08.07.2025 - 3 Vorstellung der PRIMUS-Schule Titz

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Beratung

Frau Griepentrog begrüßt den Bürgermeister der Landgemeinde Titz, Herrn Frantzen, und die Schulleiterin der PRIMUS Schule in Titz, Frau Törkel-Howlett.

 

Herr Frantzen erklärt, dass die Gemeinde Titz im Kreis Düren verortet sei und rund 9.000 Einwohner*innen habe. Im Jahr 2009 sei er zum Bürgermeister gewählt worden und zu dieser Zeit habe es zwei kleine Grundschulen, welche letztendlich zu einer Grundschule zusammengelegt worden seien, und eine Hauptschule in Titz gegeben, welche jedoch über schwache Anmeldezahlen verfügt habe. Um gegenüber den umliegenden Kommunen als Schulstandort weiter interessant bleiben zu können, habe die Gemeinde im Jahr 2014 den Schulversuch der PRIMUS Schule als letzte Möglichkeit zum Verbleib einer weiterführenden Schule in der Gemeinde wahrgenommen. Die Grundschule und die auslaufende Hauptschule seien dabei nach zusammengeführt worden und der Schulversuch sei nach einem einstimmigen Ratsbeschluss an den Start gegangen. Nach anfänglicher Skepsis in der Elternschaft, habe sich die Schule immer mehr etabliert und sei mittlerweile auch stark gewachsen. Dies mache ihn sehr stolz und sei zu großen Teilen der sehr engagierten Schulleitung zu verdanken.

 

Frau Törkel-Howlett dankt dem Ausschuss für das große Interesse an der Schule und erklärt, dass die PRIMUS Schule in Titz derzeit die einzige PRIMUS Schule im Regierungsbezirk Köln sei, jedoch hätten auch schon andere Kommunen starkes Interesse an dieser Schulform gezeigt. Im aktuell neu verabschiedeten Schulgesetz seien die bestehenden PRIMUS Schulen zwar bestätigt, eine Ausweitung auf andere Standorte sei jedoch nicht ermöglicht worden. Dies sei sehr schade, da sie sich bei der Gründung bewusst als Schulleitung für diese Schulform entschieden habe, da sie von dem Konzept und dem pädagogischen Gedanken der Schulform mehr als überzeugt sei. Die vorgelagerte Primarstufe sei aus ihrer Sicht der entscheidende wichtige Unterschied zu beispielsweise den Sekundarschulen. Die Anfangsphase der Schule sei dennoch sehr herausfordernd gewesen, da die Eltern sehr verhalten auf den Schulversuch reagiert hätten. Insbesondere deshalb, weil es in der Schule keine herkömmlichen Notenzeugnisse, sondern sogenannte Kompetenzenzeugnisse gebe. Jedoch habe sich die gesellschaftliche Sichtweise auf diese Art des Lernens zwischenzeitlich gewandelt und die PRIMUS Schule werde heutzutage von dem überwiegenden Teil der Eltern akzeptiert und wertgeschätzt. Auch bestehe eine enge Kooperation mit den umliegenden Schulen mit Berufsorientierung und Sekundarstufe II, sodass der Übergang reibungslos funktioniere. Die Schule werde auch über die Gemeindegrenzen hinaus stark nachgefragt, sodass jedes Jahr bedauerlicher Weise eine Vielzahl an Kindern abgelehnt werden müsse. Auch die Lehrkräfte an der Schule hätten sich bewusst für die PRIMUS Schule beworben. Der Primarbereich sei mittlerweile stabil vierzügig und der Sekundarbereich steuere auch auf eine dauerhafte Vierzügigkeit zu. Durch den nahtlosen Übergang zwischen der Primar- und der Sekundarstufe würde negativen Schulkarrieren, oft verbunden mit Abschulungen, effektiv entgegengewirkt. Auch die Inklusion und Integration funktioniere hervorragend, da schon mit der Einschulung die individuelle Begleitung und Förderung der Kinder beginne. Darüber hinaus werde das Konzept der PRIMUS Schule noch wissenschaftlich begleitet.

 

Frau Griepentrog erkundigt sich nach der Gestaltung des Übergangs zwischen der Primar- und der Sekundarstufe und weiter nach dem Übergang in die Sekundarstufe II oder die Berufsorientierung.

 

Herr Frantzen erklärt, dass insbesondere nach der vierten Klasse häufig ein Aufwuchs in die fünfte Klasse zu beobachten sei. Anfangs sei die Schulentwicklungsplanung noch skeptisch gewesen, ob die Anmeldezahlen für die erste Klasse aus Titzer Kindern ausreichend sei würden, mittlerweile gebe es eine Einschulungsquote von rund 120 %. Dies sei der engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen dem Schulträger und der Schulleitung zu verdanken. Die Schule sei zu einem enorm wichtigen Standortfaktor geworden und er sei überzeugt, dass die Bevölkerung der Gemeinde auch aufgrund der PRIMUS Schule weiterwachse.

 

Frau Törkel-Howlett ergänzt, dass die Schule erst nach einiger Zeit und durch positive Berichte von Eltern gewachsen sei. Sie beobachte in Klasse fünf vermehrten Aufwuchs der Schüler*innen von anderen Schulen. Auf der anderen Seite würden nur sehr wenige Kinder die PRIMUS Schule bereits nach der vierten Klasse schon verlassen, der Anteil läge im niedrigen einstelligen Bereich. Zudem würden über 50 % der Kinder die Qualifikation für die Sekundarstufe II erreichen, es gebe keine Hauptschulabschlüsse nach Klasse 9, sondern viele mittlere Schulabschlüsse. Eine eigene Oberstufe werde nicht weiter vorangetrieben, da enge Kooperationen mit umliegenden Schulen mit Sekundarstufe II bestünden. Sie sehe für die Stadt Aachen einen Vorteil darin, dass es eine sehr diverse Schullandschaft gebe, in welche sich die PRIMUS Schule ihrer Meinung nach sehr gut einfügen ließe. Denn durch die Auswahlmöglichkeiten, könnten Eltern sich sehr bewusst für die Schule entscheiden.

 

Herr Schneider merkt an, dass die Sekundarschulen nahezu gescheitert seien und daher möchte er den Unterschied zur PRIMUS Schule noch besser verstehen. Außerdem erkundigt er sich nach der Schüler/Lehrer-Relation.

 

Herr Auler möchte mehr über die enge Verknüpfung zur beruflichen Orientierung der Schule erfahren.

 

Frau Fischer fragt nach der Gestaltung des Standortes der Schule und ob der Unterricht jahrgangsübergeifend gestaltet sei.

 

Herr Hellmann beglückwünscht die beiden Redner zu dem Erfolg der PRIMUS Schule. Der Standort sei dabei seiner Wahrnehmung nach ein wichtiges Kriterium und auch die pädagogische Konzeption sei sehr interessant. Er erkundigt sich nach der Integration von Kindern, welche von einer regulären Grundschule in das System wechseln würden und ob auch in den höheren Jahrgängen Seiteneinstiege möglich seien.

 

Frau Törkel-Howlett betont nochmals, dass der entscheidende Vorteil der PRIMUS Schule die vorgelagerte Primarstufe sei. Zudem hätten die Lehrkräfte eine Verantwortung für die Schüler*innen über zehn Jahre hinweg und nicht nur über vier oder sechs Jahre. Dies schaffe ein ganz anderes Verhältnis zwischen den Lehrkräften und den Schüler*innen. Als Modellversuch habe die Schule bei der Gründung 0,5 Stellen mehr als andere Schulen erhalten, ansonsten sei das Verhältnis zwischen Lehrkräften und Schüler*innen wie bei anderen Schulformen. Es gebe sowohl Lehrkräfte, die auf den Primarbereich spezialisiert seien, als auch welche, die auf den Sekundarbereich spezialisiert seien. Darüber hinaus seien noch unterschiedliche Sonderpädagogen an der Schule beschäftigt. Insgesamt gebe es eine starke Gemeinschaft unter den angestellten Personen.

Die Berufsorientierung beginne schon sehr früh in der Primarstufe. Auch gebe es Kooperationen mit ortsansässigen Unternehmen in der Sekundarstufe.

Der Unterricht werde jahrgangsübergreifend gestaltet. Dabei würden die Jahrgänge eins bis drei, vier bis sechs, sieben und acht und neun und zehn in ausgewählten Fächern zusammen unterrichtet.

Seiteneinstiege seien in dem System PRIMUS Schule nicht vorgesehen, dennoch gebe es vereinzelt freie Schulplätze in der fünften Klasse. Dabei gebe es jedoch kein Aufnahmeverfahren, die Kinder würden jedoch reibungslos in die Schulgemeinschaft integriert. Abgänge nach der vierten Klasse seien mittlerweile jedoch eher selten geworden.

 

Herr Frantzen ergänzt, dass der Schulstandort sich aus der ehemaligen Hauptschule und dem Gebäude der Grundschule entwickelt habe. Es habe sich ein Campus entwickelt, der aus drei Gebäudeteilen und einem großen gemeinsamen Schulhof, sowie einer Turnhalle bestehe. Auf der Liegenschaft sei zudem die Kita angesiedelt, was auch den Übergang zwischen dem Elementar- und dem Primarbereich erheblich vereinfache. Die Gemeinde habe rund 26 Millionen Euro in die Sanierung und Erweiterung des Schulgeländes investiert. Die Aula der Schule diene zugleich als Stadthalle für die Gemeinde, sodass auch eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung bestehe.

 

Herr Menzel erkennt an, dass die PRIMUS Schule in Titz ein Erfolgsmodell sei. Jedoch hinterfragt er auch kritisch, ob dies so für Aachen übertragbar sei. Es gebe sehr viele Grundschulen in teils unmittelbarer Nähe zueinander, die alle sehr gute pädagogische Arbeit leisten würden. Die Konkurrenzsituation sei daher um einiges stärker. Jedoch nehme er in seiner Rolle als Schulleiter auch wahr, dass viele Eltern den Wunsch hätten, ihr Kind noch länger im Primarbereich zu beschulen, da seiner Wahrnehmung nach für einige Kinder noch Entwicklungsbedarf bestünde und ein Übergang in den Sekundarbereich dann oft zu früh sei. Daher könnte die PRIMUS Schule für Aachen in jedem Fall einen Mehrwert darstellen.

 

Frau Braun erkundigt sich nach der Bedeutung des offenen Schulkonzeptes für den Zusammenhalt in der Bevölkerung in Titz und ob die Kinder auch aktiv an Gestaltungsprozessen beteiligt gewesen seien.

 

Herr Hellmann möchte wissen, warum von den ursprünglich fünf PRIMUS Schulen aktuell nur noch vier in NRW fortbestehen würden und ob das Konzept generell in NRW fortgeführt oder sogar ausgebaut werden solle.

 

Frau Törkel-Howlett erklärt, dass der Gedanke hinter der PRIMUS Schule kein parteipolitischer, sondern vielmehr ein gesellschaftspolitisches Anliegen erfülle und daher würden auch alle Parteien auf Landesebene das Konzept grundsätzlich unterstützen. Der Bestand der jetzt noch bestehenden Schulen sei gesichert und sie empfinde es als sehr schade, dass das Gesetz den Weg für neue PRIMUS Schulen derzeit nicht eröffne.

 

Herr Frantzen ergänzt, dass die Grundlagen für den Ausbau der PRIMUS Schulen zwar im aktuellen Koalitionsvertrag verankert seien, jedoch werde dies aktuell seiner Wahrnehmung nach nicht weiterverfolgt.

 

Frau Griepentrog bedankt sich recht herzlich bei den beiden Vortragenden. Sie richten die Frage an den Ausschuss, wie nun die nächsten politischen Schritte aussehen könnten. Das Thema müsse zunächst sicher nochmal innerhalb der Fraktionen ausführlich diskutiert werden.

 

Herr Auler dankt der Verwaltung, dass der Besuch der Schule in Titz und der heutige Vortrag im Ausschuss ermöglicht worden sei. Es konnten auf diese Weise noch viele offene Fragen geklärt werden. Seiner Wahrnehmung nach sei das Interesse für diese Schulform in Aachen sehr hoch. Zwar sehe er auch die anderen Gegebenheiten und Herausforderungen in Aachen gegenüber der Ausgangslage in Titz, jedoch ist er der Meinung, dass diese Schulform die heterogene Schullandschaft in Aachen positiv erweitern könne. Auch der angedachte Standort in Forst/Driescher Hof sei ein heterogener Stadtbezirk, für welchen die Schule eine Aufwertung sein könnte. Wichtig sei, dass eine engagierte Schulleitung gewonnen werden könne, mit welcher das Konzept entwickelt werde.

 

Frau Fischer schlägt vor, das Thema in einer der kommenden Ausschusssitzungen nochmal mit einer Verwaltungsvorlage zu beraten, in welcher der aktuelle Entwicklungsstand in der Thematik dargestellt und die Aufträge an die Politik formuliert würden.

 

Herr Hellmann betont, dass es einen Beschluss für die PRIMUS Schule in Aachen noch nicht gebe. Daher stimmt er zu, das Thema in der kommenden Ausschusssitzung erneut zu beraten denn die Schulform sei nicht in Gänze unproblematisch und es gebe noch einige Dinge zu besprechen.

 

Herr Schneider ist der Meinung, dass dem Ausschuss ausreichende Informationen zur Verfügung stünden und es aus wissenschaftlicher und pädagogischer Sicht sehr viele Vorteile dieser Schulform gebe. Die Stadt sollte daher so schnell wie möglich bei der Landesregierung beantragen, ebenfalls eine Modellschule gründen zu dürfen.

 

Frau Griepentrog erklärt, dass dafür zunächst ein Grundsatzbeschluss des Rates notwendig sei, denn dadurch seien auch alle anderen Schulformen in Aachen berührt. Daher müsse dies gut überlegt und diskutiert werden. Eine entsprechende Vorlage könne dazu die Grundlage schaffen.

 

Herr Auler stimmt dem zu. Es müssten viele unterschiedliche Aspekte beleuchtet werden und dies beinhalte insbesondere die Standortfrage und die Auswirkungen auf die umliegenden Schulen und insbesondere auf die Grundschulen. Jedoch sollten die Fraktionen die Frage beantworten können, ob wir uns eine PRIMUS Schule in Aachen grundsätzlich vorstellen könnten.

 

Frau Griepentrog ergänzt, dass auch ein Vertreter der Bezirksregierung Köln an dem Besichtigungstermin in Titz teilgenommen habe und daher schon eine gewisse Sensibilisierung für die Überlegungen aus Aachen bestünde.

 

Herr Brötz fasst zusammen, dass die Verwaltung in einem ersten Schritt nochmal ein umfassendes Informationspaket zusammenstellen könne, in dem auf der einen Seite die unterschiedlichen Wechselwirkungen und auf der anderen Seite die erforderlichen politischen Aufträge benannt werden könnten. Formal könne die Schule derzeit gar nicht beantragt werden, da sie im Schulgesetz nicht als neue Schulform bestätigt worden sei. Dafür seien zunächst andere politische Entscheidungen notwendig. Eine Vorlage könne für eine der nächsten Sitzungen vorbereitet werden.