29.03.2007 - 3 Gewährung von Grundsicherungsleistungen an Arbe...

Beschluss:
geändert beschlossen
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Beratung

Vor Eintritt in den Tagesordnungspunkt erläuterte die Ausschussvorsitzende, Frau Höller-Radtke, für die Zuhörer die nachfolgende Vorgehensweise. Der Sozial- und Gesundheitsausschuss könne aus zwei Gründen die Anträge der Ratsmitglieder Müller und Schnitzler nicht behandeln. Zum einen gäbe es ein laufendes Klageverfahren und zum anderen verfüge der Ausschuss nicht über die Kompetenz, in diesen Fällen eine Empfehlung oder Entscheidung zu treffen.

 

Herr Beigeordneter Lindgens erläuterte sodann die Verwaltungsvorlage. Danach sei der Antrag von Herrn Müller als zulässiger Anstoß für einen Gedankenaustausch zu bewerten. Dagegen beinhalte der Antrag von Herrn Schnitzler einen konkreten Antrag, den der Ausschuss nicht behandeln könne, da eine sachliche Zuständigkeit weder beim Ausschuss noch bei der Stadt Aachen läge. Zum aktuellen Verfahrensstand berichtete Herr Lindgens, dass das Landessozialgericht am Sitzungstag eine Entscheidung getroffen und die Rechtsauffassung der ARGE bestätigte habe. Die schriftliche Begründung sei abzuwarten.

 

Zu seinem Ratsantrag erklärte Herr Müller,  dass er im Grunde das gleiche Ziel wie Herr Schnitzler verfolgt habe. Er frage sich, weshalb hier Menschen bedrängt würden, die durch Eigeninitiative dem Grundsatz „fördern und fordern“ nachkämen. Die Verwaltung ginge in vielen anderen Fällen sehr kreativ mit Problemen um, warum nicht auch in dem vorliegenden Fall.

 

Herr Beigeordneter Lindgens wies darauf hin, dass die Verwaltung den Auftrag habe, nach Recht und Gesetz zu handeln. Die Rechtsanwendung könne nicht deshalb anders erfolgen, weil einzelne Ratsmitglieder den konkreten Einzelfall anderes beurteilen.

 

Herr Schäfer (CDU) bemängelte bei den Anträgen, dass Einzelfälle und Einzelschicksale im Ausschuss behandelt werden sollen, obwohl der Ausschuss hier keinerlei Beschlusskompetenz habe. Da nun gerichtliche Entscheidungen vorlägen, sei die Frage, wie sich die Antragsteller eine Entscheidungspraxis ARGE vorstellten, die über die Gerichtsurteile hinausgingen. Auf dem gemeinsamen Beschlussentwurf  der SPD- und der Grünen-Fraktion eingehend sagte Herr Schäfer, dass dieser über die Beschlusskompetenz des Sozial- und Gesundheitsausschusses hinausginge.

 

Frau Scheidt sah in dem Beschlussentwurf die Verantwortung des Sozial- und Gesundheitsausschuss dokumentiert, sich für die Rechte der Menschen einzusetzten. Der Beschlussvorschlag solle die ARGE in die Lage versetzen, flexibel und einzelfallbezogen entscheiden zu können.

 

Für Herrn Schnitzler ging es nicht um die formaljuristische Aufarbeitung seines Antrages, sondern er wolle  erreichen, dass sich der Ausschuss mit den Folgen der Gesetzesanwendung für die einzelnen Betroffenen auseinandersetze. Er befürwortete daher den Antrag der SPD- und der Grünen-Fraktion.

 

Herr Müller griff die Aussagen von Frau Scheidt und Herrn Schnitzler auf und plädierte dafür, dass der Ausschuss Menschen in schwieriger Situation helfen müsse. Er vertrat die Auffassung, dass hierfür die Bildung einer sog. „Härtefallkommission“ unter Beteiligung von Ratsvertretern in Aachen erforderlich sei.

 

Die Ausschussversitzende, Frau Höller-Radtke, verwies darauf, dass eine Härtefallkommission nichts bewegen könne, da die ARGE nicht in den Zuständigkeitsbereich der Stadt Aachen falle.

 

Herr Helg wies darauf hin, dass darüber hinaus das Prinzip der Gewaltenteilung die Bildung einer solchen Härtefallkommission verbiete. Im Übrigen sollte das Gerichtsurteil erst einmal ausgewertet werden, bevor eine weitere Diskussion über die Entschließung des Ausschusses sinnvoll wäre.

 

Herr Beigeordneter Lindgens meinte, dass der Ausschuss nicht über Gerichtsurteile, vor allem in einem Einzelfall, diskutieren solle. Generelle Appelle an zuständige Institutionen zu richten, wäre die einzige Möglichkeit. Diese Appelle dürften sich jedoch nicht auf Einzelfälle beziehen. Im Übrigen sei zu beachten, dass in den vorliegenden Fällen die Stadt Aachen nicht zuständig sei. 

 

Frau Lürken unterstützte Herrn Beigeordneten Lindgens und unterstrich die Aussage, dass hier keine Zuständigkeit des Sozial- und Gesundheitsausschusses vorläge. Auch könne der ARGE keine Willkür unterstellt werden; dort würde entsprechend der rechtlichen Möglichkeiten Ermessen ausgeübt. Richtig sei, dass der Ausschuss allgemein an den Gesetzgeber appellieren könne, dies aber nicht einzelfallbezogen.

 

Herr Künzer hob hervor, dass doch Einigkeit darüber bestände, zwischen Fall und Sache zu unterscheiden. Die Einzelfälle zeigten schon, dass es Schwachstellen im System gäbe, die es in der Anwendung des BSHG nicht gab. Auf diesen Änderungsbedarf könne der Ausschuss durch den Beschluss hinweisen. Dies stehe nicht im Widerspruch zu der guten Arbeit, die die ARGE leiste.

 

Frau Willms beurteilte den Beschlussentwurf bis auf den 3. Absatz als zustimmungsfähig, da in den beiden ersten Absätzen ein Appell an den Gesetzgeber formuliert sei. Der 3. Absatz sei zu streichen.

 

Herr Verholen gab den Herrn Müller und  Schnitzler für die Zukunft zu bedenken, dass bei einer Veröffentlichung und Diskussion von Einzelfällen die Schutzinteressen der Einzelnen bedacht werden müssten.

 

Frau Scheidt wies darauf hin, dass Einzelfälle durchaus zur exemplarischen Darstellung eines Systemfehlers herangezogen werden könnten.

 

Herr März sah in der Diskussion einen breiten Konsens im Ausschuss hinsichtlich der beiden ersten Absätze. Der  3. Absatz formuliere lediglich eine Bitte des Ausschusses an die ARGE, die Härtefallklausel voll auszuschöpfen. Insgesamt ziele der Beschluss darauf, die Schließung einer Gesetzeslücke zu erreichen.

 

Herr Mahr unterbreitete den Kompromissvorschlag,  im 1. Absatz die Formulierung „in dieser Angelegenheit“ durch „in den Anwendungsfällen des § 7 Abs 5 SGB II“ zu ersetzen.

 

Auch Frau Lürken fand den Beschlussentwurf  bis auf den Absatz 3 für zustimmungsfähig. Diesem Absatz könne sie nicht zustimmen, da sie der ARGE nicht unterstelle die Härtefallregelung unzureichend anzuwenden.

 

Herr Müller befand den Beschlussentwurf als zu weich, wollte dennoch den geänderten Entwurf in vollem Umfang unterstützen.

 

Die ständigen Aussagen, dass die Stadt Aachen oder der Sozial- und Gesundheitsausschuss nicht zuständig seien, wollte Herr Özbay nicht immer wieder hören. Nicht Dienst nach Vorschrift bringe die Menschen weiter.

 

Vor der Beschlussfassung wies Frau Scheidt darauf hin, dass unmittelbar vor der Sitzung ein Fraktionsmitglied zu einem Notfall gerufen worden sei und daher eine Stimme weniger zur Verfügung stehe. Daraufhin erklärte Frau Willms, dass sie an der Abstimmung nicht teilnehmen werde.

 

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Sodann beschloss der Sozial- und Gesundheitsausschuss die Absätze 1 und 2 einstimmig und den 3. Absatz des vorgelegten Beschlussentwurfes mehrheitlich. Der Beschluss lautet:

 

Der Sozial- und Gesundheitsausschuss der Stadt Aachen bittet sowohl die ARGE der Stadt Aachen, als auch die Verwaltung der Stadt Aachen, in den Anwendungsfällen des § 7 Abs 5 SGB II beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorstellig zu werden. Die Rechtsvorschriften zu Leistungen des SGB II sind nicht flexibel genug, um Menschen, die aus persönlichen Gründen kein BAföG bekommen, bei einer Ausbildung (insbesondere Schulbildung) finanziell zu unterstützen.

 

Die ARGE und die Verwaltung werden gebeten dahingehend tätig zu werden, dass diese Rechtsvorschrift differenziert und unter dem Gesichtspunkt der Integration in den Arbeitsmarkt angepasst wird.

 

Des Weiteren bittet der Sozial- und Gesundheitsausschuss die ARGE in der Stadt Aachen, wie bisher, in Hinblick auf die Härtefallklausel alle Ermessensspielräume zugunsten der Leistungsberechtigten nach dem SGB II auszuschöpfen und anzuwenden.

 

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Anlagen zur Vorlage

Online-Version dieser Seite: http://ratsinfo.aachen.de/public/to020?SILFDNR=1511&TOLFDNR=18405&selfaction=print