06.12.2022 - 3 Betreuungs- und Kernzeiten in Kindertagesstätten

Beschluss:
ungeändert beschlossen
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Beratung

Frau Baumbach und Herr Zohren, beide in ihrer Funktion als Sprecher*in der Arbeitsgemeinschaft § 78 SGB VIII KiTas und Tagespflege, und Frau Backhaus stellen die Kernaussagen der Vorlage gebündelt in einer Powerpoint-Präsentation vor (s. Anlage zur Niederschrift im Ratsinformationssystem) und betonen ausdrücklich die trägerübergreifende Brisanz der aktuellen Situation.

 

Frau Scheidt dankt den Vortragenden für ihre Ausführungen. Es sei richtig und wichtig, solch deutliche und ehrliche Worte vor dem Ausschuss auszusprechen. Gleichzeitig betont sie, dass alle Beteiligten die Situation durchaus ernst nehmen und sich in verschiedenen Sitzungen, unter Beteiligung des Personalrats und des Jugendamtselternbeirats, intensiv mit dem Thema befassen würden. Am 17. Januar 2023 sei aus diesem Anlass eine Sondersitzung des Kinder- und Jugendausschusses terminiert worden, wo bestenfalls bereits Lösungsansätze vorgestellt und diskutiert werden könnten. Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass auf kommunaler Ebene nur bedingt Maßnahmen entwickelt werden könnten. Um das Berufsfeld wieder attraktiver zu machen, seien vor allem der Bund und das Land gefragt, sodass sich Personen aktiv für eine Tätigkeit in der Kindertagesbetreuung entscheiden würden. Ihrer Prognose nach werde es noch einige Zeit dauern, bis sich die Situation so weit stabilisiert habe, dass das pädagogische Personal wieder ausschließlich am Kind arbeiten könnte und nicht mehr mit organisatorischen oder bürokratischen Arbeiten überfrachtet sei. Sie betont, dass die Politik für jede konstruktive Idee dankbar sei.

 

Frau Schmitt-Promny bezieht sich auf einen vor rund zwei Wochen veröffentlichten Zeitungsartikel, in welchem zwischen einer Bildungs- und einer Betreuungszeit unterschieden worden sei. Dies habe sie irritiert, da die Arbeit in der Kindertagesbetreuung gerade durch den Dreiklang von Begleitung, Bildung und Erziehung lebe und dieser müsse ihrer Ansicht nach auch gewahrt bleiben. Anders als in der Schule gebe es in der KiTa keine losgelöste Bildungszeit. Daher sei sie erfreut über die Klarstellung in der Vorlage, die dies anerkenne und von einer Kern- und Betreuungszeit spreche. Eine solche Kernzeit habe sie auch bereits während ihrer eigenen Tätigkeit in einer Einrichtung kennengelernt. Diese könne beispielsweise mit einem geringen Personaleinsatz in den frühen Morgen- und in den Nachmittagsstunden sowie einem gestaffelten Dienstbeginn erreicht werden, da somit das gesamte Team während dieser Kernzeit anwesend sei. Im Frühdienst würden bereits zwei Personen ausreichen und hiervon müsse ihrer Ansicht nach nur eine Person eine Fachkraft sein. Sie greift die Überlegung auf, die Personalvereinbarung dahingehend zu überarbeiten bzw. zu erweitern, dass die Voraussetzungen zur Beschäftigung von sonstigen Kräften außerhalb der Kernzeiten erleichtert würden. Dies könne das vorhandene Personal entlasten und würde das Spektrum an möglichen Personen im System nochmals erweitern. Es handele sich insgesamt nicht um ein rein Aachener Problem, der Fachkräftemangel sei ein aktuelles und übergreifendes Thema, mit dem sich beispielsweise auch der Landesjugendhilfeausschuss befasse. Die Idee zum Einsatz von sonstigen Personen, die zwar keine Ausbildung in der Kinderbetreuung hätten aber gegebenenfalls pädagogische Erfahrungen, werde sie in den Landesjugendhilfeausschuss einbringen und um die Erarbeitung einer Definition und entsprechender Zugangsvoraussetzungen bitten.

 

Herr Tillmanns stellt insbesondere zwei Faktoren heraus: zum einen gelte es, das vorhandene Personal zu schützen. Herr Zohren habe die massiven Herausforderungen im Alltag gut skizziert, hinzu kämen Eltern, die ihre Verärgerung und Verzweiflung aufgrund kurzfristiger Betreuungseinschränkungen ebenfalls an die Beschäftigten weitergeben würden. Dies sei für die mentale Gesundheit der Beschäftigten nicht zuträglich. Eine Beschränkung der Betreuung auf eine Kernzeit mit der Option, diese Kernzeiten auszuweiten, bedeute auch, dass zumindest dieses Angebot verlässlich sei. Somit könne der Frust der Eltern gegebenenfalls gedämpft werden. Der zweite Punkt betreffe die Diskussion zum sogenannten „Aachener Modell“, was derzeit entwickelt werde und welches sich vorrangig der Frage widme, wie fachfremdes Personal in die KiTas eingebracht werden könne, ohne gleichzeitig einen Verlust der Qualifikation und der Bildungsarbeit herbeizuführen. Da die derzeitigen Überlegungen alternativlos seien, werde die CDU-Fraktion der Vorlage zustimmen.

 

Frau Mendes verliest eine Position des Jugendamtselternbeirates. Grundsätzlich begrüße die Elternvertretung die Bereitschaft zur Entwicklung innovativer Ideen um die Betreuung sicherzustellen, auch mit dem Ziel, das Personal zu entlasten und (Gruppen-) Schließungen zu vermeiden. Allerdings hätten auch die Eltern nach der Corona-Pandemie und mehreren Streiks zwischenzeitlich ihr Limit erreicht, daher spreche sich der JAEB ausdrücklich gegen den Vorschlag der Kern- und Betreuungszeiten aus. Manche Eltern könnten kurzfristige Betreuungseinschränkungen durch flexible Arbeitszeiten auffangen, diese Option hätten aber nicht alle. Ein Teil der Eltern hätten ihre Arbeitszeiten reduzieren müssen und somit auf eventuelle Chancen im Beruf verzichtet. Dies werde nach Ansicht des JAEB in ein paar Jahren entsprechende Auswirkungen auf die Gesellschaft haben. Frau Mendes hebt die folgenden vier Aspekte kritisch hervor:

  1. Die Vorlage enthalte keine zeitliche Begrenzung dieser Maßnahme. Aus Sicht des JAEB müssten Notlösungen zeitlich auf sechs Monate begrenzt werden. Die über das zum 1. Januar 2023 in Kraft tretende KiTa-Qualitätsgesetz zur Verfügung gestellten Fördermittel könnten unter anderem auch für die Integration von fachfremdem Personal aufgewendet werden.
  2. Es sei unklar, auf welche KiTas die Kern- und Betreuungszeiten Anwendung finden würden. Der JAEB erkundigt sich daher danach, ob hiervon nur die KiTas eines Trägers (beispielsweise der Stadt Aachen) betroffen seien oder immer die Einrichtungen, die einen aktuellen Personalmangel aufweisen würden.
  3. Weiterhin bestünden noch Unklarheiten in Bezug auf die tatsächliche Umsetzung in der Praxis. Die Vorlage gebe keine Aussage darüber, wer einen Anspruch auf eine Betreuung außerhalb der Kernzeiten anmelden könne und nach welchen Kriterien dies entschieden würde. Die vorgeschlagene Kernzeit von 9 – 14:30 Uhr würde bedeuten, dass nur eine Erwerbstätigkeit von 9:30 bis 14 Uhr infrage käme, da auch noch Wegezeiten von der Arbeitsstätte bis zur KiTa berücksichtigt werden müssten. Somit verbliebe als einzige Planungssicherheit für die Eltern, ihre Erwerbstätigkeit aufzugeben.
  4. Der JAEB vertrete auch die Interessen der Kinder. Die vorgeschlagenen Maßnahmen hätten ebenfalls Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder, welche eine Routine, feste Bezugspersonen und eine pädagogisch begleitete Erziehung benötigen würden. Dies schaffe eine höhere Chancengleichheit trotz unterschiedlicher sozialer Herkunft. Dies sei auch im Kinderbildungsgesetz (KiBiz) verankert.

Frau Mendes bekräftigt, dass der JAEB gerne bereit sei, mit zu überlegen und Lösungen zu entwickeln, allerdings müssten diese flexibel sein, um weiterhin eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten.

 

Frau Vallot schildert, dass nach ihrem Empfinden immer mehr Eltern ihre Kinder aufgrund der angespannten Personalsituation alternativ in der Kindertagespflege betreuen lassen möchten oder aber ihre Kinder nicht von der Kindertagespflege ins KiTa-System überführen zu wollen, wenn sie das 3. Lebensjahr erreicht hätten. In der Folge würden sich die theoretisch freiwerdenden Plätze in der Kindertagespflege verringern und es könnten nicht mehr im gewohnten Maße Kinder unter drei Jahren aufgenommen werden. Da für die Betreuung von unter Dreijährigen in KiTas allerdings mehr Fachkräfte benötigt werde, würde dies erneute Auswirkungen auf den Fachkräftemangel mit sich bringen.

 

Unter Bezugnahme auf die Position des JAEB stellt Herr Brötz klar, dass die Eltern ihre Kinder mit Beendigung der Kernzeit nicht automatisch aus der Einrichtung abholen müssten. Die Betreuung breche nicht ab. Nach der Kernzeit schließe die Betreuungszeit an, welche die Möglichkeit zur Umorganisation des Personals biete, da Betreuungsgruppen zusammengeführt werden könnten. Sofern in einer KiTa eine besondere Krisensituation eintrete, könnte dies dazu führen, dass ab Beendigung der Kernzeit um 14:30 Uhr der individuelle Krisenplan des Trägers zum Tragen komme mit möglichen Auswirkungen auf die anschließende Betreuungszeit. Diese Krisenpläne würden allerdings derzeit trägerspezifisch erstellt und könnten somit je nach Träger variieren. Da die Vorlage jedoch einen allgemeinen Einblick geben sollte, sei nicht auf die trägerspezifischen Pläne eingegangen worden.

 

Auf Nachfrage von Frau Mendes teilt Herr Brötz mit, dass zumindest der Plan für die städtischen Einrichtungen publiziert werde, sobald dieser veröffentlicht werden könne.

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Beschluss:

Der Kinder- und Jugendausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zu den Betreuungs- und Kernzeiten in Kindertagesstätten zustimmend zur Kenntnis.

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Abstimmungsergebnis:

Zustimmung: Ablehnung: Enthaltung:

Einstimmig.

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Anlagen

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