07.03.2012 - 4 Umfinanzierung des Tivoli-Stadions

Beschluss:
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Beratung

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Man sei seit einigen Monaten als Stadtverwaltung sehr aktiv in Verhandlungen, um auszuloten, welche Möglichkeiten einer Umfinanzierung es für die Alemannia gebe und welche Rolle die Stadt Aachen dabei spielen könne, so der Oberbürgermeister. Man habe sich hierzu selbst einige Verpflichtungen auferlegt. Natürlich zwingend sei die Transparenz des Vorgangs sowie die saubere Darstellung der haushalterischen Auswirkungen und die Tragfähigkeit des Konzeptes, welches sich an dem Sanierungsgutachten, das eine Kapitaldienstfähigkeit von 2 Millionen Euro unter den bereits bekannten Bedingungen unterstelle, orientiere. Schließlich müsse das Konzept, welches in einer Vielzahl von Verhandlungen und Gesprächen bis zur Stunde erarbeitet worden sei, ebenfalls kommunalaufsichtlich genehmigungsfähig sein.

Er dürfe dem Rat der Stadt mitteilen, dass die bereits in der letzten Woche versandte Vorlage nun mit insgesamt drei Alternativen alle für eine Entscheidung notwendigen Eckdaten enthalte. Verwaltungsseitig ließe sich sagen, dass Alternative 2 tragfähiger sei. Gleichwohl unterliege es einer subjektiven Risikobeurteilung jedes einzelnen Ratsmitgliedes, ob die kurzfristigen, mittelfristigen oder langfristigen Auswirkungen - gegeneinander abgewogen - zu der einen oder der anderen Entscheidung führen. Er selbst komme zu der Entscheidung, dass man hier bei einer Gegenüberstellung von Risiken und Chancen, die Möglichkeit eines Neuanfanges für die Stadionfinanzierung nutzen solle, weil die Risiken vertretbar seien.

Er bitte darum, sich im öffentlichen Teil der Sitzung auf allgemeingültige und bereits in der Öffentlichkeit bekannte Aspekte zu beschränken, um dann im nichtöffentlichen Teil weiter ins Detail zu gehen. Bei letzterem werde man ebenfalls die Geschäftsführung der Alemannia zu Gast haben, die sich bereit erklärt habe, Fragen der Ratsmitglieder zu beantworten.

 

Ratsherr Baal, Vorsitzender der CDU-Fraktion, dankt im Namen der Fraktion der Stadtkämmerin und dem Oberbürgermeister für die geleistete Arbeit. Mit dieser Vorlage sei zur Gefahrenabwendung für die Stadt Aachen ein Ergebnis verhandelt und vorgelegt worden, von dem viele gedacht haben, dass es gar nicht verhandelbar sei. Das Vertrauen in die Arbeit der Stadtkämmerin und des Oberbürgermeisters gleiche eine ganze Menge von dem fehlenden Vertrauen in handelnde Personen in anderen Vereinen oder GmbH’s heute und in früheren Zeiten aus. Die Ursache für die heutige Sitzung sei schließlich nicht von der Stadt Aachen sondern an anderer Stelle ausgelöst worden.

 

Heute fälle der Rat der Stadt Aachen eine richtungweisende Entscheidung, denn es gehe um leben oder sterben lassen für den mitgliederstärksten Verein in der Stadt und Region, so Ratsherr Helg, Vorsitzender der FDP-Fraktion. Ebenso wie die anderen Fraktionen habe die FDP die Abstimmung frei gegeben, wohl wissend, dass es innerhalb der Fraktion kein einheitliches Stimmbild geben werde.

Vor einigen Jahren habe die DFL bereits vor dem Aufstieg der Alemannia in die erste Bundesliga dem Verein unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass es keine Zukunft mit dem alten Stadion im Profifußball geben werde, weshalb das neue Stadion geplant und gebaut worden sei. Leider habe sich der Verein bei der Finanzierung erheblich verkalkuliert. Seinerzeit habe man gemeinsam mit dem Hauptsponsor und –kreditgeber vergeblich versucht, die Finanzierung über die Inanspruchnahme der Landesbürgschaft selbst zu stemmen. Nicht zuletzt der schlechte Saisonverlauf, das Pokal-Aus in der ersten Runde und die fehlenden Erlöse aus Spielertransfers haben in der laufenden Saison zur gegenwärtigen Situation geführt. Ohne die Hilfe der Stadt Aachen am heutigen Tage sei es der Alemannia nicht möglich, bis zum 15. März die Lizenzierungsunterlagen bei der DFL einzureichen, womit der Profifußball in Aachen ein jähes Ende nehme. Der damit einhergehende Imageschaden für die Stadt Aachen sei immens. Jedes Ratsmitglied müsse sich daher der Bedeutung des eigenen Votums in der Abstimmung bewusst sein.

Er persönlich freue sich sehr über die Beschlussempfehlung der Verwaltung nach der zuletzt gestern geführten Abschlussverhandlung bei der Bezirksregierung in Köln und danke insbesondere der Kämmerin und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die geleistete Arbeit in den letzten Wochen und Monaten sowie dem Oberbürgermeister. Er werde der Ratsvorlage zustimmen und hoffe auf eine breite Mehrheit des städtischen Souveräns.

 

Ratsherr Höfken, Vorsitzender der SPD-Fraktion, betont, dass die bevorstehende Entscheidung alleine aus sachlichen Gesichtspunkten zu treffen sei, selbst wenn man sich persönlich zu den Fans des Vereins zähle oder Ämter in den Vereinsgremien bekleide, insbesondere jedoch unter dem Aspekt der Bedeutung für die Stadt Aachen.

Er wolle sich dem Dank an die Stadtkämmerin und an den Oberbürgermeister anschließen, nicht nur für die geleistete Arbeit sowohl in Bezug auf die Vorlage, welche eine solide Grundlage für eine Entscheidung darstelle, als auch in Bezug auf die Verhandlungen mit der Landesregierung, sondern auch die damit verbundene Bekenntnis zur der Alternative, die Alemannia vor der Insolvenz zu bewahren.

 

Ratsherr Müller, Vorsitzender der Fraktion Die Linke, schließt sich dem Dank an die Stadtkämmerin an. Die Vorlage sei nicht nur umfang- und detailreich, sondern benenne in aller Offenheit sämtliche bestehende Risiken. Selbstverständlich handele es sich bei der Alemannia um einen Traditionsverein, welcher das Image der Stadt präge, formal jedoch handele es sich um ein professionelles Unternehmen der Unterhaltungsindustrie. Solange dieses Unternehmen erfolgreich sei, profitiere es eben auch, bleibe der Erfolg aber aus, werde der Verlust sozialisiert, d.h. auf mehrere Beteiligte umgelegt. In diesem speziellen Fall wirke sich dann der Misserfolg auf den städtischen Haushalt aus. Zudem stelle sich nicht die Frage, ob man nicht trotzdem erneut über eine weitere Notlage der Alemannia diskutieren müsse, sondern lediglich, wann dies der Fall sei. Werde es die Alemannia nicht schaffen, den Spielbetrieb in der zweiten Liga aufrecht zu erhalten, werde das finanzielle Risiko der Stadt Aachen weiter steigen. Aus diesem Grunde werde die Fraktion Die Linke dem Beschlussvorschlag in Form der Alternative 2 nicht zustimmen, in dem Bewusstsein, dass diese Entscheidung durchaus kritisiert werden könne, allerdings auch in dem Bewusstsein, weiteren Schaden für die Stadt jetzt und in Zukunft abzuwenden.

 

Ratsherr Schaffrath, FWG, schließt sich dem Dank an Stadtkämmerin Grehling und den Oberbürgermeister an. In der heutigen Sitzung gelte es, eine der komplexesten und schwierigsten Entscheidungen seit vielen Jahren zu treffen. Entscheide man sich gegen die finanzielle Unterstützung der Alemannia, seien ihre sofortige Insolvenz, der sofortige Abstieg in die 5. Liga sowie ein wirtschaftliches Minus für die Stadt in Höhe von ca. 12 bis 13 Millionen Euro wegen des Ausfalls der Bürgschaft, der ausbleibenden Pacht an die APAG, der bestehenden Verbindlichkeiten und der Betriebskosten des Stadions, welche schlussendlich die Stadt Aachen tragen werden, die Folge. Eine Verbesserung in absehbarer Zeit zu erzielen, bestehe nicht. Demgegenüber stehe das neue Modell mit einem finanziell erhöhten Risiko von über 20 Millionen Euro, welches jedoch zu einer nachhaltigen Lösung gelangen könne. Wer glaube, diese Frage politisch nicht auch mit dem Herzen eines Aacheners beantworten zu müssen, der habe entweder nichts verstanden oder sei einfach nicht Teil dieser Stadt, die ohne den Verein TSV Alemannia Aachen um ein Vielfaches ärmer sei. Schließlich stehe die Alemannia Aachen für 100 Jugendliche in den verschiedenen Abteilungen, für fast 10.000 Mitglieder und Zehntausende Fans in der Region und viele Millionen Menschen, die dem Verein von ganzem Herzen den Verbleib in der 2. Liga wünschen. Entsprechend werde auch er sich für die Unterstützung des Vereins aussprechen.

 

Ratsfrau Griepentrog schließt sich als Sprecherin der Fraktion Die Grünen stellvertretend für diese den Dankesbekundungen an. Das hier gezeigte Engagement sei nicht selbstverständlich, auch was die Kolleginnen und Kollegen im Rat der Stadt angehe, die sich selbst seit fast eineinhalb Jahren in Fußballfragen, in juristischen Fragen und in kaufmännischen Fragen weiterbilden. Die jetzige Situation sei eine ganz besondere, da jeder für sich selbst zu einer für sich vertretbaren Entscheidung kommen müsse. Deswegen sei es auch ein guter und richtiger Schritt, dass die Abstimmung in den Fraktion frei gegeben worden sei.

Die Fraktion Die Grünen stimme dem getrennten Beratungsverfahren, so wie es vom Oberbürgermeister dargestellt worden sei, völlig zu, nichtsdestotrotz handele es sich vorliegend um ein öffentliches Thema, welches eigentlich der öffentlichen Diskussion bedürfe.

 

Ratsherr Bosseler, Piraten-Partei, bedankt sich ebenfalls für die verwaltungsseitig geleistete Arbeit. Auch er sei der Meinung, dass man dem Verein helfen müsse, allerdings müsse man sich ebenfalls darüber im Klaren sein, dass das finanzielle Risiko mit einem Abstieg des Vereins in die dritte Liga weiter steige und leider sei derzeit nicht unbedingt von einem Klassenerhalt auszugehen.

Hinsichtlich des Verfahrens wolle er sich für eine geheime Abstimmung aussprechen, weil es sich hierbei um die demokratischste Variante handele, da frei und ohne eventuell vorhandenen Fraktionszwang abgestimmt werde. Selbstverständlich müsse die Diskussion öffentlich geführt werden, dennoch stehe eine öffentliche Diskussion nicht im Widerspruch zu einer geheimen Abstimmung.

 

Ratsherr Pilgram, Fraktion Die Grünen, wiederholt den Dank an die Stadtkämmerin und den Oberbürgermeister, ohne deren Engagement eine Rettung des Vereins gar nicht denkbar gewesen wäre, und weitet diesen Dank auf die eigene Fraktionssprecherin und deren Stellvertreter aus, die erheblich dazu beigetragen haben, Brücken zu bauen, indem sie auf eine Sicherung für die Stadt oder eine Erklärung hinsichtlich der endgültigen Offenlegung aller offenen Verbindlichkeiten der Alemannia bestanden haben. Trotzdem werde er dem Beschlussvorschlag heute nicht zustimmen. Man befasse sich nicht zum ersten Mal mit der finanziellen Situation der Alemannia, erst im April 2010 habe man den Verein finanziell die Grundlage geboten, sich selbständig zu sanieren. Leider habe man die Erfahrung machen müssen, dass die damalige Entscheidung keine wirkliche Rettung habe bedeuten können, sondern dass die Probleme, die damals gutachterlich offensichtlich nicht so deutlich dargelegt werden konnten, sogar noch eskaliert seien. Aus diesem Grunde habe er kein Vertrauen mehr in die andere Seite, weder was die Geschäftsführung angehe, noch was den sportlichen Erfolg angehe, denn schließlich befinde man sich derzeit auf einem Abstiegsplatz. Zudem handele es sich heute um eine Entscheidung von einer Tragweite, die die Stadt Aachen und künftige Generationen noch über viele Jahrzehnte hinweg binden und beschäftigen werde, mit der Folge, dass jeder finanzielle Misserfolg des Vereins durch die Stadt ausgeglichen werden bzw. zumindest teilweise mitgetragen werden müsse. Er persönlich hoffe, dass die Stadt Aachen als Verwaltung nicht gezwungen sein werde, sich in allzu naher Zukunft erneut mit den Problemen des Vereins auseinandersetzen zu müssen.

 

Inhaltlich seien bereits alle Ausführungen, die im öffentlichen Teil der Sitzung vorgetragen werden können, auch vorgetragen worden, so Ratsfrau Moselage, FDP-Fraktion. Nichtsdestotrotz wolle sie, Bezug nehmend auf die Ausführungen von Ratsherrn Schaffrath, klar zum Ausdruck bringen, dass die bevorstehende Entscheidung nicht damit einhergehe, ob man nun ein guter oder ein schlechter Aachener sei. Es dürfe durchaus und mit Sicherheit davon auszugehen sein, dass alle Kollegen im Rat der Stadt eingehend ihre Entscheidung reflektiert haben und diese bestimmt nicht leichtfertig treffen, zumal beide Alternativen nicht komfortabel seien. Abschließend wolle sie an die Ausführungen von Ratsherrn Schaffrath aus der Sitzung des Rates der Stadt vom 21.04.2010 erinnern, in der er sich der Meinung angeschlossen habe, dass die dort beschlossene finanzielle Unterstützung nun die letzte der Alemannia zu gewährende Hilfe sein müsse.

 

Gerichtet an Ratsherrn Bosseler betont Ratsherr Baal, Vorsitzender der CDU-Fraktion, dass niemand innerhalb der Partei gezwungen werde, einer bestimmten Meinung zu folgen. Man sei sich durchaus der Tatsache bewusst, dass mit dem Ratsmandat die Wahrnehmung einer großen Verantwortung einhergehe. Dementsprechend sei die bevorstehende Entscheidung für niemanden wirklich leicht. Hierbei gehe es jedoch nicht in erster Linie um die Rettung der Alemannia, auch wenn sich das in der Außenwirkung viel schöner darstellen ließe. Vielmehr gehe es darum, eine Lösung zu finden, mit der diese Verstrickung zwischen der Alemannia Aachen und der Stadt Aachen, die seit dem Erwerb des alten Tivolis 1971 mal segnungsvoll, mal unheilig als Allianz über dieser Stadt schwebe, so gelöst werde, dass der städtische Haushalt nicht derart in Schieflage gerate, dass anderen Handlungsfelder gar nicht mehr wahrnehmbar seien, kurz es gehe darum, akuten Schaden von der Stadt abzuwenden. In der Tat sehe man es als Aachener nicht ganz leidenschaftslos, wenn eine Institution, die seit 112 Jahren nicht nur Fußball betreibe, sondern auch andere Ballsportarten bis hin zur Leichtathletik, leichtfertig, fast willkürlich, mit einer Spur von Überheblichkeit in der Vergangenheit an einen Punkt geführt worden sei, an dem eine Entscheidung des Rates der Stadt die Insolvenz des Vereins zur Folge haben könne. Hierdurch erleide nicht nur die Stadt Aachen einen immensen Vermögensnachteil, sondern auch andere Darlehen gebende Institutionen sowie Handwerker und Dienstleister, die gegenüber der Alemannia noch offene Forderungen haben. Dieser Verantwortung müsse man sich hier als gewähltes Mitglied stellen. Klar sei, dass in der Vergangenheit viele Dinge falsch gelaufen seien, weshalb es umso begrüßenswerter sei, dass zumindest die personelle Verflechtung zwischen der Führung der Stadt und der Führung der Alemannia aufgelöst worden sei. Aber eben diese in der Vergangenheit liegenden Dinge kommen für viele Mitglieder des Rates der Stadt einem Vertrauensbruch gleich, der nicht reparabel sei. Andere Kollegen wiederum seien der Meinung, dass verlorenes Vertrauen alleine nicht dazu führen dürfe, dass man getreu dem Motto: „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“ den eigenen Untergang wähle. Entscheide man sich nämlich heute für Alternative 1, treffe diese Entscheidung den städtischen Haushalt so stark, dass man die 5 %-Grenze zum genehmigungsfähigen Haushalt überschreite. Natürlich seien weitere Risiken vorhanden, so dass heute Abend sicherlich niemand jubeln werde, sondern jeder Einzelne ermattet und müde den Saal in der Hoffnung verlassen werde, dass eine Entscheidung gefunden worden sei, die sich im Nachhinein auch als die belastbare und die richtige herausstelle.

 

Ratsherr Höfken, Vorsitzender der SPD-Fraktion, stimmt Ratsherrn Baal dahingehend zu, dass man als gewähltes Mitglied des Rates der Stadt ein gewisses Maß an Verantwortung trage. In diesem Sinne seien auch die eigenen Entscheidungen zu treffen, selbst wenn diese nicht auf hundertprozentige Zustimmung in der Öffentlichkeit stoßen, ebenso wie die heutige dies nicht tun werde. Auch richtig sei, dass die heutige Entscheidung Konsequenzen für weitere Generationen nach sich ziehe. Zu beachten sei jedoch, dass viele Entscheidungen diese Tragweite haben, wie bspw. die Campus-Bahn. In beiden Fällen belaste man nachkommende Generationen, aber man schaffe eben auch Vorteile für diese. Wichtig sei in jedem Fall, die Entscheidung objektiv und im Sinne der Stadt Aachen zu treffen. Entscheide man demnach heute nach Alternative 1, trete die finanzielle Belastung für den städtischen Haushalt sofort ein, entscheide man sich hingegen für Alternative 2, bestehe die Chance, dass eine Belastung niemals eintrete, auch wenn das Risiko stets vorhanden sei. Man sei nicht plötzlich vor diese Entscheidung gestellt worden, vielmehr sei man bereits vor einigen Jahren einmal für die Alemannia eingetreten, zuletzt im Jahr 2010. Innerhalb der SPD-Fraktion werde die Abstimmung frei gegeben. Er selbst werde heute für Alternative 2 stimmen, weil er zum einen der Meinung sei, dass diese für die Stadt Aachen von zwei möglicherweise nicht guten Lösungen auf jeden Fall die bessere sei und man zum anderen letztendlich damit erreiche, dass der Verein gerettet werde.

 

Es sei nur ein geringer Trost, dass man nicht der einzige Stadtrat sei, der über einen solchen Fall zu befinden habe, so Ratsherr Haase, SPD-Fraktion. Selbst der amtierende deutsche Meister sei vor knapp 10 Jahren in einer ähnlichen Situation gewesen. Die Gründe hierfür seien mannigfaltig und sehr unterschiedlich.

Würde man heute lediglich über ein weiteres finanzielles Engagement entscheiden müssen, so würde man sich bestimmt dagegen entscheiden. Dieses Engagement sei allerdings bereits durch die Eigenschaft des Grundbesitzes an dem Grundstück, auf dem das Alemannia-Stadion gebaut wurde, begründet. Demnach werde die Stadt Aachen, komme der Heimfall, nach Ablauf der entsprechenden Bindungsfrist Inhaberin des Stadions. Bei einer Insolvenz trete dieser Umstand sofort ein. So oder so sei man Betroffene. Hier ginge es lediglich um die Abschätzung, welche der vorgestellten Alternativen den kleinstmöglichen Schaden für die Stadt beinhalte. Folge man der Alternative 1, werde die Alemannia morgen die Insolvenz beantragen müssen. Die finanziellen Folgen für die Stadt seien ohne Frage immens, summiere man alle damit einhergehenden Ausfälle. Alternative 2 hingegen beinhalte zumindest die Chance, dass bei einer guten Führung und einem funktionierenden Spielbetrieb ein Schaden gänzlich von der Stadt abgewendet werde. Diese Möglichkeit sei durchaus realistisch.

Gerichtet an Ratsherrn Bosseler bringt er seine Überraschung über das Plädoyer für die geheime Abstimmung zum Ausdruck. Zur Demokratie gehöre eben auch, dass man zu seinen Überzeugungen stehe und bereit sei, diese in der Öffentlichkeit zu dokumentieren. In einer Frage wie der bevorstehenden sei eine geheime Abstimmung feige und undemokratisch.

 

Ratsherr Bosseler, Piraten-Partei, führt aus, dass hier eine geheime Abstimmung deshalb wichtig sei, weil davon ausgegangen werden müsse, dass sehr viele Mitglieder mit dem Verein verzahnt seien und deshalb der Abstimmung nicht frei seien, finde diese öffentlich statt. Auch der Umstand, das die Abstimmung offiziell frei gegeben werde, ändere hieran nichts.

 

Ratsherr Müller, Vorsitzender der Fraktion Die Linke, begrüßt die sachliche Debatte und erinnert an die Verpflichtung eines jeden Ratsmitgliedes, sich zum Wohle der Stadt einzusetzen. Selbstverständlich sei die Alemannia ein Teil dieser Stadt, nichtsdestotrotz dürfe und könne der Erhalt des Vereins nicht zu Lasten anderer wichtiger Bereiche, wie bspw. Kinder und Jugend, gehen. Auch wenn die Stadt eine Insolvenz der Alemannia in ihren Auswirkungen haushalterisch sofort und hart treffen werde, dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass selbst im Falle einer Hilfestellung die Insolvenz weiterhin wie ein Damoklesschwert über dem Verein und über der Stadt schwebe. In diesem Fall sei der für die Stadt eintretende Schaden noch größer als zum jetzigen Zeitpunkt. Klar sei, dass man sich noch viele weitere Jahre mit dieser Thematik beschäftigen werde. Schlicht gesagt befinde man sich hier in einer lose-lose-Situation, denn egal, wie man es mache, bestehe die Möglichkeit, es verkehrt zu machen. Der Meinung der Öffentlichkeit könne man nie zu 100 % genügen.

 

Ratsfrau Crumbach-Trommler, FDP-Fraktion, betont, dass die Stadt Aachen mit einer Entscheidung nach Alternative 2 nicht unbedingt aus dem Schneider sei. In der Hauptsache hänge alles vom sportlichen Erfolg des Kaders ab. Derzeit nehme die Alemannia einen Tabellenplatz im unteren Sektor ein, ein Aufstieg auf einen höheren Platz sei in Anbetracht der bevorstehenden Spiele gegen starke Mannschaften nicht in Aussicht. Schaffe die Alemannia den Klassenerhalt nicht, seien sämtliche Berechnungen in der Vorlage hinfällig. Gerade weil hier Faktoren eine maßgebliche Rolle spielen, auf die man keinen Einfluss habe, sei die bevorstehende Entscheidung keine leichte. Umso mehr wolle sie an den Rat der Stadt appellieren, alle emotionalen Aspekte bei der Entscheidung außen vor zu lassen. Allein der sportliche Erfolg der Mannschaft sei Gedeih und Verderb für den Haushalt der Stadt.

 

Ratsherr Jahn, Fraktion Die Grünen, erinnert an die vor 2 Jahren einstimmig getroffene Entscheidung des Rates der Stadt für die Bürgschaft zugunsten der Alemannia, die seinerzeit eine kurzfristige Unterstützung im Hinblick auf Liquidität benötigt habe, um mit dieser aus eigener Kraft vor dem Hintergrund geplanter struktureller Veränderungen die Zukunft zu bewältigen. Im Nachhinein ließe sich sagen, dass dies eine falsche Entscheidung gewesen sei, da man nun erneut mit dem gleichen Problem konfrontiert werde. Die Fraktionen haben dann eine wirklich sensationelle Aufarbeitung der Verwaltung bekommen, die jedoch bei einem zweiten Blick eine aus seiner Sicht abenteuerliche Konstruktion beinhalte. Zudem gebe es keine gesunde Basis für eine dauerhafte Zusammenarbeit mit der Alemannia. Aus diesem Grunde werde er gegen Alternative 1 stimmen. Sicherlich sei die Konsequenz der sofortigen Insolvenz sowohl für den Verein als auch für die Stadt schwerwiegend und direkt spürbar, allerdings bevorzuge er es, Ergebnisse, egal ob positiv oder negativ, aus getroffenen Entscheidungen selbst zu tragen, bevor er sie nachfolgenden Generationen hinterlasse. Gerichtet an Ratsherrn Höfken wolle er abschließend klarstellen, dass die Campus-Bahn nicht mit der vorliegenden Thematik zu vergleichen sei. Schließlich handele es sich bei ersterem um eine kommunale Aufgabe, nämlich um den öffentlichen Nahverkehr, hier lediglich um einen Fußballverein.

 

Ratsherr Römer, CDU-Fraktion, dankt der Stadtkämmerin sowie dem Oberbürgermeister dafür, dass sie die Möglichkeit geschaffen und die Wege offen gelassen haben, diejenigen, die sehr kritisch mit der Thematik umgegangen sind, mit ihren Anregungen und Kritiken aufzunehmen. In einer solch schwierigen Lage sei es durchaus berechtigt, Kritik auszusprechen und Überlegungen einzubringen, die dazu führen können, dass man eben nicht zu einem positiven Votum komme.

Zur Angelegenheit selber wolle er die Ratskollegen darauf hinweisen, dass heute nicht über die Alemannia entschieden werde, sondern über die Umfinanzierung des Tivoli-Stadions in Form eines Beschlusses über ein Finanzierungsgeschäft einerseits und in Form eines Beschlusses über ein Immobiliengeschäft auf der anderen Seite. Es gehöre zu den Aufgaben einer Kommune, Sonderbauwerke zu errichten und zu erhalten, die de facto am Markt in der Regel wegen ihrer Nichtveräußerbarkeit keinen Wert darstellen. Zwar gehöre der Stadt dieses Tivoli-Stadion nicht, allerdings müsse man hierfür auch keine Instandhaltungszahlungen leisten, sondern dürfe für das darunter liegende Grundstück sogar Einnahmen erwarten. Führe die heutige Entscheidung also dazu, dass morgen über die Zukunft dieses Sonderbauwerkes der Insolvenzverwalter entscheide, sei nicht nur der Wert dieses Sonderbauwerkes nicht mehr gegeben, sondern auch der Wert des darunter liegenden Grundstückes, da beides miteinander verbunden sei. Durch die unmittelbare Wirkung für den städtischen Haushalt habe man eigentlich gar keine andere Möglichkeit mehr, als sich für die zweite Alternative zu entscheiden. Zudem komme man durch die vorgesehene Grundbucheintragung nun in eine Rechtsposition, in der zumindest die Chance zu handeln bestehe. Entscheide man sich hingegen für Alternative 1, setze man sich selbst ab und gebe die Verantwortung in dieser Frage an den Insolvenzverwalter ab.

 

Ratsherr Paul, Fraktion Die Grünen, führt aus, dass eine emotionale Entscheidung nicht unbedingt einer Entscheidung für Alternative 2 gleichkomme. Viele Fans des Vereins seien eben auch der Meinung, dass ein weiteres Engagement der Stadt nicht sinnvoll sei. Die Entscheidung an diesem Abend müsse und dürfe jedoch nicht als Fan, sondern als Mitglied des Rates der Stadt getroffen werden, was bedeute, dass in erster Linie abzuwägen sei, welche Auswirkungen jede Alternative auf die Stadt habe.

 

Ratsherr Rau, Fraktion Die Grünen, betont die Notwendigkeit eines Stadions für eine Stadt in der Größenordnung wie Aachen. Man habe Vieles auf sich genommen, um diese Infrastruktur zu ermöglichen und einen Teil zu dieser Entwicklung am Sportpark Soers beizutragen. Heute gehe es um die Frage nach der Sicherung dieser Infrastruktur. Hier müsse er Ratsherrn Römer zustimmen, dass eigentlich nur Alternative 2 die gangbare Lösung sein kann, nun wo auch die von der Fraktion Die Grünen geforderte Absicherung Teil des Beschlusses sei. Dass das Land Nordrhein-Westfalen diese zu einem solch großen Teil mittrage, sei nicht unbedingt zu erwarten gewesen. Die Hartnäckigkeit des Rates an dieser Stelle, an den eigens formulierten Bedingungen festzuhalten, habe sich gelohnt. Umso wichtiger sei es nun, dass auch alle in der Vorlage enthaltenen Punkte zum Tragen kommen. Schließlich reiche man hier nicht lediglich ein Darlehen aus oder gewähre einen kleinen Zuschuss. Gerade deshalb respektiere er auch die Meinung derjenigen, die der Alternative 1 den Vorzug geben, weil sie der Geschäftsführung der Alemannia nicht mehr vertrauen. Allerdings sei ebenfalls der Umstand in die eigenen Überlegungen mit einzubeziehen, dass der Verein ein Stück Kultur in dieser Stadt darstelle, welches von tausenden Fans in der Stadt angenommen werde.

 

Man habe bei fast allen Redebeiträgen gemerkt, dass es unheimlich schwierig sei, den emotionalen Faktor beiseite zu schieben, so Ratsherr Janßen, CDU-Fraktion. Trotzdem habe man hier zum Wohl der Stadt zu entscheiden und eine Risikoabwägung dahingehend zu treffen. Er selbst werde sich für Alternative 1 entscheiden. Grund hierfür sei die das auf knapp 400 % steigende Risiko bei einem weiteren Engagement für ein eigentlich atypisches und für die Stadt nicht pflichtiges Geschäft. Es gebe viele andere, wichtige Aufgaben, die alleine aufgrund der fehlenden finanziellen Mittel nicht zu realisieren seien. Die wichtigste Frage bei der Abwägung sei die, ob das in Alternative 2 geschilderte Konstrukt wirklich funktioniere. Seiner Meinung nach sei dies nicht der Fall.