Kenntnisnahme - E 49/0146/WP18
Grunddaten
- Betreff:
-
Sachstandsbericht Jekits – Finanzierung und Ausweitung
Antrag der Fraktionen SPD und GRÜNE vom 05.09.2024
- Status:
- öffentlich (Vorlage für Öffentlichkeit freigegeben)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- E 49 - Kulturbetrieb
- Verfasst von:
- E 49/5
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Kinder- und Jugendausschuss
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Kenntnisnahme
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08.10.2024
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Bereit
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Ausschuss für Schule und Weiterbildung
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Kenntnisnahme
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Geplant
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Betriebsausschuss Kultur und Theater
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Kenntnisnahme
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10.10.2024
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Erläuterungen
Das Landesprogramm im Überblick
Das Programm wurde 2003 ursprünglich als Kooperation zwischen der Bochumer Musikschule, dem Land Nordrhein-Westfalen und der Zukunftsstiftung Bildung des GLS Treuhand e.V. initiiert. Ursprünglich auf zwei Jahre angelegt, wurde das Projekt aufgrund seines Erfolgs jedoch weitergeführt. In Zusammenarbeit mit der Kulturstiftung des Bundes, dem Land Nordrhein-Westfalen und der Zukunftsstiftung Bildung in der GLS Treuhand wurde daraus "JeKi – Jedem Kind ein Instrument" entwickelt und 2007 die gleichnamige Stiftung als Trägerinstitution gegründet. Gefördert wurden zunächst Musikprojekte in Kommunen des Ruhrgebiets.
Seit dem Schuljahr 2011/12 wurde JeKi allein vom Land NRW finanziert. Ab 2015/16 wurde das Programm geographisch und inhaltlich erweitert und unter dem Namen "JeKits – Jedem Kind Instrumente, Tanzen, Singen" weitergeführt und beständig fortentwickelt. Seither sind Jekits-Kooperationen in ganz NRW entstanden, das Instrumentalspiel wurde um die Bereiche Singen und Tanz erweitert. Um die Durchgängigkeit musikalischer Bildungsbiografien zu gewährleisten, wurde das Programm, das bisher nur zwei Klassenstufen umfasste, seit dem Jahr 2020/21 weiter ausgebaut und umfasst nun durchgängig alle 4 Jahrgangsstufen des Primarbereichs. Gleichzeitig wurde die JeKits-Stiftung aufgelöst und die operative Umsetzung des Programms dem Landesverband der Musikschulen in NRW übertragen.
Am JeKits-Programm partizipieren im aktuellen Schuljahr landesweit 112.785 Kinder an 1.001 beteiligten Grund- und Förderschulen in 198 Kommunen.
Konzept
Für die Durchführung des JeKits-Programms kooperiert eine Grund- oder Förderschule mit einem Bildungspartner. Dies sind in der Regel Musik- oder Tanzschulen. Jede JeKits-Schule bietet einen der drei Schwerpunkte – Instrumente, Tanzen oder Singen – an. JeKits ergänzt den schulischen Musik- und Sportunterricht, ersetzt ihn jedoch nicht. Die Lehrkräfte des Bildungspartners kommen für den JeKits-Unterricht in die Schule.
Das 1. Jekits-Jahr („JeKits 1“)
Im ersten Schuljahr wird allen Kindern einer Schule Unterricht in musikalischer (bzw. tänzerischer) Grundausbildung angeboten. Der Unterricht findet stundenplanintegriert im Klassenverband statt und ist kostenfrei. Er wird im Tandem mit je einer Lehrkraft der Schule und des Bildungspartners erteilt.
Die folgenden JeKits-Jahre ("JeKits 2, 3 und 4")
Im zweiten Schuljahr können sich die Kinder für ein Instrument entscheiden. Seit dem Schuljahr 2015/16 besteht zudem die Möglichkeit, das Programm durch ein Angebot aus den Bereichen Tanz oder Singen weiterzuführen. Grundsätzlich können alle Instrumente angeboten werden, die an Musikschulen unterrichtet werden. Im Rahmen von JeKits instrumental erhält jedes Kind pro Woche zwei Unterrichtsstunden: eine Unterrichtsstunde im Kleingruppenunterricht im gewählten Instrument und eine weitere im gemeinsamen Unterricht aller Kinder im JeKits-Ensemble („Klassenorchester“). Tanz und Singen finden dagegen immer im (Groß-)Gruppenverband statt. Der Unterricht wird ausschließlich von Lehrkräften des Bildungspartners erteilt.
Ab dem zweiten JeKits-Jahr ist der Unterricht kostenpflichtig. Die Höhe des zu entrichtenden Beitrags richtet sich nach den vom Programm festgelegten Höchstgrenzen sowie nach den Kriterien einer sozialen Indikation (100 % Freistellung) und einer Geschwisterermäßigung.
Die Teilnahme am Jekits-Programm ist ab dem zweiten Schuljahr für alle Kinder freiwillig. Der Unterricht findet ergänzend außerhalb des Stundenplans der Schule statt.
Als Sonderregelung besteht die Möglichkeit, die musikalische Grundausbildung im Klassenverband des ersten Schuljahres im zweiten Schuljahr fortzusetzen. In diesem Fall bleibt der Unterricht für alle Kinder verpflichtend und kostenfrei.
Förderung
Das Land fördert die musikalische Grundausbildung im Klassenverband (JeKits 1) sowie den Ensembleunterricht ("Klassenorchester") ab JeKits 2. Der Instrumentalunterricht selbst sowie die Angebote in Tanz und Singen werden aus den Elternbeiträgen finanziert, ggf. zzgl. des Deckungsausgleichs des Trägers. Für die Gewährung von Ermäßigungen stellt das Land einen Zuschuss bereit, der allerdings pauschaliert und unabhängig von der tatsächlichen Höhe der geleisteten Ermäßigungen gewährt wird. Die Fördermittel werden von den Bezirksregierungen in einem vereinfachten Verfahren als sogenannte "fachbezogene Pauschale" an die vom Schulträger benannte Stelle (in Aachen der Kulturbetrieb) ausgezahlt. Zusätzlich kann ein Zuschuss für die Beschaffung von Musikinstrumenten beantragt werden. Landesweit werden vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft jährlich 17,3 Millionen Euro für JeKits bereitgestellt.
Neben der finanziellen Förderung bietet JeKits umfangreiche Module und Foren zur Fortbildung von Lehrkräften der Bildungspartner sowie zur Beratung bei der administrativen Ausgestaltung.
Umsetzung in Aachen
Das JeKits-Programm ist in Aachen noch relativ neu: Der Antrag zur Aufnahme ins JeKits-Programm wurde erst nach Antritt der neuen Musikschulleitung am Ende der Corona-Pandemie gestellt. Im Jahr 2022 wurde die erste JeKits-Kooperation mit der GGS Vaalserquartier initiiert, ein Jahr darauf folgte ein zweites Projekt an der GGS Gut Kullen.
An der GGS Vaalserquartier haben wir für das zweite Schuljahr die Variante mit Weiterführung des Elementarunterrichts im Klassenverband gewählt. Aktuell befinden wir uns dort im dritten Jahr der Ausbauphase und sind in der 3. Klassenstufe mit dem Instrumentalunterricht erfolgreich gestartet. Der Schwerpunkt liegt hier auf verschiedenen Blasinstrumenten sowie der Cajon (südamerikanische Sitztrommel).
Das JeKits-Projekt in der GGS Gut Kullen befindet sich aktuell im 2. Jahr. Für die Weiterführung im zweiten Schuljahrgang setzen wir dort auf die beiden Schwerpunkte Tanz und Singen. Wir erhoffen uns davon Synergieeffekte und möchten den Kindern die Möglichkeit geben, entsprechend ihren Neigungen zu wählen.
In beiden Schulen erreichen wir mit dem Programm aktuell insgesamt rund 170 Kinder – mit dem weiteren Ausbau durch die Jahrgänge wird sich die Zahl entsprechend erhöhen. Die Quote beim Übertritt in den fakultativen weiterführenden Unterricht liegt bei einem vergleichsweisen guten Wert von knapp 50%. Sowohl auf Ebene der Zusammenarbeit der Lehrkräfte als auch auf Leitungsebene erfreuen sich beide Projekte hoher Akzeptanz.
Weiterer Ausblick und Einschätzungen
Ein weiterer Ausbau der JeKits-Kooperationen ist zunächst von der Verfügbarkeit der Landesmittel abhängig. Da Aachen vergleichsweise spät die Aufnahme ins Programm beantragt hat, stehen wir vor der Situation, dass sämtliche verfügbaren Projektmittel bereits gebunden sind. Das bedeutet, dass neue Schulen nur ins Programm aufgenommen werden können, wenn an anderer Stelle in NRW ein Projekt beendet wird. Auf dieser Basis sind beispielsweise unsere beiden Projekte im Vaalserquartier/Gut Kullen entstanden.
Wurde ein Projekt aber einmal in das Programm aufgenommen, bietet JeKits eine dauerhafte Finanzierungsperspektive mit einer hohen (allerdings nicht vollständigen) Kostendeckung und damit eine nachhaltige Förderung.
Da JeKits für alle Jahrgänge einer Schule angeboten werden muss – im ersten Schuljahr sogar verpflichtend für alle Schüler*innen des Jahrgangs –, entstehen hier große Projekte, die mit entsprechendem Aufwand verbunden sind. Allein die Implementierungsphase erstreckt sich mit dem sukzessiven Ausbau nach Jahrgängen über vier Schuljahre. JeKits greift damit deutlich in die Struktur der jeweiligen Schule ein und erfordert auf Seiten des Bildungspartners bzw. der Musikschule den Einsatz vergleichsweise hoher – bei großen Schulen sogar sehr hoher – Personalressourcen. Eine Beschränkung von Angeboten auf einzelne Klassen oder Jahrgänge ist nicht vorgesehen.
Der JeKits-Unterricht stellt ab Jahrgang 2 als freiwilliges und dann kostenpflichtiges Angebot eine Ergänzung des schulischen Unterrichts dar. Aus diesem Grund findet er im Anschluss an den regulären Unterricht statt. Hierfür müssen geeignete Räumlichkeiten bereitgestellt werden und der JeKits-Unterricht mit den Abläufen des OGS-Betriebs und den im Nachmittag regulär stattfindenden Kernunterricht der Musikschule koordiniert werden. Zudem stellt sich für Angebote in solchen Randzeiten die Frage nach der Konzentrationsfähigkeit der Kinder.
Neben der Fähigkeit, Ressourcen im erforderlichen Umfang bereitzustellen, sind daher der ausgeprägte Wille zur gemeinsamen Umsetzung des Projekts und die Bereitschaft zur Anpassung bestehender Strukturen in beiden Einrichtungen wesentliche Voraussetzungen für eine erfolgreiche JeKits-Partnerschaft.
Außer den organisatorischen Rahmenbedingungen sind an die JeKits-Förderung enge inhaltliche Vorgaben geknüpft. Diese lassen insbesondere bei der Gestaltung der Unterrichtsstruktur wenig Spielräume. Die Anforderung, bei JeKits instrumental mindestens 3 verschiedene Instrumente anbieten zu müssen, bedingt beispielsweise eine gewisse Mindestschülerzahl, die bei kleineren Schulen nicht immer erreicht werden kann.
Dies alles hat zur Folge, dass ein weiterer Ausbau von JeKits-Projekten nur langsam vorangehen kann. Das bedeutet auch, dass eine Überführung bestehender Kooperationsprojekte der Musikschule in das JeKits-Programm in den meisten Fällen nicht und in Einzelfällen nur auf lange Sicht und nicht ohne sehr grundlegende Eingriffe in bestehende (und bewährte) Strukturen und Konzepte möglich sein dürfte. Ein so erfolgreiches Modell wie beispielsweise die Streicherklassen der Musikschule in der GGS Schönforst wäre vor diesem Hintergrund ebenso wenig förderfähig wie die vielerorts geübte Praxis von Instrumentalklassen, die sich nur auf bestimmte Jahrgänge beschränken.
Durchgängige musikalische Bildungsbiographien
Mit der Integration des vierten Jahrgangs und der entsprechenden Aufstockung der Mittel ab dem Jahr 2020/21 hat das Land die Möglichkeit geschaffen, Kinder während ihrer gesamten Zeit im Primarbereich durch das JeKits-Programm musikalisch zu begleiten. Damit ist JeKits bundesweit das größte Landesprogramm zur musikalischen Bildung, fokussiert aber ausschließlich Bildungsprojekte in Grund- und Förderschulen. Eine wichtige Aufgabe der musikalischen Bildungsarbeit vor Ort wird daher darin bestehen, nach Ende der Grundschulzeit weitere Übergänge – beispielsweise in den Unterricht der Musikschule – zu schaffen.
Musikalische Bildungsbiografien beginnen aber nicht erst mit dem Schuleintritt. Daher darf keinesfalls das hohe Potential frühkindlicher Bildungsangebote aus den Augen verloren werden, die in diesem besonders sensiblen Entwicklungsalter eine hohe Wirkmächtigkeit erzielen. Ein Blick auf Beispiele für sog. "Musikalisierungsprogramme" in anderen Bundesländern ist in diesem Zusammenhang durchaus lohnenswert: Das Programm "Wir machen die Musik" in Niedersachsen fördert neben Grundschulprojekten sogar schwerpunktmäßig die Zusammenarbeit von Musikschulen mit Kitas. In Baden-Württemberg konzentriert sich "Singen-Bewegen-Sprechen" ausschließlich auf den Bereich der frühkindlichen Bildung. "MuBiKiN" (Musikalische Bildung für Kinder und Jugendliche in Nürnberg) ist ein groß angelegtes, stiftungsbasiertes kommunales Bildungsprojekt der Stadt Nürnberg, das für die Durchgängigkeit musikalischer Bildung u.a. auf die Clusterbildung von Grundschulen und umliegenden Kitas setzt.
Für die strategische Planung vor Ort bedeutet das: JeKits ermöglicht im Primarbereich auf breiter Basis die Teilhabe an musikalischen Angeboten. Die Rahmenbedingungen des Programms führen zu einer Konzentration vergleichsweise hoher Ressourcen auf eine einzelne Einrichtung und stellen Anforderungen, die nicht von jeder Schule leistbar sind. Insbesondere wird der wichtige Bereich der frühkindlichen musikalischen Bildung durch JeKits nicht abgedeckt. In einem Gesamtkonzept für aufsuchende musikalische Bildungsangebote stellt JeKits somit einen wichtigen Baustein dar, der aber durch weitere Formate und Konzepte ergänzt werden muss.
Weiterführende Informationen/Links
Jekits:
https://www.mkw.nrw/kultur/foerderungen/jekits-jedem-kind-instrumente-tanzen-singen
https://lvdm-nrw.de/arbeitsbereiche/jekits/
„Wir machen die Musik“:
Singen – Bewegen – Sprechen:
MuBiKiN:
Anlagen
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