23.01.2019 - 7.1 Haushaltsreden

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Beratung

Ratsherr Baal, CDU, dankt zu Beginn seiner Haushaltsrede den an der Organisation der Unterzeichnung des Aachener Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung sowie dem Oberbürgermeister für die außerordentliche Leistung, die erbracht wurde. Zum Haushaltsentwurf führt er aus, dass der Kern der Beratungen ein genehmigungsfähiger Haushalt sei. Der Haushaltsplan 2019 schließe mit dem besten Ergebnis einer Planung in den letzten zehn Jahren ab. Dennoch sei das Ergebnis negativ und die mittlere Finanzplanung mahne weiterhin zur Vorsicht. Insgesamt komme ein Haushalt zustande, der Sicherheit gebe und die Möglichkeit zu solidem Arbeiten. Er dankt der Kämmerin und der Mitarbeiterschaft der Kämmerei für das in einer kurzen Beratungszeit mit guter Qualität zustande gekommene Ergebnis.

 

Es gebe drei Säulen, die die Politik in den letzten Jahren betont habe. Die Ziele seien, dass Menschen in Aachen arbeiten können, dass Menschen in Aachen wohnen können und dass Menschen in Aachen leben können. In den letzten Jahren sei festgestellt worden, dass die Wissenschaftsstadt Aachen Arbeit schaffe. Darüber hinaus habe man sich am Bundesteilhabegesetz beteiligt, das seit Anfang des Jahres in Kraft sei. 50 Langzeitarbeitslosen könne damit wieder eine Perspektive gegeben werden. Alleine dies sei ein Grund, dem Haushalt zuzustimmen.

 

Des weiteren weist er auf den Bebauungsplan Campus West hin, für den die Offenlegung im Jahr 2019 erfolge. Der Flächennutzungsplan werde in der Entwurfsfassung im April im Planungsausschuss verabschiedet werden und ebenfalls in die Offenlage gehen. Allerdings können nicht für jede Gewerbeeinheit und für jede Wohneinheit Flächen vorgehalten werden. Von daher habe man gemeinsam mit der SPD einen Antrag auf den Weg gebracht, der das Ziel interkommunaler Zusammenarbeit habe. Interkommunale Zusammenarbeit habe auch bereits dazu geführt, dass sich die Hochschule ausdehnt und den Bereich der Gebietskörperschaft Aachen verlässt. Mit dem Forschungscluster für alle flugaffinen Forschungen am Flugplatz Merzbrück könnten Arbeitsplätze in der Nähe von Aachen geschaffen werden. Mit Verweis auf die Debatte um das Thema Regiotram zeigt er auf, dass die regionale Zusammenarbeit immer wichtiger werde.

 

Zum Thema Wohnen verweist er darauf, dass aufgrund der Wohnungsknappheit in Aachen viele Wohnungen in den letzten Jahren genehmigt und geschaffen worden seien. CDU und SPD würden bei diesem Thema in die gleiche Richtung gehen. Insbesondere Wohnungen für Familien und Alleinerziehende seien zu schaffen, da diese gesellschaftlichen Gruppen sich nicht selbst ohne weiteres helfen könnten. Auch im Wohnbereich müsse regional gearbeitet werden aufgrund der Flächenknappheit in der Stadt. Darüber hinaus verweist er auf gemeinsame Anträge zur Vergabe in Erbpacht und zur kommunalen Förderung von Wohnungsbau. Als weitere Maßnahme werde an der Erhöhung der Quote des sozialen Wohnungsbaus bei Bauvorhaben gearbeitet. Damit würde eine neue Qualität im Wohnen erreicht. Alle, die sich für die Schwachen in der Stadt einsetzten, hätten vor diesem Hintergrund ein Argument mehr, dem Haushaltsentwurf der Verwaltung und von CDU und SPD zuzustimmen.

 

Leben mit Qualität sei die dritte Säule, an der gearbeitet werde. Das Thema Luftreinhaltung sei stetig wichtiger geworden. Auch im Zusammenhang mit dem Flächennutzungsplan werde man sich damit befassen müssen. Es gebe eine Konkurrenz zwischen Bauwilligen und dem Ziel der Belassung von Grünflächen, wodurch eine Debatte entstehe, die das erste Quartal prägen werde.

 

Weiterhin prägend sei der Bereich der Elektromobilität. Er verweist auf die höchste Ladestellendichte, die Aachen aufweise und die mit Landeshilfe weiter ausgebaut werden könne. Bedrückend sei die Entwicklung der Innenstadt. Der Einzelhandel nicht nur in Aachen, sondern bundesweit, befindet sich in einem Umbruch und viele Einzelhändler scheuten sich, langfristige Verträge abzuschließen. Er verweist auf verschiedene Maßnahmen, mit der Initiativen unternommen wurden, um Impulse für den Einzelhandel zu setzen. Für den Februar kündigt er eine Aufarbeitung des Themas Innenstadt gemeinsam mit der SPD an. Darüber hinaus werde auch ein Wettbewerb für den Bereich Bushof vorbereitet. Allerdings sei ein Wettbewerb nicht die Lösung jedes Problems. Aufgrund der verschiedenen Schritte, wie Diskussion der Ergebnisse des Wettbewerbs, Umsetzen des Wettbewerbs in einen Bebauungsplan, Bauanträgen, Baugenehmigungsverfahren, Baubeginn und Bauumsetzung sei mit mehreren Jahren zu rechnen.

 

Ratsherr Servos, SPD, dankt ebenfalls der Mitarbeiterschaft für die Organisation zur Unterzeichnung des Vertrages von Aachen sowie für die Erstellung des Haushaltsentwurfs. In diesem sieht er eine Tendenz zum Haushaltsausgleich gegeben, da das Defizit unter 3 % liege. Er weist aber darauf hin, dass man sich in der mittelfristigen Finanzplanung gerade in den Jahren 2020 und 2021 wieder der 5 % nähere. Es müsse eine Balance gehalten werden zwischen Invest in die Zukunft und der finanziellen Handlungsfähigkeit, die die Stadt langfristig habe. Im Haushalt werde dies abgebildet, da weder Privatisierungen noch der Verkauf von Tafelsilber vorgesehen seien.

 

Als ein Beispiel benennt er die Maßnahmen zur Personalakquisition, mit denen die Substanz der Verwaltung gestärkt würden. Die Stadtverwaltung müsse moderner werden und ein anderes Arbeitsumfeld anbieten. Hierzu gehöre, dass die Wiederbesetzungssperre de facto abgeschafft wurde und, sobald die Planungen entsprechend fortgeschritten seien, ein neues Verwaltungsgebäude gebaut werde.

 

Eines der relevantesten Zukunftsthemen sei die Digitalisierung. Im Haushalt stünden 17 Millionen € hierfür zur Verfügung. Des weiteren seien 38 Millionen € in den nächsten drei Jahren für die Luftreinhaltung vorgesehen. Als ein Beispiel führt er den Radverkehr an. In den letzten zwölf Jahren seien pro Einwohner 3,40 € hierfür investiert worden, im Jahr 2019 würden im Haushalt 10-12 Euro pro Einwohner vorgesehen. Darüber hinaus benennt er Maßnahmen zur Luftreinhaltung wie Elektrobusse, den autonomen Marktliner und die Regiotram als wichtige Zukunftsinvestitionen.

 

Im Sozialbereich seien die Trägerzuschüsse stabilisiert und ausgebaut worden. Mit 50 Stellen des Bundesteilhabegesetzes würden für langzeitarbeitslose Menschen und ihre Familien neue Perspektiven eröffnet. Auch in den weiteren Ausbau von Kindertagesstätten gebe es erhebliche Investitionen. Im Bereich der Kultur sei die Kulturarbeit außerhalb städtischer Einrichtungen um 100.000 € auf 400.000 € gesteigert worden, bis zur nächsten Kommunalwahl würden 450.000 € erreicht werden.

 

Hinsichtlich der Innenstadtentwicklung verweist er auf ein gewandeltes Einkaufs-und Erlebnisverhalten der Menschen, das einfache Lösungen erschwere. Die Ratsmehrheit werde Mitte Februar hierzu Vorschläge vorlegen.

 

Zum Thema Wohnen führt er aus, dass in den letzten fünf Jahren die Mieten um etwa 15 % in den Wachstumsregionen gestiegen seien, in einigen auch darüber hinaus. In Aachen habe man zum Glück inflationsbereinigt nur 6 % festgestellt. Diese Entwicklung gehe zurück auf verschiedene Maßnahmen. So seien die Fachbereiche Wohnen und Soziales fusioniert worden, weil Wohnen ein soziales Thema sei. Zudem sei die verbindliche Quote für den sozialen Wohnungsraum sehr früh zu Anfang der Wahlperiode erhöht worden. Die Stellplatzsatzung sei angepasst worden, wodurch Dachgeschossausbauten entlastet wurden. Nun könne eine Rekordzahl an gebauten Wohnungen seit den letzten 20 Jahren festgestellt werden. Auch gebe es erstmals wieder mehr Wohnungen in der Mietpreisbindung, als dies im Vorjahr der Fall gewesen sei. In den letzten vier Jahren seien 2700 Wohnungen gebaut worden. Im Vergleich dazu sei es in den sechs Jahren davor nur zu einer Zahl von 1597 gekommen. Gleiches gelte für den sozialen Wohnungsbau: 850 Wohnungen in den letzten vier Jahren, in den sechs Jahren davor 750. Im Jahr 2018 wurden 30 Millionen € Fördermittel akquiriert und die Quote für den sozialen Wohnungsbau werde auf 40 % erhöht. Darüber hinaus würden städtische Grundstücke nach bestem Konzept und nicht nach höchstem Preis vergeben. Der DGB habe sich deshalb lobend über die Aachener Wohnungsförderungspolitik geäußert. Er geht sodann auf das Erbbaurechtsmodell ein und sieht darin die Möglichkeit, längerfristig niedrige Mieten für bestimmte Grundstücke garantieren zu können.

 

Abschließend bedauert er, dass die Debattenkultur in der Stadt und in den Medien, teilweise auch unter den Demokraten, in den letzten Monaten schlechter geworden sei. Wenn der Austausch untereinander nicht mehr als Wettstreit zwischen den Ideen und grundsätzlichen Lösungsansätzen verstanden werde, sondern die Grundsätze der jeweils anderen Meinung angegriffen und dann wahlweise Inkompetenz, Untätigkeit, mangelnder Idealismus unterstellt werde, leiste man genau denjenigen Vorschub, die Demokratie als Ganzes angehen wollen. Man möge sich deshalb nochmals vor Augen führen, dass jede Demokratin und jeder Demokrat im Rat im Kern das Beste für die Stadt wolle. Kompromissfindung sei deshalb nicht automatisch Niederlage, Verrat oder Dummheit, Politik sei vielmehr als Ganzes Kompromissfindung.

 

Sodann erteilt der Oberbürgermeister Ratsfrau Seufert, Grüne, und den Ratsherren Deumens, Linke, Helg, FDP, und Teuku, Piraten, das Wort; diese Haushaltsreden sind als Anlage zu dieser Niederschrift beigefügt.

 

Ratsherr Mohr, Allianz für Aachen, kritisiert, dass in Aachen die Politiker zuweilen zur Selbstinszenierung neigten. Am Vortag habe man dies erlebt, als zwei Vertreter einer alten und satten Elite sich selber gefeiert hätten, als sie die Kulisse und die Geschichte dieser Stadt zur Selbstinszenierung missbrauchten. Bezogen auf den Haushalt führt er aus, dass mit den Stimmen der Mehrheitsfraktionen ein Schuldenhaushalt in historischer Höhe verabschiedet werde. Erstmals sei es einem Oberbürgermeister gelungen, die Ausgaben auf über 1 Milliarde € hochzuschrauben. Ratsherr Palm, Ratsfrau Lux und er hätten in der Vergangenheit häufig Einsparpotenziale aufgezeigt, so beispielsweise zur U3-Betreuung, zur überdimensionierten VHS und auch zur Alimentierung von linken Gesellschaftsingenieuren. Nichts sei von dem aufgegriffen worden. Des weiteren kritisiert er die exzessive Aufblähung des Personalapparats. Seit 2010 seien die Aufwendungen für das Personal um 55 % gestiegen. Der Oberbürgermeister gebe heute 85 Millionen € mehr für seine Verwaltung aus als noch sein Vorgänger, was 300 Einfamilienhäusern oder Unterhaltskosten von 13 Campusbahnen entspräche.

 

Er kritisiert sodann die FDP wegen ihrer angekündigten Zustimmung zum Haushaltsentwurf, bezeichnet sie als Scheinopposition und sieht darüber hinaus Linke und Grüne als Nutznießer der von ihm kritisierten Personalpolitik, da diese vor allem durch die Ausdehnung des Sozialarbeiter-Heeres ds gekennzeichnet sei. Aachen habe mittlerweile 120 Sozialarbeiter, darunter zahlreiche Edel- Streetworker mit Gehältern, von denen eine Verkäuferin oder Mitarbeiter von Industrieunternehmen in der Frühschicht nur träumen könnten. Weder die Bodenvorratspolitik noch die Schaffung von preiswertem Wohnraum habe funktioniert und die ganze Stadt werde runtergewirtschaftet.

 

Er spricht sich dafür aus, das Ganze zu ändern. Der Stadt müsse wieder der Platz eingeräumt werden, der ihrer Bedeutung zukomme. Der Einzelhandel müsse stark gemacht werden, sodass Menschen aus Köln und Düsseldorf gerne nach Aachen reisen, um hier einkaufen zu können. Hierzu gehöre auch, dass Aachen für Autofahrer attraktiv bleibe. Die einseitige Drangsalierung, die hier vorgenommen werde, sei mittlerweile unerträglich. Im letzten Jahr seien den Aachener Verkehrsteilnehmern 7,2 Millionen € an Bußgeldern abgepresst worden. Für 2019 seien in den geplanten Einnahmen noch mehr Einnahmen aus Bußgeldern vorgesehen. Gebraucht würden vernünftige Ampelschaltungen, eine Erweiterung der Park-and-Ride-Systeme und ein zuverlässiger, günstigerer und besserer ÖPNV. Statt eines Auswuchses im Personalbereich spricht er sich für eine vernünftige Nutzung der Digitalisierung aus, die Rationalisierungsmöglichkeiten eröffnet. Eine echte politische Wende sei in Aachen nötig geworden.

 

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