Kenntnisnahme - FB 36/0505/WP18
Grunddaten
- Betreff:
-
Karte der Bodenkühlleistung als Baustein städtischer Klimaanpassungsprojekte
- Status:
- öffentlich (Vorlage für Öffentlichkeit freigegeben)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- FB 36 - Fachbereich Klima und Umwelt
- Beteiligt:
- FB 61 - Fachbereich Stadtentwicklung und Stadtplanung
- Verfasst von:
- FB 36/500
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
---|---|---|---|---|
●
Erledigt
|
|
Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz
|
Kenntnisnahme
|
|
|
10.09.2024
| |||
●
Erledigt
|
|
Planungsausschuss
|
Kenntnisnahme
|
|
|
26.09.2024
|
Erläuterungen
Die Aufheizung versiegelter und bebauter Flächen, mangelnde nächtliche Abkühlung und ein verringerter Luftaustausch mit dem Umland führen in Innenstädten zu Hitzestress. Funktionsfähige Böden spielen eine essentielle Rolle den innerstädtischen Raum bei Hitzestress zu kühlen. Die Funktion der Bodenkühlleistung beruht auf der Verdunstung von Wasser aus dem System Boden-Pflanze (Evatranspiration), dass zu einer spürbaren Abkühlung in der unteren Atmosphäre führt (Verdunstungskälte). Die Bodenkühlleistung beruht auf der Fähigkeit des Bodens Wasser zu speichern und den Pflanzen zeitverzögert zur Verdunstung zur Verfügung zu stellen.
Das Projekt wurde mit einer 80 prozentigen Förderung der Bezirksregierung Köln (Dezernat 52 – Kreislaufwirtschaft, Bodenschutz - einschl. anlagenbezogener Umweltschutz) finanziell unterstützt.
Erstellung einer Karte der Bodenkühlleistung
Mit der Karte der Bodenkühlleistung liegen für das Stadtgebiet Informationen über die Verbreitung von Böden mit hoher Bodenkühlleistung vor (Anlage 1). Die Karte der Bodenkühlleistung ist eine inhaltliche Erweiterung der Bodenfunktionskarten mit ihrer Teilfunktion Bodenkühlleistung. Im FB Klima und Umwelt liegen bereits Bodenfunktionskarten für den Außenbereich vor. Im Rahmen des hier dargelegten Projekts wurden Bodenfunktionskarten für den Innenstadtbereich, die bisher dem FB nicht vorlagen, erstellt. Die hohe Versiegelung des Innenstadtbereichs macht eine direkte Ansprache der Stadtböden schwierig. Basis der erstellten Bodenfunktionskarten waren i.W. die Bodenkarte des Geologischen Dienstes (M 1:50.000) und die Baugrundkarte (M 1.5.000). Darüber hinaus waren Teil des Projektes 14 Validierungskartierungen in Park bzw. Grünflächen im Innenstadtbereich die eine direkte Ansprache der Böden ermöglichte und die Aussagekraft der Ergebnisse verbesserte. Die Validierungskartierungen fanden im Frühjahr 2023 statt. Für die Berechnung der Bodenkühlleistung wurden die Bodendaten, die Klimadaten der Wetterstation Orsbach, der aktuellen Evatransporation (Verdunstung) für kurzes Gras und des täglichen Bodenwasservorrats herangezogen. Die Bodenkühlleistung der Aachener Böden wurde in kWh/m² für das Sommerhalbjahr 2018 (extrem trockene Phase zwischen Juni und August) berechnet. Die Kühlleistung der Böden wurde einheitlich für einen theoretischen Vegetationszustand „kurzes Gras“ berechnet, so dass sich hier das Kühlungspotenzial der Böden zeigt; tatsächlich sind auf den Flächen die unterschiedlichsten Vegetationszustände von „Wald“ bis „(Teil-) Versiegelung“ gegeben.
Auswirkungen auf die Stadt Aachen – Planungshinweiskarte
Mit der Bodenkühlleistungskarte konnten Böden mit hoher Kühlleistung*, d.h. Böden mit hohen Bodenwasservorräten identifiziert werden (Anlage 2). Die Kühlleistung gibt die Energiemenge an, die für die Verdunstung und die dadurch entstehende die untere Atmosphäre kühlende Wirkung erforderlich ist. Für die Verdunstung von 1 Liter Wasser mit einer Temperatur von 20°C ist eine Energie von etwa 2.500 kJ (= 0,694 kWh) nötig. Die Bodenkühlleistung wird in fünf Bewertungsstufen differenziert (Anlage 1 Tabelle 1).
Die Bodenkühlleistung wurde mit den Klimasignaturen (Schutzbereich Stadtklima, Belüftungsbahnen Stadtklima) aus dem FNP (Teil A Anlage 6 Hinweise für die Bauleitplanung in Flächensignaturen mit Klimasignaturen) verknüpft. Aus der Verknüpfung ergibt sich eine Planungshinweiskarte, die bei der Bauleitplanung als idealer Anknüpfungspunkt zur Umsetzung wichtiger stadtklimatischer Ziele dient (Anlage 3). Abgerundet wird die Planungshinweiskarte durch dazugehörige Handlungskonzepte (Anlage 1 Tabelle 2), die bodenschützende Maßnahmen identifiziert, formuliert und mit den baulichen Entwicklungsdruck einer klimagerechten nachhaltigen Stadt vereinbar sind.
Ökosystemdienstleistung des Bodens - ein wertvolles Gut.
Die Bodenkühlleistung ist eine von der Natur erbrachte „Ökosystemdienstleistung“. Sie lässt sich in ihrem volkswirtschaftlichen Wert für die Stadt und die Bürgerschaft näherungsweise bemessen, indem die Verdunstungskälte, die bei der Verdunstung des Bodenwassers über die Pflanzen freigesetzt und den Menschen in der Stadt als Kaltluftstrom „frei Haus“ in die Stadtquartiere geliefert wird, monetär bewertet werden kann. Daneben liefert die Bodenkühlleistung naturgemäß auch Ökosystemleistungen für die Land- und Forstwirtschaft sowie für die Bereiche Biodiversität und Naturschutz; diese Formen werden hier nicht weiter betrachtet.
Um die Kosten zu berechnen, die durch die Bodenkühlleistung eingespart werden, kann die Verdunstung von 1 Liter Wasser monetär dargestellt werden. Bei einem Strompreis von 0,42 €/kWh entstehen Kosten von rund 29 Cent. Wird der Wert auf einen Boden hochgerechnet, mit optimalem Wasservorrat ergibt sich Folgendes, da dieser Boden zusammen mit den Pflanzen, die auf ihm wachsen, über das Jahr im Mittel rund 563 Liter/m² verdunstet. Das sind auf den Hektar (= 10.000 m²) bezogen 5.630 m³/a. Durch diese Ökosystemdienstleistung wird die Lufttemperatur um bis zu fünf Grad Celsius abgekühlt und um diese Kühlleistung technisch zu erbringen, würden Stromkosten von ca. 1.632.700 € anfallen.
Um die Wertigkeit der Bodenkühlleistung für die von Kaltluft begünstigten Stadtquartiere zu berechnen, ist zunächst die Kühlleistung der kaltluftbildenden Flächen zu ermitteln:
- Die jährliche Kühlleistung von 1 ha Wiesenfläche mit optimalem Wasservorrat beträgt 2.500 MWh (250 kWh/a x 10.000 qm = 2.500.000 kWh/a); die Kühlleistung der Wiesenfläche entspricht damit dem Energiegehalt von 250.000 l Heizöl.
- Multipliziert man die Kühlleistung mit einem Strompreis von 20 Cent/kWh, ergibt sich ein Wert von 500.000 €/Jahr und ha.
- Einige der Bachtäler Aachens weisen kaltluftbildende Flächen von mehreren hundert ha auf; die volkswirtschaftliche Dimension der Kühlleistung und Kaltluftbildung insbesondere der Bachtäler wird hierdurch klar und eindrucksvoll verdeutlich.
Im Rahmen eines Pilotprojektes mit der RWTH soll erstmalig für ein Aachener Bachtal ermittelt werden, welches Volumen und welchen Energiegehalt, die durch die Bodenkühlleistung gebildete Kaltluft an heißen Tagen für ein konkretes Stadtquartier (z.B. das Frankenberger Viertel) bereitstellen kann. Daraus kann dann näherungsweise die Wertiingkeit der Ökosystemleistung ermittelt werden.
Schlussfolgerung / Ausblick
Die Bodenkühlleistung ist eine wichtige und wertvolle Ressource, die es in Zeiten des Klimawandels besonders zu schützen gilt; verglichen mit anderen technischen Formen der Kühlung (z.B. Klimatisierung in Gebäuden) oder sonstigen Maßnahmen (z.B. Entsiegelungen, Baumpflanzungen) liefert der Boden große Mengen an Kühlleistung zum Null -Tarif.
Mit der Karte der Bodenkühlleistung, der Planungshinweiskarte sowie dem Handlungskonzept mit möglichen Maßnahmen wurde ein Baustein erarbeitet, der zukünftig dazu dient, Klimaschutz- und Klimaanpassungsbelange im Rahmen der Stadtentwicklung (Planungsprozesse) zu prüfen, integrativ zu bewerten und transparent darzustellen zu können. Die gesamtstädtische Bedeutung der Böden und die Zusammenhänge können damit visualisiert und verständlich beschrieben, bewertet und im Hinblick auf die Ökosystemleistung besser eingeordnet werden.
Die Karte der Bodenkühlleistung als inhaltliche Erweiterung der Bodenfunktionskarten wird derzeit in den „Leitfaden zur Eingriffsbewertung in das Schutzgut Boden“ (2012) integriert, so dass demnächst auch ein aktualisierter Leitfaden vorgestellt wird.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
---|---|---|---|---|---|
1
|
(wie Dokument)
|
90,8 kB
|
|||
2
|
(wie Dokument)
|
6,2 MB
|
|||
3
|
(wie Dokument)
|
6,4 MB
|