden. Die vorgenannten Kriterien sind – trotz der großen Komplexität – geeignet, das Planungsziel einer ausdrücklichen Steuerung der Windenergienutzung mit Wirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für das Stadtgebiet zu verfolgen.

 

II. Repowering- Konzept für Windenergieanlagen im Norden der Stadt Aachen

 

Unter Repowering wird allgemein der Austausch mindestens 10 Jahre alter Windenergieanlagen durch neuere moderne Windenergieanlagen verstanden, die neben höherer Leistung auch vom Bau her höher und mit größeren Rotoren ausgestattet sind (§ 30 EEG). Im Ergebnis soll hiernach ein Repowering zur Steigerung bzw. Optimierung der installierten Leistung, des Stromertrages und der energiewirtschaftlich bedeutsamen Verfügbarkeit (der Nennleistung) führen. Neben der Darstellung von Windkonzentrationszonen kann daher auch dem Repowering eine große Bedeutung für den Klimaschutz und die Umsetzung der Energiewende haben. Gleichzeitig kann es dazu beitragen, eine gesamträumlich optimale Lösung für die Windenergieplanung zu erreichen und bestehende Konflikte des Immissions-, Natur- und Landschaftsschutzes (Landschaftsbild) abzubauen bzw. zu lösen.

 

Im Bereich „Vetschau/Butterweiden“ liegt aufgrund der räumlichen Lage der Anlagen zueinander sowie der unterschiedlichen Eigentümerschaft eine Konstellation vor, bei der das Repowering, auch einzelner Anlagen, nur in der Gesamtschau aller Anlagen zu bewerkstelligen ist. Die bestehenden Anlagen füllen die vormals planungsrechtlich dargestellte Konzentrationszone soweit aus, dass weder eine weitere Anlage genehmigungsfähig wäre noch die vorhandenen in ihren genehmigungsrelevanten Eigenschaften verändert werden könnten. In Bezug auf die derzeitige Situation (Lage und Höhe)  der vorhandenen Anlagen kommt eine Sanierung oder Ertüchtigung der Anlagen an gleichem Standort (in gleicher Lage und Höhe) nicht in Betracht. Aufgrund der heterogenen Betreiber- und Vertragsstruktur kann eine effektive Ertragssteigerung nur mit einer Erneuerung der Anlagen erfolgen. Setzt man die neuen Anlagengenerationen als Standard voraus, so wäre die Anzahl der Anlagen alleine aufgrund der notwendigen Abstände nach TA-Lärm zur umliegenden Bebauung und infolge der Anlagenhöhen von 9 auf ca. 5 zu reduzieren.

 

Diese Einschätzung hat zur Folge, dass an anderen Standorten innerhalb der Konzentrationsfläche Vetschau/Butterweiden neu gebaut werden müsste. Die Betreiber stehen allerdings aus wirtschaftlicher Sicht im gegenseitigen Wettbewerb und können sich bei jeder angestrebten Veränderung gegenseitig blockieren.

 

Aufgrund der Komplexität des Themas „Repowering“ steht die Verwaltung im Kontakt mit der Energieagentur NRW. Dort wurde durch das Land eine eigene Stelle eingerichtet, die den Prozess des Interessenausgleichs im Zusammenhang mit Repowering begleiten kann und bereits auf Erfahrungen in anderen Kommunen zurückgreifen kann. Auch soll der Kontakt zu den Aachener Akteuren ausgebaut werden, um die jeweiligen Belange und Positionen vollständig nachvollziehen und diese frühzeitig in das Bauleitplanverfahren einbringen zu können.

 

Empfehlung:

Die Verwaltung führt auf Grundlage der vorgenannten Kriterien, insbesondere der vorgeschlagenen weichen Kriterien, die Bearbeitung des gesamträumlichen Planungskonzeptes fort. Das fertiggestellte gesamträumliche Planungskonzept wird den Fachausschüssen vorgestellt und findet dann Eingang in das Bauleitplanverfahren.

 

Für das Repowering von Windenergieanlagen im Aachener Norden (eine Einzelanlage am Schneeberg sowie 9 Anlagen im Bereich der Konzentrationsfläche Vetschau/Butterweiden) sollte zum jetzigen Zeitpunkt, also vor Fertigstellung des gesamträumlichen Planungskonzeptes, derzeit noch keine Fakten geschaffen werden, die eine Raumrelevanz nach sich ziehen. Dies wäre der Fall, sobald eine andere Anlagenhöhe oder ein anderer Standort genehmigt werden würde. Entsprechend sind die Überlegungen zum Repowering nicht isoliert vorzuziehen, sondern im Zuge der Erstellung des gesamträumlichen Planungskonzepts mit einzubeziehen.

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Anlagen

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