15.08.2023 - 3.1 Haushalt: Chancen und Risiken

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Beratung

Einleitend führt der Ausschussvorsitzende Ratsherr Linden aus, dass den finanzpolitischen Sprechern der Fraktionen im Vorfeld zur Sitzung ein Schreiben des Städtetags NRW an die Landesregierung zum Gemeindefinanzierungsgesetz 2024 ebenso wie ein Schreiben der Kämmerin an den Städtetag weitergeleitet worden sei. Somit sei der Rahmen für die nun folgende Berichterstattung gegeben, für die er Frau Grehling das Wort erteilt.

 

Frau Grehling führt aus, dass zunächst positive Aspekte des Haushalts hervorgehoben werden sollen. So entspräche der gegenwärtige Forecast für das Jahr 2023 in etwa den Planzahlen. Die Ansätze seien auskömmlich, nach jetzigem Stand auch im Bereich der Sozialaufwendungen. Unter Umständen, derzeit jedoch noch nicht abschließend beurteilbar, könnten gar leichte Verbesserungen erzielt werden. Von entscheidender Bedeutung für das Jahresergebnis sei stets die - auch für die Haushaltsplanung relevante - Gewerbesteuerentwicklung. Die Entwicklung der letzten Wochen hätten dazu geführt, dass die Gewerbesteuer mit nunmehr rund 246,7 Mio. Euro nur noch knapp unterhalb des Haushaltsansatzes liege, welcher somit als zu erreichen angenommen werden könne. Das große Delta zwischen dem Jahr 2023 und dem Vergleichszeitpunkt des Vorjahres, wie noch bei der letzten Sitzung dargestellt, sei deutlich kleiner geworden. Die Zahlen würden sich somit als stabil bezeichnen lassen. Weitere wichtige Faktoren bei der Forecastermittlung sei der auskömmliche Personalkostenansatz sowie die Verbesserung bei der differenzierten Regionsumlage aufgrund der nachträglichen Absenkung der Landschaftsverbandsumlage.

 

Besonders positiv hervorzuheben sei das sehr gute Jahresergebnis 2022 mit einem Überschuss in Höhe von rund 60 Mio. Euro und die Umsetzung der avisierten Zeitplanung, so dass dieser Überschuss in Form einer Aufstockung der Ausgleichsrücklage auch für die anstehende Haushaltsplanung genutzt werden könne. Sie ruft in Erinnerung, dass der Überschuss maßgeblich resultiere aus der außerordentlich guten Entwicklung der Gewerbesteuer sowie aus Erstattungsleistungen der Städteregion auf Basis der Abrechnung von Vorjahren.

 

Weitaus weniger positiv sei der Ausblick auf die Haushaltsplanung. Ausgangspunkt sei zunächst die Mittelfristplanung des letzten genehmigten Haushalts mit den entsprechenden, bekannten Fehlbedarfen. Auch über die Auswirkungen der Tarifeinigung sei der Ausschuss in der ungefähren Größenordnung bereits informiert worden. Dabei seien Annahmen zur Übertragung auf die Beamtenbesoldungen ebenso einkalkuliert worden wie Refinanzierungen im Gebührenbereich sowie die Isolierung von Einmalzahlungen nach dem NKF-CUIG, zu dem später noch ausgeführt werde.

Als noch offene Punkte seien beispielhaft aufgeführt die Steuerentwicklung, die noch ausstehende Rechnung zur Ermittlung der Zuweisungen nach dem GFG oder die Anmeldung der Fachbereiche im Zuge der Aufstellung des Haushalts. Weitere Punkte seien bereits in der letzten Sitzung erwähnt worden.

 

Zur Steuererwartung habe sie eingangs bereits ausgeführt. Die Entwicklung gebe keinen Grund zur Besorgnis, lasse jedoch auch keinen Spielraum für deutliche Ertragssteigerungen zu. Man müsse sich vergegenwärtigen, dass 250 Mio. Euro Gewerbesteuer ein sehr hohes Niveau für Aachen darstellen würde. Dies sei keinesfalls eine Selbstverständlichkeit, insbesondere wenn man die Höhe der Gewerbesteuer noch vor einigen Jahren vor Augen habe und berücksichtige, dass man aus der freien Wirtschaft von zunehmenden Problemen oder gar Insolvenzen höre. Problematischer sei die Entwicklung bei den Gemeindeanteilen an der Einkommensteuer und -umsatzsteuer, bei denen sich die Hoffnung auf steigende Erträge bisher nicht bestätigt habe. Stattdessen liege das Halbjahresergebnis jeweils leicht unterhalb des anteiligen Ansatzes. Die Zukunftserwartung sei deshalb eher Besorgnis erregend, da sich vom Bund beschlossene bzw. geplante Steuererleichterungen negativ auf die Ertragsseite bei den Kommunen auswirken würden, wie sie im Brief an den Städtetag ausgeführt habe. Der Entwurf des „Wachstumschancengesetzes“ belaste die Kommunen in ihrer Gesamtheit beispielsweise mit rund 1,9 Mrd. Euro pro Jahr.

 

Bei den Schlüsselzuweisungen gebe es gute und schlechte Nachrichten. Negativ sei, dass nach wie vor keine Arbeitskreisrechnung vorliege. Zuletzt sei diese für die laufende Woche angekündigt worden. Möglicherweise müsse hier jedoch von Seiten des Landes nochmal nachgebessert werden, da sich die zu Grunde liegenden Erwartungen aus der Steuerschätzung im Mai hinsichtlich der für die Verbundmasse relevanten Landessteuern nicht bestätigen würden. Vielmehr seien die Prognosen zu optimistisch gewesen. Positiv stimme, dass in der Benehmensherstellung der Städteregion ein Anstieg der Schlüsselzuweisungen für die Stadt Aachen prognostiziert werde, welcher jedoch gleichzeitig eine Erhöhung der Umlagegrundlage bedeute. Ob sich diese Prognose genau bestätigen werde, könne man gegenwärtig noch nicht eindeutig beurteilen. In der Tendenz rechne man aber mit einem deutlichen Anstieg der Schlüsselzuweisungen gegenüber dem Vorjahr.

 

Zur Benehmensherstellung der Städteregion sei der Hinweis zu geben, dass diese immer mit einer Stellungnahme der Stadt Aachen verbunden sei, üblicherweise in Form einer Beteiligung des Finanzausschusses. Dies könne in diesem Jahr aufgrund der feststehenden Sitzungstermine und der Zeitplanung der Städteregion nicht erfolgen, so dass die entsprechende Vorlage direkt im Rat der Stadt eingebracht werde. Der Finanzausschuss werde selbstverständlich in Kenntnis gesetzt. Auf die Durchführung einer Sondersitzung des Ausschusses könne sicher im gegenseitigen Einvernehmen verzichtet werden. Den Zahlen in der Benehmensherstellung folgend, würde sich die städteregionale Umlage für die Stadt Aachen weiter erhöhen, in der Spitze würde es zu einem Anstieg von über 8 Mio. Euro kommen. Entsprechend würde sich die Regionsumlage im Jahr 2027 auf rund 220 Mio. Euro belaufen, bei Einführung der differenzierten Regionsumlage lag der Wert noch bei „nur“ 170 Mio. Euro. Treiber dieser Erhöhung seien insbesondere Steigerungen bei der Landschaftsverbandsumlage, aber eben auch die gestiegenen Personalkosten bei den übertragenen Aufgabenbereichen.

 

Gegenstand des erwähnten Schreibens an den Städtetag seien insbesondere die landesgesetzgeberischen Vorhaben zum NKF-CUIG und zur Altschuldenhilfe. Die Isolierungsmöglichkeiten von kriegsbedingten Belastungen für die Kommunen nach dem NKF-CUIG haben in der letzten Mittelfristplanung außerordentliche Erträge in Höhe von 21,4 Mio. Euro (2024) bzw. 18,4 Mio. (2025) für die Stadt Aachen ermöglicht. Andere Kommunen hätten noch deutlich höhere Summen isoliert. Die geplante Nichtverlängerung des Gesetzes führe zu einer entsprechenden Mehrbelastung des Haushalts, da selbstverständlich im Bereich der Flüchtlingsunterbringung bzw. -versorgung die Aufwendungen nicht gekürzt werden können, schon gar nicht in der Größenordnung, um diese Belastung auszugleichen. Momentan könne sie keine Neigung der Landesregierung erkennen, von dem Vorhaben wieder Abstand zu nehmen, auch nicht mit Blick auf die Besonderheit der Kommunen, die für die Jahre 2023 und 2024 einen Doppelhaushalt aufgestellt hätten. Beim NKF-CUIG habe es sich definitiv nicht um einen „strukturellen Geniestreich“ gehandelt, da es den Bestimmungen des NKF eher zuwidergelaufen sei, weil Belastungen in die Zukunft verlagert worden seien. Zweifelsfrei sei eine liquide Hilfestellung für die Kommunen deutlich wünschenswerter gewesen. Gleichzeitig hätte sich die Stadt Aachen bei Nichtanwendung der Isolierungsmöglichkeit jeglichen haushalterischen Spielraum genommen und die Genehmigungsfähigkeit des Haushalts wäre somit nicht möglich gewesen. Nun stelle sich das Problem, dass die Belastungen für die Stadt Aachen nach wie vor bestünden, die haushalterische Hilfestellung aber nicht mehr angewendet werden könne. Aus diesem Grunde plädiere sie für einen gesetzgeberischen Ersatz dieser entfallenden Hilfestellung.

 

Die Belastung aus dem Wegfall des NKF-CUIG gehe einher mit einer fehlenden Verbesserung beim Thema Altschulden. Mitglieder des Ausschusses hätten - im Gegensatz zu ihr - die Thematik Altschuldenhilfe begrüßt. Sie hingegen habe stets auf die praktischen Probleme hingewiesen, da die Kreditkonditionen je nach Kommune sehr unterschiedlich ausfielen. Aachen gehöre zu den „besseren der schlechten Städte“ und sei abhängig von Schlüsselzuweisungen, aber in geringerem Umfang als andere Kommunen. Sollte der landesbezogene Anteil an der Altschuldenhilfe wie vom Land geplant zu 100% von den Kommunen selbst finanziert werden müssen, würde dies entsprechende Umverteilungen innerhalb der Kommunen zur Folge haben, mit Ausnahme der Städte, die aufgrund ihrer Steuerkraft nicht auf Schlüsselzuweisungen angewiesen seien. Diese würden nicht belastet. Absolut könne die Wirkung erst beurteilt werden, wenn Zahlen endgültig feststehen würden. Dass diese nicht vorliegen, sei der Faktor, der bei ihr am meisten Unverständnis hervorrufen würde. Es sei z.B. noch gar nicht klar, wie viele Kredite überhaupt abgelöst würden oder ob sich der Bund beteiligen werde. Trotzdem plane das Land nach jetzigem Stand bereits beim GFG 2024 einen vorsorglichen Abzug bei der verteilbaren Finanzausgleichsmasse ein. Bei Beispielrechnungen des Städtetags sei für die Stadt Aachen lediglich eine Ablösung des Kassenkreditvolumens in Höhe von rund 98 Mio. Euro angenommen worden. Völlig unklar sei auch, wie mit dem vom Bund beabsichtigten Verschuldungsverbot umzugehen sei, da dieser seine Beteiligung an ein solches Verbot geknüpft habe. Mit Blick auf die nächsten vier Jahre wisse sie nicht, wie dies vor dem Hintergrund der geschilderten Probleme gelingen könne. Eine mögliche Verbesserung des Eigenkapitals könne somit dann auch nicht für die Haushaltsplanung genutzt werden. All dies sei jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch ungewiss. Nach derzeitigem Stand würde die Stadt Aachen von der Altschuldenhilfe nicht profitieren, da der Abzug bei den Schlüsselzuweisungen die Entlastungen bei den Zinsen übersteigen würde.

 

Aus dem Genannten folge, dass sich allein durch den Wegfall des NKF-CUIG, den Anmeldungen der Fachbereiche und Eigenbetriebe, inkl. Stellenneuanmeldungen, mit einem Volumen von rd. 30-40 Mio. Euro pro Jahr - trotz Konsolidierungsvorgabe -, und den Folgen des Tarifabschlusses die zusätzlichen Belastungen für den Haushalt auf bis zu 95 Mio. Euro pro Jahr belaufen würden. Es sei offenkundig, dass dies nicht funktionieren könne. Daher seien in den weiteren Haushaltsgesprächen deutliche Entlastungen zu erzielen. Des Weiteren werde die Stadt Aachen wohl nicht vermeiden können, das Instrument des globalen Minderaufwands mit einem Volumen von rund 11,7 Mio. Euro anzuwenden. Ferner müsse der Austausch mit dem Land weitergeführt werden mit dem Ziel, haushalterische Belastungen zu entschärfen und somit ein Haushaltssicherungskonzept zu verhindern. Denn dieses drohe gegenwärtig, nicht nur bei der Stadt Aachen, sondern bei vielen Kommunen in NRW. Dabei müssen auch Ertragssteigerungen erzielt werden, zum Beispiel indem den gestiegenen Aufwendungen entsprechend höhere Benutzungsgebühren entgegen gestellt werden. Sie äußere die Hoffnung, dass sich die vorgestellten Zahlen in den nächsten Wochen konkretisieren würden. Da sie nur einen genehmigungsfähigen Haushalt einbringen werde, könne sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, ob dies wie geplant im November erfolgen könne. Darauf und auf eine mögliche Verschiebung mit der entsprechenden Verlängerung der vorläufigen Haushaltsbewirtschaftung müsse man sich einstellen. Was man tun könne, um dies zu vermeiden, werde man in ihrem Dezernat tun.

 

Ratsherr Helg dankt für den Bericht und fragt, ob es eine Hochrechnung geben würde, was das „Worst-Case-Szenario“ mit den Belastungen von bis zu 95 Mio. Euro für Auswirkungen auf die 5%-Hürde beim Eigenkapitalverzehr zur Folge hätte.

 

Frau Grehling führt aus, dass durch die beabsichtigte Bildung der Ausgleichsrücklage aus dem Jahresabschluss 2022 das Haushaltsjahr 2024 kein Problem darstellen würde. Die Höhe des Verzehrs der Ausgleichsrücklage 2024 beeinflusse den Eigenkapitalverzehr 2025 maßgeblich. Im Idealfall könnte auch ein Teil der Rücklage noch für das Jahr 2025 angewendet werden. Weitaus problematischer seien die weiteren Jahre der Mittelfristplanung. Die Höhe der Überschreitung der Grenze bei Eintreten des „Worst Case“ möge man sich besser nicht vorstellen.

 

Auch Ratsherr Baal dankt für den Bericht. In diesem sei zum Ende hin mitgeteilt worden, dass zum jetzigen Zeitpunkt die Einbringung des Haushaltsplanentwurfs im November nicht sichergestellt sei. Er habe dies so verstanden, dass der Entwurf erst bei Klärung aller Punkte und Erreichung einer Genehmigungsfähigkeit eingebracht werde, so dass dies auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen könne.

 

Frau Grehling berichtet, dass im Falle eines nicht genehmigungsfähigen Entwurfs im November die Frage geklärt werden müsse, ob durch Korrekturen eine spätere Einbringung möglich sei oder ob auch dies nicht gelingen werde. Für den Fall würde sie im November einen Zwischenstand abgeben mit der Identifizierung der Knackpunkte, so dass eine Diskussionsgrundlage zur Bereinigung gegeben werden könne. Eine spätere Einbringung als im Dezember wäre sicher nicht erstrebenswert. Ziel sei es nach wie vor, den Entwurf im November einzubringen, um eine Verabschiedung möglichst früh im Jahr 2024 erzielen zu können. Ob dies gelingen werde, ob es zusätzlicher Entscheidungen bedürfe oder gar ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen sei, könne sie jedoch zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.

 

Ratsherr Baal fragt nach der Möglichkeit eines Doppelhaushalts.

 

Frau Grehling antwortet, dass die Wahrscheinlichkeit sehr gering sei.

 

Herr Casper betont, dass seine Fraktion hoffe, dass sich die Landesregierung hinsichtlich der Gesetzgebungsverfahren noch anders entscheiden werde, die Isolierungsmöglichkeit nach NKF-CUIG somit doch bestehen bleiben könne, um die Sicherstellung der kommunalen Demokratie vor Ort weiterhin zu ermöglichen und die Handlungsspielräume der Kommunen aufrecht zu erhalten. Erfreulich sei, dass sich die Gewerbesteuer im Vergleich zu den letzten Berichten deutlich habe erholen können, was der Stadt eine höhere Planungssicherheit ermögliche.

 

Ratsherr Stettner bedankt sich für die transparent dargestellten Zahlen. Er stimme zu, dass die hohe Gewerbesteuer eine sehr komfortable Lage darstelle und deutliche Steigerungen für die Zukunft eher nicht einzuplanen seien. Beim vorgestellten Forecast für die Gemeindeanteile an der Einkommen- und Umsatzteuer würde er jedoch gerne in Erfahrung bringen, ob diese inflationsbereinigt seien. Denn es sei anzunehmen, dass bei der hohen Inflation auch die entsprechenden Steuererträge steigen würden, wenn auch ggf. mit Verzug und nicht in korrespondierender Höhe mit der Inflation.

 

Frau Grehling führt aus, dass die Forecastberechnungen auf Basis der Abrechnungen der ersten beiden Quartale erfolgt seien. Gleichwohl seien auch die Entwicklungen der allgemeinen Steuerschätzung miteinbezogen worden. Zwar seien demnach für die Zukunft aufgrund der genannten Faktoren Steigerungen anzunehmen, diese müssten allerdings wiederum korrigiert werden aufgrund der gesetzgeberischen Entscheidungen zu Lasten der Kommunen, so dass die inflationsbedingten Steigerungen nicht im Haushalt ankommen würden. Wenn sie entsprechende Ertragssteigerungen einplanen würde, sich diese jedoch nicht bestätigen würden, würde sie sich als Kämmerin angreifbar machen. Deshalb tue sie sich mit der Erwartung einer deutlichen Ertragssteigerung sehr schwer. Dies könne sich bei möglichen Änderungen gesetzgeberischer Entscheidungen wieder ändern.

 

Ratsherr Stettner dankt für die Antwort und betont, dass er die eher zurückhaltende Einplanung begrüße und lediglich sichergehen wolle, dass hier nicht ein zusätzliches Risiko in der Planung bestehe.

 

Ratsherr Pilgram geht davon aus, dass man vor schwierigen und intensiven Haushaltsplanberatungen stehe, welche alle fordern würde. Er würde gerne den „frommen Wunsch“ äußern, die Beratungen im Sinne der Stadt zu führen. Der eingeschlagene Transformationsprozess solle weiter durchgezogen werden, da man ansonsten Gefahr laufe, ins Hintertreffen zu geraten. Sehr wichtig sei dabei das Thema Klimaschutz, bei dem kein Aufschub erlaubt sei. Trotz der schlechten Prognosen für den Haushalt sollte das dafür Notwendige im Haushalt abgebildet werden.

 

Ratsherr Baal betont, dass sich seine Fraktion sicher nicht dagegen sträuben werde, einen ausgewogenen Haushalt auf den Weg zu bringen. Über einzelne Themenfelder werde man im Rat sicher unterschiedlicher Auffassung sein. Er warnt jedoch davor, sich eine von vielen Zielsetzungen zu packen, welche bitte unangetastet bleiben solle. Dies würde die Tür öffnen für Wünsche nach weiteren Themenfeldern, wie Mobilität, Soziales, Kultur oder Wirtschaftsförderung, die ebenfalls so wichtig seien, dass dort keine Anpassungen vorgenommen werden sollen. Beim Kinder- und Jugendausschuss werde gegenwärtig über die Anträge der freien Träger beraten, welche deutliche Signale ausgesendet hätten, dass sie vor dem Hintergrund der steigenden Personalkosten deutliche Probleme bekommen würden und Leistungseinschränkungen noch in diesem Kalenderjahr zu befürchten seien. In schwierigen Jahren müsse ein genehmigungsfähiger Haushalt sehr ausgewogen gestaltet werden. Dies gelte sowohl für die Politik als auch für die Verwaltung. Es könne nicht sein, dass sich Fachbereiche und Dezernate bei den Haushaltsanmeldungen gegenseitig überbieten würden. Die Erwartungshaltung der CDU-Fraktion sei, dass wenn die Einbringung des Haushaltsplanentwurfs nicht gelingen sollte - was vor dem Hintergrund der Ausführungen der Kämmerin nicht unrealistisch erscheine - jedes Dezernat von sich aus ein Interesse daran haben müsste, Maßnahmen zeitlich nach hinten zu verschieben oder gar ganz darauf zu verzichten, da sie möglicherweise entbehrlich seien. Hier bedürfe es einer Angleichung von Mentalität und zur Verfügung stehenden Mitteln sowie mehr Disziplin und Solidarität. Finanzausschuss und Rat könnten diese Probleme allein nicht lösen.

 

Ratsherr Helg habe die Wortmeldung von Herrn Pilgram als Gesprächsangebot über die Diskussion aller inhaltlichen Stellen des Haushalts verstanden, was seine Fraktion gerne annehme. Er gehe nicht davon aus, dass hier mit der „Rasenmähermethode“ herangegangen werde, wie es damals, vor 15, 20 Jahren mit dem „36-Punkte-Plan“ gemacht worden sei. Er könne sich zwar vorstellen, dass die Grünen den Bereich Klimaschutz gerne aus der Diskussion heraushalten würden, sei jedoch der Ansicht, dass über alles diskutiert werden müsse, um die Genehmigungsfähigkeit des Haushalts erzielen zu können. Hinsichtlich der Zeitplanung ergebe sich die Frage der konkreten praktischen Auswirkungen, wenn im Falle einer Entwurfseinbringung im Januar und einer entsprechenden Verabschiedung des Haushalts in der Ratssitzung am 13.03.2024 und der Zeit, die dann bis zur Erteilung der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde abzuwarten sei, ein genehmigter Haushalt erst vorliege, wenn ein Drittel des Jahres bereits vorbei sei und man so lange in der vorläufigen Bewirtschaftung sei.

 

Hinsichtlich der vorläufigen Haushaltsausführung führt Frau Grehling aus, dass beispielsweise Ausschreibungen erst auf den Weg gebracht werden dürfen, wenn eine gesetzliche Verpflichtung besteht oder in Ausnahmefällen eine Abstimmung mit der Bezirksregierung und deren Einwilligung eingeholt worden sei. In den letzten Jahren habe die Stadt Aachen nie eine Haushaltsgenehmigung bereits zum Jahresbeginn gehabt. Je später jedoch die Genehmigung vorliege, desto später könne die Stadt auch über die eingeplanten Mittel verfügen. Gleichwohl möchte sie betonen, dass die Stadt Aachen in den letzten Jahren in der Lage gewesen sei, jederzeit auf Krisensituationen zu reagieren und auch aus haushalterischer Sicht handlungsfähig zu sein. Als Beispiele führt sie die Hochphase der Flüchtlingsunterbringung, die Hochwasserkatastrophe oder die Corona-Pandemie an. Es habe dabei nie eine Aufregung über die Finanzen gegeben. Stattdessen sei Aachen eine der wenigen Kommunen gewesen, die in der Anfangsphase der Pandemie Schutzmasken etc. hätten bestellen können. Auch sei es ohne aufregende Debatten in der Stadtgesellschaft oder im Rat möglich gewesen, auf den Flüchtlingszustrom nach Beginn des Krieges in der Ukraine durch die Anmietung von Zelten oder sonstigen Unterbringungsmöglichkeiten zu reagieren. Es habe auch das Vertrauen gebraucht, dass die Stadt dies stemmen könne, weil z. B. das Eigenkapital hoch genug sei und die Absprachen mit der Bezirksregierung funktionieren, nicht nur im Zusammenhang mit der Genehmigung des Haushalts, sondern auch bei Sondervorhaben. All dies wäre jedoch nicht mehr möglich, wenn es nicht gelingen sollte, einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen und man dadurch ins Haushaltssicherungskonzept gerate. Dies möge der ein oder andere als weniger problematisch ansehen, könne aber für sie als Kämmerin keine Zielsetzung sein. Nicht umsonst ringen die Stärkungspaktkommunen um eine Lösung der Altschuldenproblematik. All dies müsse im Zuge der Haushaltssituation berücksichtigt werden. Deshalb könne sie nur gebetsmühlenartig um mehr Disziplin predigen und darum bitten, neue Fördertöpfe zu nutzen, um sich selbst zu entlasten, z.B. im Energiebereich. Eine Aufstockung dieser Fördermöglichkeiten aus eigenen Mitteln sei vor dem Hintergrund der eingeschränkten Umsetzungsmöglichkeiten nicht zielführend. Mehr Entlastung bei gleichzeitig mehr Realismus müsse die Zielsetzung sein. Auch über die Folgelasten von Investitionen habe sie bereits deutlich ausgeführt. Auch in dem Schreiben der Stadt Herne zu dessen Haushaltssituation sei dies thematisiert worden. Investitionen in Höhe von 100 Mio. führen in etwa zu einer jährlichen Abschreibungslast von 6 Mio. Euro. Dies müsse in Rechnung gestellt werden und dann könne auch ein Weg gefunden werden, auch wenn dieser möglicherweise nicht einfach oder gar schmerzhaft sei. Die Alternative, dass man bei jeder Umsetzung erst auf die Erlaubnis eines Dritten angewiesen sei, sei wohl kaum erstrebenswert. Daher könne sie nur inständig darum werben, eine realistische Zeitplanung vorzunehmen und sich darüber im Klaren zu werden, was tatsächlich umgesetzt werden könne. Dies sei nun extrem wichtig.

 

Der Ausschussvorsitzende Ratsherr Linden dankt Frau Grehling für den Bericht und die Beantwortung der Rückfragen aus dem Gremium. Er stellt fest, dass hinsichtlich übergeordneter Rahmenbedingungen noch einige Unwägbarkeiten bestehen würden. Sie könne sich bei den Gesprächen über eine Entlastung der vollen Rückdeckung des Finanzausschusses sicher sein. Ernsthafte Haushaltsgespräche seien angekündigt worden. Hierzu würde er für den Finanzausschuss in Anspruch nehmen, dass dies nach Kräften unterstützt werde, was auch die Debatten und Maßnahmen der letzten Sitzungen zeigen würden. Eine dieser Maßnahmen sei das vom Finanzausschuss eingeführte Investitionscontrolling, zu dem im Weiteren im Unterpunkt zum Umsetzungsstand der im Finanzausschuss getroffenen Beschlüsse ausgeführt werde.

 

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