Entscheidungsvorlage - FB 36/0295/WP18

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz empfiehlt dem Rat der Stadt Aachen, das Eckpunktepapier zur Nachhaltigkeitsstrategie für den Kommunalwald der Stadt Aachen zu beschließen.

 

Der Rat der Stadt Aachen beschließt das Eckpunktepapier zur Nachhaltigkeitsstrategie für den Kommunalwald der Stadt Aachen.

 

Der Ratsantrag Nr. 208/18 der Fraktionen Grüne, CDU, SPD, Die Zukunft, FDP und Die Linke gilt hiermit als behandelt.

 

 

 


 

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Erläuterungen

Erläuterungen:

 

Anlass der Neubewertung der waldbaulichen Grundsätze

Durch den gemeinsamen Ratsantrag der Fraktionen von Grünen, CDU, SPD, Zukunft, Linke und FDP vom 20.12.2021 wurde die Verwaltung mit der Überarbeitung der bisher gültigen waldbaulichen Grundsätze aus dem Jahre 1996 beauftragt. Hintergrund des Antrags sind die zahlreichen Schäden in Wäldern, die aufgrund des fortschreitenden Klimawandels zunehmend erkennbar werden sowie Biodiversitätsverluste.

 

Der Auftrag der Fraktionen ging mit dem Wunsch einher, die Nachhaltigkeitsstrategie für den kommunalen Wald der Stadt Aachen am so genannten „Lübecker Modell“ auszurichten. Zentrale Ziele einer nachhaltigen ökologischen, ökonomische und sozial verträglichen Waldbewirtschaftung sind u.a. die Sicherung der ökologischen Wertigkeit des Waldes/die Steigerung der Biodiversität, der Aufbau naturnaher Waldgesellschaften, die Sicherung des Waldes als Erholungsraum, die Stabilisierung des Wirtschaftswaldes für die regionale Nutzung (im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben) qualitativ hochwertigen Holzes, der Erhalt der Kaltluftproduktion, die Sicherung der Grundwasserneubildung und Regenwasserrückhaltung und Bindung von CO 2 im städtischen Wald.

 

Die Verwaltung hat den Antrag aufgegriffen und einen parteiübergreifenden Dialogprozess angestoßen, unter Beteilung von Mitgliedern des Umweltausschusses und von Vertretern der Umweltschutzverbände. Der Prozess hatte zum Ziel, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die unterschiedlichen Waldbewirtschaftungsmodelle zu informieren, diese vor Ort an konkreten Beispielen zu zeigen und einen parteiübergreifenden Konsens für die zukünftige Waldbewirtschaftung zu erwirken. Der Dialogprozess wurde auf breiter Basis geführt. Die Ergebnisse mündeten in dem hier vorliegenden Eckpunktepapier.

 

Bewirtschaftungsgrundsätze – rechtliche Rahmenbedingungen

Für Gemeindewälder gelten besondere Bewirtschaftungsgrundsätze. Die mit der Bewirtschaftung beauftragten Personen sind gem. §32 Landesforstgesetz (LFoG) verpflichtet, den Wald in all seinen Entwicklungsstadien vor Schäden (bspw. durch Insekten, Wild, Feuer, Starkwetterereignisse, Dürre) zu bewahren sowie die Wohlfahrtswirkungen des Waldes zu sichern und in besonderem Maße die Erholungswirkung für die Bevölkerung zu ermöglichen.

 

Überdies ist der Wald gemäß Gemeindeordnung NRW (§ 90 GO NRW) pfleglich und wirtschaftlich zu verwalten.

 

Situation heute

Die Auswirkungen des Klimawandels nehmen in jüngster Zeit vehement zu. So haben extreme Hitze, Dürre, Sturm, Insekten und Pilze zu erkennbaren Schäden im Aachener Wald geführt. Betroffen sind in erster Linie naturferne Wälder. Aber auch standortheimische Waldökosysteme leiden unter den extremen Veränderungen. Unter anderem trocknen ältere Buchen in ihrer Krone zurück und verlieren an Vitalität, Eschen fallen aufgrund von Eschentriebsterben aus und die Rußrindenkrankheit beim Ahorn hat in Aachen Einzug gehalten.

 

Infolgedessen sind in den vergangenen Jahren in unserem naturschutzfachlich hochwertigen und vielseitigen Aachener Erholungswald durch außerplanmäßige Nutzungen zahlreiche Freiflächen entstanden, vor allem im Bereich von Nachkriegsaufforstungen (v.a. Fichtenwälder). Durch den fortschreitenden Klimawandel wird sich dieser Trend fortsetzen und die Arbeiten im Gemeindeforstamt mittelfristig dominieren. Die Startbedingungen für die natürliche Wiederbewaldung dieser Flächen sind sehr unterschiedlich. Sie reichen von klassischen Sukzessionsstadien mit typischen Pionierbaumarten bis hin zu Flächen, auf denen erneut die Fichte dominiert. Dazwischen sind alle Mischformen vertreten. An manchen Orten bestimmen aber auch Adlerfarn- oder Brombeerbewuchs das Bild und verzögern über Jahre hinweg eine Wiederbewaldung.

 

Waldbauliche Anpassungen zur Stärkung der Klimaresilienz und der Biodiversität

Die oben dargelegten Auswirkungen des Klimawandels erfordern eine Überprüfung der bisherigen Bewirtschaftungsgrundsätze im Sinne einer weiteren Stärkung der Resilienz und der Förderung der Biodiversität.

 

Die Stadt Aachen orientiert sich dabei an den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen (z. B. zu eintretenden Klimaszenarien, zur Resilienz heimischer Waldökosysteme oder zu Schaderregern an heimischen Baumarten) und passt diese Vorgabe bei Bedarf an.

 


Zur Erreichung der vorgenannten Ziele wurden die nachfolgenden waldbaulichen Grundsätze entwickelt:

 

  1. Mehr Naturwaldentwicklungsflächen: Der Anteil nicht bewirtschafteter Waldflächen wird auf mindestens 10 % der Waldfläche erhöht.[1] Diese Wälder sollen sich langfristig zu Naturwäldern entwickeln. Der Nutzungsverzicht auf diesen Flächen wird rechtlich gesichert.
  1. Mehr Totholz: Das städtische Biotop- und Totholzkonzept ist integraler Bestandteil der städtischen Biodiversitätsstrategie. Totholz gilt als „Urwaldelement“ in unseren Wirtschaftswäldern und bietet Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Die Erhöhung des Totholzanteils bleibt daher ein wichtiges Ziel unserer Waldwirtschaft. Dabei wird die im FSC-Standard verwendete Formulierung von „durchschnittlich zehn Biotopbäume je Hektar“ erweitert durch die Formulierung „durchschnittlich zehn Prozent der oberirdischen Baummasse je Hektar, bezogen auf die Strukturelemente Biotopbäume und Totholz“.
  2. Erhöhung des Laubwaldanteils / beschleunigte Umwandlung des Nadelwaldes: Die vordringlichste und herausforderndste Aufgabe für die Stadt Aachen stellt die Umwandlung von Fichtenwäldern in klimastabile Laub- und Laubmischwälder dar.
    Geeignete waldbauliche Mittel zur Erhöhung des Laubwaldanteils sind u.a.:

         der Voranbau von schattenertragenden, vorwiegend heimischen Baumarten (z. B. Rotbuche)

         die Förderung von Laubbäumen in Nadelholz-Laubholz-Mischbeständen durch Pflegeeingriffe in allen Altersstadien (z. B. Jungbestandspflege, Durchforstung)

         die Wiederaufforstung von Freiflächen mit Laubbäumen[2], sofern in der Folgegeneration eine Dominanz von Nadelbäumen zu erwarten ist (s. hierzu auch Punkt 7).

Um diese Waldumwandlung in einem kürzeren Zeitraum abzuschließen, soll die Nutzung von Fichtenwäldern unter Einhaltung der guten fachlichen Praxis intensiviert werden.

  1. Weitere Steigerung des Laubholzvorrates: Die Holzvorräte unserer Laubwälder sollen entgegen einer zuwachsoptimierten Vorratshaltung weiter steigen. Die Nutzung von Laubholz soll daher im zehnjährigen Mittel 40 % des Zuwachses nicht überschreiten.
    Diese Festsetzung soll spätestens nach 20 Jahren überprüft und auf Basis der gesammelten Erfahrungen angepasst werden.
  1. Buchenwaldbewirtschaftung nach dem „Lübecker Modell“: Buchenwaldkomplexe mit einem Buchenanteil von über 80 Prozent werden trotz der zu erwartenden Risiken für die Rotbuche zukünftig in Anlehnung an das Lübecker Modell bewirtschaftet. Kennzeichnend für diese Art der extensiven Waldbewirtschaftung ist unter anderem der Nutzungsverzicht in der so genannten Qualifizierungsphase (bis ca. 20 cm Brusthöhendurchmesser) und der Phase der Vorratsanreicherung (ab ca. 40 cm Brusthöhendurchmesser).

In Mischbeständen sollen – in Anlehnung an das Konzept des adaptiven Waldmanagements – trockenheitsertragende, heimische Mischbaumarten (z. B. Stiel- und Traubeneiche) gefördert und damit erhalten werden.

  1. Einzelstammentnahme im Laubwald: Zur Entwicklung dauerwaldartiger Strukturen werden in Laubwäldern hiebsreife Bäume einzelstammweise in Form einer Zieldurchmesserernte genutzt (synonym: Zielstärkennutzung).
    Bei der Holzernte ist besonderer Wert auf den Erhalt von Biotopbäumen und stehendes Totholz zu legen.
  2. Naturverjüngung „first“: Die Naturverjüngung hat grundsätzlich Vorrang vor der Pflanzung. Stellt sich innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist kein Wald ein, sind Freiflächen vorwiegend mit heimischen und nach heutigem Kenntnisstand klimaresilienten Baumarten aufzuforsten. Dabei ist der natürlichen Sukzession Raum zu geben.

Außerdem soll, wo möglich und sinnvoll, auf die Saat und die Nutzung heimischer Wildlinge zurückgegriffen werden. Diese Verjüngungsverfahren ermöglichen eine noch bessere Anpassung der Baumarten an ihren jeweiligen Standort und tragen zum Erhalt der genetischen Vielfalt bei. Die Kulturen sind im erforderlichen Umfang (Minimumprinzip) durch Kultursicherungsmaßnahmen zu erhalten.

Die Einbringung von nicht heimischen Baumarten aus dem europäischen Raum ist mit einem Anteil von bis zu fünf Prozent auf bisher nicht mit standortgerechten Baumarten bestockten Flächen möglich und unterstützt den Aufbau klimaresilienter Wälder.

 

  1. Verbesserter Bodenschutz: Dem Schutz des Bodens räumt die Stadt Aachen einen hohen Stellenwert ein. Diesem Ziel wird einerseits durch eine weitere Extensivierung der Befahrung entsprochen, andererseits durch die verstärkte Ausnutzung technischer Möglichkeiten (bspw. Moorbänder auf Forwardern, Seiltechniken). Des Weiteren besteht die Absicht, den Einsatz von Rückpferden auszudehnen.
  2. Bejagung erforderlich: Zum Erhalt und zur Weiterentwicklung eines klimastabilen Waldbestandes ist eine den Biotopkapazitäten angepasste Wilddichte unabdingbar. Diese ist durch geeignete Jagdmethoden sicherzustellen.

 


 


[1] Die Festlegung der Auswahlkriterien sowie die Identifizierung konkreter Flächen erfolgt in einem separaten Schritt.
Der Nutzungsverzicht macht eine außerordentliche Abschreibung des Anlagevermögens i.H.v. 0,35 Euro/m² für den Aufwuchs und 0,23 Euro/m² für den Grund und Boden erforderlich, letzteres sofern noch kein Schutzstatus existiert.

[2] Im Rahmen der zur Verfügung stehenden Ressourcen.

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Auswirkungen

Finanzielle Auswirkungen

 

 

JA

NEIN

 

 

 

x

 

 

 

 

Investive Auswirkungen

Ansatz

20xx

Fortgeschriebener Ansatz 20xx

Ansatz 20xx ff.

Fortgeschriebener Ansatz 20xx ff.

Gesamt­bedarf (alt)

Gesamt­bedarf (neu)

Einzahlungen

0

0

0

0

0

0

Auszahlungen

0

0

0

0

0

0

Ergebnis

0

0

0

0

0

0

+ Verbesserung /

- Verschlechterung

0

0

 

 

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

 

konsumtive Auswirkungen

Ansatz

20xx

Fortgeschriebener Ansatz 20xx

Ansatz 20xx ff.

Fortgeschriebener Ansatz 20xx ff.

Folge-kosten (alt)

Folge-kosten (neu)

Ertrag

0

0

0

0

0

0

Personal-/

Sachaufwand

0

0

0

0

0

0

Abschreibungen

0

0

0

0

0

0

Ergebnis

0

0

0

0

0

0

+ Verbesserung /

- Verschlechterung

0

0

 

 

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

 

Weitere Erläuterungen (bei Bedarf):

 


Klimarelevanz

Bedeutung der Maßnahme für den Klimaschutz/Bedeutung der Maßnahme für die

Klimafolgenanpassung (in den freien Feldern ankreuzen)

Zur Relevanz der Maßnahme für den Klimaschutz

Die Maßnahme hat folgende Relevanz:

keine

positiv

negativ

nicht eindeutig

 

 

 

x

 

Der Effekt auf die CO2-Emissionen ist:

gering

mittel

groß

nicht ermittelbar

 

 

 

x

 

Zur Relevanz der Maßnahme für die Klimafolgenanpassung

Die Maßnahme hat folgende Relevanz:

keine

positiv

negativ

nicht eindeutig

x

 

 

 

 

Größenordnung der Effekte

Wenn quantitative Auswirkungen ermittelbar sind, sind die Felder entsprechend anzukreuzen.

 

Die CO2-Einsparung durch die Maßnahme ist (bei positiven Maßnahmen):

gering

 

 

unter 80 t / Jahr (0,1% des jährl. Einsparziels)

mittel

 

 

80 t bis ca. 770 t / Jahr (0,1% bis 1% des jährl. Einsparziels)

groß

 

 

mehr als 770 t / Jahr  (über 1% des jährl. Einsparziels)

 

Die Erhöhung der CO2-Emissionen durch die Maßnahme ist (bei negativen Maßnahmen):

gering

 

 

unter 80 t / Jahr (0,1% des jährl. Einsparziels)

mittel

 

 

80 bis ca. 770 t / Jahr (0,1% bis 1% des jährl. Einsparziels)

groß

 

 

mehr als 770 t / Jahr (über 1% des jährl. Einsparziels)

 

Eine Kompensation der zusätzlich entstehenden CO2-Emissionen erfolgt:

 

 

 

vollständig

 

 

 

überwiegend (50% - 99%)

 

 

 

teilweise (1% - 49 %)

 

 

 

nicht

 

x

 

nicht bekannt

 

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