Entscheidungsvorlage - E 18/0220/WP17
Grunddaten
- Betreff:
-
Gemeinsamer Ratsantrag Nr. 546/17 der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Aachen und der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Aachen vom 11.09.2019: Grünflächen auf Friedhöfen im Sinne der Biodiversität nutzen.
- Status:
- öffentlich (Vorlage für Öffentlichkeit freigegeben)
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- E 18 - Aachener Stadtbetrieb
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Betriebsausschuss Aachener Stadtbetrieb
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10.03.2020
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Erledigt
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Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz
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Kenntnisnahme
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21.04.2020
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Beschlussvorschlag
Beschlussvorschlag:
Der Betriebsausschuss des Aachener Stadtbetriebes nimmt die Ausführungen der Verwaltung zustimmend zur Kenntnis.
Der Aachener Stadtbetrieb wird beauftragt, die Untersuchungen und ein Maßnahmenpaket zur Stabilisierung und weiteren Förderung der Erholungsfunktion und Biodiversität auf Friedhöfen auszuarbeiten.
Erläuterungen
Erläuterungen:
Anlass und Rahmenbedingungen:
Auf der Grundlage des gemeinsamen Ratsantrages Nr. 546/17der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Aachen und der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Aachen vom 11.09.2019, wird die Verwaltung aufgefordert zu prüfen, welche öffentlichen Grünflächen auf Friedhöfen geeignet sind, um Biodiversität zu erhalten und zu steigern.
Der Aachener Stadtbetrieb erarbeitet derzeit ein umfängliches Friedhofsentwicklungskonzept, welches sich sowohl mit den künftigen Flächenbedarfen, mit der Infrastrukturausstattung der Friedhöfe (Gebäude, Wege, Leitungssysteme, Denkmalschutz) als auch der Freiraumentwicklung mit den Schwerpunkten Erholung sowie ökologische Bedeutung und Entwicklung der Friedhofsflächen, befasst.
Sachverhalt:
Der Rückgang der Biodiversität, sprich der biologischen Vielfalt an Ökosystemen, mit Auswirkungen auf lebende Organismen, ist nachhaltig festzustellen. Die Vielfalt der Lebensformen, welche sowohl die Vielfalt der Ökosysteme, die Vielfalt der Arten als auch die genetische Vielfalt innerhalb der Arten umfasst, wirkt dämpfend bei Veränderungen der Umweltbedingungen (z.B. Klimawandel) oder bei drastischen Störungen des Naturhaushalts. Gleichzeitig kann sich ein vielfältiges System nach einem Störungsereignis schneller erholen.
Knapp zwei Drittel der ca. 900 in Deutschland vorkommenden Biotoptypen sowie natürlichen Pflanzenlebensgemeinschaften, gelten als gefährdet. Besonders schlecht ist es dabei um nährstoffarme Lebensräume, wie auf extensive Bewirtschaftung angewiesenes Grünland oder Saumbiotope bestellt. Auch Kleinstbiotope aus Totholz, in den unterschiedlichen Zersetzungsstadien als Lebensraum für Kleinsäuger, Insekten, Pilze und Wirbellose wieSchnecken, Würmer oder Mikroorganismen, sind selten geworden.
Das Verschwinden dieser Biotoptypen hat vor allem in den vergangenen 40 Jahren einen starken faunistischen Artenrückgang zur Folge. Umso wichtiger ist es, dass auch vom Menschen genutzte Flächen, mit Ihren Randbereichen und zur freien Landschaft hin, in Teilen dem Erhalt der biologischen Vielfalt dienen können.
In diesem Zusammenhang können Friedhöfe einen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität leisten.
Die Gräberfelder werden von den Angehörigen im Rahmen der Vorgaben der Friedhofssatzung gestaltet und in der Regel intensiv gepflegt. Darüber hinaus verfügt eine Vielzahl von Friedhöfen über öffentliche Grünflächen, welche die Gräberfelder in eine meist großzügige, parkähnliche und städtisch gestaltete Rahmenpflanzung eingebettet sind. Diese tragen dazu bei, dass neben der eigentlichen Friedhofsnutzung als Ort der letzten Ruhestätte sowie der Trauer und des Andenkens,, auch die Funktion als Rückzugs- und Verweilort zur Erholung immer stärker in den Vordergrund rückt.
Dieser Grünflächenanteil gliedert sich meist in intensiv gestaltete Flächen zu Repräsentationszwecken, sowie Bereiche mit extensivierter Nutzung. Neben den erschließenden Wegen, umfasst der Grünflächenanteil oftmals Ziergehölzflächen, Rasen- und Wiesenflächen, natürliche Gehölzflächen, Waldinseln, Einzelbäume und Strauchgruppen. Vereinzelt sind auch wasserbeeinflusste Biotope oder Trockenmauern als Lebensraum für Insekten oder Pflanzen vorhanden.
Ein wesentlicher Teil des in Aufstellung befindlichen Friedhofsentwicklungskonzeptes setzt sich daher sowohl mit der ökologischen Funktion wie auch der Erholungsfunktion der Friedhöfe auseinander.
In einem nächsten Schritt sollen mit Unterstützung eines Fachbüros anhand der nachstehenden Systematik detaillierte Ziele und Maßnahmen, auch zur Förderung der Biodiversität, ausgearbeitet werden.
- Erfassung und kartographische Darstellung der Flächenfunktionen
- Gliederung in Vorrangflächen für Friedhofsnutzung, frei werdende Grabfelder, Grün- und Landschaftsstrukturen, Erholungsnutzung, auszugliedernde Überhangflächen
- Erhebung der Erholungsnutzung, Kartierung und planerische Darstellung der ökologischen Funktionen
- Erfassung bisher durchgeführter Untersuchungen zur Flora und Fauna,
Literatur (z.B. durch die RWTH, Frau Roß-Nickoll und ihren Mitarbeitern)
- Kartierung Biotopstrukturen incl. vorhandener, geschützter Biotope
- Kartographische Darstellung der Umgebungsstrukturen Schutzzonen, Biotopverbund
- Auswertung der Untersuchungsergebnisse
- Abgleich der Untersuchungsergebnisse mit den Vorrangflächen für Friedhofsnutzung
- Prüfung von Entwicklungsmöglichkeiten der Erholungsfunktion, Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität in den Freiflächen sowie friedhofsübergreifend im Rahmen des Biotopverbundsystems
- Konzeptionelle Entwicklungsplanung incl. Kosten
- Erstellung eines ökologischen Entwicklungsplans
- Erstellung eines Entwicklungsplans zur ruhigen Erholung
Unabhängig der konzeptionellen Entwicklungsplanung wurden in den vergangenen Jahren bereits einzelne Maßnahmen zur Stärkung der Biodiversität auf städtischen Friedhöfen durchgeführt:
- Verzicht auf Herbizideinsatz
- Aufhängen und Pflege von Nistkästen für Vögel und Fledermäuse
- Anlegen von Dauerblühwiesen mit standortheimischem und genetisch regionalem Saatgut
- Erhalt wertvoller Baumstrukturen
- Förderung geschlossener, schattiger Gehölzsäume mit Streuauflage
Zudem können weitere Maßnahmen parallel zur Konzepterstellung ausgeweitet werden:
- Entwicklung von Blühstreifen mit einjährigem Saatgut auf repräsentativen Flächen
- Bau und Installation von Insektenhotels
- Anlegen offener Rohbodenflächen für bodenbrütende Bienen und Insekten
- Insektenschonende Mahd: Mahdzeitpunkt, Mähweise ohne Schlegelmahd, Abtransport des Mähguts auf Wiesenflächen zur Aushagerung
- Förderung und Erhalt von Saumbereichen mit lichtem Krautwuchs (keine Massentrachtflächen, längerer Blühzeitraum, Pflanzenspezialisierung von Wildbienen- und Schmetterlingsarten)
- Pflanzung und Entwicklung von genetisch heimischen Gehölzen entlang von Waldinseln und Baumsäumen
- Gestufter Waldrandbereich aus Krautsaum, Gehölzsaum im Übergang zum Baumbestand (Säume in Offenlandstrukturen aus Platzgründen nur bedingt möglich)
- Anlage von Benjeshecken als besonnter Lebensraum, auch entlang von Gehölzflächen um Laub in den Flächen halten zu können
- Erhalt von liegendem Totholz
Weitergehend sind die nachstehenden, langfristig umsetzbaren Maßnahmen, denkbar:
- Ausmagern von Saumbereichen
- Überführen von Waldinseln in Mischwald
- Förderung heimischer Baumarten
- Förderung unterschiedlicher Besonnungs- und Schatteneinflüsse sowie unterschiedlicher Feuchtegrade zur Entstehung verschiedener Lebensvoraussetzungen für Tiere und Pflanzen
- Zusätzliche Förderung von liegendem, stehendem Totholz
Beispiel Friedhof Hüls:
Am Beispiel des Friedhofes Hüls zeigt die nachstehende Karte musterhaft die vorhandenen und erhaltenswerten Grünstrukturen und Grünflächen mit ihren zeitnahen Entwicklungsmöglichkeiten auf. Erste Maßnahmen würden in Abhängigkeit der vorhandenen Bodenbeschaffenheit und des Nährstoffgehalts auf den Erhalt der natürlichen Gehölzstrukturen und die Anlage von Saum- und Blühstreifen abzielen.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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1
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(wie Dokument)
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773,1 kB
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