Kenntnisnahme - FB 45/0637/WP18

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

Erläuterungen

1. Einleitung

Mit Beschluss des Kinder- und Jugendausschuss vom 16.04.2024 wurde die Verwaltung mit der Realisierung des Projekts „Konsumfreier Spiel- und Familienraum in der Aachener Innenstadt“ beauftragt (Vorlage FB 45/0493/WP18).

Die Umsetzung des Projekts im Untergeschoss des ehemaligen Kaufhauses in der Komphausbadstraße, erfolgte im Zeitraum vom 01.06. bis 27.09.2024 durch das Studierendenwerk Aachen, als Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe, auf Grundlage des Kurzkonzeptes vom 21.03.2024 (siehe Anlage 1).

2. Zielsetzungen des Projekts

  • Bereitstellung eines zentral gelegenen, wetterunabhängigen, konsum- und barrierefreien Spiel- und Aufenthaltsraums für Familien und Kinder in der Innenstadt
  • Steigerung der Aufenthaltsqualität und Ermöglichung gemeinsamer, familienfreundlicher Zeit in der Innenstadt
  • Förderung von Begegnung und Austausch zwischen Familien
  • Bereitstellung eines Ortes, an dem Kinder spielerisch lernen, sich kreativ ausdrücken und bewegen können
  • Unterstützung der Entwicklung sozialer Kompetenzen durch die Interaktion mit anderen Kindern

3. Durchführung des Projekts

Das Projekt wurde unter der Trägerschaft des Studierendenwerks Aachen als freier Jugendhilfeträger durchgeführt und bot ein vielfältiges Angebot an Spiel- und Kreativmöglichkeiten für Kinder verschiedener Altersgruppen. Beispielhaft sind hier Bastelstationen, Lese- und Bauangebote sowie Bewegungsparcours zu nennen, die einzeln oder in Interaktion mit anderen Kindern oder erwachsenen Begleitpersonen genutzt werden konnten.

Die Stadt Aachen unterstützte das Studierendenwerk Aachen finanziell mit einem Budget von 35.780,63 € zur Deckung der Personal-, Sach- und Betriebskosten.

Die räumliche Ausstattung umfasste kinderfreundliche Möbel und eine breite Auswahl an Spielmaterialien für freies und kreatives Spielen. Aufgrund der eingeschränkten sanitären Bedingungen vor Ort konnte keine Wickelstation eingerichtet werden.

Der Raum war kostenfrei zugänglich und unabhängig von Witterungseinflüssen nutzbar.

Die Öffnungszeiten waren werktags von 14:00 bis 18:30 Uhr und am Wochenende von 11:00 bis 18:30 Uhr. Während dieser Zeit wurde der Raum von einer Mitarbeiterin des Studierendenwerks betreut.

Der Spiel- und Familienraum stand kontinuierlich vom 1. Juni bis zum 27. September, mit Ausnahme des 9. Juni, 2024 zur Verfügung. Der im Kurzkonzept geplante Projektstart zum 01.05.2024 konnte aufgrund fehlenden Personals nicht umgesetzt werden. Aufgrund einer Doppelnutzung am letzten Wochenende des Projektzeitraums, die Nutzungskonflikte verursacht hätte, wurde entschieden, das Projekt am Freitag, dem 27.09., zu beenden.

4. Projektergebnisse

Das Projekt fand großen Zuspruch, was insbesondere durch die Rückmeldungen der Besucher*innen bestätigt wird. Kritische Rückmeldungen zum Projekt beziehen sich nahezu durchgängig auf die genutzten Räumlichkeiten.

Die täglichen Besucherzahlen schwankten stark zwischen 2 und 99 Kindern, die in der Regel von mindestens einer erwachsenen Person begleitet wurden. Durchschnittlich besuchten täglich etwa 17 Kinder und 15 Erwachsene den Spielraum und verweilten dort durchschnittlich 60 bis 90 Minuten. Regelmäßig suchten auch Tagesgruppen, Tageseltern und Spielgruppen das Angebot auf. Neben Familien, die sich zu Besuch in der Innenstadt befanden und das Angebot ergänzend aufgesucht haben, wurde es darüber hinaus auch gezielt von Familien aus dem gesamten Stadtgebiet angesteuert.

4.1 Positive Aspekte

Zugang und Nutzung

Der kostenlose, barrierefreie und konsumfreie Raum zog sowohl Aachener Familien als auch Stadtbesucher*innen an und wurde vor allem bei schlechtem Wetter und in den Sommerferien rege genutzt. Bei der Befragung der erwachsenen Besucher*innen zeigte sich, dass manche zufällig auf den Raum aufmerksam wurden und ihn spontan nutzten, während ein Großteil der Besucherinnen gezielt kam. Die häufigsten Gründe hierfür waren Neugier und Interesse am Raum (aufgrund von Werbung, Weiterempfehlungen, Social Media oder Schaufensterplakaten), finanzielle Einschränkungen oder eingeschränkte Mobilität, die eine regelmäßige Nutzung kostenpflichtiger Indoor-Spielangebote erschwerten, beengte Wohnverhältnisse, die das Spielen zu Hause herausfordernd machten, sowie das Interesse am gemeinsamen Spiel und Austausch mit anderen Kindern oder Erwachsenen.

Vielfalt der Angebote

Die Aktivitäten, darunter Malen, Basteln und Bewegungsspiele, wurden von den Familien positiv bewertet. Sie ermöglichten ein gemeinsames, kreatives Erleben und förderten den sozialen Austausch.

Sozialer Austausch

Der Raum bot Kindern und Eltern eine Plattform für Kontakte und Vernetzung, unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund. In Bezug auf die Erwachsenen wirkten insbesondere die für die Kinder gedachten Angebote als wertvolle „Eisbrecher“. Der vorhandene Tischkicker und die Tischtennisplatte wurden oft auch von Erwachsenen genutzt, die sich nicht kannten, und boten so eine niedrigschwellige Möglichkeit zum Kennenlernen.

Schutz- und Freiraum für Kinder und Erwachsene

Eltern schätzten den Raum als sicheren Rückzugsort, an dem Kinder ungestört laut sein, spielen und sich frei bewegen konnten. Zudem berichteten die Eltern, dass sie keine negativen Erfahrungen gemacht haben, wenn sie beispielsweise ihre Kinder stillten oder wickelten, was in anderen öffentlichen Räumen gelegentlich zu unangenehmen Situationen führen kann. Auch die Kinder selbst äußerten positives Feedback, speziell zur großräumigen Struktur, die ihnen viel Platz zum Fahren, Bewegen und Laut sein bot.

4.2 Herausforderungen

Die identifizierten Herausforderungen beziehen sich größtenteils auf die Räumlichkeiten des Spiel- und Familienraums und wurden sowohl von den Projektverantwortlichen und Mitarbeitenden als auch von den erwachsenen Besucher*innen thematisiert. Zudem wurden kritische Anmerkungen von Personen berücksichtigt, die sich über Social Media geäußert haben und aus verschiedenen Gründen angaben, den Raum nicht zu besuchen oder nicht mehr aufzusuchen.
Zur Einordnung der Rückmeldungen sei darauf hingewiesen, dass das ehemalige Kaufhausgebäude vollständig entkernt wurde und sich während der Projektlaufzeit faktisch im Zustand eines Rohbaus ohne Heizung, fließendes Wasser oder Schallschutz befand.

Raumklima und Akustik

Einige Rückmeldungen hoben die niedrigen Temperaturen bei entsprechender Witterung hervor, da die Räumlichkeiten nicht beheizt wurden, was längeres Spielen auch bei passender Kleidung erschwerte. Zudem empfanden einige Besucher*innen den subjektiven Geräuschpegel als zu hoch, insbesondere wenn mehrere Kinder gleichzeitig mit Fahrzeugen durch die Räumlichkeiten fuhren oder parallel zum Spiel- und Familienraum weitere Sportangebote stattfanden.

Sanitäre Ausstattung

Die sanitären Einrichtungen beschränkten sich auf mobile Toiletten und es gab kein fließendes Wasser. Die Reinigung der Spielflächen war somit mit hohem Aufwand verbunden. Aufgrund fehlender Hygienestandards konnte seitens der Projektverantwortlichen kein Wickelbereich eingerichtet werden. Diese Umstände führten dazu, dass Eltern teilweise auf eigene Wickelunterlagen zurückgriffen und die Toiletten in den umliegenden Gastronomiebetrieben aufsuchten.

Alterseignung

Einzelne Eltern merkten an, dass die Einrichtung nicht optimal für sehr junge Kinder, vorwiegend Krabbelkinder, geeignet sei. Sie empfanden, dass der Raum viele potenzielle Gefahrenstellen bot und nicht ausreichend sauber war.

5. Auswertung und Fazit

Das Projekt „Temporärer Spiel- und Familienraum“ erfüllte seine Zielsetzungen erfolgreich und wurde von Kindern und Erwachsenen als wertvolle Bereicherung für die Aachener Innenstadt wahrgenommen. Die kontinuierliche Nachfrage und das positive Feedback der Familien unterstreichen den Bedarf an einem konsumfreien Raum im Zentrum der Stadt. Gleichzeitig zeigen die erkannten Herausforderungen den Bedarf an optimierter Infrastruktur für eine noch familienfreundlichere Nutzung.

5.1 Wesentliche Erkenntnisse

Der Raum hat sich als ein beliebter Spiel,- Treff- und Austauschpunkt für Aachener Familien und Stadtbesucher*innen erwiesen, der alle interessierten Personen offen stand, unabhängig von finanziellen und mobilitätsbedingten Einschränkungen.

Die Wirksamkeit der gewählten Werbemaßnahmen über verschiedene Kanäle, wie soziale Medien, Plakate und Pressemitteilungen, hat sich als hilfreich gezeigt, um das Angebot bekannt zu machen.

Die Vielfalt an Aktivitäten, die kreative und bewegungsorientierte Möglichkeiten bieten, wurde von den Familien positiv aufgenommen und förderten gemeinsame Erlebnisse und Interaktionen.

Der Auf- und Ausbau sozialer Kontakte, die sowohl Kindern als auch Erwachsenen zugutekamen, wurden ebenfalls gefördert.

Der Spiel- und Familienraum war ein sicherer Rückzugsort, der Kindern die Freiheit gab, sich auszutoben und laut zu sein. Er bot eine familienfreundliche Atmosphäre, in der Eltern auch in sensiblen Momenten wie Stillen oder Wickeln positive Erfahrungen machten.

Die räumlichen Gegebenheiten waren teils mit großen Herausforderungen für die Besucher*innen und insbesondere das Personal verbunden. Im Rahmen der kurzen Projektlaufzeit und der modellhaften Ausrichtung des Vorhabens waren diese handhabbar.

Die gewonnenen Erfahrungen bieten wertvolle Hinweise zur Optimierung eines solchen Angebots.

Bei einem dauerhaften Angebot sollte die Infrastruktur die Anforderungen erfüllen, die auch an ähnliche niedrigschwellige Einrichtungen, etwa der offenen Kinder- und Jugendarbeit, gestellt werden. Die Aufenthalts- und Sanitärinfrastruktur sollte an die Bedürfnisse von Familien mit Säuglingen und Kleinkindern sowie von älteren Kindern angepasst sein.

Die Nutzung der Räumlichkeiten sollte während der Öffnungszeiten ausschließlich für Kinder und Familien vorgesehen sein, um einen geschützten Raum für Spiel und Freizeit zu schaffen und Nutzungskonflikte zu vermeiden. Die Spiel- und Begegnungsflächen sollten kind- und familiengerecht gestaltet sein; dabei kann die Orientierung an Konzepten für Kindertageseinrichtungen und Spielplätzen hilfreich sein.

6. Zusammenfassung

Das Projekt „Konsumfreier Spiel- und Familienraum in der Aachener Innenstadt“ hat sich als wichtiger Baustein für die familienfreundliche Gestaltung der Aachener Innenstadt erwiesen. Die positive Resonanz belegt, dass konsumfreie Räume wie dieser eine bestehende Lücke schließen und langfristig zur Steigerung der Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Stadt Aachen beitragen können. Eine Etablierung eines Spiel- und Familienraums würde aus Sicht der Verwaltung und nach Aussage des Projektträgers die Attraktivität der Innenstadt stärken und ein niedrigschwelliges und nachhaltiges Angebot für Familien schaffen.

Reduzieren

Anlagen

Loading...