26.04.2022 - 2.1 Haushalt - Chancen und Risiken

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Beratung

Frau Grehling berichtet, dass sich die unterjährige Haushaltsbewirtschaftung im Rahmen der Erträge, insbesondere der Steuern, derzeit gut darstellen würde. Die Chancen und Risiken seien im Wesentlichen durch den Krieg in der Ukraine und die damit zusammenhängende Flüchtlingsunterbringung und - versorgung geprägt. Im Finanzausschuss werde über die haushalterischen Effekte berichtet, zusätzliche Berichterstattungen würden des Weiteren in den begleitenden Fachausschüssen erfolgen, so dass eine regelmäßige Information an die Politik gewährleistet sei.

 

Zum Stand 22.04.2022 würden sich 2.903 Personen im Leitungsbezug der Stadt Aachen befinden, 1.100 Personen seien in städtischen Unterkünften untergebracht. Bislang seien infolgedessen rund 13,6 Mio. Euro über Anordnungen oder Vormerkungen im Haushalt gebunden, zusammengesetzt insbesondere aus in Folgenden detailliert zu erläuternden konsumtiven Mitteln und Asyl-Leistungen sowie aus Investitionen. Die größten Positionen im konsumtiven Bereich mit Mittelbindungen bis zum 30.09.2022 aufgrund der entsprechenden Laufzeit der Anmietungen würden dabei die Verpflegung in Turnhallen und im Ankunftszentrum (bis zu 4,4 Mio. Euro) sowie Betreuungsleistungen (2,9 Mio. Euro) und der Sicherheitsdienst (2,5 Mio. Euro) in Turnhallen und in der Zeltstadt darstellen.

 

Zumindest im Zusammenhang mit dem Krieg sei auch das Risiko der Baupreissteigerungen zu sehen. Bereits vor Ausbruch des Krieges habe man die Erfahrung von zunehmenden Kostensteigerungen und Terminverzögerungen bei Baumaßnahmen machen müssen. Mittlerweile seien vier Krisen zu benennen, die sich gleichzeitig auf Baupreise auswirken würden: die COVID-19-Pandemie, die Hochwasserkatastrophe im letzten Sommer, die Baustoffkrise und nun auch noch der Krieg in der Ukraine. Bei den von der Stadt Aachen zu vergebenden Aufträgen würde sich dies im Wesentlichen bemerkbar machen in nur sehr wenigen oder teilweise keinen Angeboten bei Ausschreibungen, in deutlich erhöhten Lieferzeiten und in teilweise extremen Preissteigerungen, da bereits beauftragte Unternehmen unter den erschwerten Rahmenbedingungen kaum noch in der Lage seien, die vereinbarte Leistung unter den ursprünglich festgehaltenen Bedingungen zu erbringen. Aus dem Grund seien ggf.

Preisgleitklauseln notwendig, was jedoch mit einer nicht mehr kalkulierbaren Kostenentwicklung einhergehen könne.

 

Als weiteres Risiko, welches sich durch den Krieg gegen die Ukraine verschärft habe, sei die Steigerung der Energiekosten, von der die öffentliche Hand aufgrund der erforderlichen Sicherung der Infrastruktur insbesondere für Gebäude ebenfalls betroffen sei, zu nennen. Das Risiko für die Stadt Aachen müsse hier im Millionenbereich angesetzt werden.

 

Neben den genannten Risiken führt Frau Grehling im Weiteren über die Chancen für den städtischen Haushalt aus. Die positive Entwicklung der Steuererträge habe sie eingangs bereits erwähnt. Auf Basis der aktuellen Soll-Stellung rechne sie gegenwärtig bei der Gewerbesteuer mit einem um rund 8 Mio. Euro besseren Ergebnis für das Jahr 2022 als in der Haushaltsplanung zu Grunde gelegt. Um nicht den Eindruck zu erwecken, dass die gute Ertragssituation bei der Gewerbesteuer somit die Haushaltsplanung 2023 stark erleichtere, müsse sie darauf hinweisen, dass viele der festgestellten Zugänge aus Korrekturen von Vorjahren, z. B. von Vorauszahlungen und entsprechenden Neubescheiden, resultieren würden. Dies würde auch zum Ausdruck bringen, dass sich die wirtschaftlichen Hilfestellungen im Zusammenhang mit Corona bewährt hätten, und dass dadurch viele Unternehmen deutlich besser durch die Krise gekommen seien als befürchtet.

 

Ebenfalls positiv zu vermerken - und für die Vorlage im Tagesordnungspunkt 3 von besonderer Relevanz

- sei die bereits beim letzten Ausschuss angekündigte Abschlagszahlung der Städteregion aus der Abrechnung der differenzierten Regionsumlage aus Vorjahren. Der Betrag von 15 Mio. Euro sei mittlerweile gezahlt worden, was für die Liquiditätssicherung von entscheidender Bedeutung sei. Damit sei die Stadt Aachen in der glücklichen Situation, die Vorfinanzierung der erforderlichen Aufwendungen im Bereich der Flüchtlingsunterbringung, den Leistungen nach AsylblG sowie der Gewinnung von zusätzlichem Personal zu gewährleisten und die entsprechenden Herausforderungen zu stemmen.

 

Hilfreich seien dabei selbstverständlich auch die Anfang April zwischen dem Bundeskanzler und den Bundesländern getroffenen Vereinbarungen. So würden Flüchtlinge aus der Ukraine ab dem 01.06.2022 Zugang zur Grundsicherung nach SGB II oder SGB XII erhalten und der Bund ab diesem Zeitpunkt Lebenshaltungskosten, einen Großteil der Unterkunftskosten sowie die Arbeitsmarktintegration und die Gesundheitsversorgung übernehmen. Die weiteren Hilfestellungen des Bundes hätten ein Paket von insgesamt 2 Mrd. Euro, 430 Mio. Euro davon entfielen auf das Land Nordrhein-Westfallen. Von diesen Mitteln würden ¾ pauschal verteilt, ¼ nach tatsächlichem Aufwand.

 

Dass die 15 Mio. Euro bei der Stadt Aachen außer- bzw. überplanmäßig bereitgestellt werden können, ohne die eigentlich bei dieser Summe bestehende Verpflichtung zur Erstellung einer Nachtragssatzung, liege an einer vom Land NRW verabschiedeten Kommunalhaushaltsrechtsanwendungsverordnung, in welcher geregelt sei, dass diese Pflicht zur Nachtragssatzung entfalle, sofern die Mittel im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen aus der Ukraine stünden. Die Verordnung würde ferner regeln, dass der in der Haushaltssatzung festgelegte Höchststand der Kassenkredite überschritten werden dürfe, wenn zusätzliche Kredite zweckgebunden aufgenommen werden müssten. Diese Notwendigkeit sei bei der Stadt Aachen aber aufgrund der geschilderten Gegebenheiten ohnehin nicht vorhanden. Durch die beschriebenen Unterstützungsleistungen von Bund und Land sei sie davon überzeugt, dass die Stadt Aachen einen Großteil der jetzt zur Deckung vorgesehenen 15 Mio. Euro durch die Erstattungsleistungen ablösen könne.

 

Ratsherr Baal dankt für den Bericht. Hinsichtlich der Gewerbesteuer würde er gerne bezüglich der Nachzahlungen als Folge von Betriebsprüfungen für die Jahre 2014 bis 2017 nachfragen, ob eine Information vorliegen würde, dass Zahlungen bestritten worden seien, so dass ggf. je nach Auslegung des Gerichts noch Erstattungen seitens der Stadt zu leisten wären.

 

Frau Grehling erläutert, dass ein Einspruchsverfahren von größerer Bedeutung bekannt sei. Die bestrittene Summe sei bei der Ertragserwartung bis zum Jahresende bereits einbezogen. Eine Rückstellung in Höhe der bestrittenen Summe werde bei Bedarf im Haushalt gebildet.

 

Ratsherr Pilgram fragt nach, ob das bei der Stadt eingesetzte System einen Auswertungsstand über den Abfluss der Investitionsauszahlungen ermöglichen würde, nach dem das 1. Quartal des Jahres nun beendet sei.

 

Frau Grehling führt aus, dass das zur Haushaltsbewirtschaftung genutzte System selbstverständlich eine Auswertungsmöglichkeit ermögliche. Beim Gebäudemanagement beispielsweise müsse jedoch die Besonderheit des dortigen Investitionsprogramms berücksichtigt werden. Das Thema Investitionscontrolling stünde bekanntlich auf der Liste der Umsetzungsbeschlüsse, gegenwärtig sei die personelle Ausstattung für ein Controlling im engeren Sinne noch nicht vorhanden. Sie biete jedoch an, zur nächsten Sitzung eine Übersicht erstellen zu lassen, der die bisherigen Mittelabflüsse und -bindungen im Jahr 2022 entnommen werden könnten.

 

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