03.03.2010 - 17 Kindertagesstättenbedarfsplanung 2010/11 und Au...

Beschluss:
ungeändert beschlossen
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Beratung

 Der Oberbürgermeister verweist auf die Vorlage und bittet Herrn Stadtdirektor Rombey, hierzu ergänzend Stellung zu nehmen.

 

Stadtdirektor Rombey räumt ein, dass es eine ungewöhnliche Maßnahme sei, die Kindertagesstättenbedarfsplanung dem Rat vorzulegen. Grund hierfür sei, dass man im Kinder- und Jugendausschuss aus fachlicher Sicht keine Einigung habe erzielen können. Es habe einen Mehrheitsbeschluss gegeben, nach dem insgesamt 150 Kindertagesstättenplätze für Kinder unter drei Jahren einzurichten seien, während die Verwaltung die Kosten für nur nur 100 Plätze in die Haushaltsberatungen eingebracht habe. Demnach entstehe nun eine Deckungslücke von 1,5 Millionen Euro.

Aus fachlicher Sicht sei den Gemeinden durch das Kinderförderungsgesetz die Pflicht auferlegt worden, bis zum Jahr 2013 einen Deckungsgrad in Höhe von 35 % zu erreichen. Zurzeit liege die Stadt Aachen bei 24,7 % und damit im landesweiten Vergleich an der Spitze.

Die Versorgungsquote im Land Nordrhein-Westfalen sei bei 19 % anzusetzen. Dieses gehe daher auch davon aus, dass die differenzierte Kopfpauschale in Höhe von 20.000 € zu 19 % über die Elternbeiträge finanziert werde. In Aachen erreiche man aber nur einen Finanzierungsgrad in Höhe von 12 %, so dass man insgesamt Probleme bei der Umsetzung des gesetzlichen Anspruches habe.

Von Verwaltungsseite her könne man daher nur die Planung weiterer 100 Plätze empfehlen.

 

Stadtdirektor Rombeys Ausführungen unterstützend spricht sich Ratsfrau Wilms, CDU-Fraktion, für eine solide Planung durch die kontinuierliche Schaffung von 100 Kindertagesbetreuungsplätzen pro Jahr aus, mit der man im Jahr 2013 noch immer einen Deckungsgrad von 32 % erreiche.

Hierauf, wie auf die erstmalige Einrichtung von 20 Kindertagesbetreuungsplätzen für behinderte Kinder unter 3 Jahren, die wirklich dringend benötigt würden, dürfe man durchaus stolz sein.

Nichtsdestotrotz müsse man die Wahrung der eigenen Handlungsfähigkeit im Blick behalten. Diese sei bei der Schaffung von 150 Plätzen nicht mehr mit Sicherheit gewährleistet, auch wenn diese Variante die Bevorzugte sei.

 

Ratsherr Müller, Vorsitzender der Fraktion Die Linke, beschreibt die Besonderheiten des Kinder- und Jugendausschusses durch die Stimmberechtigung der verschiedenen Vertreter der Jugendhilfe. Die Aushebelung eines von diesem Gremium gefassten Beschlusses durch einen konträren Ratsbeschluss sei in seinen Augen problematisch.

Die Fraktion Die Linke werde sich heute für die Einrichtung von 150 Betreuungsplätzen für unter 3-Jährige aussprechen.

 

Ratsherr Künzer, SPD-Fraktion, erinnert den Rat daran, dass es sich bei der Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen um eine Pflichtaufgabe handele, auch wenn die Kommunen hierfür nicht die notwendige finanzielle Ausstattung durch das Land wie den Bund erführen.

Die Berechnung, nach der der Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen für unter 3-Jährige landesweit bei 35 % liege, rechne bereits den höheren Bedarf in den Großstädten mit ein. In Aachen habe eine entsprechende Ermittlung einen Bedarf in Höhe von 69 % ergeben.

Die Nichteinrichtung von 150 Plätzen benachteilige in erster Linie Alleinerziehende und junge Eltern, die gerne Beruf und Familie miteinander in Einklang bringen möchten und damit zur wirtschaftlichen Dynamik der Stadt beitrügen.

Diese seien darüber hinaus nicht alleine von der Kommune zu finanzieren, sondern würden, ebenfalls wie Betreuungsplätze im OGS-Bereich, vom Bund entsprechend gefördert. Man spare daher nicht nur Mittel ein, sondern verliere daneben auch die Investitionsmittel.

Er kritisiert die mangelnde Unterstützung aus dem Rathaus, die sich in der Vergangenheit anders ausgestaltet habe und bittet die Verwaltung, hier wieder aktiv zu werden.

Die SPD-Fraktion werde heute für die Einrichtung von 150 Kinderbetreuungsplätzen für unter 3-Jährige plädieren.

 

Bürgermeisterin Scheidt, Fraktion Die Grüne, weist auf die vielen in Aachen bestehenden Angebote und Einrichtungen hin, die die Stadt teilweise sogar kostenlos für Familien anbieten könne. Diese sehe sie durch den von der SPD-Fraktion geforderten Ausbau auf 150 Plätze gefährdet, weil die Nutzungsgebühren entsprechend angehoben oder diverse Angebote gestrichen werden müssen.

Die jährliche Ausbauvariante von 100 Plätzen sei Inhalt der langfristigen Finanzplanung gewesen, die unter der Koalition von SPD und Grünen beschlossen und von der jetzigen Mehrheit weiter getragen werde. Die Stadt habe hiermit landesweit noch immer eine Spitzenposition inne.

Es sei zu beachten, dass es sich bei den Kosten in Höhe von 1,5 Millionen Euro um reine Betriebskosten handele. Umbau- oder Neubaumaßnahmen seien durch diese Summe nicht abgedeckt.

Darüber hinaus dürfe man das Ziel des Ausbaus von Betreuungsplätzen im integrativen Bereich nicht aus den Augen verlieren, der zusätzliche Mittel erfordere.

All dies müsse finanzierbar bleiben, um auch den Eltern die Garantie eines Kinderbetreuungsplatzes mit qualifiziertem Personal geben zu können.

 

Ratherr Schultheis, SPD-Fraktion, blickt auf die auch in der Vergangenheit vorhandene schwierige finanzielle Situation, trotz der man Kinderbetreuungsplätze habe schaffen können.

Gerade für junge Familien, die während und nach dem Studium in der Stadt ansiedeln wollen, sei die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Infrastruktur unabdingbar, da sie gleichzeitig eine finanzielle Stärkung der Region darstellen.

Schließlich weist er auf den Umstand hin, dass hinsichtlich der Finanzierung ebenfalls die Städteregionsumlage eine Rolle spiele, mit der die Spitzabrechnung abgeglichen werden könne.

 

Ratsherr Müller betont, dass die Stadt Aachen gegenüber anderen Gemeinden konkurrenzfähig bleiben müsse. Der Aspekt einer den Bedarf deckenden Kinderbetreuung sei nicht zuletzt für Unternehmen, die sich an einem Wirtschaftsstandort ansiedelten, ein bedeutendes Auswahlkriterium.

Deshalb appellierte er noch einmal an den Rat, sich für Variante IV der Vorlage auszusprechen.

 

Der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Ratsherr Baal, stellt rückblickend fest, dass der Rat der Stadt in den vergangenen fünf Jahren erhebliche Verbesserungen im Bereich der Betreuung unter 3-Jähriger habe erzielen können.

Diese seien nun Grundlage dafür, dass man auch mit einer Deckungsquote in Höhe von 27 % im Landesvergleich einen Spitzenwert erziele.

Nach heutiger Einschätzung sei nicht davon auszugehen, dass selbst mit einem Deckungsgrad von 35 % der ab 2013 bestehende Rechtsanspruch gedeckt sei. Gerade deshalb sei es wichtig, jeden Kinderbetreuungsplatz, der sicher und planbar bereitgestellt werden könne, auch einzurichten, was man hier auch tue. Trotzdem müsse dies in Anlehnung und unter Berücksichtigung der derzeitigen Haushaltslage geschehen, die die Bewahrung der eigenen Handlungsfähigkeit erfordere, auch wenn dies mit Einbußen verbunden sei. Und eben das sei hier der Fall.

Darüber hinaus decke sich die hier vorgeschlagene Variante der jährlichen Einrichtung von 100 Kinderbetreuungsplätzen mit dem Beschluss des Rates der Stadt aus dem Jahre 2009.

 

Ratsherr Haase, SPD-Fraktion, führt hinsichtlich der Anzahl der seinerzeit geplanten Betreuungsplätze aus, dass man zwar die Schaffung von 100 Plätzen in die mittelfristige Finanzplanung aufgenommen habe, um im Jahre 2013 die Ausgleichsrücklage nicht gänzlich erschöpft zu haben, gleichzeitig habe man aber die Verwaltung aufgefordert, bei der Realisierung und Aufstellung des jeweiligen Haushaltes 150 zu berücksichtigen.

 

Ratsfrau Opitz, FDP-Fraktion, spricht sich unterstützend für die Variante IV aus und verweist auf die Schwierigkeiten berufstätiger Eltern, die lange auf die Bereitstellung eines Betreuungsplatzes für ihr Kleinkind warten müssen. Zur Umsetzung dieser Variante seien zwar Einsparungen in anderen Bereichen notwendig, aber absolut unterstützenswert, da hier das menschliche Schicksal im Vordergrund stehe, dass nicht in Zahlen auszudrücken sei..

Als Beispiele für Kosteneinsparungen nennt sie hier die Archäologische Vitrine im Elisengarten und die Erhöhung der Mittel für das Ökologische Zentrum.

 

Dies unterstützend betont Ratsherr Gerger, Piraten, den sich für ihn ergebenden Widerspruch, sich als Stadt mit einer hohen Deckungsquote zu brüsten, während man gleichzeitig gezwungen sei, vielen Eltern bzw. Kindern Betreuungsplätze zu versagen. Eine Darstellung der hier betroffenen Schicksale in Geldwerten sei einfach nicht möglich.

Auch er plädiere für eine detaillierte Prüfung, in welchen Bereichen das Einsparen von Mitteln möglich sei, um diese dann für die Schaffung weiterer Betreuungsplätze einzusetzen.

 

Bürgermeisterin Scheidt, Fraktion Die Grünen, bringt den veränderten Beschlussentwurf der Fraktionen von CDU und der Grünen ein, der lautet: „Der Rat der Stadt Aachen nimmt die Ausführungen der Verwaltung zustimmend zur Kenntnis. Er beschließt die vorgelegte Kindertagesstättenbedarfsplanung 2010/2011 und in Bezug auf die Ausbauplanung der Plätze für Unter-Dreijährige die Planungsvariante II (100 Plätze jährlich institutionell, Anteil Tagespflege konstant 400 Plätze gemäß Anlage 15 der Vorlage, Seite 245).“

 

Ratsherr Haase, SPD-Fraktion, warnt vor der Verrechnung von konsumtiven Mitteln einerseits und investiven Mitteln andererseits.

Natürlich sei es möglich, freiwillige Aufgaben zu Gunsten der Pflichtaufgabenerfüllung zu reduzieren, um so eine entsprechende Deckung zu erzielen.

Jedoch sei es darüber hinaus dringend von Nöten, sich als Kommune sowohl an das Land als auch den Bund zu richten, die ihrerseits die Kommunen verpflichtende Gesetze erlassen, ohne die hierfür notwendigen investiven Mittel oder Zuschüsse bereit zu halten.

Er schlägt hier den Bogen zu der Gründung einer Kommission für die Abschaffung der Gewerbesteuer, ein Unterfangen, das bereits vor sieben Jahren analytisch geprüft und abgelehnt worden sei. Im Grunde handele es sich hierbei lediglich um eine Umverteilung der Steuern in Höhe von ca. 40 Mio. Euro von den Gewerbetreibenden auf die normalen Steuerzahler, denen ihrerseits Steuererleichterungen versprochen würden. Dieses Konzept könne nicht aufgehen.

Notwendig sei eine einheitliche kommunale Position gegenüber dem Staat, um die Mittel einzufordern, die für die Aufrechterhaltung der Infrastruktur, wozu u. a. Kinderversorgung, Betreuung und Bildung zählten, notwendig seien.

 

Ratsfrau Moselage, FDP-Fraktion, führt aus, dass bei Einsparungen ebenfalls auf Kleinstbeträge Acht zu geben sei, die derzeit unüberlegt ausgegeben würden und anderweitig sinnvoll eingesetzt werden könnten.

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Beschluss:

Der Rat der Stadt nimmt die Ausführungen der Verwaltung zustimmend zur Kenntnis. Er beschließt mehrheitlich bei 38 Ja-Stimmen und 31 Nein-Stimmen die vorgelegte Kindertagesstättenbedarfsplanung 2010/11 und in Bezug auf die Ausbauplanung der Plätze für Unter-Dreijährige die Variante II (100 Plätze jährlich institutionell, Anteil Tagespflege konstant 400 Plätze gemäß Anlage 15 der Vorlage, Seite 245).

 

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Anlagen zur Vorlage

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