09.10.2024 - 4 Änderung der Ordnungsbehördlichen Verordnung zu...

Beschluss:
ungeändert beschlossen
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Beratung

Oberbürgermeisterin Keupen schlägt vor, dass TOP 4 und TOP 5 aufgrund des inhaltlichen Zusammenhanges gemeinsam debattiert werden. Dies berühre nicht die einzelnen Beschlussfassungen zu den beiden Tagesordnungspunkten. Da hiergegen keine Einwände bestehen, eröffnet sie sodann die Beratung.

 

Ratsfrau Brinner (GRÜNE) schildert, dass in der Stadt ein Problem bestehe, wenn die Menschen sich nicht sicher fühlen. Diesem Problem müsse man sich annehmen und sie freue sich, dass das integrierte Konzept für Attraktivität und Sicherheit erstellt worden sei, dem die GRÜNE-Fraktion gerne zustimmen werde. Dieses Konzept beinhalte zum einen viele gute Maßnahmen, um den obdachlosen Menschen entsprechende Unterstützung anzubieten. Besonders hervorheben möchte sie hier die Einrichtung von 3 neuen Stellen für Streetworker. Zum anderen sehe das Konzept auch verschiedene Maßnahmen vor, um den Einwohner*innen und Besucher*innen nicht nur ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln, sondern auch eine reelle Sicherheit zu wahren. Für die Ausarbeitung bedankt sie sich bei allen Mitwirkenden der Verwaltung. Die GRÜNE-Fraktion habe allerdings Schwierigkeiten mit dem Begriff „Attraktivität und Sicherheit“, denn man sei davon überzeugt, dass Aachen bereits eine attraktive und überwiegend auch sichere Stadt sei. Weiterhin müsse betont werden, dass die Problematik ein soziales Thema zum Hintergrund habe. Den überwiegend psychisch kranken Menschen mit ihren persönlichen Schicksalen, müsse geholfen werden. So sei es wichtig, nicht nur zu sanktionieren, sondern auch zu unterstützen. Weiterhin möchte sie in den Fokus stellen, dass die Gesellschaft anerkennen müsse, dass es Armut gibt und man diese auch nicht komplett aus der Stadt heraus drängen könne. Auch vor dem Hintergrund, dass ein Menschenrecht auf Betteln bestehe, möchte man in Aachen weiterhin Orte schaffen, an denen es möglich ist, still zu betteln. Abschließend betont sie, dass das Konzept nur der Beginn eines Weges ist und die Maßnahmen einer ständigen Evaluation unterliegen müssen und entsprechende Beratungen in den Fachausschüssen erforderlich seien.

 

Ratsfrau Lürken (CDU) freut sich außerordentlich über die Vorlage, denn die CDU-Fraktion habe bereits seit dem Jahr 2021 mit verschiedenen Anträgen auf die Problematik hingewiesen. Sie dankt der Verwaltung für die Ausarbeitung des Konzeptes, welches sie aus drei Gründen befürworte. Zum einen nehme dieses Konzept die Menschen in den Blick, die krank sind und Hilfe benötigen. Hier biete die Stadt durch viele verschiedene Maßnahmen eine Hilfestellung an. Zum anderen benenne das Konzept auch die Probleme, die entstehen, wenn die Hilfsangebote nicht angenommen werden. Denn auch wenn die Stadt das Überleben der Menschen sichern könne, werde die Sucht im Bezug auf das Betteln immer als Problem bestehen. Weiterhin beinhalte das Konzept Lösungsvorschläge, wobei es nicht davon ausgeht, dass alle Probleme vollständig gelöst werden können und man stetig nachjustieren müsse. Als problematisch sehe sie jedoch, dass das Konzept nur so gut sein könne, wie es Arbeitskräfte gebe, die es umsetzen. Es müsse dringend sichergestellt werden, dass man für die unbesetzten Stellen im Ordnungsamt geeignete Mitarbeiter*innen findet. Abschließend betont sie, dass sie es ausdrücklich begrüße, dass die Verwaltung die Problematik nicht alleine, sondern gemeinsam mit den Menschen in der Stadt angehen möchte. Sie bedankt sich auch beim Arbeitskreis Niedrigschwelligkeit in Aachen für ihr Angebot zur Unterstützung.

 

Ratsherr Servos (SPD) vertritt die Meinung, dass man das Konzept in einem größeren Kontext betrachten müsse und nicht nur als eine Reaktion auf aggressives Betteln. In der vorangegangenen Sitzung des Hauptausschusses habe man ebenfalls über die Aufwertung der Aachener Innenstadt gesprochen. Hierbei sei darauf hingewiesen worden, dass diese Aufgabenstellung bereits vor der letzten Kommunalwahl von allen Fraktionen thematisiert worden sei. Während der laufenden Legislaturperiode seien bereits viele kleine und große Projekte auf den Weg gebracht worden. Beispielhaft nennt er die neue Satzung für die Außengastronomie, das Konzept „Ladenliebe“, die Verlagerung des Wochenmarktes, das Spielplatzkonzept, das Fokusjahr Adalbertstraße bis hin zum Haus der Neugier und dem Wohnquartier am Bushof. Die Stadt befinde sich in einer guten Entwicklung, allerdings habe das aggressive Betteln in der Innenstadt in den vergangenen Jahren, insbesondere auch durch die die Corona-Pandemie, zugenommen. Auch wenn dies als unangenehm empfunden werde, dürfe man nicht vergessen, dass diese Menschen krank sind und die verschiedenen Angebote in Aachen umso dringender weiterhin finanziert und unterstützt werden müssen. Denn die Stadt müsse für alle Menschen zugänglich und erlebbar sein und zwar mit einem subjektiven Sicherheitsgefühl für jeden einzelnen. Mit dem vorliegenden Konzept werde die Stadt Aachen nun aktiv und er freue sich über jede Institution, die hierbei mitwirken möchte. Abschließend bedankt er sich bei der Verwaltung für die schnelle und gute Vorbereitung.

 

Ratsherr Szagunn (DIE Zukunft) bekräftigt ebenfalls, dass in der Aachener Innenstadt ein Problem mit aggressivem Betteln bestehe. Die Fraktion DIE Zukunft lehne das vorliegende Konzept für Attraktivität und Sicherheit jedoch aus verschiedenen Gründen ab, werde sich aber gerne in die späteren Beschlussfassungen mit einbringen. Zum einen lege das Konzept  den Fokus auf die Ordnungspolitik und verfehle somit die sozialpolitischen Ziele. So werden beispielsweise durch die Einrichtung von Bettelverbotszonen bestimmte Gruppen Menschen vollständig aus einzelnen Bereichen in der Stadt vertrieben. Man schaffe ein Umfeld, in dem keine Armut existiert. Aus gesellschaftlicher Sicht sei dies nicht akzeptabel und bedeute Verdrändung in doppelter Hinsicht. Die im Konzept genannten Maßnahmen, die auf die Fläche wirken, wie z.B. durch die Beschallung mit Musik und die Reduzierung des öffentlichen WLANs, würden keine Verbesserung der Räume durch Aufwertung herbeiführen.

Stattdessen müsse man den Menschen Hilfsangebote unterbreiten. Die im Konzept vorgesehenen 2 neuen Stellen für Streetworker seien aus seiner Sicht allerdings nicht ausreichend. Die Forderungen der Fraktion DIE Zukunft gehen insgesamt betrachtet in eine andere Richtung. Um die betroffenen Personengruppen nachhaltig zu unterstützen und die Lebensqualität dieser Menschen zu verbessern, müsse man mehr sozialen Wohnraum schaffen, in die soziale Infrastruktur investieren, stärkere Kooperationen mit den sozialen Trägern und Initiativen eingehen und Projekte wie das Café Plattforum und Querbeet finanziell stärker unterstützen. In den vergangenen Haushaltsberatungen sei vereinbart worden, dass die Projekte unterjährig nachfinanziert werden, dies sei jedoch bis zum heutigen Zeitpunkt nicht geschehen.

 

Ratsherr Deumens (Die Linke) teilt mit, dass die Fraktion Die Linke dem Konzept zustimmen werde, auch wenn sie einzelnen Themen in der Ausarbeitung kritisch gegenüber stehe. Sie begrüße insbesondere die Einrichtung von Straßensozialarbeit im Fachbereich 56 als Ergänzung zum Streetwork von Caritas und WABE. Anders verhalte es sich bei der Änderung der Aachener Straßenverordnung, welche die Fraktion nach intensiver Beratung ablehnen werde. Insbesondere lehne man die einschränkenden Möglichkeiten zum Betteln in der Innenstadt aufgrund der 5-Meter-Regelung ab. Dies habe zur Folge, dass sich das Betteln in andere Bereiche der Stadt verlagere. Man müsse sich die grundsätzliche Frage nach einem Ort für die bettelnden Menschen stellen. Die Zunahme des aggressiven Bettelns und des Bettelns im Allgemeinen begründe sich u.a. in gesellschaftlichen Ursachen. Die Kommunalpolitik könne hierfür nur eingeschränkt Lösungen finden. Der Problematik alleine mit Ordnungspolitik gegenüber zu stehen stelle aus seiner Sicht jedoch keine Lösung dar. Stattdessen müsse man sich sozialfachlicher Mittel bedienen. In diesem Bereich werde in Aachen bereits vieles unternommen, er regt jedoch an, noch einmal über die Einrichtung eines Drogenkonsumraums nachzudenken. Ingesamt betrachtet könne das Konzept und die Änderung der Straßenverordnung als Zeichen der Hilfslosigkeit betrachtet werden.  Abschließend dankt er der Verwaltung für die gute Vorbereitung.

 

Ratsherr Mohr (AfD) führt aus, dass die AfD-Ratsgruppe bereits vor dem Jahr 2021 durch Anträge und in den Haushaltsreden auf das Thema hingewiesen habe. Im Folgenden schildert er noch einmal die Problematik des aggressiven Bettelns in der Aachener Innenstadt. Die Verwaltung habe hierfür ein gutes und umfangreiches Konzept vorgelegt, mit dem der Problematik sozialpolitisch begegnet werde, z.B. durch die Einrichtung neuer Sozialarbeiter-Stellen. Auch die Gestaltung des öffentlichen Raumes finde Berücksichtigung. Besonders hervorheben möchte er die geplante Kommunikationskampagne, die Empfehlungen zum Umgang mit Betteln ausspreche.  Aus diesem Grunde werde die AfD-Ratsgruppe dem Konzept zustimmen. Sie wünsche sich allerdings, dass das Thema „Szeneaussteiger“ stärker mit eingebunden und die Städteregion Aachen stärker in die Pflicht genommen werde.

 

Ratsherr Helg (FDP) erklärt, dass die FDP-Fraktion sowohl dem Konzept als auch der Änderung der Aachener Straßenverordnung zustimmen werde. Aus ihrer Sicht werde hiermit eine, den aktuellen Bedürfnissen der Bürger*innen angepasste Rechtsgrundlage sowie ein Handlungsrahmen geschaffen, um der Problematik des aggressiven Bettelns gegenüber zu treten. Auch er spricht sich dafür aus, dass das Konzept regelmäßig evalutiert werden müsse.

 

Ratsherr Tillmanns (CDU) betont, dass die vorliegende Problematik den Stadtrat bereits seit vielen Jahren beschäftige, unabhängig von den politischen Mehrheitsverhältnissen. Im Folgenden nimmt er Bezug auf die Wortmeldung von Ratsherrn Szagunn und betont, dass auch die Fraktion DIE Zukunft die vollumfängliche Finanzierung des Projektes Querbeet in den vergangenen Haushaltsberatungen nicht mitgetragen habe. Er führt aus, dass das Konzept sowohl in der Obdachlosenhilfe als auch in der Suchthilfe ein vierstufiges Konzept sei, bei dem die ersten drei Stufen, die im Streetworking stattfinden, die Hilfestellung zum Thema haben. Doch wenn diese Hilfen nicht angenommen werden, sei es unausweichlich, ordnungsrechtlich tätig zu werden. Man müsse sich vor Augen führen, dass in der Stadt Aachen bereits ein gut aufgestelltes Hilfsangebot bestehe. Die Maßnahmen des Konzeptes kommen ergänzend hinzu und auch wenn dies alles keine vollständige Lösung darstelle, werde es aus seiner Sicht die Lebenssituation einiger Menschen in der Stadt verbessern.

 

Ratsherr Szagunn (DIE Zukunft) antwortet, dass im nächsten Jahr in der Haushaltsberatungen die Hilfsangebote mehr berücksichtigt werden müssen und kritisiert noch einmal, dass die Nachfinanzierung des Projektes Querbeet nicht erfolgt sei.

 

Ratsherr Schaadt (GRÜNE) vertritt die Auffassung, dass alle Menschen in einer großen Stadt wie Aachen zu ihrem Recht kommen müssen. So gehöre das Betteln in gewisser Weiser zu einer Stadt dazu, aber ebenso auch die Bedürfnisse aller anderen Menschen in dieser Stadt. Aus diesem Grund müsse man Zonen einrichten, in denen das Betteln verboten sei und eben kein durchgängiges Bettelverbot. Die GRÜNE-Fraktion dankt der Verwaltung für die Erstellung eines ganzheitlichen Konzeptes zu dieser komplexen Thematik. Aus seiner Sicht sei es schwierig, einzelne Maßnahmen aus diesem lebendigen Konzept zu kritisieren. Stattdessen solle man sich der Verantwortung stellen und der Arbeit der Verwaltung sowie den positiven Erfahrungen, die andere Städte bereits mit diversen Maßnahmen gemacht haben, sein Vertrauen entgegen bringen.

 

Ratsherr Servos (SPD) bezieht sich auf die Aussage von Ratsherrn Deumens, dass das geplante Handeln ein Zeugnis von Hilfslosigkeit gegenüber der gesellschaftlichen Veränderung darstelle. Man könne und wolle das Betteln nicht vollumfänglich verbieten. Stattdessen müsse man die Abwägung treffen, an welchem Punkt man restriktive Maßnahmen ergreife. Dies beinhalte jedoch auch, dass man parallel die Hilfsangebote weiter unterstützt und ausbaut und neue Ansätze erarbeitet, um Menschen in Notlagen auffangen zu können. Hierfür sei eine Zusammenarbeit mit den Trägern der karitativen Einrichtungen erforderlich. Alles dies beinhalte das vorliegende integrierte Konzept.

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Beschluss:

 

Auf Vorschlag der Verwaltung und Empfehlung des Bürgerforums, des Ausschusses für Soziales, Integration und Demographie, der Bezirksvertretung Aachen-Mitte sowie des Hauptausschusses beschließt der Rat der Stadt den beiliegenden Entwurf der Verordnung zur Änderung der Ordnungsbehördlichen Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf den Straßen und in den Anlagen in der Stadt Aachen (Aachener Straßenverordnung) vom 19.03.2004 als Ordnungsbehördliche Verordnung.

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Abstimmungsergebnis:

Mehrheitlich, 7 Gegenstimmen

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Anlagen zur Vorlage

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