27.08.2024 - 3.1 Haushalt: Chancen und Risiken
Grunddaten
- TOP:
- Ö 3.1
- Sitzung:
-
Sitzung des Finanzausschusses
- Gremium:
- Finanzausschuss
- Datum:
- Di., 27.08.2024
- Status:
- gemischt (Niederschrift freigegeben)
- Uhrzeit:
- 17:00
- Anlass:
- Öffentliche/Nichtöffentliche Sitzung
- Beschluss:
- zur Kenntnis genommen
Beratung
Frau Grehling berichtet eingangs, dass sich der Sollstand der Gewerbesteuer im Vergleich zur letzten Information erhöht habe. Bis zum Jahresende könne man aufgrund der Erfahrungswerte mit einem weiteren Zuwachs rechnen, sodass das Ist-Ergebnis 2024 noch den geplanten Ansatz erreichen könne. Für die Erträge der Einkommensteuer werde der Ansatz womöglich knapp verfehlt.
Insgesamt sei weiterhin die unterjährige gesamtstädtische Entwicklung zu beobachten, da diese auch Grundlage für die Haushaltsplanung 2025 sei, genauso wie auch der aktuelle Buchungsstand als vorläufiges Jahresergebnis 2023, welches mit einem prognostizierten Überschuss in Höhe von 9 Mio. Euro abschließe. Der Jahresabschlussentwurf werde voraussichtlich in die Novembersitzung des Rates eingebracht wird. Sie weist jedoch explizit darauf hin, dass im Jahr 2023 die Möglichkeit der Einplanung von Sondererträgen im Wege der Isolierung von Corona- und Ukrainekrise- bedingten Folgen im Rahmen des NKF-CUIG letztmalig möglich war, diese Möglichkeit jedoch ab dem Haushaltsjahr 2024 nicht mehr gegeben sei.
Für das Jahr 2024 und den hierzu aufgestellten Forecast liege die aktuelle Entwicklung der Aufwendungen und Erträge im Soll. Es bestehe also nicht die Erwartungshaltung, dass sich das geplante Defizit in Höhe von 50 Mio. Euro bis zum Jahresabschluss 2024 deutlich verbessere.
Für den Personalkostenverbund seien bis zum Jahresende hingegen deutliche Verbesserungen zu erwarten.
Sie weist weiter darauf hin, dass sicherlich im Zusammenhang mit den Chancen und Risiken für die anstehende Haushaltsplanung nicht nur die Gewerbesteuer, sondern auch die Schlüsselzuweisungen zu nennen seien, da die Arbeitskreisrechnung für das GFG 2025 derzeit einen Minderertrag für die Stadt Aachen in Höhe von rund 15 Mio. Euro gegenüber dem Jahr 2024 ausweise. Dieses Minus erkläre sich anhand der stets guten steuerlichen Ergebnisse der Vorjahre, was eine Zunahme der Steuerkraft bei gleichzeitiger nur moderater Erhöhung der Verbundmasse mit sich bringe. Die Ergebnisse des Zensus 2022, welche sich aufgrund der erhöhten Einwohnerzahl bekanntlich ja positiv auf die Berechnungen des GFG auswirken werden, seien in den Berechnungen jedoch noch nicht enthalten. Erst für das GFG 2026 würden diese berücksichtigt.
Fraglich sei ebenfalls die Realisierung von landespolitischen Beschlüssen, wie beispielsweise die Umsetzung der Altschuldenhilfe.
Wie im Zuge der vergangenen Sitzung des Finanzausschusses von Ratsherrn Baal gewünscht, nimmt Frau Grehling zum Thema IKSK 1.0 und 2.0 im Zuge der dieser Niederschrift als Anlage beigefügten Präsentation Stellung und verweist in diesem Zusammenhang auch auf die relevanten Seiten im Vorbericht des Haushaltplans 2024. Die dort dargestellten Maßnahmen und Vorhaben seien ebenso relevant für den Haushaltsplan 2025, da diese auch für die Folgejahre bereits fortgeschrieben seien. Fraglich sei, inwiefern das IKSK 2.0 an die Maßnahmen des IKSK 1.0 andocke oder sich Maßnahmen möglicherweise doppeln würden. Bei einigen Maßnahmen könne man mit Sicherheit sagen, dass es sich um die Fortführung oder Erweiterung von Maßnahmen handele. Bei anderen Maßnahmen müsse im Rahmen der Haushaltsaufstellung erst eruiert werden, ob es sich um neue Maßnahmen handeln würde und welche Mehrbedarfe tatsächlich entstünden. Diese Überprüfung laufe derzeit und müsse vor der Verabschiedung des Haushaltsplans abgeschlossen sein. Es sei dafür Sorge zu tragen, dass die in den Fachausschüssen beschlossenen Maßnahmen oder Maßnahmenpakete auch durch den Finanzausschuss beraten und diskutiert werden.
Frau Grehling verweist auf den abgesetzten Tagesordnungspunkt 4 ‚Grundsteuerreform‘ sowie die hier relevante Vorlage zu den Berechnungen der Grundsteuerauswirkungen. Sie verweist auch auf die in der letzten Sitzung bereits geführten Diskussionen und betont, dass das Thema für die Haushaltsplanung brisant sei.
Das Gesetz des Landes sieht die Möglichkeit der Differenzierung von Nutzungsformen mit unterschiedlichen Hebesätzen vor, da ein einheitlicher Hebesatz in der Anwendung zu deutlichen Verwerfungen führe. Selbst empfehle das Land für die Stadt Aachen einen Hebesatz von 620, wenn ein einheitlicher Hebesatz zur Anwendung komme. Das Land werde die berechneten Hebesätze nochmals kontrollieren und mögliche Änderungen mitteilen. Es sei jedoch davon auszugehen, dass der Hebesatz von 620 die relevante Größe werde und dies führe unter Berücksichtigung der neuen Messbeträge im Vergleich zur Berechnung für die Haushaltsplanung 2025 bereits zu einem Minderertrag in Höhe von rund 1,3 Mio. Euro.
Weiter empfehle das Land Hebesätze für die Unterscheidung von Wohnen und nicht-Wohnen. Bei einer Anwendung für die Stadt Aachen liege der Minderertrag derzeit für nicht-Wohnen bei rund 933.000 €, für Wohnen bei rund 494.000 € und das beschriebene Delta für die Haushaltsplanung 2025 bei rund 1,4 Mio. €.
Das Problem, welches mit dieser Differenzierung einher gehe, sei die verfassungskonforme Begründung für die Anwendung, da bei einer Differenzierung der Hebesätze eine Wertkorrektur gegenüber dem Bundesmodell durch die Kommunen vorgenommen werde. Je größer die Abweichung der Hebesätze und die damit verbundenen Auswirkungen, desto pflichtiger werde die jeweilige Begründung sein. Da das Land diese Begründungspflicht an die Kommunen abgegeben habe, bestehe hier ein hohes Rechtsrisiko. Im Zuge der Grundsteuerreform gebe es ja auch die grundsätzlichen Rechtsstreitigkeiten nicht nur im Bezug die auf Verfassungskonformität, sondern auch im Zusammenhang mit den Berechnungsverfahren.
Man könne natürlich auch den derzeit geltenden Hebesatz beibehalten, da die Verwerfungen im Wesentlichen durch steuerliche Begünstigungen im Bereich der gewerblichen Nutzung entstünden. Die Verwerfungen könne man theoretisch auch über eine Erhöhung der Gewerbesteuer kompensieren.
Sie betont, dass die Hebesätze der Stadt Aachen im unteren Level der Hebesätze in NRW liegen und sie durch die Grundsteuerreform und der hierdurch erforderlichen Hebesatzanpassungen nicht in eine „Hochkultur“ der Steuerbelastungen rutsche.
Frau Grehling berichtet, dass derzeit vorgesehen sei und vorbereitet werde, die IT-mäßigen Voraussetzungen für eine mögliche Hebesatzdifferenzierung zu schaffen. Die Kosten dafür seien vertretbar und alle Optionen offen für eine Differenzierung oder Beibehaltung der Hebesätze. Man werde nun versuchen, die Rechenbeispiele zu schärfen, mögliche Eventualitäten zu berücksichtigen, jedoch wolle sie nochmals bewusst machen, dass nicht jeder Einzelfall oder Ausreißer berücksichtigt werden könne.
Sie merkt an, dass die letzte Hebesatzerhöhung bereits zehn Jahre her sei und sich die Stadt Aachen hinsichtlich der Stabilität von Steuerbelastung für ihre Bürger*innen positiv darstelle. Es werde als Anlage zur Niederschrift eine Vergleichsberechnung mit den vom Land veröffentlichten Hebesätzen der Stadt Aachen mit anderen Kommunen nachgereicht.
Frau Grehling kündigt an, dass zu einer der nächsten Finanzausschusssitzungen sicherlich ein Vorschlag unterbreitet werde, wie die Verwaltung mit der Umsetzung der Grundsteuerreform umgehen könne, auch unter Berücksichtigung der notwendigen Planungserwartungen für das Jahr 2025.
Ratsherr Baal bedankt sich für die ausführlichen Erläuterungen und Informationen. Er teile die Einschätzung der Verwaltung, wolle jedoch gerne einen Irrtum aufklären. Die Darstellung der Differenzierung zwischen Wohnen und Gewerbe sei nicht ganz korrekt, da richtigerweise zwischen Wohnen und nicht-Wohnen unterschieden werde. Man müsse hier für Aachen dezidiert eruieren, welche Nutzung die jeweiligen zu bewertenden Einheiten erführen. Er führt beispielhaft aus, dass sich in einer zu Wohnzwecken genutzten Einheit auch ein zu nicht-Wohnzwecken gewerblich genutztes Bürozimmer befinden könne und hier die Anwendung von differenzierten Hebesätzen der Grundsteuer zum Tragen komme.
Er gibt zu bedenken, dass je unterschiedlicher die Hebesätze in ihrer Höhe seien, desto größer würden die Verwerfungen, welche wiederum bestritten werden könnten.
Frau Grehling stimmt Ratsherrn Baal in seiner Erläuterung und dem Hinweis zu. Sie betont, man werde die betreffenden Einheiten bezüglich ihrer Nutzung prüfen. Hinsichtlich der derzeitigen Aufarbeitung sei man jedoch damit beschäftigt, die einzelnen Berechnungsvarianten hinsichtlich ihrer stärksten Be- und Entlastungen zu überprüfen und Einzelfälle ausfindig zu machen, denn das Ziel sei nach wie vor eine Aufkommensneutralität zu erzeugen und größere Verwerfungen auszuhebeln.
Es sei ein kommunaler Vergleich angestrebt, um die Auswirkungen der durch das Land vorgeschlagenen Hebe-sätze aufzuzeigen, in der Hoffnung, dass das Land seine Entscheidungen und Vorschläge überdenken werde.
Frau Dr. Michulitz bittet um nochmalige Erläuterung der Graphik auf Seite 5 der nicht beratenden Vorlage zur Grundsteuerreform und fragt nach, ob es für die Stadt Aachen einen Überblick über die verschiedenen Nutzungsarten von Grundstücken gebe.
Frau Grehling erläutert zur Seite 5 der Vorlage, dass es sich um die derzeit für die Stadt Aachen geltenden Hebesätze handele und ganz konkret aufgezeigt werde, wie sich die Erträge aus der Berechnung für die Grundsteuer A und B unter Berücksichtigung der aktuellen Messbeträge im Vergleich zu den derzeit geplanten Ansätzen für die Haushaltsplanung 2025 auswirke.
Herr Winkels (Fachbereich Steuern und Kasse) erläutert, dass eine Fallzahlenermittlung hinsichtlich der Nutzungen bereits erfolgt sei. Eine Bezifferung der Fallzahlen sei jedoch kaum aussagekräftig. Der Stadt seien die relevanten Berechnungsgrößen der Grundstücksflächen nicht bekannt, da diese Informationen durch das zuständige Finanzamt nicht zur Verfügung gestellt würden. Aus diesem Grund werde im Rahmen der Beispielberechnungen auch stets von durchschnittlichen Belastungen gesprochen, da eine Bezifferung der Auswirkungen für Einzelfälle kaum möglich sei.
Ratsherr Pilgram bedankt sich für die Arbeit, welche bereits geleistet wurde und noch geleistet werden müsse. Er betont für seine Fraktion, dass nach wie vor eine Aufkommensneutralität gewünscht sei, genauso wie der Ausgleich starker Verwerfungen und daraus resultierender stark differierender Belastungen für die Steuerzahler.
Ratsherr Linden bedankt sich ebenfalls für die ausführlichen Erläuterungen und Darstellungen. Er resümiert den Tagesordnungspunkt 3 ‘Mitteilungen und Berichte‘ und fasst noch einmal zusammen, dass es viele denkbare Modelle gebe und es für die folgende Sitzung des Finanzausschusses erforderlich sei, die verschiedenen Szenarien nochmals genauer zu beurteilen. Er stimme Ratsherrn Pilgram zu, dass es bei den zu treffenden Entscheidungen immer um die Aufkommensneutralität gehe und eine möglichst ausgeglichene Belastung für die Steuerzahler.