26.02.2014 - 8 Ratsantrag Nr. 301 / 16 aus 2013 der UWG vom 02...

Beschluss:
ungeändert beschlossen
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Beratung

Ratsherr Schnitzler, UWG, verweist eingangs auf seine beiden, in der Vorlage enthaltenen Anträge und bittet um eine getrennte Abstimmung hierüber.

Er verweist auf die rechtliche Bewertung der Verwaltung zum Thema Doggybags, nach der es sowohl aus hygienischer als auch aus haftungsrechtlicher Sicht problematisch sei, derartige Ablagestellen in der Innenstadt zu installieren. Als seinerzeit hierüber im Betriebsausschuss Aachener Stadtbetrieb diskutiert worden sei, habe er die rechtliche Situation nicht abschätzen können. Inzwischen könne er aber zumindest anhand des in Köln ins Leben gerufene Food-Sharing, eine weltweite Entwicklung, die sich dem Retten und dem Teilen von Lebensmitteln widme, mitteilen, dass zumindest praktisch versucht werde, die Haftung der Stadt durch entsprechende Hinweisschilder an den Ablagestellen auszuschließen. Ob diese Beschilderung, nach der dann sowohl die Geber als auch die Nehmer von verpackten Essensresten auf eigene Gefahr handeln, rechtlich geeignet sei, die Haftung für die Stadt auszuschließen, werde derzeit noch geprüft. Sobald eine rechtlich sichere Basis vorhanden sei, werde der Antrag von Seiten der UWG ein weiteres Mal in den Rat eingebracht.

Das Projekt „Pfand gehört daneben – Boxen für Pfandflaschen“ sei aufgrund zu befürchtender Verschmutzungsprobleme und der Negativwirkung des Stadtbilds seitens der Verwaltung abgelehnt worden. Dabei gebe es in Deutschland zahlreiche Beispiele, die das Gegenteil belegten, wie bspw. die Städte Berlin oder München. Die Argumentation, dass die Pfandringe bzw. -boxen der Initiative zur Eindämmung des Alkoholmissbrauchs im öffentlichen Raum entgegen wirke, könne er nicht nachvollziehen, bestehe doch für jedermann die Möglichkeit, Getränke in Kiosken oder auch in Gaststätten käuflich zu erwerben. Auch über die Argumentation der Verschlechterung des Stadtbildes ließe sich trefflich streiten. Dieses würde sich im Zweifelsfall eher verbessern, werde durch die Pfandringe sichergestellt, dass Flaschenpfand nicht als Müll auf der Straße entsorgt werde. Sicherlich seien die Pfandringe ganz im Gegenteil noch dazu geeignet, die Motivationslage dahingehend zu erhöhen, dass das nicht mehr benötigte Flaschenpfand einem sinnvollen Zweck zufließen könne.

Die Stadt Köln sei gerade erst dem Antrag der dortigen SPD-Fraktion gefolgt und führe Pfandboxen ein.

Er wolle betonen, dass der Antrag der UWG nicht dem Zweck diene, das Problem der Massenarmut zu beseitigen. Vielmehr gehe es darum, den Menschen, die auf die kleinen Erträge durch das Sammeln von Flaschenpfand angewiesen seien, Respekt zu zollen.

Ergänzend wolle er beantragen, in der Pontstraße probeweise für einen Zeitraum von sechs Monaten eine Box zu installieren, um erste Erfahrungen zu sammeln und die Frage zu beantworten, wie man ein entsprechendes System etablieren könne.

Abschließend wolle er den Begriff Doggybag erklären. Es handele sich hierbei um einen Begriff aus dem kanadischen Vancouver und sei vom Sohn einer nicht unbekannten Aachener Unternehmerfamilie ins Leben gerufen worden. Dort werde das Wort mit sehr viel Respekt behandelt, weil es sich auf Nahrungsmittel beziehe, welche für Menschen vorgesehen seien und eben nicht für Hunde. Entsprechend gehe hiermit keine diskriminierende Betrachtungsweise einher.

 

Ratsherr Linden erklärt stellvertretend für die SPD-Fraktion, das diese dem Vorschlag der getrennten Abstimmung gerne folgen werde. Während die Doggybags grundsätzlich abzulehnen seien, seien Pfandringe durchaus diskussionswürdig. Sicherlich könne man die Fragen der Ästhetik und der Signalwirkung im Einzelnen debattieren, allerdings müsse man damit verbunden auch die Frage stellen, ob man das Sammeln von Pfandflaschen erschweren müsse, wenn andere Möglichkeiten vorhanden seien. Um diese zu beantworten, sei es sinnvoll, Pfandringe testweise an einigen markanten Stellen in der Stadt zu installieren und entsprechend Erfahrungswerte zu sammeln.

 

Der Oberbürgermeister sagt die getrennte Abstimmung zu und führt aus, dass bei positiver Entscheidung für die Pfandringe deren Nutzung ohnehin zunächst gestestet werde, so dass sich eine weitergehende Differenzierung bei der Abstimmung erübrige.

 

Ratsfrau Begolli betont, dass die Fraktion Die Linke weder die Installation von Pfandringen noch die von Doggybags unterstützen werde. Politische Aufgabe sei die Bekämpfung von Armut und nicht ein Zurück in die Almosengesellschaft. Das Zunehmen der Armut in den Städten habe bekanntermaßen bundespolitische Ursachen und werde durch vielfältige Initiativen, Angebote und Maßnahmen abzumildern versucht. Die Installation von Pfandringen und Doggybags sei jedoch keine geeignete Maßnahme. Verwunderlich sei allerdings, dass gerade von der SPD-Fraktion eine Testphase beantragt werde.

 

Ratsfrau Moselage, FDP-Fraktion, führt aus, niemals einen ähnlich menschenverachtenden Antrag gelesen zu haben, gebe sich Ratsherr Schnitzler doch oft als Menschenfreund. Biographien von Obdachlosen und in Armut gefallene Menschen seien oft sehr unterschiedlich. Armut müsse dringend bekämpft werden, nicht aber, indem man Hilfesuchende aus einem Gestus des 19. Jahrhunderts heraus mit Almosen abspeise und ihnen anbiete, ihren Hunger von Essensresten anderer zu stillen.

Der Antrag sei schlichtweg unmöglich und menschenunwürdig.

 

Ratsherr Başkaya, Piraten-Partei, spricht sich ebenfalls für die getrennte Abstimmung aus.

Die Argumentation der Stadt sei im Kern nachvollziehbar, relativiere sich am Ende jedoch wieder. So werde beispielsweise ins Feld geführt, dass selbst bei der Installation der Doggybags nicht verhindert werden könne, dass obdachlose oder arme Menschen weiterhin in Mülleimern nach Essen oder Pfandflaschen suchen. Weiterhin werde angeführt, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass nicht nur Bedürftige sich an Pfandringen bedienen, sondern eben auch solche, die hier fast gewerbsmäßig vorgingen. Allerdings könne nicht jede Entscheidung mit einer fehlenden Kontrollmöglichkeit abgelehnt werden.

Die Ausführungen, nicht zu einer Almosengesellschaft zurückgehen zu wollen, lasse sich nur dann halten, wenn man Maßnahmen zu Änderung der Situation ergreife.

 

Ratsherr Blum, FDP-Fraktion, stimmt der Argumentation des Stadtbetriebes, der ebenfalls der Pfandflaschenregelung widersprochen habe, voll zu. Zum einen führten sowohl Doggybags als auch Pfandringe zur stärkeren Verschmutzung der Stadt, bedenke man, dass diese sicherlich nicht nur sinngemäß benutzt würden. Daneben sei die Gefahr des Missbrauchs durch solche Menschen, die nicht der Zielgruppe angehören, extrem hoch.

Die Begrifflichkeit Doggybags stamme übrigens aus den USA und beschreibe Pakete für Hundebesitzer, die ihr übrig gebliebenes Essen zur Mitnahme für ihre Haustiere einpacken ließen. Die Begrifflichkeit in diesem Zusammenhang anzuführen, sei an sich schon verachtend. Aber es darüber hinaus Menschen zumuten zu wollen, in aller Öffentlichkeit Essensreste aus einem ungekühlten und entsprechend unhygienischen Behältnis zu nehmen, sei absolut entwürdigend. Im Grunde handele es sich um ein Thema, dass eigentlich keiner Diskussion bedürfe.

 

Ratsherr Luczak, Fraktion Die Grüne, fasst zusammen, dass hinsichtlich des Antrags zu der Installation von Doggybags Konsens herrsche. Gerichtet an Ratsherrn Schnitzler bestreitet er die dringende Notwendigkeit der Essenssuche aus Müllbehältnissen. Hier gebe es in Aachen viele andere Möglichkeiten der Unterstützung, die in Anspruch genommen werden können. Die Ausführungen von Ratsfrau Begolli unterstützend, sehe auch er in der Armut ein großes Problem, welches jedoch nicht anhand solcher Lösungsvorschläge diskutiert werden könne. Wichtig sei, eine würdige Situation für alle Betroffenen zu schaffen.

Dass man hingegen weitere Überlegungen zur Installation von Pfandringen anstrenge, begrüße er hingegen außerordentlich. Auch der Antrag der SPD-Fraktion, zunächst eine Probephase zu durchlaufen, halte er für äußerst sinnvoll. Diese solle dazu dienen, entsprechende Erfahrungen zu sammeln und diese in eine eventuelle Umsetzung fließen zu lassen. Das Wie obliege dabei der Verwaltung. Werde sich herausstellen, dass das Müllaufkommen größer werde, könne die Aktion ebenso wieder gestoppt werden. Den Versuch jedoch solle man in jedem Fall starten.

 

Ratsherr Corsten, CDU-Fraktion, ist verwundert über die im Vergleich zur Sitzung des Ausschusses Aachener Stadtbetrieb veränderten Mehrheiten. Hier habe man sich mit großer Mehrheit gegen die Installation von Pfandringen ausgesprochen. Die CDU-Fraktion sei nach wie vor der Meinung, dass die im Betriebsausschuss getroffene Entscheidung richtig sei. Der Gesinnungswandel bei der SPD-Fraktion sei nicht nachvollziehbar.

 

Ratsherr Schnitzler, UWG, erklärt, die Interpretation seines Antrags einem respektvollen Umgang mit Menschen in deren Entwürdigung nicht nachvollziehen zu können. Gerichtet an Ratsherrn Blum definiert er den Begriff Doggybags, der keinesfalls das Füttern von Hunden mit eigenen Essensüberresten zum Inhalt habe. Hierunter verstehe man vielmehr, dass man sich Essen zum Eigenverzehr einpacken lasse. Fakt sei, dass es nun einmal Menschen gebe, die auf diese Weise leben und es stehe niemandem zu, hierüber zu urteilen und darüber zu befinden, ob es sich hierbei um eine rechtmäßige, falsche, gute, moralische oder unmoralische Verhaltensweise handele. Er selbst habe mit den hiervon lebenden Menschen gesprochen und empfehle dies auch jedem anderen Ratsmitglied. Aus der Antragsbegründung gehe eindeutig hervor, dass es um den Respekt eben vor diesen Menschen gehe. Das hier gezeigte Verständnis von Sozialismus hingegen sei nicht unbedingt menschenfreundlich.

 

Der Oberbürgermeister erklärt abschließend, über beide Punkte gesondert abstimmen lassen zu wollen.

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Beschluss:

Der Rat der Stadt beschließt auf Vorschlag der Verwaltung und Empfehlung des Betriebsausschuss Aachener Stadtbetrieb bei 32 Gegenstimmen mehrheitlich, keine Behältnisse für Pfandflaschen im Stadtgebiet Aachen zu installieren.

 

Der Rat der Stadt beschließt ferner auf Vorschlag der Verwaltung und Empfehlung des Betriebsausschuss Aachener Stadtbetrieb einstimmig, keine Ablagen für verpackte Essensreste im Stadtgebiet Aachen zu installieren.

 

Ratsherr Haase, SPD-Fraktion, gibt an, eine persönliche Erklärung abgeben zu wollen. Zwar habe er mit seiner Fraktion gestimmt, halte den Beschluss des Betriebsausschusses Aachener Stadtbetrieb jedoch weiterhin für richtig, denn diese Maßnahme diene allenfalls dazu, sich ein gutes Gewissen zu geben. An der ursächlichen Situation und den zu dieser führenden Strukturen verändere man jedoch nichts. Entsprechend habe man im Betriebsausschuss Aachener Stadtbetrieb die richtige Entscheidung getroffen.

 

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Anlagen zur Vorlage

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