24.09.2024 - 4 Integriertes Konzept für Attraktivität und Sich...

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Beratung

 

Frau Oberbürgermeisterin begrüßt alle Anwesenden und führt in das Thema ein. „Die Themen Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit sind seid Corona deutlich drängender geworden. Zahlreiche Mails gehen tagtäglich zu diesen Themen im Rathaus ein. In jedem Bürger*innendialog den ich in Aachen führe werden sie mit großer Dringlichkeit vorgebracht. Das Thema geht uns alle an, deshalb sind wir heute im Bürgerforum. Wir wollen Ihre Meinung dazu hören“ so Oberbürgermeisterin Keupen. Sie führt weiter aus, dass es im Innenstadtteam schon regelmäßig Einzelmaßnahmen gibt, die sich vor allem auf auffälliges, teilweise aggressives Betteln sowie offenen Drogenkonsum fokussieren. Auch die Bezirksvertretung Aachen-Mitte hat bereits intensiv beraten wie man den Problemen Herr werden kann. Einzelmaßnahmen reichen nicht aus, weshalb ein integriertes Konzept benötigt wird, das ganzheitlich greift. Das vor diesem Hintergrund entstandene Konzept bildet das differenzierte Problembild in 4 Bereichen, in Form eines Kleeblatts, ab:

 

1. Ordnungspolitische Maßnahmen

2. Sozialpolitische Maßnahmen

3. Kommunikation und Sensibilisierung

4. Maßnahmen im öffentlichen Raum

 

Die Menschen die in großen Nöten sind benötigen Unterstützung, aber auch der Aufenthalt auf den Straßen darf nicht von Angst geprägt sein. Aus diesem Grund hat sich die Fachverwaltung auf den Weg gemacht und ein großes Maßnahmenpaket unter den genannten Gesichtspunkten geschnürt.

 

Herr Beigeordneter Thomas Hissel übernimmt die Vorstellung des IKAS anhand einer Präsentation (diese wird der Niederschrift in Allris beigefügt) und betont, dass der heutige Fokus auf der Zivilgesellschaft liege. Die heutigen Themen betreffen uns alle, weshalb er seine Freude darüber ausdrückt, dass so viele interessierte Menschen den Weg zur heutigen Sitzung gefunden haben.

 

Herr Hissel führt aus, dass er selbst feststellen konnte, dass das Thema Attraktivität der Aachener Innenstadt stark polarisiert. Zwischen „alles super“ und „klinisch Tod“ ist, in den Gesprächen die er führt, wenig Relativierendes zu hören. Beides stimmt in seiner Reinform natürlich nicht. Er selbst sieht eine Innenstadt als Lebens- und Freizeitraum, aber auch als Visitenkarten einer Stadt. Es handele sich um kein Wohlfühlthema für die Stadtverwaltung aber es eint alle, dass eine belebte Innenstadt gewünscht wird. Dies setze aber Sicherheit und Attraktivität des öffentlichen Raums voraus, als auch die Sauberkeit und Soziale Kontrolle die diesen zum angstfreien Raum macht. In der medialen Berichterstattung – so berichtet Hissel weiter -vergeht keine Woche in der die Sicherheit der Aachener Innenstadt nicht thematisiert wird und somit die Verwaltung auf allen Ebenen beschäftigt.

Als Hot Spots werden insbesondere der Kaiserplatz sowie die Bereiche der innerstädtischen Fußgängerzonen wie Markt, Münsterplatz, Adalbertstraße oder das Promenadenviertel genannt. Auch in der Burtscheider Innenstadt mehren sich die Vorfälle aggressiver Bettelei.

 

Herr Hissel schließt seinen Vortrag mit dem Apell an die Politik, dass es nicht jahrelang dauern darf alle Maßnahmen zu durchdenken. Er bestätigt, dass einige Maßnahmen aus dem Gesamtpaket sicherlich experimentell seien, die Verwaltung aber auch nicht den Anspruch erhebe, mit jeder Maßnahme recht zu haben. „Schlimmstenfalls verlieren wir sonst ganze Straßenzüge“, bekräftigt Herr Hissel die Ausarbeitung der Verwaltung.

 

Frau Stadtdirektorin Annkathrin Grehling übernimmt den Vortrag und erläutert die ordnungspolitischen Maßnahmen. Als größte ordnungspolitische Maßnahme beschreibt sie die angestrebte Änderung der Aachener Straßenverordnung. Neben dem bereits geltenden Verbot des aggressiven Bettelns, soll künftig im Innenstadtbereich, sowie auch in Teilen der Burtscheider Fußgängerzone, jegliche Form des Bettelns im Umkreis eines Fünf-Meter-Radius zu bestimmten Punkten (bspw. Geldautomaten, Haltestellen, Ladenlokale, Restaurants) verboten werden. „Es langt nicht, es sozialpolitisch zu versuchen und vorbehaltlos auf freiwilliges Bitten zu setzen“, so Frau Grehling. Sie beschreibt sich selbst als überzeugt vom vorliegenden Konzept. Das Betteln soll in Aachen nicht gänzlich verboten werden, dennoch ist es eine Tatsache, dass viele Menschen das Betteln als ergänzende Tätigkeit zu Sozialleistungen nutzen. Dem müsse man einen Riegel vorschieben und mit Verweisen arbeiten. Der Plan ist, es unbequemer zu machen und das Signal zu senden „Wir gucken hin!“

 

Herr Hissel übernimmt wieder und bekräftigt, dass es um Menschen ginge. Wir wollen niemanden aufgeben. Die Straßensozialarbeit leistet einen solch wertvollen Beitrag, dass es zukünftig auch eine entsprechende Koordinierungsstelle im Fachbereich Wohnen, Soziales und Integration (FB 56) geben wird, in die zusätzlich zwei weitere Stellen für Straßensozialarbeiter*innen eingeplant sind. Aufgabe der Koordinierungsstelle soll der Austausch mit dem großen Netzwerk Niederschwelligkeit sein, in dem Träger der Wohlfahrtspflege organisiert sind, die im niedrigschwelligen Bereich tätig sind. Darüber hinaus wird die Koordinierungsstelle Entwicklungen und Veränderungen der „Szene“ begleiten, mit den täglich tätigen Akteuren besprechen und die Lage bzgl. möglicher Handlungsbedarfe bewerten.

 

So erklärt Herr Hissel Folie für Folie ein großes Gesamtpaket an sozialpolitischen Maßnahmen und Maßnahmen im öffentlichen Raum. U.a. die Beschallung von Angsträumen mit klassischer Musik. Die These besagt: Klassische Musik und Drogenkonsum vertragen sich nicht. Getestet wurde es bereits am Hamburger Hauptbahnhof wo man tatsächlich eine deutliche Verdrängung der Betäubungsmittelszene verzeichnen konnte. Dies ließe sich am Kaiserplatz für die Kernszene ausprobieren. Sicherlich haben solche Methoden eine hohe Fehlertoleranz, wenn man es aber nicht testet, würde man nie schlauer, schließt Herr Hissel.

 

Nachfolgend geht er auf das aggressive Beschaffungsbetteln ein. Er beschreibt es als Geschäftsmodell das funktioniere. Menschen spenden aus Angst, damit Sie die Bettler*innen loswerden. In Aachen sei die aggressive Bettelei verstärkt in den Fußgängerzonen zu beobachten. Die Hauptproblematik auf die alles hinausläuft, ist die Sucht, sagt Herr Hissel und informiert über eine Öffentlichkeitskampagne „Hilf – Aber richtig!“ Aachen verfügt bereits über eine Bettelersatzwährung, den Aachen Taler. Diese soll nun öffentlichkeitswirksam vorangetrieben werden. Der Aachen Taler kann nur gegen ein bestimmtes Produktportfolio des täglichen Bedarfs (Drogerie, Lebensmittel, Kleidung) getauscht werden. Menschen die helfen möchten bekommen eine zielgerichtete Spendenmöglichkeit. Bettler können davon weder Alkohol, noch Drogen, noch Zigaretten kaufen.

 

Herr Hissel schließt seinen Vortrag mit der Anmerkung, dass die gesamte Thematik noch viele Kapazitäten in der Stadtverwaltung binden wird. Man befände sich nicht bei einem 100m Lauf, sondern eher bei einem Marathon. Er möchte die Innenstadt sicherlich nicht schlecht reden, gesund aber auch nicht.

 

Herr Dopatka bedankt sich bei Herrn Hissel und Frau Grehling für die Vorstellung des Konzepts. Er bekräftigt, dass die Themen Obdachlosigkeit, Betteln und Drogenkonsum bereits 2023 bei der Auswahl der Themen für den ersten ständigen Bürger*innenrat sehr weit oben im Ranking standen. Umso mehr freut er sich, dass dieses umfassende Thema nun in dieser Sondersitzung mit der Zivilgesellschaft beraten werden kann.

 

Herr Servos dankt der Fachverwaltung für die Aufbereitung dieses sehr komplexen Themas. Sein Sicherheitsgefühl ist ebenfalls deutlich schlechter geworden. Mit zwei Kindern wohnhaft in der Franzstraße kann er es sehr bestätigten, dass die Belästigung durch Bettelnde besonders am Wochenende stark zugenommen hat. Das Maßnahmen-Bündel scheint gut geschnürt, wenn sicher auch nicht jede Maßnahme greift. Die SPD Fraktion trägt das Konzept mit und vertraut der Verwaltung alle relevanten Akteure mitzudenken.

 

Frau Radermacher ist erleichtert über die Ausführungen der Verwaltung, trugen sie doch zu einem viel besseren Verständnis der Vorlage bei. Dennoch klingt es für sie an vielen Stellen so, als sollten die Obdachlosen verdrängt werden und das würde das Problem ja nur verlagern. Ob man die Problematik mit rein technischen Maßnahmen lösen kann, wagt sie zu bezweifeln. Sie hat ferner noch einige Fragen die sie im Sozial- und Planungsausschuss stellen möchte, möchte heute aber lieber die Stimmen aus dem Volk hören und freut sich auf die Diskussion.

 

Herr Palm hat sich im Vorfeld bereits intensiv mit der Vorlage beschäftigt und ist positiv überrascht über das flexible, moderne und proaktive Maßnahmenbündel. Seiner Meinung nach muss aber in erster Linie die Personalsituation im Ordnungsamt in den Griff bekommen werden. Ein Strategiepapier- und sei es noch so toll – ist nicht umsetzbar, wenn das Ordnungsamt so unterbesetzt ist, wie es unseres nun einmal ist. Unter diesem Gesichtspunkt moniert Palm die Entgelt Einstufung des Ordnungs- und Sicherheitsdienstes (OSD). Entgegen der Gärtner*innen mit EG 7 würden die OSD´ler lediglich in EG 5 oder 6 eingruppiert. Ferner müssten die Bewerber einen mehrstufigen Auswahlprozess durchlaufen, inklusive einem harten Sporttest und einer Schwimmleistung bestehen. Schwimmen sei seiner Meinung nach wirklich nicht notwendig für eine Einstellung als Ordnungsdienstler.

Frau Grehling stellt diese Behauptung richtig. Die Einstufung neuer OSDler beginnt bei EG 8. Des Weiteren sei ihr nicht bekannt das eine Schwimmleistung erbracht werden müsse. Dass die neuen Mitarbeitenden fit und gesund sein müssen verstünde sich von selbst.

 

Sie bekräftigt, dass das Konzept leistbar sei, sonst wäre es anders formuliert worden. Natürlich laufe die Personalgewinnung auf Hochtouren. Ausschreibungstexte wurden angepasst und Angebote gemacht um Bewerber*innen zu generieren. Erst kürzlich ist die Ausstattung der OSDler verbessert worden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des städtischen Ordnungs- und Sicherheitsdienstes seien mit sogenannten Bodycams ausgestattet worden, um bei Konfrontationen auf der Straße besser gewappnet zu sein.

 

Ein Bürger zeigt sich ärgerlich über die teilweise sehr langen Verwaltungswege. Er habe im Rahmen der Initiative Kaiserplatz sehr intensiv an mannigfaltigen Problemstellungen mitgearbeitet. Viel wurde verwaltungsseitig -aber auch von der Politik- versprochen, wenig davon gehalten. Meistens veränderte der Dienstweg nötige Maßnahmen. Sein Vertrauen sei entsprechend erschüttert. Er bittet darum ein Lasten- und Pflichtenheft mitzudenken. Ohnedies würde das Konzept erneut ein sinkendes Schiff.

 

Frau Scheidt berichtet, dass das Konzept innerhalb der Grünenfraktion kontrovers diskutiert wurde. Sie selber ist Anwohnerin am Kaiserplatz, weshalb ihr die Problematik aus erster Hand bekannt ist. Sie betont die Wichtigkeit der Zusammenarbeit aller Systeme. Die Initiative Kaiserplatz hat - entgegen der Meinung Ihres Vorredners - bereits viel erreichen können, nehme man nur einmal das Projekt Hirschgrün. An der Richardstraße direkt neben dem Spielplatz, einstmals der Drogenumschlagsplatz Nr. 1 (abgesehen natürlich vom Kaiserplatz). Erstreckt sich nun ein üppig wachsender Garten. Kein städtischer Garten, sondern eine „Urban Gardening“ Initiative, die es bereits seit 10 Jahren gibt.

 

Die scharfe Eingrenzung der 5m Abstände hält Frau Scheidt für schwer umsetzbar und befürchtet, allerhöchstens entstehe ein Verdrängungseffekt. Eine solch angelegte Bettelverbotszone sei ein „scharfes Schwert“. In vielen Städten und Gemeinden sei man mit solch einer Idee vor Gericht gescheitert. Wie definiere man außerdem Belästigung? Der ruhige Bettler mit seinem Töpfchen vor der Bäckerei würde genauso verdrängt wie der unangenehme „Krakeler“. Sie bittet darum den weiteren Prozess in enger Abstimmung mit den Fraktionen zu gehen und auch die Wohlfahrtsverbände mitzunehmen. Außerdem befürwortet sie eine Feinjustierung in regelmäßigen Abständen. Sinnvoll erschiene ihr außerdem eine weitere Einschätzung seitens der KatHO die ein großes wissenschaftliches Feld der Soziologie und des Sozialwesens abdeckt.

 

Frau Grehling bestätigt, dass ein Konzept zu Beginn der Planung nicht entsprechend „abgeklopft“ sein kann um als 100% rechtssicher zu gelten. Bettler verfügen häufig über ausgeprägtes Erfahrungswissen. Daher der Ansatz es dem OSD leichter zu machen Platzverweise zu verhängen. Die Frage der Verdrängung kann ja auch die Verdrängung nach Hause bedeuten.

 

Frau Lürken bittet die Politik Detailfragen in den Fachausschüssen zu platzieren. Das Konzept zeige erstmalig einen Weg auf, der gleichzeitig Problem- und Lösungsorientiert sei. Wir haben keinen starren Prozess vor uns liegen und werden auch aus Fehlversuchen lernen. Des Weiteren bewundert sie die mutige Entscheidungsich sich an den bestehenden Regelungen des Kantons Basel-Stadt zu orientieren, dass seitens des Bundesgerichts der Schweiz für zulässig erachtet wurde. Die CDU Fraktion wird den Weg mitgehen.

 

Frau Begolli lobt das Konzept und spricht darüber hinaus die extreme Verwahrlosung der unteren Adalbertstraße an. Man gehe durch eine Schleuse von Ruinen neben einer Luxuswand (Aquis Plaza), die gänzlich ohne Ein- und Ausgänge auskommt. Kein Wunder, dass man dort keinen Wohlfühlraum eingerichtet bekommt. Die Stadt steht vor komplexen Aufgaben, denn scheinbar habe man in der Pandemie viele Menschen, die bereits auf der Kippe standen, verloren. Die 5m-Regelung sieht die Fraktion Die Linke ebenfalls kritisch. Wenn es bislang in der Realität schwierig war die normale Straßenverordnung zu sanktionieren, wie soll das zukünftig gehen? Dazu kann sie den Unterschied zu einem kompletten Bettelverbot nicht erkennen.

 

Gastronom Herr Polzin erklärt, dass die 5m-Regelung für die Gastronomen enorm wichtig ist. Er selbst stünde den meisten Teil seiner Zeit vor seinem Laden, in der Promenadenstraße, um seine Gäste vor den Junkies zu schützen. Es gebe viel zu oft die Situation, dass den Gästen ins Essen gelangt oder an den Haaren gezogen würde. Jedes Mal, wenn er den OSD ruft sind die Junkies längst weg. So schnell könnten die Kollegen gar nicht reagieren, auch wenn sie quasi um die Ecke sitzen. Herr Polzin setzt viel Hoffnung in das neue Konzept und er pflichtet den Vorrednern bei, dass auch Experimente gerne gesehen seien. Alles ist besser als die derzeitige Situation. Endlich habe der Stadtrat mal die Möglichkeit etwas für die Aachener Bürger*innen zu tun.

 

Eine Gästeführerin der Stadt AC pflichtet Herrn Polzin bei. Endlich würde etwas getan, experimentell oder nicht, sei egal. Hauptsache es würde sich den Problemen angenommen. Sie stellt sich als Unterzeichnerinnen des Brandbriefs von freiberuflichen Stadtführerinnen und Stadtführern, die für den Aachen Tourist Service (ATS) arbeiten aus Januar 2024, an Frau Oberbürgermeisterin Keupen vor. Wegen der „augenscheinlichen Zunahme von Obdachlosen und einer wachsenden Belästigung durch aggressive Bettelei und unansehnliche Körperwäschen in den Aachener Brunnen sowie wegen der Belegung sämtlicher Bänke etwa im Elisengarten“ sei es schwerer geworden, Touristinnen und Touristen sowie Neubürgerinnen und Neubürgern „die interessante Geschichte und die Schönheit der Stadt“ zu vermitteln, heißt es darin. Frau H. sagt sie sei damals erschüttert gewesen, dass die Antwort darauf lautete eine Großstadt müsse so etwas aushalten und es sei bereits seit 30 Jahren der Fall und schlichtweg nicht zu ändern. Aachen habe eine Obdachloseneinladungskultur entwickelt. Man habe es den Bettlern sehr gemütlich gemacht. Sie bekommt dies in Ihrem Job tagtäglich hautnah mit. In jeder zweiten Gruppe wird sie zu diesem Thema angesprochen. Regelmäßig würde in ihre Gruppen reingebettelt. Dies sei ein unhaltbarer Zustand.

 

Frau Keupen bescheinigt dem Konzept die Gemeinschaftsaufgabe. Die Aachener Innenstadt soll für alle Menschen mehr Aufenthaltsqualität erhalten. Es gibt so viele Akteure im Hintergrund die bereits heute schon wahnsinnig viele Menschen von der Straße holen. Auch gäbe es viele Unterstützungsmaßnahmen im dezentralen Netz, die Menschen auffangen. Dennoch muss all dies durch die Eingaben der Stadtgesellschaft geschärft werden.

 

Der Leiter des Café Plattform, Herr Krznaric bedankt sich für das Lob, möchte aber darauf hinweisen, dass sie alles andere als im Hintergrund arbeiten. Aus dem Arbeitskreis Niedrigschwelligkeit in dem die Träger der Wohlfahrtspflege die im niedrigschwelligen Bereich tätig sind organisiert sind, kommen zu Hauf Brandbriefe und Eingaben an die Fachverwaltung. Selten wird davon etwas beantwortet.

 

Herr Hissel beschreibt die Sitzung als Musterstück der Demokratie. Offensichtlich bietet Aachen angenehme Rahmenbedingungen für Bettler, dies ist im Verlauf der Sitzung ganz klar geworden. Von einer Verdrängung zu einem anderen Standort, der dann die gleichen Probleme bekommt, hat niemand etwas. Häufig geschieht aber etwas anderes. Die Szene verstreut sich, oder betteln ist einfach nicht mehr attraktiv, was die Menschen zurück nach Hause zieht, sofern sie denn eines haben. Und viele haben eins. Dies ist in Aachens Betteltourismus klar zu beobachten. Nichts zu tun, oder es erst in zwei Jahren, nach intensiver Planung anzugehen, verstärkt das Problem garantiert. Die Fachverwaltung wünscht sich ein Mandat in Form eines Grundsatzbeschlusses.

 

Eine Bürgerin aus dem Frankenberger Viertel beschriebt die Bettelei auch an ihrem Wohnort als allgegenwärtig. Sie persönlich gehe gerne mit den Menschen ins Gespräch. Daher fehlt ihr heute eines ganz besonders: Die Menschen um die es geht. Wo werden die Obdachlosen und Drogenabhängigen mit ins Boot geholt? Man spräche wie immer über und nicht mit ihnen. Sie könne sich gut vorstellen, dass die Stadt Benefizkonzerte zu Gunsten des Arbeitskreis Niederschwelligkeit veranstaltet.

 

Herr Vieten, Seniorenrat ärgert sich darüber, dass man nicht endlich mal die Sprache der Bettler spreche. Man müsse Ihnen das Geld abnehmen und sie des Platzes verweisen, dann würden sie auch nicht wiederkommen.

 

Herr Krznaric wundert sich über so viele pauschale Stigmatisierungen die er sich an diesem Abend anhören muss. Zunächst lobt er die gute Kommunikation zwischen seinem Arbeitskreis Niedrigschwelligkeit und den Kolleg*innen des OSD. Seiner Meinung nach ist betteln auch nicht des Rätsels Lösung, Verdrängung kann es aber auch nicht sein. Ziel muss es sein die Obdachlosen in die Einrichtungen zu bekommen. Die Menschen die als heutige Zielgruppe definiert wurden, also aggressive Bettler, sind defacto gar nicht, oder nur sehr schwer zu erreichen. Sie sind schlichtweg nicht ihn der Lage sich an Regelungen zu halten, egal wie sehr wir uns dies hier schönreden. Bestraft werden dann am Ende die „harmlosen“. Ferner hätte er es gut gefunden, wenn der AK Niedrigschwelligkeit beratend hinzugezogen worden wäre, anstatt pauschal zwei Sozialarbeiter*innen einzustellen. Er betont allerdings dies nicht als Kritik zu verstehen, sondern als Einladung zukünftig enger miteinander, statt nebeneinander zu arbeiten.

 

Herr Hansen bittet darum, nicht allzu schwarz/weiß zu denken. Die Wohlfahrtsverbände sind sehr aktiv im Gespräch mit den Betroffenen. Dennoch bedarf es Streetworkern, die die Menschen überhaupt über die Möglichkeiten informieren, die sie haben. Des Weiteren wünscht er das „Housing first“ Konzept voranzutreiben, in dem sich Obdachlosen nicht durch verschiedene Ebenen der Unterbringungsformen für unabhängige und dauerhafte Wohnungen „qualifizieren“, sondern direkt in eine „eigene“ Wohnung ziehen können.

Ein Bürger fragt was mit den vielen Platzverweisen passiert. Bußgeld kann es ja nicht sein, dass könnten die Verwiesenen ja ohnehin nicht zahlen. Seiner Meinung nach machen 5m Kreise keinen Sinn, es betteln ohnehin nur wenige aggressiv. Die „harmlosen brächte man locker zur Raison.“

 

Ein weiterer Bürger spricht, als neuen Punkt -und seiner Meinung nach der schlimmeren Beeinträchtigung der Attraktivität der Innenstadt- die Graffitis und Schmierereien an. Die Stadt solle mal mit einer großflächigen Entfernungskampagne loslegen, dann zögen sicherlich auch viele Privatleute nach. Er bittet ferner um eine eindeutige Erfolgskontrolle der vorgestellten Maßnahmen. Ohne Quantifizierung ginge dies nicht, wenn eine Quantifizierung im sozialen Bereich auch schwieriger wäre.

 

Frau N., Stadtführerin seit 14 Jahren, beobachtet die auffällige Zunahme des Betteltourismus und „Zuzug“ von Obdachlosen tagtäglich. Es gibt nicht den einen Bettler, führt Sie aus, es gibt Leute mit Wohnungen, die das betteln als Job betrachten, psychisch kranke Menschen, Junkies, Obdachlose oder freiwillige Aussteiger. Das Ordnungsamt ist Ihrer Meinung nach schlichtweg machtlos, ob der schieren Masse, die es zu kontrollieren und sanktionieren gäbe. Es gibt sogar Bettler die nicht einmal vor Kindergruppen Halt machten und spätestens hier sei ein Punkt erreicht an dem die Menschen die in der Innenstadt wohnen, arbeiten oder sie besuchen kommen Schutz benötigen. Eine erhöhte Präsenz von OSD und Polizei wäre ein Schritt in die richtige Richtung.

 

Herr Polzin bestätigt den Bericht der Frau N. und ergänzt, dass sie im Promenadenviertel auch Drogenkonsum sehr öffentlich erleben. Die Junkies bestätigen auf Nachfrage, dass sie woanders hingehen würden, wenn es denn ein woanders gäbe. Häufig „verstecken“ sie sich derzeit hinter Regenschirmen in Hauseingängen zum spritzen oder rauchen. Er nennt das Beispiel „Verrichtungs-/Konsumboxen“ aus anderen Städten. Könnte man dort nicht einmal nachfragen wie die entsprechenden Kommunen so etwas eingerichtet haben und wie der Erfolg ist? Gäbe es städtischerseits Gelder für Konsumräumlichkeiten, denn die Frage bleibt: Wo sollen Sie denn hin, irgendwo müssen sie sich die Drogen verabreichen. Es handelt sich um kranke Menschen, die können damit nicht aufhören, so gerne wir das auch wollen.

 

Frau Begolli gefallen die bereichernden Wortbeiträge ebenfalls. Sie beschriebt das Konzept als lernend, fortschreitend und über allem steht der Mensch, der als Kranker erkannt wurde.

 

Herr Palm fragt in welcher Form der OSD überhaupt eingreifen darf? Wie groß ist denn der Rückhalt der Stadt, wenn der OSD von aggressiven Bettlern angegriffen wird uns sich verteidigen muss? Wer sich asozial verhält muss in seine Schranken verwiesen werden. Bei einem solch heterogenen Problemklientel muss der OSD mehr Handlungsspielraum erhalten.

 

Herr Offermann erklärt, er habe vor 34 Jahren das Café Plattform eröffnet und die Zeit damals sei nicht vergleichbar gewesen mit der heutigen. Das Café Plattform hat sich zu einer Bürgerbewegung entwickelt. Es arbeiten über 30 Ehrenamtliche dort, genau wie auch in der Bahnhofsmission und in der Franziska-Schervier-Stube. Er wünscht weniger Verwaltungs- und Politik-„Gedöns“ und mehr Zusammenarbeit. Er und seine Mitstreiter sind allzeit bereit mit zu arbeiten.

 

Frau Haupt gibt zu bedenken, dass es wichtig ist, dass wenn eine neue Ebene eingezogen wird -die neuen Streetworker – dafür eine andere – Café Plattform, Querbeet o.ä.- nicht monetär beschnitten wird.

 

Herr S., Gastronom erläutert noch einmal den Leidensdruck der Gastronomen. Es ginge ihm nicht um die Menschen mit denen man noch reden könne. Bei den anderen benötige man dringend Hilfe, und Maßnahmen die greifen. Er stellt die Frage ob man verwaltungsseitig wüsste, wie das Problem mit den Bettelnden in der Außengastronomie in Holland gelöst würde. In Maastricht hätte ihn noch nie jemand angesprochen.

 

Herr Servos wünscht den Fokus wieder darauf zu richten, dass den Menschen eine helfende Hand gereicht wird. Des Weiteren spricht er sein Bedauern darüber aus, dass die StädteRegion sich aus dem Thema bisher raushält.

Herr L., Gewerbetreibender möchte zukünftig keine Exkremente mehr aus seiner Einfahrt entfernen und am Bushof über „Penner“ stolpern müssen. Das Konzept der Verwaltung ist „freestyle“ aber gut und dringend notwendig.

Frau Lürken gefällt das heute endlich einmal auch unschöne Dinge angesprochen werden dürfen. Sie bittet allerdings den schwarzen Peter nicht weiter rumzureichen. Sie verteidigt die Städteregion. „Wir haben das Problem alle gemeinsam.“

 

Frau Scheidt betont erneut, dass sie eine vielfältige Stadt und keine sterile Stadt haben möchte. In gewissem Maße gehören auch Obdachlose zu einer Großstadt. Sicherlich ist schlechtes Benehmen inakzeptabel, sie weiß als Anwohnerin des Kaiserplatzes aber genau wovon sie redet. Die Stadt von solchen Menschen freizumachen wird niemals gelingen. Sie bittet lediglich darum die Wirksamkeit der Maßnahmen regelmäßig zu überprüfen.

 

Herr Kerres, Gastronom schlägt eine Anlaufstelle vor in der man den Prozess stetig „befeuern“ kann. Spontane Eingaben müssen möglich gemacht und dann auch einbezogen werden. OSD und Polizei sollten darüber hinaus stärker zusammenarbeiten und durchgreifen, an Orten an denen offensichtlich mit Drogen gehandelt wird. Damit könnte man schon eine Wurzel des Übels ziehen.

 

Frau Keupen nennt als Anlaufstelle derzeit das Ordnungsamt, darüber hinaus werden aber entsprechende Strukturen geschaffen. Es arbeiten so viele Fachbereiche zu diesem Thema zusammen. Unsere Kümmerer sind die Verbindungsglieder zu den Wohlfahrtsverbänden. Aber es ist nicht einfach, das ist heute deutlich geworden. Die Maßnahmen werden gemeinsam und reflektiert angegangen, versichert sie. Sie schlägt eine erneute Evaluation des Konzepts nach einem Jahr im Bürgerforum vor, um kritisch, ehrlich und transparent kommunizieren und bewerten zu können.

 

Herr Dopatka stellt eine solche Reflektion im Bürgerforum im Herbst 2025 in Aussicht. Da die Verweise zur Städteregion nicht für alle klar waren, erläutert er nochmals den Part der Städteregion und die einzelnen Funktionen die dort verortet sind und nicht bei der Stadt Aachen. Diese Funktionen werden aber über eine Umlage durch die Stadt Aachen finanziert. Entsprechend besteht die Verpflichtung der Städteregion, sich auch in Aachen stärker einzubringen. Ferner lobt er den guten Austausch und die intensive Diskussion. Sicherlich sei nicht jeder mit allem einverstanden, aber es eint uns, dass wir alle Menschen mitdenken wollen.

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Beschluss:

  1. Das Bürgerforum der Stadt Aachen nimmt die Ausführungen zum Integrierten Konzept für Attraktivität und Sicherheit zustimmend zur Kenntnis.
  2. Das Bürgerforum empfiehlt dem Rat der Stadt Aachen die Verwaltung zu beauftragen, die Maßnahmenvorschläge auszuarbeiten und umzusetzen und – falls nötig – Beschlussvorschläge vorzulegen.
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Abstimmungsergebnis:

Einstimmig angenommen bei 1 Enthaltung

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