Entscheidungsvorlage - FB 36/0424/WP17-1

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Der Rat der Stadt Aachen beschließt auf Empfehlung des Ausschusses für Umwelt und Klimaschutz in seiner Sitzung am 10.12.2019 im Rahmen der kommunalen Möglichkeiten das dargestellte CO2-Restbudget, orientiert am 1,5° Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens, als neues, kommunales Klimaziel.

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Erläuterungen

Erläuterungen:

 

1.       Wissenschaftliche Aussagen zur globalen Treibhausgasemission und verbleibendem Restbudget

Der Rat der Stadt Aachen hat am 19. Juni 2019 eine Resolution der Aachener Verbände verabschiedet und den Klimanotstand für die Stadt Aachen beschlossen. Darin lautet eine der Aufgaben an die Verwaltung:

„… die Aachener Klimaschutzziele dem Stand der Wissenschaft entsprechend anzu­passen, so dass sie mit dem Klimaziel (Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius) kompatibel sind. Ferner sollen Zwischenziele sowie ein Zieldatum für die Erreichung der C02-Neutralität erarbeitet werden…“

 

In der Vorlage zum Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz vom 10.9.2019 wurde der Ratsantrag 500/17 bereits behandelt. Im Rahmen der Bearbeitung des Integrierten Klimaschutzkonzeptes wird zurzeit untersucht, in welchen Bereichen auf dem Stadtgebiet die größten Potenziale zur Senkung der CO2-Emissionen liegen und welche Emissionsziele sich mit entsprechenden Maßnahmen erreichen ließen. Die Stadt Aachen verfolgt im Konzeptentwurf derzeit eine Halbierung der CO2-Emissionen um 50% gegenüber dem Wert von 1990. Im Folgenden wird beschrieben, was die Übertragung der Klimaschutzziele von Paris auf die lokale Ebene bedeuten würde.

 

Auf weniger als zwei Grad, am besten auf 1,5 Grad Celsius wollen 195 Regierungen der Welt die menschengemachte Erderhitzung begrenzen und dafür entsprechende Maßnahmen und Pläne vorlegen. So wurde es in Paris vereinbart. Was diese Zielmarke einer Begrenzung der globalen Erwärmung für den Ausstoß an Treibhausgasen bedeutet, wurde wissenschaftlich untersucht. Bekannt ist, dass die globale Mitteltemperatur mit der Menge an Treibhausgasen in der Atmosphäre ansteigt.

Entscheidend  für das Ausmaß des Klimawandels ist nicht allein der gegenwärtige Ausstoß an Treibhausgasen, sondern die Gesamtmenge an Gasen, die über die Zeit anfällt und sich in der Atmosphäre ansammelt. Die mittlere Verweildauer von CO2 in der Atmosphäre beträgt ca. 120 Jahre. Somit werden die in den letzten Jahrzehnten, derzeitig und zukünftig emittierten Gasmengen ihre aufheizende Wirkung so lange behalten.  Die Konzentration von atmosphärischem CO2  wird nicht schnell absinken, wenn die Emissionen sofort erheblich vermindert würden.

Vor diesem Hintergrund präsentierte der UN-Weltklimarat (IPCC) 2018 in seinem Sonderbericht, wie viel die Menschheit an CO2-Emissionen noch produzieren darf, um in den Grenzen zwischen 1,5 und 2 Grad Erderwärmung zu bleiben: global 420 Gigatonnen (Gt) für 1,5 Grad und 1170 Gt für 2 Grad. Jährlich emittiert die Welt momentan 42 Gt – Tendenz steigend.  Bei gleichbleibendem Ausstoß wäre das Restbudget, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, in zehn Jahren aufgebraucht. 

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (beratendes Gremium der Bundesregierung) mittelt die Angaben des IPCC in seinem Sonderbericht auf einen Temperaturanstieg von maximal 1,75°C und ein verbleibendes weltweites Budget an CO2-Emissionen von 800 Gt. Daraus ergibt sich für Deutschland - unter Vernachlässigung der historischen Emissionen und bei gleichmäßiger Aufteilung auf die Weltbevölkerung - ein verbleibendes nationales CO2-Budget von 6,6 Gt bzw. 6.600 Mio. t CO2 ab 2020. Zurzeit betragen die Treibhausgas-Emissionen in Deutschland 866 Mio.t pro Jahr. Somit wäre die noch zulässige Menge für Deutschland in 8 Jahren (2028) erreicht. Anders ausgedrückt, es dürfte in der BRD nur noch ein Viertel der derzeitigen Emissionen ausgestoßen werden, um bis 2050 Treibhausgase emittieren zu dürfen. 6.600 Mio. Tonnen in 30 Jahren heißt, pro Jahr 220 Mio.t bis 2050. (Quelle: Offener Brief 16.09.2019, https://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/04_Stellungnahmen/2016_2020/2019_09_Brief_Klimakabinett.pdf?__blob=publicationFile&v=5)

 

  1. Das zulässige Restbudget an CO2-Emissionen für die Stadt Aachen

Um das noch zulässige CO2-Budget der Bundesrepublik auf die Stadt Aachen herunter zu brechen, ist die Basis der Bilanzierung anzupassen. Während in die städtische CO2-Bilanz die Emissionen aus Verbrennung eingehen, umfasst die BRD-Bilanz auch die Verursacher Landwirtschaft, Industrieprozesse und Abfallwirtschaft. Dieser Anteil (15%) ist bei der Übertragung auf die Stadt abzuziehen. Somit bleiben von den 6.600 Gt CO2 im Bereich der Verbrennung bundesweit noch 5.610 Gt CO2, um die Ziele von Paris (Mittelwert 1,75 Grad) einzuhalten.

Die CO2-Emissionen betrugen in 2018 in Aachen 2,139 Mio. t. Werden diese Mengen zu den vergleichbaren CO2-Emission im gesamten Bundesgebiet ins Verhältnis gesetzt, so beträgt die insgesamt noch zulässige Menge an CO2, die noch emittiert werden darf, um die Ziele von Paris einzuhalten, für die Stadt Aachen 16,3 Mio.t absolut. Auf dem Gebiet der Stadt Aachen wurden in den letzten 10 Jahren übrigens 21,42 Mio. t CO2 emittiert.

Wenn die jährlichen Emissionen auf dem Niveau von 2018 bestehen blieben, wäre die noch zulässige Menge von 16,3 Mio. t im Zeitraum 2020 bis 2028  erreicht. Danach, also ab 2028, müsste die Stadt Aachen klimaneutral sein. Was darüber hinaus emittiert würde, müsste durch Abscheidetechniken in den Jahren danach abgezogen werden. Dies dürfte auf einem begrenzten Territorium ein schwer leistbares Unterfangen sein.

 

Tabelle 1: Ermittlung der noch zulässigen CO2-Menge zur Einhaltung des 1,75-Grad-Ziels von Paris

 

derzeitige jährliche CO2 Emissionen
aller Verursacher [Mio. t]

derzeitige jährliche CO2 Emissionen abzügl. 15% für Landwirtschaft & Industrieprozesse, Abfallwirtschaft
[Mio. t]

zulässige Gesamtmenge CO2 bis 2050
alle Verursacher
[Mio. t]

zulässige Menge abzügl. 15% für Landwirtschaft & Industrieprozesse, Abfallwirtschaft
[Mio. t CO2]

ab 2020 bis 2050

pro Jahr

noch erlaubte Menge 
[Mio. t CO2]

Deutschland

866

736

6.600

5.610

220

Aachen

 

2,139

 

16,30

0,543

 

Wenn aber bis 2050 noch CO2 emittiert werden soll, muss die absolut noch zulässige Menge auf einen längeren  Zeitraum, also den von 30 Jahren, gestreckt werden. Somit wären - bei linearer Verteilung der noch zulässigen CO2-Menge - ab 2020 noch 0,543 Mio. t CO2-Emissionen pro Jahr auf dem Stadtgebiet erlaubt. Dies würde gut einem Viertel der derzeitigen (2018) Emissionen entsprechen.

Eine jährliche Reduktion der Emissionsrate von 6% wie sie von den Wissenschaftlern des Sachverständigenrates für Deutschland vorgeschlagen wird, würde für die Stadt Aachen bedeuten, dass die zulässige Gesamtmenge CO2 im Jahr 2031 erreicht wäre. Die Emissionen würden sich bis Ende 2031 aufsummieren auf 15.941.137 Tonnen.

 

Tabelle 2: jährliche Emissionsmenge bei einer 6%igen Reduktion

 

 

2.1    Fazit

Die Klimaschutzstrategie der Stadt Aachen orientiert sich derzeit an einer Halbierung der CO2-Emissionen von 1990 bis 2030, d.h. einem Zielwert von 1.370.000 t CO2 im Jahr 2030. Dies bedeutet eine Differenz von 769.000 t gegenüber „heute“ (Annahme 2020) wie folgende Tabelle ausweist.

 

Tabelle 3: Zieldarstellung 2030

Emissionen 1990
[t CO2]

Emissionen 2018  Annahme wie 2020 
[t CO2]

2030, 50% Reduktion seit 1990 
[t CO2]

Differenz 2020 bis 2030
[t CO2]

das wären 10 Jahre lang jedes Jahr eine Reduktion um 76.900 t

2.741.000

2.139.000

1.370.000

769.000

76.900

 

Tabelle 4: Emissionsmengen bei einer jährlichen Reduktion von 76.900 Tonnen

Bei einer linearen Verteilung des Differenzbetrages auf 10 Jahre, also einer jährlichen Reduktion um 76.900 t ergäben sich die folgenden Mengen (s. Tab. 4), die jährlich emittiert würden. Bis zum Jahr 2030 addierten sich die Beträge der daraus resultierenden jährlichen CO2-Emissionen auf 19.299.500 t. Somit würde die zulässige Menge an CO2 gemäß Paris-Ziel, 16.301.848 t,  im Jahr 2030 um 2.997.652 t überschritten. Die Summe der zulässigen Emissionen wäre bei der 50%igen Reduktionsrate im Jahr 2028 erreicht, das CO2-Budget gemäß Paris-Vereinbarung erschöpft. Der Unterschied zwischen prozentualen Reduktionszielen und absoluten Emissionsmengen wird hieran deutlich, weshalb Wissenschaftler in der derzeitigen Debatte auf die Festlegung fester Budgets drängen (https://taz.de/CO2-Budget-fuer-Deutschland/!5642592/).

Die Zahlen zeigen ein sehr problematisches Bild auf, sind jedoch dahingehend zu hinterfragen, was an emissionssenkenden Maßnahmen auf dem begrenzten städtischen Territorium realistisch umsetzbar ist. Das kommunale Handeln ist in vieler Hinsicht abhängig von der bundespolitischen Gesetzgebung. Daher liegt ein großes Augenmerk auf dem Bundes-Klimaschutzgesetz, das sich zurzeit  in der Gesetzesabstimmung befindet.

 

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Auswirkungen

 

Finanzielle Auswirkungen PSP 4-140101-932-1, 52790000, Klimaschutz

 

 

 

JA

NEIN

 

 

x

 

 

 

 

 

 

 

Investive Auswirkungen

Ansatz

2019

Fortgeschriebener Ansatz 2020

Ansatz 20xx ff.

Fortgeschriebener Ansatz 20xx ff.

Gesamt­bedarf (alt)

Gesamt­bedarf (neu)

Einzahlungen

0

0

0

0

0

0

Auszahlungen

0

0

0

0

0

0

Ergebnis

0

0

0

0

0

0

+ Verbesserung /

- Verschlechterung

0

0

 

 

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

 

konsumtive Auswirkungen

Ansatz

2019

Fortgeschriebener Ansatz 2019

Ansatz 2020 ff.

Fortgeschriebener Ansatz 20xx ff.

Folgekosten (alt)

Folgekosten (neu)

Ertrag

0

0

0

0

0

0

Personal-/

Sachaufwand

8.100

16.850,07*

280.000

0

0

0

Abschreibungen

0

0

0

0

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0

Ergebnis

8.100

16.850,07

280.000

0

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+ Verbesserung /

- Verschlechterung

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0

 

 

Deckung ist gegeben

Deckung ist gegeben

 

 

*davon 8.750,07 Euro als Ermächtigungsübertragung aus dem Vorjahr.

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